Verachtet mir die Meister nicht – Wer war der beste Sachs?

  • Sieht man bei Hans Hotter über sein Defizit hinweg, für das er nichts konnte, so war auch er ein großer Sachs-Sänger.


    Ungleich eindrucksvoller aber m. M. n. Josef Greindl, der für diese Rolle ja eher untypisch sein dürfte. Vom Timbre her passt er hier wirklich vorzüglich, wie auch Thomas Stewart oder Otto Edelmann.


    Mein einstiger Favorit Theo Adam fällt da im Vergleich etwa ab.


    Eindrucksvoll auf jeden Fall auch Dietrich Fischer-Dieskau, zumal in den Monologen.


    Bernd Weikl war für mich zumindest der beste Sachs der letzten zwanzig Jahre.


    Technisch perfekt sind Ferdinand Frantz und Paul Schöffler, die mich aber beide seltsam kalt ließen. Anders Jaro Prohaska, dessen Stimme und Timbre mir ausgesprochen zusagen.


    Friedrich Schorr war live vermutlich einmalig, aber die Tonqualität macht eine endgültige Beurteilung schwierig.


    José van Dam und Norman Bailey haben mich nicht umgehauen, zuviel Akzent.


    An der Grenze des Erträglichen ist Wilhelm Rohde, den ich mir die Tage nochmal genauer anhörte.


    Von den wichtigen Interpreten fehlen mir noch Otto Wiener, Gustav Neidlinger und Karl Ridderbusch (Beurteiltung erfolgt also später).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Norbert,


    es ist richtig, dass Frantz und Frick auch in der Kempe-Aufnahme gemeinsam Sachs und Pogner singen. Die Frage ging jedoch in Richtung einer Alternative für die offensichtlich vergriffene Kempe Aufnahme. Deshalb die Erwähnung der Knappertsbusch Einspielung.
    Übrigens wurde in dieser Zeit die Paarung Frantz/Frick in den Meistersingern bevorzugt in München, Wien und London eingesetzt, weil die Dirigenten und Regisseure wußten, das diese beiden Stimmen sich ideal ergänzen.
    Herzlichst
    Operus


    :hello:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Von den wichtigen Interpreten fehlen mir noch Otto Wiener, Gustav Neidlinger und Karl Ridderbusch (Beurteiltung erfolgt also später).


    Mittlerweile nachgeholt:


    Otto Wieners Timbre ist ziemlich interessant, seine Darstellung gehört sicher zur Spitzengruppe, aber zu meinen persönlichen Favoriten rechne ich ihn nicht.


    Bei Gustav Neidlinger denkt man ja eher nicht an den Sachs. Dennoch gelingt ihm eine sehr prägnante Rollengestaltung. Leider blieb es scheinbar bei diesem einmaligen Ausflug (Bayreuth '57) in Nürnberger Gefilde.


    Persönlich sehr überzeugt hat mich Karl Ridderbusch. Anders, als an anderer Stelle geschrieben, erscheint er mir mitnichten als tumber, besoffener Schankwirt; vielmehr gestaltet er selbst den problematischen Schluß sehr zurückhaltend und keineswegs deutschtümelnd (beziehe mich auf Bayreuth '74; wie er später war, kann ich nicht sagen).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mein bisheriger Lieblings-Sachs ist Hans Hotter. Man sage gegen ihn, was man will- ich stehe hier, ich kann nicht anders! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

  • Bei Hotter gibt es m. W. auch mindestens zwei Aufnahmen: Jochum 1949 und Cluytens 1956. Ich habe nur letztere, in der er eigtl. eine gute Figur macht (wenn einen die Nasalität nicht abschreckt). Die von '49 könnte insofern interessant sein, als seine Krankheit, soweit ich weiß, erst ab 1950 begann.


    Nachdem ich heute kurz in die Klobucar-Aufnahme (Bayreuth '69) reinhörte, würde ich sagen, daß Bailey live viel besser ist als sechs Jahre später im Studio unter Solti.


    Wenn ich jetzt summa summarum alle nebeneinander stelle, dann ist mein Lieblings-SachsGreindl. Kenne ihn unter Knappertsbusch '60, es gibt noch zwei weitere Aufnahmen: Krips '61 und Böhm '64. Diese fehlen mir aber noch. Scheinbar stehe ich mit der Meinung nicht ganz alleine da, gilt diese Aufnahmen vielen als Geheimtipp und heimliche Referenz.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Bei Hotter gibt es m. W. auch mindestens zwei Aufnahmen: Jochum 1949 und Cluytens 1956. Ich habe nur letztere, in der er eigtl. eine gute Figur macht (wenn einen die Nasalität nicht abschreckt). Die von '49 könnte insofern interessant sein, als seine Krankheit, soweit ich weiß, erst ab 1950 begann.


    Und sie ist wirklich interessant. Konnte heute hineinhören.
    Hotter stimmlich auf dem Zenit, sehr imposant und autoritär! Sehr hörenswert! :jubel:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Ich habe jetzt endlich auch in die Matacic-Aufnahme aus Turin von 1962 auf Italienisch mit Giuseppe Taddei (!) als Sachs hineingehört. In irgendeinem Buch las ich neulich, daß er der ideale Schusterpoet wäre. Und in der Tat passt er vom Timbre her sehr gut in die Rolle (ein paar Anklänge an Thomas Stewart). Man wünscht sich zuweilen nur, daß er deutsch singen würde, obgleich die italienische Übersetzung für sich betrachtet so schlecht gar nicht ist.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Hallo Helge,


    dies dürfte eine recht exquisite Wahl sein, gilt Bailey ja vielen grad als der Schwachpunkt der ansonsten guten Aufnahme.


    Ich muß für mich sagen, daß ich Baileys Sachs durchaus schätze. Wie weiter oben schon erwähnt, würde ich indes eher zu seinem Live-Auftritt in Bayreuth 1969 raten, da er hier noch frischer herüberkommt.



    Es existiert noch ein kürzlich endlich veröffentlichter englischer (!) Mitschnitt aus dem Jahre 1968 unter Sir Reginald Goodall, wiederum mit Bailey. Diese Aufnahme kenne ich allerdings nicht. Vielleicht kann sich ja wer dazu äußern, der sie schon hat.



    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Da er mich drum gebeten hat, werde ich mich kurz mal zu einer Aufnahme von Basti (ja, dem aus unserem Forum :D) äußern. Er hat selber über die '56er Aufnahme aus Bayreuth den Sachs drüber gesungen und mir Auszüge aus dem II. und III. Aufzug zukommen lassen.


    Sicher mag es etwas vermessen erscheinen, in dieser illustren Reihe anzutreten, aber da es sein Wunsch war, also mal ein kurzes Statement:


    Als ich es das erste Mal hörte, war ich echt überrascht – positiv überrascht: Da versucht sich ein grad 15jähriger an der vielleicht schwierigsten Wagner-Baß-Bariton-Rolle – und dann klingt das wirklich alles andere als schlecht. Ganz im Gegenteil!


    Wenn ich die Stimme beschreiben müßte, würde ich sie als imposant und machtvoll bezeichnen, irgendwie auch gereift und autoritär – so gar nicht an einen 15jährigen erinnernd, eher (und das bitte nicht als Beleidigung auffassen) an einen Mann im besten Alter in seinen Vierzigern. Die Tendenz ist (zumindest der tontechnisch eher bescheidenen Aufnahmequalität nach) m. E. eher Baß-artig denn Bariton, am ehesten an Edelmann, Hotter, Titus, Prohaska, vielleicht auch Greindl erinnernd. Sicher nicht an Adam, Weikl, Wiener oder andere Light-Sachse. D. h., die Grundbasis ist m. M. n. durchaus vorhanden.


    Stellen, die ihm besonders gelingen, sind die lauteren Teile der Prügelszene, das "Verachtet mir die Meister nicht" und die heftigeren Stellen im Wahn-Monolog. Will heißen: Zumindest hiernach zu urteilen eher die "deftigen" Stellen.


    Sicher, am Ende des Schlußmonolgs geht langsam die Puste aus: aber wäre alles andere nicht sogar verwunderlich? Er hat ja die drei großen Monologe (Flieder, Wahn, Schluß) auch in einem Zug, gleichsam spontan, aufgenommen.


    Summa summarum sehe ich da sehr großes Potential, ohne großartige Verklärung. Geben wir ihm zwanzig Jahre, er könnte, wenn er seine Stimme, die bereits ein tolles Fundament bildet, weiter ausbildet und verfeinert, ein gefragter Baß-Bariton, zumal im Wagner-Fach, werden. :yes:


    Daher nochmal ein ganz großes Lob für so einen Selbstversuch, lieber Basti! :jubel:


    Lass die Finger aber besser zum jetzigen Zeitpunkt von diesen ganz großen Rollen, die schon andere stimmlich ruiniert haben. Sicher ist es grandios, aber der Sachs kommt sicher noch früh genug dran. :D


    Aber als Pogner könnte ich mir Dich sehr gut vorstellen, grad weil Du so baßlastig bist. Erinnert mich irgendwie an Greindl: 1943 ein umwerfender Pogner, 17 Jahre später dann auch Sachs.


    BTW: Siehst Du Dich denn selber als Baß-Bariton oder Baß an?

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Man wünscht sich zuweilen nur, daß er deutsch singen würde, obgleich die italienische Übersetzung für sich betrachtet so schlecht gar nicht ist.


    Ist ja interessant. Wer hat denn die Übersetzung gemacht, und warum ist sie so gut?


    :hello:
    M.

  • Zitat

    Alle Originale von Joseph II.
    Da er mich drum gebeten hat, werde ich mich kurz mal zu einer Aufnahme von Basti (ja, dem aus unserem Forum :D) äußern. Er hat selber über die '56er Aufnahme aus Bayreuth den Sachs drüber gesungen und mir Auszüge aus dem II. und III. Aufzug zukommen lassen.


    Vielen Dank schonmal dafür :jubel:!


    Ich höre mir selbst gerade nochmal die Aufnahme der drei Monologe an. Ein Manko ist sicherlich, dass ihm beim "Über-Aufnahmen-Drübersingen" immer versuche, einerseits genug zu hören und andererseits, über die CD drüberzukommen. Das führt dazu, dass die Gesangslinie bisweilen etwas unstet ist. Soll heißen: Ich kann's noch besser :D.



    Zitat

    Stellen, die ihm besonders gelingen, sind die lauteren Teile der Prügelszene, das "Verachtet mir die Meister nicht" und die heftigeren Stellen im Wahn-Monolog. Will heißen: Zumindest hiernach zu urteilen eher die "deftigen" Stellen.


    Aber ich finde, dass mir auch "Johannisnacht!" und "Lebt's nicht in deutscher Meister Ehr'" ganz nett gelungen sind. Bei "...und nie ohn' ein'gen Wahn gelingen" hatte ich vorher vergessen zu atmen, daher ein Descrecendo statt eines Crescendo auf dieser Note :O...


    Zitat

    Lass die Finger aber besser zum jetzigen Zeitpunkt von diesen ganz großen Rollen, die schon andere stimmlich ruiniert haben. Sicher ist es grandios, aber der Sachs kommt sicher noch früh genug dran. :D


    Ich hab's ja erstmal in meinem Zimmer gesungen, also gemach :D. Natürlich sollte ich das frühestens in zwanzig, dreißig Jahren vor Publikum singen- aber je früher man diese Riesenpartie auswendig lernt, desto besser, oder :stumm:?


    Und immerhin bin ich schon 16 :D.


    Zitat

    BTW: Siehst Du Dich denn selber als Baß-Bariton oder Baß an?


    Meine Lehrerin hält mich für einen Bariton! Muss ich ihr auch noch ausreden :no:... Was denkst du denn? Sarastro-Fs habe ich problemlos zur Verfügung, und auch mein Osmin-D ist (nach langer Übung) ganz gut. Es gab da mehrere Stufen:


    1. Sprecher- bis zum A runter
    2. Sparafucile/Sarastro- bis zum F
    3. Osmin- bis zum D


    _______________________


    Also summa summarum etwa so 4 von 5 Punkten? Ist das Ganze denn auch gut und farbig dargestellt? Mir gefällt zum Beispiel die dritte Strophe von "Jerum, Jerum!" ;)...



    :hello:

  • Zitat

    Original von Mengelberg


    Ist ja interessant. Wer hat denn die Übersetzung gemacht, und warum ist sie so gut?


    :hello:
    M.


    Lieber Mengelberg,


    da ich mir bislang nur einen Auszug als mp3 geladen habe, kann ich die Frage, von wem die Übersetzung ist, leider nicht beantworten. Im Netz findet sich scheinbar auch nichts.


    :hello:



    Also ich empfand es eher als Baß-Bariton. Aber gut: Nach einer solchen Aufnahme zu urteilen, ist schwierig und kann irreführend sein.


    Ja, 4 von 5, würd ich mal geben – in Anbetracht des Alters usw. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões


  • Ziemlich beeindruckend fand ich auch Gerald Finley, der eine neue CD mit Opernarien herausgebracht hat. Mit dabei auch "Verachtet mir die Meister nicht" – auf Englisch. Die Übersetzung ist erstaunlich gut gelungen. Der "beste Sachs" ist er wohl kaum, aber doch ein ziemlich guter der heutigen.


    Und wer war nun der "beste"? Ich kenne jetzt vielleicht 50 Sachse. Wenn ich wählen müßte, dann würde ich sagen Josef Greindl (wer immer noch nicht glaubt, daß er das konnte, sollte mal hier reinhören).


    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Einen eindeutigen Favorit als "Sachs" habe ich nicht. Von den Sängern, die ichauf der Bühne gehört habe oder Aufnahmen besitzen, bevorzuge ich einmal Bernd Weikl und dann aber auch Ridderbusch - trotz meinen Vorbehalten gegen ihn als "homo politicus". FiDi - den ich sowohl in Berlin als auch München auf der Bühne gehört habe und dessen Aufnahme unter Jochum ich besitze, überzeugt nur auf der Platte. Auf der Bühne hat er zu grosse Probleme gehabt, die Partie durchzustehen.
    Besonders in München "starb" der ganze Saal mit ihm vor Angst !
    Auch Holl gefiel mir ganz gut in Bayreuth, er ist nur ein bisschen zu "lyrisch". Weiterhin habe ich München einige Male Manfred Jungwird und Heinz Imdahl gehört, die beide ihre Aufgabe gut erfüllt haben.
    Nur von der Aufnahme kenne ich Otto Wiener, den ich auch sehr gut finde.
    Jetzt hörte ich, dass auch Wolfgang Brendel den Sachs auf der Bühne mit großem Erfolg gesungen hat.

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  • Habe Brendel in Berlin selbst gesehen und gehört, die Höhe war da aber sonst ???


    Weit entfernt von Ridderbusch, Weikl, Adam usw.


    Mir der liebste, weil er den Sachs nicht nur singt sondern darstellt und stimmlich absolut topfit ist Karl Ridderbusch in der 74er Varviso-Aufnahme. Konkurrenz hätte Berry sein können, der aber nur die Generalprobe geschafft hat. Wegen Kmentt und Böhm habe ich diese famose Aufnahme von Orfeo trotzdem. Adam kannte ich ja schon.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Das sehe ich genauso! Von den "Nicht-historischen" Ridderbusch, Greindl und Adam können sich einige der neueren Hans-Sachs-Interpreten einige Scheiben abschneiden!


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Die Frage nach dem idealen Interpreten ist ja auch eine nach dem Stimmfach. Der Sachs ist ja von Baritonen, Bass-baritonen und Bässen gesungen worden. Stimmen mit reiner Bariton-Charakteristik wie Bernd Weikl mag ich in der Partie überhaupt nicht. Thomas Stewart, den ich auf Platte auch am besten finde, hat zwar die Baritonhöhe und dementsprechend im Wahnmonolog auch zu kämpfen, klingt aber wie ein Bass-Bariton. Meine größten Live-Erlebnisse hatte ich mit zwei Bässen. Das durch und durch menschliche ist das Entscheidende an der Partie. In der Schusterschube will ich - zumindest in der Szene mit Evchen - bewegt werden. Vor fast 30 Jahren hörte ich den Bass Peter Meven in der Partie, ein mürrischer Sachs, der aber immer wieder "aufknackte", stimmlich ein absolutes Wunder, Urkraft ohne jede Schwäche. Noch besser fand ich 1995 in Berlin John Tomlinson (der CD-Mitschnitt unter Haitink überzeugt mich nur bedingt). Der war so grandios!!! in der Schusterstube lief mir das Wasser runter! Danach wollte ich das Stück eigentlich nie mehr sehen, weil Tomlinson so gut war (neben Pape als pogner und Schulte als Beckmesser unter Simone Young). Ich mag das Stück aber zu gerne und bin rückfällig geworden. Robert Holl ist leider kein ganz großer Sachs. immerhin kommt er durch!

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer


  • Kennt jemand hier Hans Reinmar (1895–1961)?


    Gerade die Wiener sollten es.


    Ich bin erst jetzt auf eine Aufnahme vom 3. Februar 1933 gestoßen. Wilhelm Franz Reuß dirigiert die Berliner Philharmoniker. Sehr eindrücklich und wortdeutlich gesungen, wie man es selten hört. Tonqualität für das extrem hohe Alter sehr zufriedenstellend.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Daß mir Otto Wiener bisher nicht so auffiel, mag verwundern, habe ich ihn doch schon seit langem im Bayreuther Mitschnitt von 1958 unter Cluytens. Der Funke mochte bisher nicht so überspringen, vielleicht lag das nicht zuletzt an der eher mäßigen Mono-Tonqualität.


    Nun aber habe ich eine weitere, weit bekanntere Aufnahme mit ihm erstanden:



    Nationaltheater München, 23.11.1963


    Er weiß durch sehr textverständlichen Vortrag zu begeistern. Die Stimme ist sehr hell für einen Sachs, womit er eher zum Poeten, nicht zum Schuster taugt.


    Was mich in dem Zusammenhang interessieren würde, ist, wie sein Sachs fünf Jahre später am selben Ort und unter demselben Dirigenten (Keilberths wohl letzte Aufnahme vor seinem unerwarteten Tode) beurteilt wird:


    Ich meine konkret die Münchner Aufnahme von 1968, erschienen bei Opera Depot:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Hallo, Joseph II!


    Hans Reinmar war ein excellenter und warm singender Baß-Baritom. Ich habe einige Aufnahmen von ihm. Eine schöne Aufnahme habe ich erst vor Kurzem gehört. Aus AIDA: "Wehe, mein Vater" / "Ich sehe dich wieder" mit Annelies Kupper, Lorenz Fehenberger und Hans Reinmar. Dirigiert von Georg Solti. Herrlich!


    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Beleben wir mal diesen Thread wieder.


    In Beitrag 80 fragte ich, wie die Keilberth-Aufnahme von 1968 im Vergleich mit jener von 1963 zu beurteilen ist. Aus der Perspektive dieses Threads muß man wohl sagen, daß Otto Wiener fünf Jahre früher noch etwas frischer klingt.


    Meine zwölf Sachs-Favoriten (dahinter in Klammern die bevorzugten Aufnahmen):


    Josef Greindl (Knappertsbusch/Bayreuth 1960)
    Hans Hotter (Jochum/München 1949)
    Ferdinand Frantz (Kempe/Dresden 1951)
    Thomas Stewart (Kubelik/München 1967)
    Friedrich Schorr (Bodansky/New York 1936)
    Rudolf Bockelmann (Schmalstich/Berlin 1930)
    Paul Schöffler (Reiner/Wien 1955)
    Bernd Weikl (Stein/Bayreuth 1982)
    Otto Wiener (Keilberth/München 1963)
    Norman Bailey (Wallat/Bayreuth 1970)
    Theo Adam (Suitner/Tokio 1987)
    James Rutherford (Weigle/Bayreuth 2011)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Nach meinem jüngsten Erlebnis in Zürich möchte ich die Reihe der großen Sachs-Darsteller durch Michael Volle ergänzen.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Meine zwölf Sachs-Favoriten (dahinter in Klammern die bevorzugten Aufnahmen):


    Hallo, Joseph II.!


    Ich kenne nicht alle deine aufgeführten Aufnahmen. Aber die ersten drei würde ich auch zu den Favoriten zählen. Vorhin hörte ich noch Paul Schöffler mit "Wotans Abschied". Das war sehr beeindruckend. Auch ihn könnte ich mir als erstklassigen Sachs vorstellen.




    Gruß Wolfgang

    W.S.


  • Zustimmung - wenn bei mir auch die Reihenfolge eine andere wäre!


    Die von Dir auf den folgenden Plätzen genannten Herren, kämen bei mir - aus unterschiedlichen Gründen - nicht in die engere Wahl, teilweise überhaupt nicht in Betracht!


    Dafür möchte ich noch drei andere Namen in die Diskussion bringen:


    Ludwig Hofmann, der zwar als Pogner vielleicht noch passender besetzt ist, aber dem Sachs eine Würde und Größe gibt, die ich ausgesprochen eindrucksvoll finde. Ein bißchen mehr Aufhellung der majestätischen Stimme würde ihn zu einem idealen Sachs machen. Allerdings fehlt ihm noch etwas: nämlich der Humor, der etwa Greindl Sachs so hinreißend gemacht hat!


    Hans-Hermann Nissen, der gewiß einer der Interpreten war, die nie Konditionsprobleme fürchten mussten. Er konnte seine nun wirklich herrliche Stimme so voll und schön entfalten, so strömend und kantabel singen, dass ich mir wünschte, ich hätte ihn live gehört. Viele einzelne Momente sind vielleicht gar nicht spektakulär gestaltet, aber so beredt und von innen heraus erleuchtet, dass er als Sachs keine Vergleiche scheuen muss. Selbst die Ansprachen auf der Festwiese singt er ganz unangestrengt und imponiert nicht nur mit dem warmen Fluß der Stimme sondern auch mit der durchsetzungsfähigen metallischen Höhe!


    Marcel Journet, von dem wir ja leider keine Gesamtaufnahme haben, aber immerhin beide Monologe, das Schusterlied, weite Teile der Schusterstube und die Schlußanstrache. Ich wüsste nicht, wer diese zentralen Passagen der Partie wirklich schöner gesungen hätte. Die Stimme hat einen vollen und runden Bass-Klang, gewinnt aber in der Höhe strahlende Baritonqualität. Vor allem wird sie so leicht und geschmeidig geführt, dass der melodische Reichtum der Partie eindrücklicher zur Entfaltung kommt als bei jedem anderen Interpreten der Partie. Der Sachs von Journet hat eine noble Ausstrahlung und zugleich eine wunderbare Natürlichkeit und Herzenswärme. Ich gäbe was drum, wenn ich eine Gesamtaufnahme von dieser Rollengestaltung haben könnte.
    Natürlich wäre sie französisch gesungen! Allein was tut's? Was tut's! wenn man diese Stimme und diese Gesangskunst hören kann!


    Liebe Freunde, die Journet noch nicht als Sachs (und Wotan oder Gurnemanz) kennen: Gebt ihm eine Chance!



    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Nach meinem jüngsten Erlebnis in Zürich möchte ich die Reihe der großen Sachs-Darsteller durch Michael Volle ergänzen.

    Dem kann ich mich nur anschließen. Als Nicht-Wagnerianerin war ich von dieser Leistung, die er am 29.04. in Köln bot, mehr als beeindruckt. Mein Freund, ein Fan der Oper und des Sängers, war schlichtweg aus dem Häuschen. Und das Publikum explodierte schier mit Bravo-Rufen, als Michael Volle vor den Vorhang trat. Da er auch noch sehr gute Kollegen an seiner Seite hatte, Adrian Eröd und Johan Botha, war es wirklich ein spannender Opernabend, auch für mich kaum langatmig, die ich noch nie zuvor gesehen hatte.

  • Wird Zeit, dass endlich mal einen Mitschnitt von Volle als Sachs auftaucht. Oder wurde da bereits was gesendet?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Als bekennender Wagnerianer hat der Cartman hier folgende klare Favoriten, die er leider nur aus der Konserve kennt:


    Hans Hotter (1956, Cluytens)
    Der väterlichste und versöhnlichste Sachs in dieser Liste.


    Josef Greindl (1960, Knappertsbusch)
    Knappertsbusch enervierend langsame Tempi scheinen Greindl hier erst zu beflügeln und zu einer (auch atemtechnisch) imponierenden Leistung anzuspornen. Manch anderem wäre hier die Luft ausgegangen. In dem Mitschnitt unter Böhm wirkt er längst nicht so beeindruckend.


    Karl Ridderbusch (1974, Varviso)
    Eine rundum lebendige, menschliche Darstellung des volksnahen Schusterpoeten, die keine Wünsche offen lässt.


    Ergänzung: Live habe ich Falk Struckmann (Berlin) und Florian Lukas (Darmstadt) als Sachs erlebt. Beide haben ihre Meriten: Struckmann kommt besonders gut als der polternde Schuster, der nicht immer mit sich im Reinen ist, rüber, während Lukas eher ein ruhiger "poetischer" Sachs ist. Allerdings zähle ich beide Interpreten nicht zu meinen Favoriten in dieser Rolle, auch wenn sie durchaus achtbare Sänger dieser schweren Partie sind.


    Prey wäre als Sachs sicher spannend gewesen und bei René Pape bin ich gespannt, ob und wann er sich an diese Partie herantraut.

  • Hallo, Joseph II.!


    Ich vermisse in deiner Aufzählung die Namen von Ludwig Hofmann und Alexander Kipnis. Ich habe sie mir hintereinander mal angehört. Beide sind oder waren hervorragende Interpreten des Sachs. Alexander Kipnis gefällt mir fast noch besser, allerdings sind sprachliche Defizite nicht zu überhören. Aber Beide gehören unbedingt zu meinen Favoriten.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

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