Chopin: Klaviersonate No. 2 op. 35

  • @ Thophilus .


    Deine Vermutungen sind nachweislich f a l s c h !


    Es gab bereits , hier vorliegend , Aufnahmen unter anderem von Ferruccio Bussoni aus dem November 1925 (!!) , die beweisen ,
    dass Aufnahmelängen von deutlich über 15 Minuten möglich gewesen sind .


    Und die Aufnahmen mit Josef Hofmann zum Teil auch vor den 1930er Jahren beweisen ebenfalls , das z. B. die beiden Chopinkonzerte wie auch das 4. Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven ( hier relevant der 1. Satz ) auch diese Aufnahmelängen zugelassen haben .


    Man solteb nicht " Vermutungen " und " Annahmen " zum Masstab seiner sog. Argumentation machen .


    Das ist nicht sachdienlich !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Man solteb nicht " Vermutungen " und " Annahmen " zum Masstab seiner sog. Argumentation machen .


    Das ist nicht sachdienlich !


    Lieber Frank,


    das ist natürlich wahr! Aber manchmal hat man auch Indizien. Z.B. gibt es von Josef Lhevinne zwei Aufnahmen der berühmten Walzers "An der schönen blauen Donau" in der berüchtigt virtuosen Schulz-Evler Transkription: eine akustische und eine mechanische Rollenaufnahme. Die Rollenaufnahme ist vollständig - die Plattenaufnahme, die zwischen 1928 und 1935 gemacht wurde, merkwürdig unvollständig. Es fehlt die komplette Einleitung, so daß die Aufnahme unter 7 Minuten lang ist. Da liegt die Vermutung nahe, daß dieses spezielle Tonstudio offenbar nicht in der Lage war, längere Matrizen aufzunehmen. Denn warum sollte Lhevinne ausgerechnet sein Paradestück um den effektvollen Anfang kürzen wollen? Im Falle Cortots wäre eine Möglichkeit, einen Vergleich zu machen mit seiner zweiten Aufnahme nach 1945, um alle Zweifel auszuschließen. Denn zu dieser Zeit gab es mit Sicherheit solche möglichen Einschränkungen der Aufnahmetechnik nicht mehr. In bezug auf Cortos 1933iger Aufnahme glaube ich allerdings auch nicht, daß er seine Tempo-Auffassung solchen "widrigen" äußeren Umständen der Technik angepaßt hätte. Das widerspricht doch wohl der Persönlichkeit von Cortot, der ein kompromißloser "Existenzialist" war. In einer solchen "Zwangslage" hätte er auf eine Aufnahme doch eher ganz verzichtet.


    Die Aufnahme von Sokolov übrigens hat bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Ich schätze seinen aufrüttelnden Mitschnitt der Chopin-Preludes (Studioaufnahmen macht er ja prinzipiell keine!) sehr, wo die Musik "aufgekratzt" wird in lauter kleinteilige, hochexpressive Klanggesten. Der b-moll-Sonate bekommt dieser russische "Expressivo"-Stil finde ich weniger gut. Da stimmt einfach die Idiomatik nicht. Natürlich ist das klaviertechnisch makellos - wie von Sokolov nicht anders zu erwarten!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :



    bei Lazar Bermann habe ich aktuell leider nur eine Fotokopie des Booklets vorliegen .


    Ich habe sie noch einmal sorgfältig durchgelesen ( die Aufnahme stammt demnach aus Japan ) .


    Demnach ist der Live - Mitschnitt auis der New Yorker Carnegie Hall vn einem ( ? ) Konzertabend oder doch aus zwei Aebenden (?) zusammengeschnitten worden .


    Als Aufnahedatum wird in Emnglisch angegeben : "March 11 & 12 , 1979 " .


    Auf der CD 2 ist das 3. Klavierkonzert von Rachmaninov enthalten ( Studioproduktion mit Claudio Abbado und dem London Symphony Orchestra ; Aufnahmedaten : November 26 - 28 & December 3 , 1976 , Henry Wood Hall , London ) .


    Sehr oft steht bei Livemitschnitten am Ende eines Stückes auch immer "Applause" . Hier nicht .


    Das Booklet ist nur in Japanisch verfasst . Ich kann kein Japanisch .



    Bei Alfred Cortot bleibt es aus den dargelegten Gründen bei meiner meinung zu Cortots Interpretatioen .


    Ich besitze / besass zwei Aufnahmen der Sonate mit Cortot ; leider habe ich derzeit nur eine , eben die von "The Piano Library ", zur Verfügung .


    Da Cortot auch z.B. die "Préludes" - etwa im Vergleich zu Ferruccio Busoni ( rec. : 1923 - 1927 ; und dabei dürfte es sich nun wirklich in keinem Fall um die auch von Dir angenommenen technischen Schweirigkeiten handeln ) oder zu Ivo Pogorelich ( DGG ; Studo ) sowei zu G. Sokolov ( Livemitschnitt ; Paris , 1990 ; Label : 'naive ' )
    deutlich schneller spielt ist die "Vermutung" von Theophilus hinfällig und war überflüssig .



    Von ABM kenne ich nur die Aufnahme aus Prag ( 1960 ) und die von BBC .


    Mir persönlich haben diese beiden Aufnahmen auch genügt .


    Von Lazar Berman , den ich , wie Du weisst , sehr schätze , habe ich nie etwas von einer auf CD erhältlichen weiteren Aufnahme der b - Moll - Sonate von Chopin gehört .


    Allgemein ist es so, dass man den Zeitanbgaben gegenüber durchaus skeptisch sein kann . Ich habe dies anhand der h - Moll - Sonate von Chopin ( alles Studioaufnahmen ) schon einmal übrprüft . Bookletangaben versus mit Stoppuhr gemssener Zeit . Aber diese reine zeitunterschieden sind dann nicht so gravierend, dass man daraus schliessen könnte , das die Substanz einer interpretion eine andere geworden wäre .


    Ähnliches gilt auch im Vergleich LP-Zeitangaben zu denen auf den CDs .


    * * * * *


    Aufgrund meiner Erfahrungen zwischen 2006 und 2008 mit den wirklich fulminanten Artikeln von " Zelenka " / Manfred Voss ( verst. ) über die letzte Klaviersonate von Franz Schubert und das 4. Klavierkonzert von Beethoven weiss ich sehr genau , wie unendlich schwierig es ist , selbst in der Bristish Library , London , Aufnahmen der beiden Werke zu finden .


    Ein Vollständigkeit über bedeutende Werke der Musik ist mir selbst von den international renommiertesten Musiwissenschaftlern nicht
    bekannt . Und Manfred Voss hatte am Ende seiner Ausführungen zu der B - Dur - Klaviersonate von Franz Schubert darauf hingewiesen, das ( damals ) bei Beeindigung seiner Niederschrift in London am 7. Juli 2007 schon weitere Neuaufnahmen angekündigt worden sind . Das ist hier im TF nachzulesen .



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    die Angaben sind wirklich merkwürdig! Es kann natürlich sein, daß Berman am Tag vor dem Konzert eine Generalprobe gemacht hat und sie Teile daraus verwendet haben oder er hat zwei Abende hintereinander egeben wegen großer nachfrage. Auch ist es möglich, daß er nach dem Konzert einige Stellen gepielt hat, die eingefügt wurden. Letzteres glaube ich allerdings nicht, denn Berman hatte die Angewohnheit, bei der Aufnahme (z.B. bei Beethoven, CBS, gibt es auch nicht mehr!), immer den ganzen Satz zu wiederholen. Schnitte innerhalb eines Satzes lehnte er ab! Ich glaube dehalb fast, daß sie da einfach ohne sein Einverständnis an der Aufnahme "herumgedoktert" haben - was nicht gerade besonders moralisch ist!


    Was Cortot angeht, bringst Du mich wirklich dazu, seine spätere Aufnahme heranzuziehen. Es kann natürlich sein, daß hier sein Spiel weniger geschwind und dafür "farbiger"!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :


    wenn wir uns etwa 20 - 39 Interpretationen im reinen Zeitvergleich hinlegen, dann sind die "Sachverhalte" bei Lazar Berman doch sehr seltsam .


    es geht nicht um Rechthaberei . Die Aufnahm e besitze ich ( momentan ) nicht.


    Wir hatten ja darüber unsere gedanken schon früher ausgetauischt .


    Ich hoffe zunächst in meinem Interesse , dass die beiden CDs der Edition wieder "auftauchen " .
    Dann , wie zugesagt , mehr .


    Man muss sich ja bei den vielen zirkulierenden "mitschnitten " fragem welche denn wirklich vom Interpreten freigegeben worden sind !


    Miss Cathleen Young CA - Berkeley , hatte mir 1999 mitgeteilt, wieviel Raubkopien und illegales Material nach USA-recht wie auch dem einzelner Staaten der heutigen EU im Umlauf sei !


    Dazu rechnte die "Music & Arts of America " auch alle Prsssungen von "The Piano Library" , die ich in Düsseldorf ab 1996 noch mühelos
    für enige DEM kaufen konnte . Plötzlich waren alle (!) CDs der Serie "weg" .


    Dieses Mischen von verschiedenen Aufnahmen ist wohl durch die technischen Möglichkeiten inzwischen die Regel .



    Früher waren Aufnahmen von ABM Raritäten ; und nun immer weider neue Aufnahmen , "Mitschnitte" ?


    Dein neuer Höreindruck würde mich dann sehr interessieren !
    Danke .


    Beste Grüsse



    Frank


    PS.: Ich kann Dir vorerst gerne eine Fotokopie der einzigen verblienbenen Fotokopie fertigen und zusenden .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Miss Cathleen Young CA - Berkeley , hatte mir 1999 mitgeteilt, wieviel Raubkopien und illegales Material nach USA-recht wie auch dem einzelner Staaten der heutigen EU im Umlauf sei !


    Lieber Frank,


    wegen solcher Raubkopien hatte Michelangeli mal die kanadische Firma Rococo verklagt - heute im Zeitalter leichtmöglicher Internetdownloads ist das natürlich ein noch hoffnungsloseres Unterfangen als früher!


    Beste Grüße
    Holger


  • Mein lieber Frank!


    Zitat

    "Man sollte nicht "Vermutungen" und "Annahmen" zum Masstab seiner Argumentation machen"


    Da bin ich ganz deiner Meinung. Allerdings sollte man noch viel weniger das tun, was du oben demonstriert hast, nämlich Urteile zu fällen, ohne einen Schimmer über die technischen Voraussetzungen bei der Aufnahme zu haben.




    Zitat

    "..., die beweisen, dass Aufnahmelängen von deutlich über 15 Minuten möglich gewesen sind ."


    Selbstverständlich war das möglich! Es gab auch ganze Beethoven-Symphonien, ja sogar einige Opern-Gesamtaufnahmen. Das ändert aber nichts an den damals vorhandenen technischen Rahmenbedingungen.


    Ohne eine relativ genaue Kenntnis der Aufnahmegeräte ist eine Einspielung aus der Schellack-Ära nicht sinnvoll zu rezensieren. Das Problem liegt in der damaligen Vielfalt von Formaten. Wenn wir an die Schellackplatte denken, meinen wir 30cm und 78 Umdrehungen pro Minute. Das war damals aber nur eines von vielen Formaten, das sich erst gegen Ende der Schellack-Ära auf breiter Front durchsetzte. In den 20er und frühen 30er-Jahren war es eines von vielen, wenngleich vielleicht das am häufigsten verwendete. Eine Klassik-Schellack konnte aber von ca. 20cm bis 50cm Durchmesser haben und die Geschwindigkeiten variierten von kanpp 70 bis über 80 Umdrehungen pro Minute (lezteres z.B. auch ein bekannt heikler Punkt bei Caruso-Transfers, wo eigentlich für jede Aufnahmesitzung die richtige Aufnahmegeschwindigkeit herausgefunden werden musste, damit die Transfers richtig gemacht werden konnten; da waren viele falsche Transfers im Umlauf).


    Eine 30cm Schellack-Platte mit 78U/min fasst etwas mehr als vier Minuten Musik. Das ist weder eine Vermutung noch eine Annahme, sondern Faktum! Gleichwohl konnte man längere Aufnahmen machen, indem man zwei Aufnahmegeräte einsetzte. Die erste Matrize lief bis zu einer passenden Stelle, wo man die Platte wenden konnte und schaltete dann auf das zweite Gerät um. War das Stück länger als zwei Matrizenseiten, konnte man noch einmal auf die erste Maschine wechseln (wo in der Zwischenzeit eine frische Matrize montiert worden war).


    Diese Aufnahmetechnik war natürlich sehr heikel und bedurfte sorgfältiger Planung. Wo gibt es geeignete Stellen zum Seiten- oder Plattenwechsel, und wie setze ich bei längeren Werken die Schnitte, um möglichst wenige Matrizen zu benötigen. Man darf nicht vergessen, dass die Schallplatte damals noch viel mehr ein Luxusartikel war und es einen großen preislichen Unterschied machte, ob ein Werk z.B. auf zwei oder drei Platten erschien. Daher kennen wir reihenweise Aufnahmen, wo man ganz sicher weiß, dass das gewählte Tempo höher als üblich war, um die Aufnahme z.B. auf einer Seite unterzubringen (das fängt schon bei Caruso an!). Weiters gibt es Aufnahmen, die vor dem Ende des Musikstücks aufhören, weil man entweder keinen sinnvollen Cut setzen konnte, nicht schnell genug spielen konnte oder einfach keinen weiteren Platz zur Verfügung hatte.


    Wenn wir jetzt auf die Zeiten der Cortot-Aufnahme blicken, liegt die Vermutung nahe, dass er 1933 bei seiner Aufnahme knapp fünf Minuten Matrizenlaufzeit zur Verfügung hatte. Damit konnte die Sonate mit den gewählten Tempi mit einem einzigen Cut im dritten Satz schön auf zwei Platten produziert werden. Hätte er nur ein wenig langsamer gespielt, wären drei Platten und ein gehöriger Aufpreis die unausweichliche Folge gewesen.



    Bei Cortot gibt es überdies eine erfreuliche Kontrollmöglichkeit, da er sehr viele Aufnahmen auf Lochstreifen produzierte. Diese unterlagen nicht dem strengen Zeitlimit der Plattenmatrize, was den Interpreten nur wenig einschränkte (ich vermute, dass die Mechanik der Aufnahmeklaviere doch ein wenig von hochwertigen Konzertflügeln abwich; man sollte also bei der Bewertung der Lochstreifenaufnahmen subtile Details mit Vorsicht interpretieren, aber Tempo und Gestaltung kann man als richtig annehmen). Und was hören wir bei Cortot bei Aufnahmen aus den Zwanzigern? Nicht im Geringsten überzogene Tempi, schön geformte und ausklingende Phrasierungen sowie sehr gute Durchhörbarkeit der musikalischen Struktur! Also genau das, was dir an seinen Studioaufnahmen abgeht!



    Ich überlasse jetzt dir die Auswahl aus zwei Möglichkeiten, warum Cortot bei den Studioaufnahmen auffallend schnell spielte:


    1. Er wollte die Nachwelt als musikalisches Chamäleon verwirren.
    2. Er musste unter dem Zeitdruck der Matrizenlaufzeit so schnell spielen.



    Bevor du dich aber über andere Meinungen alterierst, solltest du einmal deine klaffenden Wissenslücken schließen und solange keine Beurteilungen über Aufnahmen aus der Schellack-Ära abgeben!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich bitte die Kampfhähne Ruhe zu bewahren ;)


    Heute in meiner Leserpostmappe;



    Info ist somit öffentlich, besten Dank dafür


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Johannes,


    ich hatte gestern leider keine Zeit, ins Internet zu gehen, aber heute habe ich deine Antwort gelesen. Vielen Dank dafür. Wo ich sonst immer drauf geachtet habe, zum Beispiel bei Vergleichen der Spielzeiten von Beethoven-Sinfonien oder Sonaten, das habe ich hier leider vernachlässigt.
    Zwar hatte ich die beiden Beispiele von Rubinstein und die Aufnahme von Gilels gehört, aber nicht explizit den Kopfsatz verglichen, aber vor allem hatte ich vor meinem Posting die Pollini-Aufnahme gar nicht gehört (wohl früher), aber nicht in diesem Zusammenhang.
    Das habe ich nun nachgeholt, hatte den PC eine Weile aus und den Kopfsatz von Rubinsteins Aufnahme vom Januar 1961 direkt verglichen mit dem Kopfsatz von Pollinis Aufnahme 1985. Und siehe da, Pollini spielt sogar noch etwas schneller als Rubinstein.
    Er beginnt mir der Wiederholung der Exposition nach 2'10 Minuten und spielt die Wiederholung bis 4'16 Minuten, natürlich ohne die Anfangsakkorde, aber das ist tempomäßig sehr exakt.
    Rubinstein ist an dieser Stelle erst nach 2'20 Minuten und lässt die Wiederholung aus. Von da an braucht er noch 3'16 Minuten bis zum Satzende, Pollini nur 3'00 Minuten.
    Ich bedauere es immer noch, dass mir dieser Lapsus passiert ist und gelobe Besserung.
    Abgesehen davon kann ich die weiter oben gemachte höchst lobende Einstellung der Pollini-Aufnahme nur bestätigen, sie ist wirklich außergewöhnlich gut, wenn auch vielleicht ein wenig zu beherrscht.
    Ich habe nämlich während dieses Postings in einem anderen Browser nach dem weiter oben angeführten Moskauer Recital 1964 von Arthur Rubinstein gesucht, und siehe da, die komplette Sonate war auf YouTube zu hören und zu sehen (hätte ich mir aber auch denken können).
    Nach den ersten Takten fiel mir fast der Kopfhörer vom Kopf:
    - mein Gott, Rubinstein spielte ja, als ob es kein Morgen gäbe, und das mit 77 Jahren, und da fiel mir nicht nur der Unterschied zur Pollini-Aufnahme wie Schuppen von den Augen, das war noch eine ganze Klasse besser, explosiver, dynamisch weiträumiger als seine 61er-Aufnahme, die ich in meinem Bestand habe. Ich werde sie bei Gelegenheit auch noch mit der 46er-Monoaufnahme vergleichen. Übrigens gehörte Rubinstein in diesem Moskauer Finale der b-moll-Sonate mit 1'17 Minuten auch zu den Schnellen.
    Jetzt werde ich mir natürlich auch noch andere Aufnahmen von anderen Pianisten anhören, um zu schauen, ob es eine gibt, die diese Spiel "vom anderen Stern" noch toppen kann.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Zitat

    Original von William B.A.
    Übrigens gehörte Rubinstein in diesem Moskauer Finale der b-moll-Sonate mit 1'17 Minuten auch zu den Schnellen.
    Jetzt werde ich mir natürlich auch noch andere Aufnahmen von anderen Pianisten anhören, um zu schauen, ob es eine gibt, die diese Spiel "vom anderen Stern" noch toppen kann.


    Lieber Willi,


    Rubinsteins Aufnahme aus Moskau ist wirklich außergewöhnlich! Sie hat auch eine bemerkenswerte Vorgeschichte. Prokofieff hatte Rubinstein geschrieben (das war natürlich reine Ironie!), Chopin sei in der Sowjetunion unerwünscht, weil westliche Dekadenz, passe nicht zur russischen Seele. Aus Trotz hat Rubinstein in Moskau ein reines Chopin-Programm gegeben, als Demonstration für das unterdrückte Polen natürlich auch. Vor dieser Konzertreise, die entstanden ist als "Vergeltung" dafür, daß S. Richter im Westen auftreten durfte, holte Rubinstein Emil Gilels mit Frau vom Flughafen ab. Rubinstein und Gilels waren befreundet. Rubinstein hatte den jungen Gilels einst überredet, eine Karriere als Konzertpianist einzuschlagen. Die Bezahlung war schlecht, aber Rubinstein machte die Reise, weil ihn das russische Publikum liebte. Man hat das Gefühl, daß Rubinstein beweisen will, daß Chopins Musik antidekadent ist - das ist unglaublich männlich-vital und mit viel Wut im Bauch gespielt. Im Scherzo spielt er sich dermaßen in Rage und hat einen "Filmriß", der wurde auf der LP (ist als CD zu haben, RCA) retuschiert und die Aufnahme in ganz Rußland verkauft. Im Film ist das zu sehen. Den Filmmitschnitt gibt es inzwischen sehr günstig auf DVD!


    Wenn Du schon fragst: Eine absolute Sternstunde ist das Arezzo-Konzert von Benedetti Michelangeli (1952) - eines der größten Konzertereignisse im 20. Jahrhundert. Und ich kenne noch einen aufregenden Konzertmitschnitt, einer meiner absoluten Lieblingsdaufnahmen: Geza Andas Konzert bei den Salzburger Festspielen 1975 (CD Orfeo). Ein unglaublicher Abend!


    Pollini hat die b-moll-Sonate ja noch einmal aufgenommen bei der DGG. Da bezieht er die Grave-Einleitung in die Wiederholung ein. Darüber gibt der Klappentext von Paolo Petazzi Auskunft: Da soll ein Abschreibfehler in der deutschen Ausgabe behoben worden sein. Darüber kann man sich streiten finde ich. Die Einleitung verweist auf den Trauermarsch. Als Teil der Reprise verliert sie ihre exterritoriale Stellung und der Verweis wird damit geschwächt. Mir gefällt die "falsche" Spieltradition deshalb besser!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Theophilus,


    auch Dir herzlichen Dank für Deine sehr instruktiven Ausführungen zur Aufnahmetechnik! Was Euren Disput mit Frank angeht, habe ich eine ganz andere Meinung:


    Zitat

    Original von Theophilus
    Ich überlasse jetzt dir die Auswahl aus zwei Möglichkeiten, warum Cortot bei den Studioaufnahmen auffallend schnell spielte:


    1. Er wollte die Nachwelt als musikalisches Chamäleon verwirren.
    2. Er musste unter dem Zeitdruck der Matrizenlaufzeit so schnell spielen.


    Meine Eindrücke der Cortot-Aufnahme von 1933 habe ich wie folgt zusammengefasst:


    „Was sich von Anfang an verbreitet, ist eine verstörende Unruhe, die auch durch das Seitenthema nicht verfliegt, das diese umtriebige Hastigkeit nicht los wird.“


    Ist diese Hastigkeit also nur dem Umstand geschuldet, dass Cortot unter Zeitdruck stand oder war sie gewollt? Ich meine Letzteres – und das finde ich belegen eindeutig Cortots Ausführungen in seiner Meisterklasse.


    Zunächst gibt er eine allgemeine Einführung: „Ich wünsche mir also, was mein innerstes Gefühl ist, dass die Interpreten dieses Meisterwerkes des Romantizismus im ersten Satz die Revolten, das inständige Flehen in einem Kampf gegen das Schicksal ohne Hoffnung (hören) ...“


    Das ist offenkundig eine programmatische Deutung: Hier geht es um den heroisch-aussichtslosen Kampf eines ohnmächtigen Subjekts gegen das übermächtige Schicksal.


    Speziell zum Kopfsatz dann die folgenden Bemerkungen von Cortot, wo er auf die Ausführungen eines Schülers antwortet:


    „“Du redest von einem Ritt. Das ist kein Ritt... Du sprachst später von Keuchen (keuchendem Atem). Das ist es. Das ist das Entsetzen, die Agonie. Das ist Hoffnungslosigkeit. Das ist der Mensch, der umklammert ist von seinem Schicksal .... etc. All das ist unruhig (mouvemente), fieberhaft (febrile), keuchend (haletant) und nicht ... Es muß leidenschaftlich sein mit Intensität des Gefühls. Du siehst, all das ist wahrlich herzerreißend. Das sind flehentliche Bitten (supplications), mehr schmerzhaft als pathetisch ... das Schicksal, das ist das Verhängnis.“


    Von Beethoven gibt es die Vortragsanweisung „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“. So äußert sich Cortot gegenüber dem Schüler: Die Bewegtheit des Hauptthemenkomplexes ist nicht tonmalerisch als Ritt zu verstehen, sondern als Ausdruck der Empfindung, wofür der Atemrhythmus steht, der „keucht“. Das ist der keuchende Atem eines Subjekts, das im Ringen mit dem Schicksal außer Atem ist, keine Ruhe findet, in einem fieberhaften, pathologischen Zustand der inneren Unruhe sich umhertreibt. Cortots „hastiger“ Vortrag gibt diese Programmatik nun ganz exakt wieder, weswegen ich nicht glauben kann, dass er hier ein anderes Tempo spielt, als er will!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :


    Dies ist eine hochinteressante Deutung von Alfred Cortot !


    Claudio Arrau hat zu den "Préludes" ja einiges geschreiben, die Ferruccio Busoni für Chopins wichtigste Komposition hält und selbst etwas darüber geschrieben hat ( Busoni bei NIMBUS ) .


    Ich werde mir daraufhin Cortot, Busoni u. a. kommende Woche anhören (spätestens über Ostern).


    Beste Grüsse
    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank,


    weißt Du eigentlich, ob Claudio Arrau die b-moll-Sonate nicht doch gespielt bzw. aufgenommen hat? Ich habe jedenfalls keinen Hinweis darauf gefunden, fände es aber merkwürdig, wenn es nicht so wäre!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :


    Ich weiss, dass Du Arraus Chopin sehr schätzt ; und wohl besonders die h - Moll - Klaviersonate .


    Leider habe ich, wie auch ausgewiesenene weitere Arrau-Verehrer , nie einen Hinweis auf eine Interpretation der h-Moll - Klaviersonate gefunden.


    Ich hätte sie sonst sicherlich schon früher erwähnt.


    Das bedeutet aber nicht, dass er die Sonate früher nicht doch in einem seiner Konzerte auch öffentlich interpretiert hat.



    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Lieber Holger,
    lieber Frank,


    eine Einspielung der h-moll Sonate von Arrau existiert (ist als CD bei EMI veröffentlicht worden). Von der b-moll Sonate scheint es in der Tat keine Aufnahme zu gegeben. Ich habe mal im Web gesucht und bin auf eine Diskographie von Arrau gestoßen, die Ihr wahrscheinlich schon kennt, falls nicht, findet Ihr sie hier. Eine Aufnahme der b-moll Sonate ist dort nicht verzeichnet.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas ,


    lieber Holger !



    Die h - Moll - Klaviersonate von Chopin hat es auf Lp gegeben wie seit einigen Jahren wieder auch auc CD ( beide Aufnahmen sind identisch , EMI ) .


    Ich war gerade dabei , nach etwas Notebookdurchsicht Holger über folgendes zu informieren :



    Es gibt eine Homepage eines Musikliebhabers in NRW / Bad Berleburg , die in einigen Föllen auch persönlich gehörte Aufnahmen ( Konzertbesuch ? Radio ? TV ? ) in die Bewertungen mit einbeziohet, die von den Interpreten nicht mit Sichreheit freigegeben worden sind . Ferner in mehreren mir konkret bekannten Aufnahmen die Digitalbearbeitungen nicht berücksichtigen .



    Die Seite ist : http://www.klassik-prima.de .


    Es sei nur kurz angemerkt , dass einee der Lieblingsaufnahmen der "Nocturnes " von Chopin , Opus 48 , von dem Verfasser Bernd Stremmel ( in der Forenwelt zumindest bis 2008 unterwegs als "Amadé " ) besonders schlecht bewertet wird .


    An derer Stelle sind seine Bewertungen eines Nocturne von Chopin interpretiert durch Arrau , Cortot und Weissenberg am untersten Ende der Skala angelangt .


    Dagegen steht dann die Meinung von J. Summers ( " A - Z of Pianists " ; 2007 ) , dass sich bei der CD von Weissenberg um eine seiner besten Aufnahmen überhaut handel und sie Refernzstatus habe .


    Soweit , nicht kommentiert , die Meinungsunterschiede .



    Beste Grüsse



    Frank



    PS.: Für Euch beide dürfte , das habe ich dann fast darunter stehend gefunden : "Armin Berger ; Phiosoph ; A - innsbruck ; Institut f. chritlichliche Philosophie " .


    Mit Armin B. habe ich vor einiigen Jahren einmal augiebiger über die eigene wichtigste Aufnahmen ebenso diskutiert wie über Musikästhetik ( 2004 wohl ) .


    Da Ihr beide Euch für Philosophie wie Religion und Ästhetik besonders interessiert habe ich dies hier angehängt, damit der Hinweis nicht verloren geht .


    Armin B. hat 2004 ein Buch vorgelegt mit dem Titel "Unterlassungen . Eine philosophische Studie " .
    F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Thomas Pape


    Lieber Thomas,


    Danke für den Hinweis! Dann weiß ich definitiv, daß offenbar keine Aufnahme existiert. Trotzdem vermute ich, daß er diese berühmte und beliebte Sonate zumindest aufgeführt hat in seinem langen Pianistenleben. Dazu müßte man dann wohl in seine Biographie schauen!


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holger :


    ich habe mir , um mögliche Änderungen zu erfahren, Teile der Hompage von


    Berns S t r e m m e l
    Ostpreussenstrasse 15
    D - 57319 Bad Berlebug ( Hochsauerland )


    Tel.: 02751 / 57319
    E-Mail . but_stremmel@t-online.de


    heute noch eingegeben.


    Und ein paar Seiten ausgedruckt, weil mich Schuberts grosse A-Dur-Sonate und seine Beiträge zu Chopin interessiert haben.


    Das ging komplikationslos. Die letzten Besprechungen waren Aufnahmen ( Schubert D 959 ) aus 2006.


    Wie gesagt , er hat wohl als "Amadé " geschreiben und er ist von Manfred Voss / "Zelenkla", dessen Schubertartikel Du ja auch sehr gut kennst (D 960) mehrfach in Beiträgen bis 2008 erwähnt worden .



    Das Forum, in dem er geschreiben hat - zumindest teilweise - war das, in dem z. T, auch Manfred Voss / "Zelenka" geschreiben hatte. Bei M.V. bitte googeln unter ZELENKA.

    * * * * *



    F r a g e :


    Gibt es eine dem "musikalischen Idealismus" vergleichbar der musikalischen Romantik ?


    Z. B. bei Beethoven ?



    Beste Abendgrüsse !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Mal ganz kurz off topic in die Runde gefragt: Eure Einschätzung von Tamas Vasary als Chopin-Interpreten. Speziell aus Holgers und Franks Anmerkungen könnte ich für mich eine Empfehlung ableiten. @ Frank: geht natürlich auch im persönlichen Austausch.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas :



    Eine sehr interessante Frage .


    Beziehst Du sie konkret auf die neiden hier im TF anteull zu besprechenden Klaviersonaten Nrn. 2 und 3 in b- bzw. h - Moll ?


    Oder möchtest Du meine Meinung lesen / hören zu auch anderen Einspielungen von Vasary ( der ja seltsam früh Dirigent geworden ist )?


    Siamak Asgari , ein sehr guter Arzt für Neurochirurgie und subriler Kenner der Chopininterpretationen, die er grossenteils noch duch Askenas (!9 , Far Cerny - Stefanska und Harasiwewicz sowei Vasary auch in der Düsseldorfer ( alten ) "Tonhalle " kenngelent hat , hat noch in 2010 auf deren Leistungen als Chopininterpreten hingewisen . Das kann man durchaus diskutieren .


    Es gibt ( noch ? ) die Vasary - Edition der DGG . Diese ist nicht eine Zusammenstellung von besten , wertvollsten Chopininterpretationen . Nicht !


    Wer diese Edition kauft bekommt den "Vasary-Chopin" . Aber nicht mehr .


    Keine einzige (!) - nach meiner Meinung - wirklich herausragende Aufnahme seit etwa Paderewsky begonnen hat , Chopin - Kompositionen aufzunmehen ( Ich gehe jetzt nicht auf die Hinweise von Nikita Magaloff zu Paderewsky ein ! ) .


    Deutlich b e s s e r und auch finanziell g ü n s t i g e r bleibt bei Chopin ( wie bei Robert Schumann ) , die Anschaffung von Einezlaufnahmen als "Baustein für eine Musikbibliothek" .


    Hätte ich solch eine Grundausstattung in Sachen Frédéric Chopin , die übrigens sehr kostengüsnstig zusammenstellen ist ! ( ich sage dies seit jahrne immer Schülern und Studenten ) , dann würde ich mir als "ergänzung" n i c h z die Varary - Box der DGG kaufen . Ich selbst würde dann - hätte ich als "Grundlage" etwa die Aufnahmen druch Samson Francois ( EMI ) ausgesucht - diese durch andere Einzelaufnahmen ergänzen .


    Dann hätte ich z w e i sehr überzeugende verschiedene Interpretationen der verschiedenen Kompositionen von Chopin .



    Ich bin sehr gerne bereit , hier meine bevorzugten Aufnahmen der Kompositionen Chopins zu nennen .


    Du und auch Holger wissen , wo ich ( fast ) immer zu finden bin .


    Einen angenehmen Abend !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin


  • Lieber Frank,


    genau diese Antwort hatte ich erwartet. Danke. Ich hatte tatsächlich die DG-Edition (als LP) im Auge.


    Was die Sonaten betrifft: das Thema mit den Laufzeiten für Schellackplatten ist gar nicht so uninteressant. Die b-moll Sonate habe ich als Schellack-Album mit Malcuzynski vorliegen, die h-moll Sonate mit Cortot.


    Gehen wir zu Malcuzynski. Der erste Satz der b-moll Sonate verteilt sich über zwei Plattenseiten, das Scherzo passt auf eine, der Marcia funebre wird sogar zweimal geschnitten und teilt sich die letzte Plattenseite mit dem Presto.


    Will heißen: die Spielzeiten von Cortot würden bedeuten, dass Cortot (oder seine Produzenten) jeden Satz auf eine Plattenseite hätten packen wollen. Bei den Spielzeitabweichungen zu anderen Pianisten ein merkwürdiges Unterfangen, zumal die b-moll Sonate recht gute cuts in den Sätzen zulässt (bis hin zu nahtlosen Satzübergängen). Angesichts Deiner Feststellungen, lieber Frank, komme ich bei Holgers Darlegung allerdings auch ins Grübeln. Warum die Auslassungen von Takten und Wiederholungen?


    Ich bleibe nun bei Cortot und gehe zur h-moll Sonate. Und bleibe bei dem Schellackalbum. Und siehe da: der erste Satz erstreckt sich über die Seiten 1-3. Satz 2 beansprucht die Seite 4. Satz drei geht über die Seiten 5 und 6 und der Finalsatz über 7 und 8. (Nur für die Sammler: die Cortot-Aufnahme verteilt sich auf 4 10''-Platten, die von Malcuzynski auf 3 12'' Platten)


    Will heißen: die Spielzeit einer Schellackplattenseite kann tatsächlich eine Temporichtschnur sein. Die beiden Chopinsonaten sind allerdings "schnittfest" genug, um auch in der Schellackära jedes plausible Interpretationstempo zuzulassen.


    Theophilus hat ja auch plausibel dargelegt, wie Stücke in beliebiger Länge auch schon zu akustischen Zeiten aufgezeichnet werden konnten. Bei Orchesterwerken -dies als kleiner Exkurs- war es aber wohl üblich, dass die auf 5 min Takt-Basis zerlegt und entsprechend dirigiert wurden. (Für Transfers ein Pronblem, weil diese Aufnahmen nicht nahtlos aneinaderzustückeln sind). Im Grunde genommen stellte sich das Tempoproblem bei Werken, die so ungefähr 5 min. lang sind. Das liess sich nicht stückeln (habe da einen Tempo-Aberwitz in der Sammlung von Mozarts "Figaro-Ouvetüre" mit Hans Schmidt-Isserstedt). Bei den Sätzen der Chopin-Sonaten konnte man es allerdings ruhig angehen.


    Ab 1927 ging das auch via Lichtton (will heißen: man konnte bei der Aufzeichnung durchspielen und für Matritzen erst später schneiden), in den 1930er Jahren kam die Aufzeichnung via Schalldraht (ein unbefriedigender Vorläufer des Magnettonbandes) hinzu. Das Ergebnis war dennoch in Schellackplattenseiten zu bemessen.


    Bei den von Dir angegebenen Spielzeiten, lieber Frank, wäre das Ergebnis tatsächlich gewesen, dass die b-moll Sonate auf 2 (Cortot; Satz 3 muss auch bei der Spielzeit geschnitten werden, passt aber zusammen mit Satz 4 auf 2 Seiten) anstelle von 3 Platten (Malcuzynski) gepasst hätte. Eine enorme Kostenersparnis für Plattenhersteller und Käufer.


    Das Nachdenken über die Spielzeiten von Cortot scheint also offen zu bleiben, zumal andere Interpreten da langsamer unterwegs sind (Malcuzynski etwa auch in der Schellack-Ära).


    Grundsätzlich teile ich Deine Einschätzung von Cortot und Chopin: meine Präferenzen liegen eher bei Rubinstein oder Francois (meine beiden Chopin-Heroen) und natürlich diverse Einzelaufnahmen. Bei der b-moll Sonate ist mein Favorit tatsächlich Malcuzynski. Die Aufnahme werde ich für Dich undHolger gerne digitalisieren.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Ich selbst würde dann - hätte ich als "Grundlage" etwa die Aufnahmen druch Samson Francois ( EMI ) ausgesucht - diese durch andere Einzelaufnahmen ergänzen


    Aaahh, das hätte ich fast übersehen: den Francois habe ich -natürlich- komplett. Als Alternative vieles von Rubinstein (inkl. der beiden hier besprochenen Sonaten). Ok, sollte sich Vasary als Schnäppchen erstehen lassen, werde ich über Einzelheiten hier berichten. Ansonsten werde ich am WE zum Frommen dieses Threads ind die Aufnahme der b-moll Sonate von Malcuzynski hineinhören.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas :



    das ist wirklich sehr interessant, was Du über Deine Schellaclaufnahmen schreibst .


    Die Letzten Aufnahmen dieser Art hatte mein Grossvater (!) aus New York mitgebracht , wenn es nach Deutschland kam . Mit den LPs und vor allem der Einführung der Stereo - Technik ( bei EMI / Testament , SBT 1155 - P : 1999 - laut Booklet , P: 1999 , mit der Aufnahme von "L'inverno' aus den 'Quattro Stagioni' mit Manoug Parikian , vn, Carlo Maria Giulini , cond. und dem Philharmonia Orchestra London am 30. IX. 1955 und am 1. X. 1955 in den Abbey Road Studios ) wurde dann wohl für die meisten Klassikliebhaber eine neue Ära eingeleitet .


    Der tatsächliche technische Rückschritt der EMI ist daher umso erstaunlicher .


    Ich bin kein Techniker , aber gesichert ist auf sehr vielen Seiten durch Fachleute , dass bei EMI wohl schon immer , auch noch in den 1990er Jahren vor allem am Ende Takte fehlen . Das gilt auch für die Études von Chopin durch Murray Perahia , dem dies selbst beim Abhören nicht aufgefallen ist .


    Bei Nicht - Opern ist , dies gilt auch für die EMI , kenne ich persönlich keinen Fall, dass auf LPs solche Mängel vorkommen .


    Bei den MCs , ich habe noch einige davon , hat man regelmässig "Leermaterial " des Bandes . Dabei galt die MC durch einige Zeit als grosse Weiterentwicklung . Später waren sie dann vor allem "atutauglich" .



    * * * * *


    Leider gibt es kaum noch ( in Düsseldorf ) Geschäfte mit einem grössreen Sortiment an gebrauchten LPs .


    Sinnvoll war sicherlich die direkte Übertragung zu meiner Schul- und Studienzeit von Lp auf gute Tonbandgeräte mit einer hohen Bandgeschwindigkeit und dann einer sorgfältigen Archivierung .




    SAMSON FRANCOIS ( LPs ) .


    Es hätte mich nun wirklich sehr gewundert, wenn Du diese EMI France - Aufnahmen nicht hättest .


    Ich kann nur den Hinweis noch einmal geben, dass es die 1999 erstmals erschienene Edition ( allerdings CDs ) " Samson Francois : Chopin " derzeit in Deutschland günstiger gibt als in Paris . Es handelt sich nur um die Studioaufnahmen !!! Es fehlt also des "Chopin - Récital " durch S. Francois ( ebenfalls EMI France ) .


    Ich würde ohnehin eher raten , die Konzertaufnahmen zu kaufen als die Studioproduktionen .


    Wir haben es leider miterleben müssen, wie bei Firmenzusammenschlüssen Bestände "abverkauft" worden ins und dann war Schluss ( etwa bei Magaloffs GA der Werke von Chopin ; Philips ); oder sehr vielen Aufnahmen der RCA im Rahmen der Übernahme durch die BMG und dann diese durch SONY . ) .


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Bei der b-moll Sonate ist mein Favorit tatsächlich Malcuzynski. Die Aufnahme werde ich für Dich undHolger gerne digitalisieren.


    Lieber Thomas,


    das wäre wirklich toll! Diese Aufnahme kenne ich nämlich überhaupt nicht!


    Das sind wieder sehr interessante Ausführungen über die Aufnahmetechnik - da habe ich doch einiges gelernt!


    Über die Aufnahme der b-moll-Sonate von Samson Francois habe ich zwei gegensätzliche Rezensionen geschrieben - erst einen totalen Verriß und dann die Revision, eine sehr positive Besprechung! Da fragt man sich selbst: Man ist schließlich kein Anfänger mehr - wie kann einem so etwas passieren? Dann setzt die Reflexion ein und die Suche nach Gründen. Mein Ergebnis: Der Grund liegt in seinem rhetorischen Interpretationsstil, der gewisse Zweideutigkeiten an sich hat, immer auf der Grenze zum Mißlingen sich bewegt und entsprechend eine solche gegensätzliche Rezeption ermöglicht. (Der Rhetoriker "übertreibt" immer. Das kann man einmal als Bemühen um Ausdruck wahrnehmen aber auch als den fragwürdigen Versuch, vornehmlich Wirkung zu erzielen.) Der "Umschwung" kam bei mir zustande, nachdem ich die h-moll-Sonate von ihm hörte, die mir ausnehmend gut gefiel und dann die Mazurken. Auch ganz hervorragend - die Polonaisen dagegen sagen mir weniger zu. Daraus habe ich gelernt. Bevor ich z.B. Julius Katchens Aufnahme rezensierte, habe ich mich zuerst in seinen Beethoven, Brahms, Prokofieff usw. eingehört. (Katchens Aufnahme, die er mit 27 Jahren machte, ist übrigens eine der allerbesten!)


    Bei den Gesanmtaufnahmen finde ich immer noch unverzichtbar: Rubinstein, dann Adam Harasiewicz. Bei Ashkenazy finde ich es schade, daß seine an sich interessante Idee, die Werke chronologisch einzuspielen, auf LP war das zu bekommen (freilich nicht 100% konsequent), nicht auch bei der Ausgabe auf CD übernommen wurde.


    Von Tamas Vasary ist derzeit nur eine Aufnahme der h-moll-Sonate zu bekommen (Hungaroton 2001).


    Beste Grüße
    Holger

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    F r a g e :


    Gibt es eione " musikalischen Ideealismus " vergleichbar der musikalischen Romantik ?


    Z. B. bei Beethoven ?


    Lieber Frank,


    da ist die Frage, was man unter Idealismus bzw. Romantik versteht. Die Frühromantiker, allen voran Novalis, waren alle "Idealisten". Novalis war schließlich Schüler von Johann Gottlieb Fichte in Jena, der den Deutschen Idealismus durch seine "Wissenschaftslehre" (Philosophie des "Ich", des Selbstbewußtseins als System) begründete.


    Es gibt Interpreten, die verfolgen bei Mozart, Beethoven ein "Klassizitätsideal". Dazu würde ich auf jeden Fall Clara Haskil, Michelangeli und Svjatoslav Richter rechnen. Meintest Du so etwas?


    Beste Grüße
    Holger

  • Ich habe im Internet geschaut unter http://www.clavio.de/Klavierso…-b-Moll-op-3.1549.0.html, wo man Horowitz im Weißen Haus im Film sehen und hören kann. Die Tonqualität ist nicht nur schlecht, sondern unglaublich schlecht. Verläßliche Aussagen über Horowitz´ Spiel und Technik lassen sich deshalb aufgrund dieses miserabel kopierten Materials wahrlich nicht machen. Man kann nur grob einen Eindruck bekommen - mehr ahnen als wahrnehmen. Die Interpretation des Presto-Finales unterscheidet sich wie es scheint nicht wesentlich von der 1962iger Aufnahme: auch das ist mit sparsamem Pedalgebrauch sehr trocken gespielt. Die Spielzeit ist 1.22 min.


    Beste Grüße
    Holger

  • Lieber Holer :


    Danke für Deine Bemühungen !


    Ja , an Fichte hatte ich gedacht mit seiner Philosophie des Idelismues .
    Und damit - theoretisch - in Verbindung gebracht vor allem Beethoven .


    Zwischen den Beethoveninterpretationen der von Dir genannten drei Pianisten höre ich allerdings überhaupt keine Verbindung .


    Das gehört nicht direkt zum Thread , aber was würdest Du persönlich im Hinbblick auf Chopin als Idealismus und / oder Romantik bezeichen ?


    Können wir philosphische Schulen überhaupt auf Komponisten wie deren Interpretationen und gar deren Interpreten anwenden ?



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Holger :



    Unabhängig von den Musikinterprten sind doch fast alle Menschen, so sie dies vermögen , mehr oder weniger grosse " Rhetoriker " .


    Einer der bekanntesten Klavier - " Rhetroriker " war doch der von Dir erwähnte Arthur Rubinstein gewesen .


    W a r u m nehmen manche bedeutende Chopininterpreten die b - Moll - Klaviersonate mehrfach auf oder geben Konzertmitschnitte drei zur Veröffentlichung , während sie die h - Moll - Klaviersonate im Konzert sehr viel häufiger interpretieren ?


    Für mich hat die h - Moll - Klaviersonate , wie dies Armin Berger A - Innsbuck ) in seinen Aussagen über Musikästhetik vor ein paar Jahren geschrieben hatte , die grössere und auch bleibendere Aussenwirkung auf den Hörer bzw. vor allem auf das Puiblikum in Konzertsaal .


    In den vielen Jahren , die ich Samson Francois durch LPs , CDs kenne ( ich konnte ihn keider nie live hören ) , hatte ich wie Du oft den Eindruck , das er mit seinen Interpretatioen ein Gefühl der inneren Zerrissenheit bei mir hinterlassen hat .


    Interessant für mich waren die Rezensionen von Bryce Morrison über Francois' Chopin . Da gibt es etwa Jubelzeilen üder seiner Interpretation des f-Moll-Klavierkonzertes ; währen das e-Moll-Klavierkonzert als fast teilnahslos beschreiben wird .


    Francois erzieht uns gerade dazu , sich mit den Kompositionen und seinen Wiedergaben sehr eingehend auseinanderzustezen . Er macht uns das "Chopin - Hören " nicht einfach !


    Aber leigt darin auch nicht eine ungemeine Herausforderung an uns ?


    Harasiewicz wirst Du vielleicht noch aus Deine Düsseldorfer Jahren ( vielleicht auch Czerny - Stefanska ? ) in Erinnerung haben . A. H. war damals doch fast der letzte Vertreter einer ser romantisierenden Chopinsicht gewesen ; ein wenig an Stefan Askenase erinnernd . Tamas Vasary war dagegen doch eher interpretatorisch " neutral " . Aus eine andere Art5 ist dies auch V. Ashkenazy dessen emotionale Unbeteilgtheit mich immer sehr gestört hat ( so präsentierte sich Ashkenazy auch als Persönlichkeit ) .


    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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