Jean Sibelius als Sinfoniker

  • Zitat

    Original von embe
    Hallo,
    an mein Ohr gelangte neulich diese wunderbare CD:

    Szell lässt die Sibelius 2. von seinem Orchester unglaublich vital spielen.


    Über diese Sibelius-Großtat in Szells letztem öffentlichen Konzert habe ich in den letzten Jahren nun schon so dermaßen viel Lobpreisendes gelesen, u.a. auch im Tamino-Thread über "Letzte Aufnahmen großer Dirigenten"

    Zitat

    Original von s.bummer
    Diese Aufnahme ist einfach nur göttlich. Ein wahres Vermächtnis.
    Der todkranke Szell legt nen Sibelius hin, der noch 100 Jahre Gültigkeit haben wird!!
    Dagegen kann man nahezu jede andere Aufnahme vergessen!


    dass ich heute endlich meine bisherige Kaufzurückhaltung ab- und einen Mondpreis auf den Tisch des Hauses hingelegt habe. Sobald mir die Doppel-CD aus Japan geliefert wurde, berichte ich gern mal Näheres über meine eigenen Höreindrücke.


    Mein bisheriger Bestand an Sibelius-Sinfonien (die sinfonischen Dichtungen lasse ich jetzt mal weg) sieht so aus:


    Sinfonie Nr. 1 e-moll op. 39
    - Sir John Barbirolli/Hallé Orch. (rec. 30.+31.12.1957)
    - Leonard Bernstein/Wiener Philh. (rec. 2/1990)


    Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 43
    - Sir John Barbirolli/New York Philharmonic Orch. (rec. 24.6.1940)
    - Sir John Barbirolli/Hallé Orch. (rec. 18.+19.12.1952)
    - Leonard Bernstein/Wiener Philh. (rec. 10/1986)
    - Herbert Blomstedt/San Francisco Symph. Orch. (rec. 27.+28.5.1991)


    Sinfonie Nr. 3 C-Dur op. 52
    - Jewgenij Mrawinsky/Leningrader Philh. (rec. 27.10.1963)
    - Sir John Barbirolli/Hallé Orch. (rec. live London 8.8.1969)
    - Vladimir Ashkenazy/Philharmonia Orch. London (rec. 5/1983)


    Sinfonie Nr. 4 a-moll op. 63
    - Herbert Blomstedt/San Francisco Symph. Orch. (rec. 1989)


    Sinfonie Nr. 5 Es-Dur op. 82
    - Herbert von Karajan/Philharmonia Orch. London (rec. 7/1952)
    - Sir John Barbirolli/Hallé Orch. (rec. 28.5.1957)
    - Herbert von Karajan/Berliner Philh. (rec. live Berlin 26/5/1957)
    - Leonard Bernstein/Wiener Philh. (rec. 9/1987)
    - Herbert Blomstedt/San Francisco Symph. Orch. (rec. 1989)


    Sinfonie Nr. 6 d-moll op. 104
    - Vladimir Ashkenazy/Philharmonia Orch. London (rec. 6/1984)


    Sinfonie Nr. 7 C-Dur op. 105
    - Sir John Barbirolli/Hallé Orch. (rec. 3.+5.3.1949)
    - Jewgenij Mrawinsky/Leningrader Philh. (rec. 23.2.1965)
    - Leonard Bernstein/Wiener Philh. (rec. 10/1988 )


    teleton hat mehrfach darauf hingewiesen, dass Bernstein bei Sibelius eine Bank ist. Auch ich finde seine DG-Aufnahmen großartig (die früheren CBS-Aufnahmen kenne ich nicht). Besser kann man kaum dirigieren.


    Ein anderer im Zusammenhang mit Sibelius immer wieder genannter (und von mir z.B. als Mahler-Dirigent äußerst geschätzter!) Mann enttäuscht mich hingegen als Sibelius-Dirigent ein wenig: Sir John Barbirolli. Dabei beziehe ich mich allerdings nur auf die zwischen 1949 und 1957 entstandenen Mono-Aufnahmen, die auf dieser Doppel-CD der "Barbirolli Society" erhältlich sind:
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    Spätere Barbirolli-Aufnahmen mögen vielleicht besser sein. Von diesen kann ich nur die 3. Sinfonie in einer im Jahr vor Barbirollis Tod entstandenen Live-Aufnahme der BBC beurteilen

    Diese späte Barbirolli-CD ist durchaus empfehlenswert.


    Unerwähnt blieb bisher (oder habe ich etwas überlesen?) Jewgenij Mrawinsky, der immerhin drei Sibelius-Aufnahmen hinterlassen hat: die 3. Sinfonie, die 7. Sinfonie und den "Schwan von Tuonela" aus op. 22
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    Wie eigentlich alles von Mrawinsky sind diese Aufnahmen klasse.


    Eine Karajan-Aufnahme, die ich ebenfalls schätze, ist der Mitschnitt der 5. Sinfonie, die er nach der Pause in jenem Konzert des Jahres 1957 gab, in welchem er vor der Pause mit Glenn Gould das 3. Klavierkonzert von Beethoven aufführte


    Von dem hier bereits mehrfach genannten Sir Simon Rattle habe ich bisher nur die 5. Sinfonie live mit den Berliner Philharmonikern im Konzertsaal gehört. Da er in dieser Saison die kompletten Sibelius-Sinfonien mit den Berlinern aufführt, dürfte über kurz oder lang eine Gesamtaufnahme ins Haus stehen. Ich schätze mal, die wird sehr, sehr gut werden. Jedenfalls freue ich mich auf das Konzert im Mai 2010, in welchem er die 5., 6. und 7. zur Aufführung bringt.

  • Bei Sibelius gibt es 3 Werke, die, wenn Du so willst, als "große Sinfonik" bezeichnet werden können, nämlich die 3., in der er zum ersten Mal das, was man seinen unverwechselbaren Personal-Stil nennen kann zum Tragen bringt,[...]


    Dass die 2. nicht unverwechselbarer Sibelius-Stil sein soll, kann ich bis heute nicht verstehen. Wo bei Tschaikowski gibt's denn das schon?


    Ich meine z.B. die bröselig daherkommende Exposition (Begleitung alleine und zusammen mit Thema, merkwürdig verzögertes Nachhängen des Blechs bei dreimaligem Anlaufen, Solo-espressivo-Linie der Geigen, emotionale Kurzausbrüche die durch ihre Isoliertheit merkwürdig experimentell wirken) das alles wird erst durch die z.T. zugegebenermaßen konservativ wirkende Durchführung sinnvoll und im dortigen Höhepunkt, der wiederum an beethovenscher Arbeit weniger interessiert scheint als an Offenbarung, glaube ich auch den unverwechselbaren Sibelius-Stil hören zu können, bevor in der Reprise das Baukastenspielchen der Exposition durch Stapelung gestrafft und transzendiert wird.


    Ich halte das schon für große Sinfonik.
    :yes:
    Aber es gibt ja bessere Kenner der Sinfonik des 19. Jahrhunderts hier als mich, bitte also um Aufklärung.
    :hello:

  • Wenn ich oberflächlich die zwei Aufnahmen klangtechnisch (nicht interpretatorisch) vergleiche, so fällt schlagartig auf, dass die alte Maazel-Aufnahme aus den 60ern einfach wärmer ist, mehr Klangfülle bietet und man kommt sich eher vor, inmitten beim Orchester zu setzen


    Ob "wärmer" bei Sibelius besser ist?
    :stumm:

  • Die o. g. Aufnahme der 2. Sinfonie unter Szell live in Tokyo 1970 wurde im Gramophone Juli 2011 als "beste" Einspielung des Werkes bezeichnet, sogar Szells Studioaufnahme noch vorzuziehen.


    embe und s.bummer haben also prominente Mitverfechter ihrer Meinung! Und schon wieder ist meine Wunschliste um eins gewachsen ... :no: ... irgendwann muss doch mal Schluss sein!??? :cursing:

  • Ceterum censeo: Bei Sibelius sollten wir mal für jede Sinfonie einen eigenen Thread aufmachen. Die Gesamtaufnahmen können ja immer noch hier besprochen werden ...

  • Um es provokativ vorne weg zu sagen: Sibelius gehört für mich nicht in die erste Reihe großer Sinfoniker. Er teilt somit meiner höchst subjektiven Einschätzung nach das Schicksal von Mendelsohn, Tschaikowsky, Dvorak oder Schostakowitsch.


    Schostakowitsch und Sibelius sind für mich die größten Sinfoniker des 20.Jahrhunderts.


    Sibelius gehört doch unangezweifelt zu den bedeutendsten Sinfonikern des beginnenden 20. Jahrhunderts neben Mahler, Nielsen, Schönberg und Ives.
    Oder? :D


    Edit:
    Ich sehe gerade das Ergebnis einer Australischen Radioumfrage zu den beliebtesten Sinfonien. Nach Beethovens 3, 5, 6, 7, 9, Tschaikowskys 6, Dvoraks 9 und Saint-Saens 3 kommt Sibelius 2 auf Platz 9.

  • Ob Schönberg zu den bedeutendsten Sinfonikern gezählt würde, sei mal dahingestellt ... :hello: ... trotz zweier Kammersinfonien.


    Ives ist m. E. immer noch nicht etabliert. Wie oft wird eine Ives-Sinfonie gegeben?


    Ich glaube, für Sibelius und Schostakowitsch ist die Diskussion dahingehend beendet, dass sie als große Sinfoniker anerkannt sind, aber dass ihre Qualitäten nicht im einfachen Vergleich mit Brahms oder Bruckner offen dalegen, sondern erst einmal aufzuspüren sind. - Bei Schostakowitsch haben eventuell nicht alle Sinfonien denselben Rang.

  • Bei der Sibelius-Rezeption besteht m.E. noch immer ein starkes Gefälle zwischen Anglosaxonien und Skandinavien, Deutschland und Östereich und den romanischen Ländern (bei den slawischen weiß ich es gar nicht.) Insgesamt wird er aber vermutlich häufiger gespielt als Nielsen (wobei wahrscheinlich wenige Werke, allen voran das Violinkonzert dominieren werden) und sicher häufiger als Ives.


    Bei irgendwelchen "Rankings" sollte man freilich auch nicht ganz unterschlagen, dass viele der (oder gar die) bedeutendsten Komponisten zwischen ca. 1900 und 1950 so wenig explizite Sinfonien schrieben, dass man sie kaum als "Sinfoniker" bezeichnen wird. Das betrifft ja nicht nur Schönberg, Berg, Webern, sondern auch Richard Strauss, Stravinsky, Ravel, Debussy, Bartok usw.


    Ich glaube nicht, dass im Forum derzeit genügend kritische Masse für threads zu allen Sibelius-Sinfonien vorhanden ist, aber es gibt ja schon einige und es muss sich niemand zwang antun, der neue eröffnen möchte.


    Ranking
    Ranking 2
    NR. 6

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ob Schönberg zu den bedeutendsten Sinfonikern gezählt würde, sei mal dahingestellt ... :hello: ... trotz zweier Kammersinfonien.


    Aber Schönbergs erste Kammersinfonie ist bedeutender als jede Sinfonie von Sibelius ...
    :stumm:
    ... Schönbergs erste Kammersinfonie hat Sibelius auch kennengelernt und nicht abgelehnt, obwohl er es nicht für ein vollendetes Werk hielt. In seiner Vierten wird er ja dann auch sehr zentraleuropäisch linear-modern, findet nachher zu sich selbst und verstummt, weil er einfach nicht so bedeutend war wie Schönberg.
    :D
    Ich mag ihn.
    :yes:

  • Aber Schönbergs erste Kammersinfonie ist bedeutender als jede Sinfonie von Sibelius ...


    Mag sein oder auch nicht ... die Frage ist vielleicht eher, ob Schönberg als Sinfoniker angesehen wird. Ist ja auch eine Anzahlfrage.


    César Franck und Erich Wolfgang Korngold werden wohl eher nicht als Sinfoniker angesehen, obwohl von beiden mindestens ein Gattungsbeitrag vorliegt. (Franck: plus Jugendsinfonie, Korngold: plus Sinfonietta)


    Dito Britten - trotz Sinfonietta, Simple Symphony und Sinfonia da Requiem.


    Dito Messiaen - trotz Turangalîlla.

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  • Mag sein oder auch nicht ... die Frage ist vielleicht eher, ob Schönberg als Sinfoniker angesehen wird. Ist ja auch eine Anzahlfrage.


    Wieviele braucht man denn? Ich tippe auf 4.
    Denn wenn Liszt kein Sinfoniker ist, sind Svendsen, Borodin oder Stenhammar auch keine.
    Oder doch?
    Andererseits wären dann Milhaud und Antheil Sinfoniker, obwohl deren Sinfonien nicht das Gewicht ihrer Werke in "anspruchsloseren" Gattungen haben.
    ?(

  • Gute Fragen! Vermutlich wird es auf eine multiplikative Verknüpfung der Art


    Anzahl x durchschnittliches Gewicht


    hinauslaufen. Bei vier: Schumann ja, Mendelssohn auch (trotz der 1.). (Beethoven und Bruckner und Mahler wären wohl Sinfoniker, auch wenn nur ihre 9. überlebt hätte.)


    Vielleicht doch eher drei ... Rachmaninow, Scriabin, Borodin, ...


    Berwald? Bei dem bin ich mir unschlüssig.


    m. E. klare Fälle: Joseph Haydn, W. A. Mozart, Beethoven, Schubert, Mendelssohn, Schumann, Bruckner, Brahms, Tschaikowsky, Dvorak, Glasunow, Mahler, Sibelius, Borodin, Rimsky-Korssakow, Rachmaninow, Scriabin, Prokofiew, Schostakowitsch, Martinu, Hartmann, Henze, Petterson, Simpson.


    m. E. klare Gegenbeispiele: H. Berlioz, F. Liszt, R. Wagner (trotz zweier Sinfonien), C. Franck, R. Strauss, Schönberg, Berg, Webern, Britten, Messiaen, Ligeti, Stockhausen.

  • m.E. sind Berlioz und auch die von mir weiter oben genannten Komponisten der Spätromantik/klassische Moderne ausreichend gewichtige Fälle, um von der Kategorie "Sinfoniker" überhaupt Abstand zu nehmen.
    Berlioz hätte, sofern man nach Werkbezeichnung geht, übrigens auch 4 Sinfonien aufzuweisen: Fantastique, Harold, Romeo & Juliette und Symphonie funebre & triomphale ;)


    Wenn sinfonische Orchestermusik komponiert wird, die bedeutender als viele ausdrücklich so betitelten Sinfonien der Zeit ist, nur eben poetische Titel, freiere Formen usw. verwendet, kann man den Komponisten m.E. auch unter die Sinfoniker rechnen. Aber wie gesagt, spätestens im 20. Jhd. sehe ich "Sinfoniker" als fragwürdig bis abwertend, weil nur wenige große Komponisten nach Mahler ausdrücklich Sinfonien komponieren.


    Warum Berwald mit 4 Sinfonien ein strittiger, Skrjabin und Rachmaninoff mit je 3, Borodin (mit 2,5), Rimsky (mit nominell 3, wovon eine eine betitelte sinf. Dichtung und eine Jugend/Studiensinfonie aber "klare" Fälle sein sollen, wirft mal wieder die Frage nach der Klarheit der Kriterien, die diese Einteilung regieren, auf...

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  • Hallo, miteinander!


    Ich hätte jetzt ohne den Anflug eines Zweifels von vier Sinfonien Berwalds (nebst einem Fragment) gesprochen, lasse mich aber gerne aufklären, wo das Problem liegt. :)


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo, miteinander!


    Ich hätte jetzt ohne den Anflug eines Zweifels von vier Sinfonien Berwalds (nebst einem Fragment) gesprochen, lasse mich aber gerne aufklären, wo das Problem liegt. :)


    Die Anzahl ist unstrittig, es kann nur beim Gewicht liegen, d.h. Rachmaninoffs 3 oder sogar Borodins 2 1/2 wögen demnach schwerer. Darüber kann man vielleicht noch streiten. Aber bei Rimsky ist tatsächlich nur die 2. Sinfonie "Antar", damit eigentliche eine Sinf. Dichtung einigermaßen bekannt. Oder man rechnet eben Sheherazade usw., das sind aber explizite sinf. Dichtungen.


    Wie gesagt, ist der Begriff in vielen Fällen nicht sehr hilfreich. Die Anzahl macht es weniger. Auch wenn ich nicht glaube, dass Bruckner mehr als eine Kuriosität wäre, wenn nur die unvollendete 9. überliefert wäre, so ruht Schuberts Rang oder überhaupt dei Klassifizierung als Sinfoniker ziemlich sicher auf anderthalb Sinfonien. Es ist völlig zweitrangig, dass es noch 6 hörenswerte frühe Werke gibt, weil die gattunsgeschichtlich wirkungslos geblieben sind.
    Daher kann auch ein vereinzelter Gattungsbeitrag wie Francks Sinfonie für die "Sinfonik" als solche vielleicht bedeutender sein als alle 8 von Gade oder Glasunow. (Das Stück wird jedenfalls sehr wahrscheinlich häufiger gespielt als alle Sinfonien von diesen beiden zusammen)

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  • Zitat

    Daher kann auch ein vereinzelter Gattungsbeitrag wie Francks Sinfonie für die "Sinfonik" als solche vielleicht bedeutender sein als alle 8 von Gade oder Glasunow. (Das Stück wird jedenfalls sehr wahrscheinlich häufiger gespielt als alle Sinfonien von diesen beiden zusammen)

    Das sehe ich ähnlich.


    Bezüglich César Franck wurde auf die Tatsache hingewiesen, dass er bemerkenswert oft genau ein Exemplar einer bestimmten Gattung oder Instrumentenkombination bedient hat. Das erhöht natürlich die Relevanz der Sinfonie zusätzlich, wenn man sicher zu Recht für Franck einen unverwechselbaren Personalstil beanspruchen kann.


    Ansonsten denke ich, dass auch die Eigenwilligkeit der vier Sinfonien eines Franz Berwald - jede für sich genommen und als Ganzheit ohnehin - deutlich höher anzusetzen ist als bei Gade (den ich zugegebenermaßen kaum kenne) oder Glasunow (dessen Sinfonien durchwegs nur sehr bedingt stilistischen Eigenwert erreichen, auch wenn mir einige davon aufgrund ihrer Eingängigkeit sehr zusagen). Ich halte sie, die Berwald'schen, für einem Schumann (auch vier Sinfonien nebst Halbheiten ;) ) vollkommen ebenbürtig.


    Zurück zum Hauptthema:

    Zitat

    Sibelius gehört doch unangezweifelt zu den bedeutendsten Sinfonikern des beginnenden 20. Jahrhunderts neben Mahler, Nielsen, Schönberg und Ives.
    (Kurzstückmeister)


    Aber sicher! Ives eigentlich nur für die vierte derer, die er explizit so genannt hat, und Schönberg nicht als Sinfoniker im engeren Sinne (siehe oben ...). Aber Sibelius ganz gewiss - mit jeder seiner Sinfonien.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • In memoriam Jean Sibelius, der heute vor 55 Jahren im biblischen Alter von 92 Jahren starb.



    Jean Sibelius (1865–1957)
    Finlandia op.26,7

    + Karelia Suite op. 11;Lemminkäinen-Legenden op. 22 Nr. 1-4
    Iceland SO, Petri Sakari


    Wir erinnern uns an den bedeutendsten Komponisten Finnlands mit dessen Tondichtung "Finlandia", die lange als geheime finnische Nationalhymne gehandelt wurde und deren Melodien dort selbst heute noch populär sind!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo Sibelius-Freunde,


    im Grunde habe ich den Anstoss mir noch eine weitere Sibelius-Sinfonien-GA zuzulegen s.bummer aus Kiel (Hans) zu verdanken. Ich habe es nicht bereut !
    Es ist unmöglich, dass alle Sinfonien in einer GA gleich gut ankommen und gelingen. Aber im grossen und ganzen eine wirklich packende GA, bei der mir Berlunds recht zügige Tempogestaltung mehr liegt, als ich zunächst angenommen hatte. Von Berglund kannte ich nämlich zuvor nur TAPIOLA - die sinf.Dichtung hatte er als einer der Zügigsten mit knapp über 14Minuten abgespult, was ich immer unangemessen fand - inzwischen habe ich mich auch daran gewöhnt und stelle diese Int von Tapiola an die Seite von Ashkenazy, Blomstedt und Karajan.


    Im Gegensatz zu Hans höre ich alle Sinfonien gleich gerne. Die Sinfonie Nr.1, 4, 5 und 7 finde ich bei Berglund besonders gelungen.
    Wie so oft ist es die Sinfonie Nr.2, die wiedereinmal aus dem Rahmen fällt und zu "tschaikowskynah normal" auf mich wirkt - da felhlen mir die Exzesse, die ich bei Bernstein, Roshdestwensky, Szell eher vorfinde ! Die Sinfonie Nr.6 im Prinzip auch ein ganz famose Aufnahme, aber den Rhythmen im letzten Satz spürt Ashkenazy dann doch noch genauer, wirkungsvoller und mit Akzenten nach. Die Sinfonie Nr.3 auch eine der brauchbarsten Aufnahmen nach meinen Favoriten Roshdestwensky und Ashkenazy, bei denen dieses unterschätze Werk noch mehr Nachdruck hat auch eine der ganz grossen Sibelius-Sinfonien zu sein.


    Ich kenne von Segerstam nur die Chandos-GA mit dem Dänisches National SO (Brillant), die seinerzeit von Edwin immer in grössten Tönen gelobt wurde. Was die Sinfonien 3-7 angeht, so ist da "hier und da" was dran - ausgerechnet die gerne gehörten Sinfonien Nr.1 und 2 sind dort die Katastrophe schlechthin ... der Klangtechnik geschuldet (da kommen keine Details durch und die Pauken sucht man vergebens). Ich hatte von daher immer mal vor die spätere Segerstam-GA mit dem Helinki PO (ONDINE) zu erwerben. 8-) Doch denke ich, dass mir meine neue straffe Berglund-GA mit dem Helsinki PO (EMI) eher liegt, als Segerstam mit gleichem Orchester, der oft sehr breit wird und das Klischee "der Grosse aus dem vernebelten Norden" noch eher bedient.


    Jedenfalls gehören diese Sibelius-Sinfonien-GA bei mir zu den wirklich erfreulichsten Neuzugängen der letzten Monate:


    ..
    EMI,1984-87, DDD


    Rein klangtechnisch gesehen, ist das neben Ashkenazy (Decca) einer der besten und brauchbarsten Sibelius-Sinfonien-GA ... und das trotz EMI.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Segerstam wird also "sehr breit"?
    Aber ist das nicht gerade das Tolle? Dass es sich so richtig satt nach allen Seiten ausbreitet, Raum nimmt im Übermaß?


    Und der Große aus dem vernebelten NOrden: Ist es nicht genau, was so wunderschön ist bei Sibelius?


    All das begeistert mich immer wieder aufs Neue, Die unglaubliche Weite, das ewiglange Ausholen. Insofern soll Segerstam da gern weiter seine Klischees bedienen, mir bereitet er damit große Freude.


    Ich habe übrigens beide GAs von Segerstam, kann mich aber nicht für eine als die Bessere entscheiden. Und irgendwie kommt es mir so vor, als könne auch der schlechteste Dirigent diese großartigen WErke vernichten.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Jedenfalls gehören diese Sibelius-Sinfonien-GA bei mir zu den wirklich erfreulichsten Neuzugängen der letzten Monate:

    Und das ganze gibt es neu abgepackt und angeblich neu digitalisiert jetzt für sehr günstige 14,99


  • Hallo Lutgra,


    ich hatte mir auch zuerst überlegt die von Dir im Vorbeitrag abgebildete sehr preiswerte Berglund-GA zu kaufen. Es handelt sich aber hier um seine mittlere Einspielung der Sibelius-Sinfonien mit dem Bournemouth SO (EMI) aus den 70er-Jahren !!!
    :!: Ich habe mich dann (nachdem ich mich informiert habe) doch lieber für seine besser klingende aus den 80er Jahren mit dem Helsinki PO (EMI) entschieden; wie im Beitrag 140 abgebildet.
    ;) Es gibt auch noch weitere Sibelius-Sinfonien-Aufnahmen mit Berglund: ganz alte in Mono; und noch recht aktuelle mit dem London SO von 2005 und dem Chamber Orchestra of Europe --- :thumbup: Berglund ist und bleibt immer Präsent bei Sibelius.


    Von Ashkenazy, dessen Sibelius-Decca-Zyklus ich ungemein schätze, hat danach auch noch weitere Sibelius-Aufnahmen mit dem Royal Stockholm PO (EXTON) produziert, die auf SACD megateuer sind ... man kann und sollte und braucht nicht alles kaufen, wenn man mit dem Vorliegenden bereits megazufrieden ist ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich habe übrigens beide GAs von Segerstam, kann mich aber nicht für eine als die Bessere entscheiden.


    Hallo Klaus,


    ich finde Segerstam auch gut und schätze seine Int der Sinfonien Nr. 3 -7 in der Brillant-GA. Es ist keineswegs so, das ich die generell zu breit finde ... sie sind es nur im Vergleich mit Berglund. Interessant, dass Du bei der neueren Segerstam-GA mit dem Helsnki PO (ONDINE) keine Verbesserung/auffallende Veränderung erkennen kannst. Zumindest klangtechnisch müsste diese aber auf jeden Fall besser sein, als die bei der Brillant-GA (früher Chandos) verhuntzten Sinfonien Nr. 1 und 2, die ich ganz besonders gerne höre (... die Sinfonien, nicht die desolate Aufnahme).
    8o Das hier mit dem Helsinki POkeine Änderung erkennbar ist, spricht jedenfalls dafür, dass ich mich jetzt für die Berglund-GA entschieden habe um auch mal diese zügigere aber dennoch sehr autentische Sicht kennen zu lernen. :thumbup: Ich denke auch Du würdest von Berglund auch positiv angetan sein.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es handelt sich aber hier um seine mittlere Einspielung der Sibelius-Sinfonien mit dem Bournemouth SO (EMI) aus den 70er-Jahren !!!

    Hallo teleton


    danke für den Hinweis, das war mir gar nicht aufgefallen, dass es zwei Gesamt-Einspielungen bei EMI gibt. Die mit dem Bournemouth SO ist auch unter Vinylsammlern begehrt, ich fand sie als LPs aber bisher immer zu teuer.


    Mit dem Helsinki PO habe ich die Segerstam auf Ondine. Zum vergleichenden Hören bin ich aber noch nicht gekommen.

  • Unter Berglund-Fans scheinen seine Sibelius-Aufnahmen mit dem Bournemouth SO als Geheimtipp zu gelten. Ich bin beinahe versucht, dem auf den Grund zu gehen. Auch der Zyklus mit dem Chamber Orchestra of Europe soll sehr gut sein und gar nicht so nach "Kammermusik" klingen. Die "berühmten" Einspielungen mit dem Helsinki PO kenne ich bereits und würde sie auch weitestgehend positiv sehen. Außer die Zweite, die er mir hier zu hektisch spielt. Aber das ist wohl Geschmackssache.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die mit dem Bournemouth SO ist auch unter Vinylsammlern begehrt

    Unter Berglund-Fans scheinen seine Sibelius-Aufnahmen mit dem Bournemouth SO als Geheimtipp zu gelten.


    ;) Ihr macht mich fertig - :D - da man diese GA jetzt noch günstiger bestellen kann (als letzte Woche) habe ich für nen 10ner zugegriffen - das will ich jetzt austesten, zumal mir der Interpretationansatz von Berglund doch mehr liegt, als ich noch vor Jahren (durch Tapiola, die ich als einzige von Berglund kannte) zu glauben gewagt hätte.


    Hallo Josef,,
    ich kann Dir was die Berlund - begeisterung für die Sinfonie Nr.2 mit Berglund / Helsinki PO (EMI) nur zustimmen. Allerdings weniger wegen der gewählten Tempi (die bei Dir hektisch wirken), sondern wegen der teils zu leichtgewichtigen Sicht ohne den "grossen schwergewichtigen Ton" a´la Bernstein; oder der wahnsinnigen Spannungsbögen á la Karajan / Philharmonia Orchsetra (EMI).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    dann bin ich wirklich gespannt, wie Dein Vergleich ausfällt, insbesondere bei der von uns beiden so beliebten Symphonie Nr. 2 (aber natürlich auch beim Rest). ;)


    Ich könnte mir vorstellen, mir die Box auch noch zuzulegen, zumal diese Aufnahmen ja scheinbar seit Jahrzehnten kaum greifbar waren.


    LG
    Joseph
    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Sibelius, Sibelius und kein Ende in Sicht. Das große Jubiläum 2015 wirft seine Schatten voraus. Vor kurzem führte das BBC Philharmonic unter der Leitung seines Principal Guest Conductor, des Finnen John Storgårds, live in der Bridgewater Hall in Manchester einen kompletten Zyklus der Symphonien von Sibelius auf. Am 6. Juni wurden die 1. und 5. Symphonie gespielt, am 8. Juni die 2. und 4. Symphonie, und am gestrigen 13. Juni schließlich die 3., 6. und 7. Symphonie. BBC Radio 3 übertrug immer live. Ersteindruck: vielversprechend. Die Aufnahmen werden in Kürze beim Label Chandos Records erscheinen.

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    – Luís de Camões

  • Unter Berglund-Fans scheinen seine Sibelius-Aufnahmen mit dem Bournemouth SO als Geheimtipp zu gelten.


    Ich habe die Berglund - GA mit dem Bournemouth SO (EMI) heute aus USA erhalten. Meine ersten Eindrücke:
    Bisher habe ich den Eindruck, dass das nicht nur ein Geheimtipp, sondern eine der besten Sibelius-GA überhaupt sein könnte - der Wahnsinn. OK - ich habe nur die Sinf. Nr.1 und 4 ganz (und weitere Ausschnitte) gehört.


    Im Textheft steht auch, dass Berglund bei seinen Sibelius-Int immer auf präzise Detailarbeit und Perfektionniussmuss bedacht war. Zunehmend bei seinen späteren Aufnahmen, dann aber mit nachlassender Dramatik ! Besonders seine letzten Aufnahmen mit dem Chamber Orchestra of Europe sind sehr umstritten - hier handelt es sich um Int, die auf der Suche nach der Hörbarmachung jeder dramaturgischen Faser das schiere Klanggewicht opfern.


    Berglund fand seine Aufnahmen mit dem Helsinki PO (EMI), die ich kürzlich erwarb, besser als die Bournemouth SO - Aufnahmen.
    ;) Aber egal was Berglund findet, ich finde nicht --- mehr zur Sache, mit nochmal weit mehr Emotion geht es in seinen Aufnahmen mit dem Bournemouth SO zu. Ich hatte einen Tag zuvor die Erste und Vierte mit Roshdestwensky gehört und noch gedacht - "Whow, was macht der Junge einen Druck" - fand ich unheimlich toll und begeisterungswürdig. :thumbup: Aber Berglund steht ihm in keinester Weise nach. Und die glänzende Detailarbeit, bei der ich Stimmen und polyphone Gegebenheiten höre, die bisher verborgen blieben, ist ganz grosses Musik-Kino !


    Die Klangqualität der EMI-Aufnahmen von 1972 - 1978 ist ausgezeichneter Analogsound auf vollendeter Ebene (bevor dann wenig später die Digitaltechnik ihren Einzug hatte).
    :hello: Hallo Josef - für den Preis (um die 10 Euronen) der absolute Hammer - die muss man (und Du) haben !
    Ich werde in den nächsten Tagen noch mehr Einzelheiten berichten - ggf in den Sibelius - Sinfonien - Threads.



    :pinch: Und ich dachte - ich wäre mit Sibelius und deren Aufnahmezyklen "fertig"!!!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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