Das Klavier als Orchesterinstrument

  • Hallo Taminos,


    seit nun mehreren Tagen beschäftige ich mich mit dem Klavier in der Orchstermusik. Diesesmal allerdings nicht als Soloinstrument, sondern als Orchesterinstrument.
    Aufgefallen hierbei ist mir, dass die Klavierparts teils so aufwendig sind, dass diese fast als Solopart aber trotzdem nebensächlich im Gegensatz zur Orchesterarbeit anzusehen sind.


    Nun frage ich euch. Wie wirkt auf euch das Klavier als " zweite Geige"?
    Welche Stücke kennt ihr, in denen der Pianist trotz Zweitrangigkeit komplexe Themen spielen muss.


    Ich hoffe das Thema existiert noch nicht, habe jedenfalls nichts über die Suche gefunden.


    Bin auf eure Antworten gespannt!
    LG
    Chrissi

  • Hallo, Christian, hallo, miteinander!


    Ein typisches Beispiel, das mir aufgrund jüngerer Erinnerung aus dem Konzertsaal spontan einfällt:


    Strawinskys "Psalmensinfonie".


    Da hier gleich zwei Pianisten an zwei Instrumenten aktiv werden, kommt zum perkussiven Moment auch das sorgfältiger Synchronisation hinzu. Die Außenwirkung ist nun wahrlich nicht auffällig oder gar virtuos - wobei ich, ohne die Möglichkeit die Partitur einzusehen, nicht entscheiden möchte, ob der Text sonderliche Ansprüche stellt.


    Mindestens so häufig wie die perkussive dürfte wohl die atmosphärische Wirkung sein, entweder impressionistisch wie in Respighis "Pini di Roma" oder plakativ wie in der folgenden Neueinspielung von Berlioz' "Symphonie fantastique":



    Hier spielen zwei Pianisten statt der konventionellen Totenglocken beim "Dies irae". Im Programmheft wird dies ausdrücklich begründet als im Sinne des Komponisten.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Bei Schostakowitsch taucht das Klavier mindestens in seiner ersten Sinfonie als Orchesterinstrument auf und bei Saint Saens Orgelsinfonie ebenfalls, wobei aber das bei weitem nicht die einzigen Werke sind, kommt doch das Klavier im Orchester gerade bei der Musik des 20. Jhdts relativ häufig vor.



    Viele Grüße
    John Doe

  • Shostakowichs Sinfonie ist mir auch sofort eingefallen.
    Selbst habe ich bei seiner Jazz Suite mitgespielt. Genauso bei einer Suite von Stravinsky.
    Gilt eigentlich auch Celesta z.B. bei Tschaikowksys Nussknacker oder Prokofievs Romeo und Julia? :hello:

    Die Dame des Hauses erhebt sich vom Klaviersessel: "Das war Siegfrieds Tod." Ein Zuhörer zu seinem Nachbarn: "Kann ich verstehen."

  • Ne, Celesta gilt nicht :D Da gibts auch glaub ich einen extra Thread für.


    Mir sind in letzter Zeit besonders die Werke von Strawinsky aufgefallen, wobei es ja in Petrushka ganz extrem ist. Hier hat der Pianist zahlreiche Läufe in Höchstgeschwindingkeit zu bewältigen.


    Auch in Rachmaninovs Sinfonischen Tänzen spielt das Klavier eine Rolle, zwar nicht so prägnant wie z.B. in Pini di Roma, aber trotzdem.


    Ich meine auch, dass das Klavier in Christian Sindings 3o.4 Sinfonie erklingt.


    LG
    Chrissi

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  • Einen auffälligen Farbtupfer, der stilbildend erscheint, kreiert das Klavier immer wieder in den Sinfonien des Schweden Wilhelm Peterson-Berger, stilistisch möglicherweise verwandt mit dem eben genannten Christian Sinding, dessen Sinfonien ich allerdings nicht kenne (nur das Klavierkonzert und natürlich das Salonstück "Frühlingsrauschen"):



    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Stichwort "Spezial-Besetzungen" - ich denke an Bartoks "Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta". Wie der Titel schon andeutet, gibt es nur "Saiteninstrumente", also Streicher, Harfe und eben auch - das Klavier!, aber keine Bläser. Ist das nun ein "Orchester" im Sinne des Thread-Titels? Egal, das Klavier spielt in diesem Werk eine zentrale Rolle und der Klavierpart ist entsprechend anspruchsvoll.
    Einen "Sonderfall" stellt wohl auch "Der Karneval der Tiere" von Saint-Saens dar; die beiden Klaviere spielen hier ganz eindeutig nicht die "zweite", sondern die "erste" Geige (s. erster Beitrag von Chrissi). Man könnte die meisten der einzelnen Episoden des Werks durchaus auch als "Konzertstücke für 2 Klaviere und Orchester" bezeichnen (wobei den beiden Klavieren auch eine eigene Episode ohne Orchester vorbehalten ist).
    Schließlich: Ich weiß nicht, ob es ein anderes Werk gibt, in dem das Klavier als Orchesterinstrument eine so überragende Bedeutung besitzt wie in Messiaens Turangalila-Sinfonie. Was hier dem Pianisten abverlangt wird, ist unglaublich; vermutlich einer der anspruchsvollsten Klavierparts, der jemals komponiert wurde, und das eben nicht als Solo-Part eines Klavierkonzerts, sondern "nur" als zusätzliche Klangfarbe innerhalb eines Riesen-Orchesters. Wer's nicht kennt, unbedingt anhören; das Stück ist sowieso für meine Begriffe eines der "Schlüsselwerke" des 20. Jh.


    Viele Grüße aus dem schönen Odenwald,
    harry