Heilige Elisabeth, bitte für mich! – Wer war der beste Tannhäuser?

  • Lieber Engelbert,


    zuerst: persönlich ziehe ich es vor, (m)eine Frau zu streicheln anstatt einer 3- oder 4-LP-Box.
    Aber es kann gut sein, dass die Tannhäuser-LP-Box, die Du gerade streichelst, jene ist, die ich vor etlichen Jahren auf einer Schallplattenbörse verhökert habe, nachdem ich mir die 3-CD-Box gekauft hatte.


    [Natürlich habe ich in meinem post die Sängerliste nicht abgeschrieben, sondern aus dem Netz kopiert, ich bin doch nicht blöd und tippe sowas selbst!]


    Über zehn Jahre lang bin ich bundesweit auf Plattenbörsen mit meinen LP-Kisten gestanden, um so zuhause Platz zu schaffen für CDs.
    Trotzdem habe ich immer noch einen Bestand von ca. 25.000 Tonträgern.
    Darunter auch den Ur-Tannhäuser als Ersteinspielung aus Ostrava, ebenfalls mit Erwin Stephan in der Titelrolle.


    Den Konstanzer Tannhäuser hat, wenn ich mich an frühere Diskussionen hier im Forum erinnere, außer mir noch mindestens ein anderer Tamino. Die 3-CD-Box hat übrigens auch ein hübsches, komplettes Booklet mit Libretto und mehrsprachigen Sänger-Biographien und vielen Bildchen (und passt unters Kopfkissen!).


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral


    [Natürlich habe ich in meinem post die Sängerliste nicht abgeschrieben, sondern aus dem Netz kopiert, ich bin doch nicht blöd und tippe sowas selbst!]


    Lieber Harald


    Deine Ausführungen gemäß Zitat will ich weder dementieren noch bestätigen - ich werde mich hüten. Besetzungslisten in alphabetischer Reihenfolge findet man im allgemeinen nicht im WEB, weil sie zu nichts nutze und dem Einsteiger wenig hilfreich sind.


    Ich denke, dass Du selbst die Waagerechte in die Senkrechte gestellt und den A-Z Modus eingeschaltet hast. Bei der Phentesilea ist mir das zuerst aufgefallen.


    Wenn eine LP. so ramponiert ist, dass die Schachtel von allein auseinderfällt, würde ich sie auch gegen eine kleine Kopfkissen-Box austauschen. Nimmst Du Deine CDs mit ins Bett? - Du erwahnst in Deinem letzten Abschnitt, dass Pastikkassetten gut unter das Kopkissen passen.


    Völlig richtig - Wenn es Dir zu mühsam ist, eintönige Namenslisten abzuschreiben, kann man auch rüberkopieren und die eingesparte Zeit für andere Verrichtungen benutzen.


    8)


    Eine Diskussion mit dem Geschäftsführer der Klassik-Abteilung bei SATURN Hamburg, ergab, dass die LP. wieder im Kommen ist. Allgemein ist man zu der Überzeugung gelangt, dass Dynamik und Frequenzbereich höher zu bewerten sei, als bei der CD. Hier sind die Obertöne abrasiert. Eine entsprechende Grafik-Tabelle mit auf und absteigenden Linien, so wie der Seismograph ein Erdbbeben festhält, wurde kürzlich im Fernsehen gezeigt.
    Der Comfort der Track-Einteilung und die Handlichkeit der CD sind natürlich ein gewichtiges Gegenargument, aber das Entscheidende ist schließlich doch die Qualität der Musik. Bei der LP. hat man die Illusion am Klang näher dran zu sein. Ich bin froh, meine Kassetten nicht weggeworfen oder inhaltlich umtransportiert zu haben.


    Man muss auf Flohmärkten nicht jeden Müll kaufen, nur weil er billig ist, damit auch in der Wohnung noch ein bisschen Platz zum Laufen ist.


    Freundlichen Gruß
    :angel:
    Engelbert


  • Wenn diese Box gemeint ist...die steht bei mir auf der Abschußrampe. Ist letzens bei ebay liegen geblieben.


    Ansonsten bitte ich darum, zur Sache zurückzukehren und hier keine absurden Anwürfe gegen Harald zu erheben. Danke!

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Grillparzer
    Ich bin mal langweilig und nenne Wolfgang Windgassen. Für mich ist Tannhäuser die einzige Rolle, wo er wirklich ganz oben ist. Als Tristan ziehe ich Vinay vor oder Svanholm, als Siegfried Hopf oder Lorenz oder in der Götterdämmerung Helge Brilloth. Im "Siegfried" habe ich auch mal live den Dänen Stig Andersen gehört, ein großes, kostbares Erlebnis. Als Tannhäuser schlägt Windgassen aber keiner: Er steht die Rolle absolut ohne Probleme durch, ruht sich nie aus und macht in der Romerzählung wirklich diesen zerfallenen, zerstörten, urverbitterten Eindruck. So habe ich keinen anderen gehört. Auch wenn er so überhaupt kein Heldentenottimbre hat!!
    Ich höre ihn am liebsten im 1961er Bayreuth-Tannhäuser unter Sawallisch mit Silja, Bumbry, Wächter, Greindl, Stolze und Crass.


    Lieber Grillparzer,


    als Verehrer von Wolfgang Windgassen möchte ich erwähnen, daß er außer Tannhäuser auch den Florestan ähnlich stark und überzeugend dargeboten hat.


    Nun zu deiner (und meiner) Lieblingseinspielung: Diese stammt von 1962 mit folgenden Darstellern:


    Hermann (Landgraf von Thüringen) - Josef Greindl
    Tannhäuser - Wolfgang Windgassen
    Wolfram von Eschenbach - Eberhard Waechter
    Walther von der Vogelweide - Gerhard Stolze
    Biterolf - Franz Crass
    Heinrich der Schreiber - Georg Paskuda
    Reinmar von Zweier - Gerd Nienstedt
    Elisabeth - Anja Silja
    Venus - Grace Bumbry
    Ein junger Hirt - Else-Margrete Gardelli


    1961 wurde Tannhäuser in einigen Rollen anders besetzt dargeboten:


    Hermann, Landgraf von Thüringen Josef Greindl
    Tannhäuser - Wolfgang Windgassen, alternierend Hans Beirer
    Wolfram von Eschenbach - Dietrich Fischer-Dieskau
    Walther von der Vogelweide - Gerhard Stolze
    Biterolf - Franz Crass
    Heinrich der Schreiber - Georg Paskuda
    Reinmar von Zweter - Theo Adam
    Elisabeth, Nichte des Landgrafen - Victoria de los Angeles
    Venus - Grace Bumbry
    Ein junger Hirt - Else-Margrete Gardelli


    Beide Jahre stand Wolfgang Sawallisch am Dirigentenpult.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Ich möchte an dieser Stelle mal eine Lanze für alle Tenöre brechen, die sich an diese schwere Rolle gewagt haben. Ich habe Respekt vor deren Leistung, was natürlich eine persönliche Vorliebe für bestimmte Interpreten nicht ausschließt.


    Ich selber besitze zwar die Konwitschny-Aufnahme mit Hopf, Frick (Hermann), Fischer-Dieskau (Wolfram) u.a. und kann insofern allen, die Hopf als den besten Tannhäuser nennen, nur beipflichten. Aber: Ich habe auch Kollo, Windgassen und Lorenz (in einer eigentlich schlechten Privat-Aufnahme) gehört und alle diese Sänger haben natürlich ihren eigenen, persönlichen "Tonfall". Ich erinnere mich aber auch, wenn auch nicht mehr namentlich, an einige Sänger der "zweiten Garnitur" aus der Provinz, die ihre Rolle beachtenswert gemeistert haben! Domingo als Tannhäuser wäre für mich übrigens noch eine Erfahrung wert.

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Der beste Tannhäuser?


    Ich bitte mir nicht böse zu sein, wenn ich wieder mit Grundsätzlichem einsteige und also audführlich bin. Aber wem soll es nützlich, gar erkenntnisfördernd sein, wenn die Forum-Freunde reihenweise kaum mehr eintragen als persönliche Impressionen und Vorlieben mit Filterung: "Für mich ist XY derjenige, welcher ..."? Ein wenig Begründung, bezogen auf Werk-/Partie-Anforderungen und sängerisches Vermögen, wären schon erwünscht, oder?


    Zur Beurteilung von Gesang im Allgemeinen und Rolleninterpretationen im Besonderen gibt es klare Kriterien. Die Beherrschung der sängerischen Grammatik sollte im Vordergrund stehen, die Bewältigung einer sängerischen Aufgabe in vokaler und interpretativer Hinsicht dann folgen (wobei, nach Henderson, Steane, Kesting die Anwendung der klassischen Gesangsprinzipien und -methoden allein schon ein Interpretationsvorgang ist).


    Auch sollte man auseinsander halten, ob die Bewertung einem Live-Erlebnis oder einer Tonträger-Wiedergabe folgt. Das Live-Erleben gilt zumeist als authentisches, darum eigentliches-verbindliches Kriterium. Aber die Live-Aufführung, mag sie auch als Prüfanlass für Größe, Tragfähigkeit, Schallwirkung einer Stimme im Raum und für Ausdrucksfähigkeiten gelten können - sie ist von einer Fülle weiterer Einflüsse oft überlagert: Orchester, Ensemble, Partner, Dirigent, Hausakustik, Stimmung im Haus ... Die Studioaufnahme hingegen bringt, zumindest seit den Schallkompositions- und Klangretusche-Möglichkeiten der Stereotechnik, Korrekturen, Manipulationen, Optionen ins Spiel, kann kaum als objektive Vorlage gelten. Am ehesten scheinen mir klangtechnisch gute Live-Mitschnitte zur Urteilsbildung geeignet.

    Urteils-Mindestkriterien wären etwa: 1. Gesangskunst und ihre Anwendung. 2. Stimmmaterial, Stimmtypus, Stimmeignung. 3. Charakteristik & Timbre („Face In The Voice“). 4. Sängerische Interpretation, interpretatives Singen.


    Im Falle Tannhäuser sollte zuerst beachtet werden: Wird die Partie überhaupt adäquat g e s u n g e n ? Da scheiden alle die Tannhäuser-Darsteller der letzten Jahrzehnte aus, die der schmächtigen, eher für Mime prädestinierten Ordnung (wie Böhm, Jung, Schmidt, eigentlich auch Kollo, Franz etc.) angehören. Ferner die zwar wenigstens metallisch klingenden, doch zumindest auf der Live-Bühne über ihre Umfang- wie auch Stamina-Grenzen hinaus überforderten Schein-Heldentenöre (wie nochmals Kollo und die meisten seiner Zeitgenossen bis zu Elming und Andersen, von Versuchs-Tristanen, die Tannhäuser live kaum riskiert haben, wie Hoffmann und Jerusalem, ganz zu schweigen). Sodann seltsame Verirrungen von wenig Dauer, meist ins Charakterfach gehörend (wie Uhl, Krämer, Gambill). Schließlich Einzelfälle, denen es an sängerischer Klasse (Phrasierung, Phantasie, Farben, musikalischen Ausdrucksmitteln) und stimmlichem Gewicht fehlt, als Hauptbeispiel wieder Kollo. Kurzum – die Gesangsmisere im dramatischen und hochdramatischen Fach, vor allem bei Männerstimmen, manifestiert sich am schmerzlichsten und schwersterträglichen bei den echten Heroen-Partien Tannhäuser/Tristan, Sachs/Wotan/Holländer usw.


    Völlig zutreffend wurde dargestellt: Tannhäuser ist, noch vor Tristan, die Höllenpartie schlechthin. Der Sänger muss enorme Stamina, also Belastbarkeit, Tragfähigkeit, Durchschlagskraft einsetzen, zugleich flexibel phrasieren, formen, färben können, äußerste Konzentration der Tonplacierung bei gleichzeitig variabler Klangerzeugung, schließlich hochdramatische artikulative Inhaltsvermittlung durch Ausdrucksfülle schaffen. Solches ist an sich schon eine Addition von Extremen, somit beinahe unmöglich, weil in sich widersprüchlich. Dass die Partie aber ausgerechnet einer Stimme von Schwergewicht und einem Sänger mit den Fähigkeiten nahezu aller Fächer, vom Lirico bis zum Drammatico oder Eroico, abverlangt wird, reduziert die Chancen auf Idelabesetzung vollends. Man kann sie überhaupt nur ansteuern, wenn man ein perfekter S ä n g e r ist.


    Sortiert man das Angebot an geeigneten Darstellern im 20. Jahrhundert, sofern in Tondokumenten nachprüfbar, kommt man, immer mit der Suche nach etwaigem Ideal, auf einen kleinen Kreis. Sofern die akustischen Aufnahmen, durchwegs aus dem „Golden Age“, Beispiele liefern, wären als Grundinformation zu nennen: Leo Slezak, Jacques Urlus, Heinrich Knote. Neben einem Dutzend anderer, die heute absolute Weltklasse wären, setzen sie – stimmlich wie sängerisch wie singdarstellerisch – das Maß. Dann folgt jener Sänger, den man ohne Rekkurs auf persönliche Geschmacksvorlieben einfach als den konkurrenzlos wirklichen „Tannhäuser des Jahrhunderts“ bezeichnen muss: LAURITZ MELCHIOR. Alle fünf Live-Mitschnitte der Geamtpartie beweisen es. Kein anderer Sänger hat derart alle genannten Kriterien erfüllt – und das mit einer Vollkommenheit, ja Leichtigkeit, die ans Fabulöse grenzt. Melchior hat das voluminös-raumsprengende Heroen-Organ. Die bronzenene Timbrefärbung des Tragöden. Die meisterliche Souveränität in klassischen Techniken der „Alten Schule“. Sein Material ist unbegrenzt belastbar, seine Atemressourcen, Phrasierungs-, Färbungs-, Ausdruckskunst einfach überwältigend. Er liefert nicht nur stimmlich (was allein die meisten Hörer schon überwältigt), sondern vor allem sängerisch und gestalterisch ein Muster an musikalischer Evokation – und das alles auch noch mit einer nahezu unglaublichen Souveränität, ohne die geringsten Probleme, wo Kollo & Zeitgenossen gellen, stemmen, würgen, jaulen, ächzen, japsen, sich mit Aspirationen und Anstöhnern durchschwindeln, von einer korrupten Kritik ohne Kenntnise und Kriterien für „intensive Darstellung“ belobigen zu lassen.


    Melchiors Einmaligkeit erreicht kein Nachfolger. Aber es gibt welche, die sein Niveau streifen, mit Musikalität, Stimmgewicht, vor allem sängerischem Poetential in seine Nähe kommen. Das sind, in der Melchior entsprechenden Fachkategorie „Tenore eroico“ zuerst der lange vergessen bzw. ignoriert gewesene großartige Ludwig S u t h a u s , ihm vorausgehend auch August S e i d e r (als Eroico zu spät auf Tonträger gekommen). Dann Jon V i c k e r s , in kleinem Abstand auch Günter T r e p t o w (mit wenig angenehmer Tonbildung) und der mitunter grandiose Singtragöde Ramon V i n a y (leider sängerisch problematisch-unflexibel, stimmlich oft kehlig-verschattet). In der häufiger anzutreffenden Fachkategorie „Tenore drammatico“, also helleren, metallischen Heldentenorversion, überragt zunächst Max L o r e n z , an guten Tagen ein Ereignis in schmetterndem Messingklang und vitaler Ausdruckskraft. Ihm fast entgegengesetzt, hochmusikalisch, intelligent, mit unspektakulär wirkender, aber meisterlicherr Gesangskunst der Schwede Set S v a n h o l m , weiter der höhenstarke, bewegliche, intensive, immer frisch-unbekümmert, also belastbar wirkende Bernd A l d e n h o f f . Sonst in Betracht zu ziehende Fachkollegen erfüllen das Maß teilweise = aus einem zentralen Aspekt: W i n d g a s s e n , als Erster zu nennen, war ein wunderbarer Musiker und intelligenter Künstler, freilich ohne wirkliche Tanhäuser-Stimme. B e i r e r hatte das große Heroenorgan, war aber ein vordergründiger Darsteller und problematischer Sänger. H o p f hatte (mit etwas saurem Timbre) gute Voraussetzungen, bleibt aber immer ein wenig provinziell, grob, ohne Anflüge von Faszination. Unter den Heutigen würde ich allenfalls Heppner und Seiffert in Betracht ziehen, beide exzellente Sänger, doch beide eigentlich Lyriker.


    Danach kommt – leider – nurmehr Mittelmaß bis Katastrophe. Kollo ist der spektakulärste, weil fälschlich hochgejubelte Irrtum schlechthin. Domingo macht seine Sache, wie immer, attraktiv und professionell, ist aber, seien wir ehrlich, doch ein Studio- und also PR-Produkt.


    Danke für Lesegeduld und etwaigen Nachvollzug. Es grüßt KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Lieber KUS,


    danke für deinen wiederum sehr informativen Beitrag. In Bezug auf Lauritz Melchior vermag ich deinen Absolutsanspruch "Der Tannhäuser des Jahrhunderts" jedoch nicht zu teilen, wenngleich ich ihm sehr hohe Kompetenz in Sachen Wagnergesang zubillige.


    Was mir an seinem Singen allerdings nicht so ganz gefällt, ist seine Art, offene Vokale zu singen oder korrekter gesagt nicht zu singen. Ein sehr gutes Beispiel ist der in YT hörbare erste Teil der Romerzählung. Bei der Stelle: "Ich tats, denn in Zerknirschung wollt ich büßen…" höre ich bestenfalls ein "Ich tät", eher "ich töt". Damit schont man seine Stimme. Ebenso wird bei ihm aus "Gnad und Heil" ein "Gnod und Hoil", dazu noch sehr baritonal abgedunkelt.


    Unmittelbar im Anschluß gönnte ich mir die "nicht wirkliche Tannhäuser-Stimme" von Wolfgang Windgassen in derselben Szene. Da stimmt jedes Wort, jede Silbe entspricht dem Libretto. Und die Höhensicherheit ist überall vorhanden. Für mich ist aus diesen Gründen Windgassen nach wie vor DER Tannhäuser. Nicht nur, weil ich Stuttgarter bin…


    Ansonsten möchte ich dir sehr beipflichten, was die Herren Kollo, Jerusalem, Gambill usw. betrifft. Diese Liste könnte ich u.a. noch durch Reiner Goldberg und Wolfgang Schmitt erweitern.


    Interessieren würde mich letztlich noch deine Meinung zu Richard Versalle, der in Bayreuth von 1985 bis 87 sowie 1989 den Tannhäuser gesungen hatte und über Spas Wenkoff, dessen 1978er Tannhäuser als DVD-Mitschnitt erhältlich ist.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber KUS,
    Vielen Dank für Deinen Beitrag, Der die ganze Gaschichte des Heldentenors aufzeigt. Ich bin mit Dir einer Meinung,vor allem, was Lauritz Melchior betrifft. Ramon Vinay sehe ich etwas positiver als Du und Ludwig Suthaus ist für mich auch einer der ganz großen Interpreten des Tannhäuser. Die letzten 50 Jahre haben meiner Meinung nach außer Ersatzlösungen nichts gleichwertiges hervorgebracht.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Siegfried!


    Zwei Repliken sind durch Deine Entgegnung wohl gefordert. Aber gern:


    Ich hab nochmal kurz reingehört. Habe den Eindruck, die von Dir beanstandeten Vokalverfärbungen (die mir nicht aufdringlich erscheinen) sind teilweise der in allen Beispielen etwas verzerrten Klangreproduktion in den schon sehr alten, teilweise vorsintflutlichen US-Radiomitschnitten geschuldet. Zum anderen aber, das muss ich einräumen, sind sie wohl ein typisches Signum der Ausbildungsweise in Zeiten des Cosima-Bayreuth und bei praktisch allen "schweren" dramatischen Stimmen dieser Ära zu bemerken, sehr ausgeprägt etwa bei (frei aus dem Schädel in die Tasten, also ungeordnet): Schmedes, Burgstaller, Bertram, Knüpfer, Soomer, Braun, Moest uvm., sogar beim jungen Bohnen. Extrem können wir solche Manieren, bei manchem (aber nicht Melchior) fast Unarten, etwa bei einem wirklich großen Vokalisten wie Tauber und manchen seiner Nachahmer vernehmen - weswegen ich diesen wahrscheinlich musikalischsten und raffiniertest phrasierenden Tenor lange gar nicht ausstehen konnte, inzwischen aber durch solche kleinen "Individualitäten" fast erotisch gekitzelt werde. Bei Melchior ist das nicht so, da überwältigt die Souveränität der Meisterung aller Schwierigkeiten bei geichzeitig erfüllter Ausdeutung der Partie, die schier grenzenlose Atem- und Stamina-Souveränität derart, dass ich mein Lob-und-Preis-Statement ansonsten nicht mindern möchte.


    Windgassen, das glaube mir bitte, steht mir als Sänger-Gesamterscheinung ganz hoch. Er war eine der großen Prägungsfiguren meiner jungen Jahre (neben Gedda + Bergonzi, FiDi und Cordes, plus Siepi, um mal bei den Mannsbildern zu bleiben). Er war, das habe ich ja betont, ein ganz exzellenter Musiker und einer der wenigen wirklich "wissenden" Sänger seiner Ära bis heute. Auch seine Tannhäuser-Interpretation ist ein Muster an Singdarstellung, in jeder Nuance werkgerecht, erfühlt und erfüllt. Das ist gar keine Frage. Aber WW war dennoch eigentlich kein „echter Heldentenor", gleich ob wir die Drammatico- oder die rare Eroico-Version betrachten. Von der Natur hatte er eine eher lyrische, nach kurzem Reifeprozess dann irgendwie Spinto-Stimme, allerdings mit sehr deutschem = nichtmediterranen Timbre, nicht wirklich metallisch, eher leicht körnig, und er setzte nicht sehr ausgeprägt direkt klassische Gestaltungsmittel ein, wie man sie bei Urlus, Jadlowker, Völker und den südeuropäischen Wagnertenören (etwa Vinas, Palet, Fagoaga, Borgatti) hören kann. Gerade in den Live-Tannhäusers, die mir bekannt sind, verschmäht er keineswegs den Einsatz außermusikalischer Mittel, wenn auch wesentlich als (unnötige) Ausdrucksverstärkung und nicht wie bei der Generation Kollo als Schwächekaschierung und Outrage-Schwindel. Er war sogar, mit Intelligenz, Musikalität und einer Art Adaptionsinstinkt auch ein exzellenter Charaktertenor (ich habe einen Mitschnitt als Novagerio in Wien) und sang ja sogar den Pelléas. Alle, die professionell mit ihm tun hatten, berichten - besonders plastisch etwa Kmentt anlässlich seiner Stolzing-Einstudierung für Bayreuth - dass WW ein Großmeister des Raffinements bei (ich zitiere Kesting): „vokaler Disposition“ war – was nichts anderes heißt, als dass er stimmliche Überforderungen mit auf die 16tel-Note ausgeklügelten Dynamisierungs-, auf gut Deutsch: Spar-Maßnahmen zu überwinden, mitunter auch zu vertuschen wusste. Das meine ich als Kompliment! Einigen wir uns: Windgassens Tannhäuser ist eine Sache und Klasse für sich – ein großer Musiker überwindet das Unmögliche. Anders gesagt, mit einem persönlichen Bekenntnis zu jenen Künstlern, die bei wenig Naturstimme (von Schipa über Schiötz bis Bergonzi) große S ä n g e r waren, also so etwas wie „Sieg des Geistes über die Materie“ verkörperten: WW gehörte dazu.


    Schnell noch ein Nachtrag: Ja, Wenkoff hätte ich aufzählen müssen. Allein sein Material, seine Timbrefarben und sein sängerisches Können (vor allem in Anbetracht seines späten Erscheinens auf der Welt-Opernszene) weisen ihn in den Kreis der von mir aufgezählten positiven Beispiele in Zeiten des Verfalls, auch als überzeugender Tristan. Sein Eterna-Recital, unbedingt hörenswert, reiht ihn unter die wenn nicht Großen, so doch Erstrangigen seiner Zeit ein. Ähnliches würde man gern über Kozub schreiben – die vielleicht letzte (neben Gruber, den ich auch hätte erwähnen müssen) echte hochdramatische Tenorstimme für die Wagner-Heroen. Dass er dennoch – im Gegensatz wieder zu Windgassen, der viel weniger Naturmaterial mitbrachte - weder zur Weltspitze vorstieß, noch eine offizielle Tondokumente-Hinterlassenschaft in diesem Oevre erstellen konnte/durfte, das hat manch andere, aber nicht weniger wichtige Gründe. Stimme ist eben nicht alles. Man kann begnadeter Stimmbesitzer sein, ohne als großer S ä n g e r historisch zu werden. Darüber diskutieren wir vielleicht mal in einem eigenen Spazio.


    Grüße vom KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • KUS ist bestimmt ein ganz exzellenter Stimmenkenner, aber dass Ernst Gruber im ersten Beitrag nicht erwähnt war, brachte mich doch etwas ins Grübeln - sollte ich mich so verhört haben?


    Was die Aussage zu Windgassen betrifft, unterschreibe ich das Gesagte voll, das war immer sehr solides und respektables "Handwerk".

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  • Na, liebe/r hart!


    Was Sie/Dich da ins Grübeln brachte: Das hat doch nicht mit etwaiger Nichtkenntnis oder Nichtbeachtung der tollen Heldentenorstimme eines im eigenen Erlebniskreise leider nie präsent gewesenen, deshalb vielleicht doppelt interessanten Sängers Gruber zu tun. Sondern schlicht mit dem (mir besonders eigenen) Dauerproblem, um Himmelswillen nicht zu lang zu werden, sich aber differenziert und ggf. für Diskurspartner verwertbar zu äußern - und dennoch immer un-diszipliniert in multiplikativen Gedankenflug zu geraten.


    Ich habe außer Gruber sicher noch ein halbes Dutzend weiterer positiv vermerkbarer Namen unerwähnt gelassen, trotzdem hoffentlich Taugliches zur zentralen Frage und Problematik ausgesagt. Grubers Material beeindruckt natürlich sehr, ähnlich wie das von Kozub. Er kam - live wie im Studio - mit den Riesenaufgaben deutlich besser, professioneller zurecht als Mr.K. Dennoch war auch er mehr Besitzer einer Säkularstimme als erstklassiger Sänger im Sinne von Legato- und Phrasierungskunst, Farb-/Valeursetzung, Nuancierung, geschweige denn Intonations- und Modulations-Meisterschaft. Insofern muss man seinen Namen immer dann anführen, wenn man mit der Elegie vom Verschwinden der großen Wagner s t i m m e n anhebt, so wie eben auch u.a. Seider, Treptow, Beirer, zuletzt den Spät- und Schnelleinsteiger und darum (wie auch mangels Gesangskunst) Kurzzeitevent Versalle - scusi, zu all dem müsste man seriöserweise viel mehr und Differenteres sagen. Die wirkliche, perspektive-orientierte Verlusttrauer aber sollte beim Memorial über Erscheinungen ansetzen, die große Stimme mit großem Sängerkönnen und spezifischer Personality verbinden - wie, um bei dem zeitlich letzten Zeugen zu bleiben: Ludwig Suthaus. Hat jemand, nach Melchior + neben evtl. Vickers, noch einen so überwältigenden Siegmund vernommen wie diesen, in der Studioaufnahme unter Furtwängler wie im Scala-Mitschnitt unter Karajan?


    Man sieht, mit dem Themenkreis anzufangen, heißt ihm lust- und suchtvoll ins Ozeanische zu folgen. Darum breche ich jetzt einfach ab.
    Mit schönen Grüßen: KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • In letzter Zeit habe ich mehrmals die Solti-Studioaufnahme von 1970 angehört mit dem damals (im Studio) fabelhaften René Kollo.


    Im Juni 2010 hat Tannhäuser (Dresdner Fassung) in der Wiener Staatsoper Premiere, in der Titelpartie: Johan Botha. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Botha diese Partie gesanglich sehr gut gelingt (sofern ihn der Regisseur nicht zu sehr behindert) - Welser-Möst wird ihn bestmöglich unterstützen. Ich kann mir derzeit sonst keinen Tenor für diese Partie vorstellen außer Botha, selbst angesichts der Tatsache, dass es "größere" Stimmen gibt, doch Botha ist ein Garant für Zuverlässigkeit und Partiturtreue.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Mit der Fragestellung "Der Beste?" habe ich immer meine Probleme.
    Obwohl Hans Hopf in der Beurteilung auch hier im Tamino-Forum immer mit Einschränkungen versehen wird ist er für mich als Tannhäuser aller erste Wahl. Mit seinem baritonal gefärbtem und doch strahlendem Tenor meistert er alle Klippen, selbst die gefürchtete Rom-Erzählung, mit Bravour.
    Besonders in der EMI-Aufnahme aus dem Jahr 1960 mit dem sängerfreundlichen Dirigenten Franz Konwitschny überzeugt er stimmlich aber auch darstellerisch. Hopf nimmt man die Reifung vom Rebellen zum Büßer jederzeit ab. In dieser Aufnahme sind auch die anderen Partien hervorragend besetzt. Fischer Dieskau ein fabelhaft tonschöner Wolfram, Elisabeth Grümmer mit ihrem seelenvollen Sopran eine ideale Elisabeth. Der Landgraf ist eine der besten Partien von Gottlob Frick. Genau die väterlichen Rollen waren es, in denen er - natürlich besondes durch die Schönheit seines Prachtbasses - am meisten begeisterte. Allein die Begegnung Elisabeth und Landgraf "Dich treff' ich hier in dieser Halle" ist eine Szene von solch überwältigender Schönheit, dass sie zu hören allein den Kauf der Gesamteinspielung lohnt.Lediglich die zwar korrekt singende aber völlig unerotisch wirkende Marianne Schech als Venus erreicht nicht das Spitzenniveau der anderen Mitwirkenden.
    Für seinen Tannhäuser verdient Hopf auch im Vergleich mit anderen großen Interpreten dieser Partie das Sonderlob: Überragend.
    Tannhäuser, Orchester der Deutschen Staatsoper Berlin, Dirigent
    Franz Konwitschny, EMI CMS 7 632142
    Herzlichst
    Operus
    :hello: :jubel:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Der Beste.



    Äußerst schwierig. Habe mir zum Vergleich einige Romerzählungen reingezogen.
    Windgassen unter Gerdes und Cluytens. Kollo unter Wallberg, Sawallisch und Solti.
    Hopf unter Konwitschny, Vinay unter Kempe und Seiffert unter Barenboim. Nun kann
    ich die Romerzählung bald auswendig. Alles gute bis sehr gute Aufnahmen.


    Zum Schluss mein bisheriger bester Tannhäuser:
    Placido Domingo unter Sinopoli. Für mich trotz Aussprache der Überzeugungstäter.


    Botha kenne ich noch nicht.



    Grüße von Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hallo,


    Meiner Meinung nach: Melchior, Hopf und Vinay sind die besten Tannhäuser auf Platte. Bei den hier oft genannten Windgassen, Kollo und Domingo ist immer das Fegefeuer der stimmphysischen Überforderung zu hören, in der musikalischen Achterbahn, die diese Partie dem Tenor abfordert. Man möge mich steinigen für diese Ansicht: Zwar bin ich der Meinung, daß Peter Hofmann den Tannhäuser nicht auf der Bühne bewältigt hätte, aber seine Romerzählung im Wagner-Recital von 1983 ist mehr als ehrenwert !


    Gruß,


    Antalwin

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  • Max Lorenz war ganz bestimmt auch einer der TOP-Interpreten des Tannhäuser.


    Frage an die Experten: Gibt's da auch eine Gesamtaufnahme?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das ist die gefragte Gesamtaufnahme (leicht gekürzt):


    Aufnahme: 1943, Studio Berlin
    Dirigent: Arthur Rother
    Rundfunk-Symphonie-Orchester Berlin
    Chor der Deutschen Oper Berlin


    Biterolf: Walter Grossmann
    Elisabeth: Maria Reining
    Heinrich der Schreiber: Alfred Frey
    Landgraf Hermann: Ludwig Hofmann
    Reinmar von Zweter: Wilhelm Ulbricht
    Tannhäuser: Max Lorenz
    Venus: Margarete Bäumer
    Walther von der Vogelweide: Walter Ludwig
    Wolfram von Eschenbach: Karl Schmitt-Walter


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Dankesehr, lieber Harald!


    Ich kenne Auszüge von youtube. Das ist die Aufnahme.


    Ist die bis dato nie als CD herausgekommen? Ich fand weder bei Amazon noch JPC etwas.


    Liebe Grüße
    :hello:


    Edit: Bei Ebay scheint es zumindest die LPs zu geben:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Melchiors Einmaligkeit erreicht kein Nachfolger. Aber es gibt welche, die sein Niveau streifen, mit Musikalität, Stimmgewicht, vor allem sängerischem Poetential in seine Nähe kommen. Das sind, in der Melchior entsprechenden Fachkategorie „Tenore eroico“ zuerst der lange vergessen bzw. ignoriert gewesene großartige Ludwig S u t h a u s , ihm vorausgehend auch August S e i d e r (als Eroico zu spät auf Tonträger gekommen). Dann Jon V i c k e r s , in kleinem Abstand auch Günter T r e p t o w (mit wenig angenehmer Tonbildung) und der mitunter grandiose Singtragöde Ramon V i n a y (leider sängerisch problematisch-unflexibel, stimmlich oft kehlig-verschattet). In der häufiger anzutreffenden Fachkategorie „Tenore drammatico“, also helleren, metallischen Heldentenorversion, überragt zunächst Max L o r e n z , an guten Tagen ein Ereignis in schmetterndem Messingklang und vitaler Ausdruckskraft. Ihm fast entgegengesetzt, hochmusikalisch, intelligent, mit unspektakulär wirkender, aber meisterlicherr Gesangskunst der Schwede Set S v a n h o l m , weiter der höhenstarke, bewegliche, intensive, immer frisch-unbekümmert, also belastbar wirkende Bernd A l d e n h o f f . Sonst in Betracht zu ziehende Fachkollegen erfüllen das Maß teilweise = aus einem zentralen Aspekt: W i n d g a s s e n , als Erster zu nennen, war ein wunderbarer Musiker und intelligenter Künstler, freilich ohne wirkliche Tanhäuser-Stimme. B e i r e r hatte das große Heroenorgan, war aber ein vordergründiger Darsteller und problematischer Sänger. H o p f hatte (mit etwas saurem Timbre) gute Voraussetzungen, bleibt aber immer ein wenig provinziell, grob, ohne Anflüge von Faszination. Unter den Heutigen würde ich allenfalls Heppner und Seiffert in Betracht ziehen, beide exzellente Sänger, doch beide eigentlich Lyriker.



    Hallo, liebe Freunde des Sängerkriegs!
    Ich habe den gesamten Wettstreit um die Palme für den besten Tannhäuser mit Interesse gelesen. Besonders viel gebracht haben mir die Beiträge von KUS, weil er genau begründet, was für diesen und was gegen jenen Tenor spricht. Da ich im Laufe der Jahre viele Aufführungen des Werkes mit unzulänglichen und nur wenige mit überzeugenden Interpreten der Wahnsinnspartie gehört habe, möchte ich der Liste, die KUS aufgestellt hat, noch eine Liste an die Seite stellen, die sich zunächst mal nur auf Live-Eindrücke gründet, wenn ich manche dieser Live-Eindrücke wiederholt durch das Anhören von Aufnahmen überprüft habe.
    Spass W e n k o f f - KUS hat seinen Namen ja bereits selber seiner Liste geeigneter Kandidaten hinzugefügt - war von allen Tannhäuser-Interpreten, die ich live gehört habe, der mit Abstand Beste.
    Dicht gefolgt von Ernst G r u b e r, Richard C a s s i l l y und Günther T r e p t o w!
    Hans B e i r e r, Richard V e r s a l l e, und Gerd B r e n n e i s waren akzeptable Besetzungen aber nicht mehr! Sie waren der Partie immerhin stimmlich gewachsen, was man von Rainer G o l d b e r g und James Mc C r a c k e n leider nicht sagen konnte.


    Wolfgang W i n g a s s e n und Peter S e i f e r t waren natürlich eigentlich zu lyrisch, aber ihre gesanglichen Fähigkeiten und ihre darstellerische Intelligenz waren so groß, dass ich sie mehr als akzeptabel fand.
    Scott McA l l i s t e r und Robert Dean S m i t h verdienen nicht, dass ich hier auf sie eingehe.
    Hans H o p f und Ernst K o z u b habe leider nie live gehört, die Aufnahmen, die ich von ihnen kenne lassen mich glauben, dass sie gute Interpreten des Tannhäuser waren.


    Einen Namen habe ich in der gesamten bisherigen Diskussion gar nicht gefunden, den ich eigentlich auf eine Stufe mit W e n k o f f stellen würde und das ist Pekka N u o t i o ! Ich habe ihn in Stockholm und in Berlin als Tannhäuser gehört und er hat die letzte Tannhäuser-Aufführung in der guten alten MET an der Ecke Broadway und 39th Street gesungen. Eine große ausdrucksstarke Stimme und ein eindrucksvoller Gestalter. Ihm gelang das "Dir töne Lob" mit mit wirklich belcanteskem Schwung und präzisem rhythmischem Timing, er hatte die hitzige Erregung für seine Auftritte im Sängerkrieg und die verzweifelte Intensität für die "Erbarm Dich mein" - Rufe! Er gestaltete die Romerzählung mit einer unglaublichen Eloquenz und leidenschaftlichen Identifikation und schloss mit einem ganz innig und demütig auf dem Atem liegenden "Heilige Elisabeth, bitte für mich". Ich weiss nicht, ob es einen Mitschnitt eines seiner vielen Auftritte als Tannhäuser gibt. Aber Harald Kral wird das sicher wissen oder herausfinden! Einen solchen Mitschnitt hätte ich doch unheimlich gern!


    Und gleich noch eine Frage: verschiedentlich habt ihr auf Jon V i c k e r s hingewiesen. Hat der die Partie wirklich gesungen? Wo? Gibt es einen Mitschnitt? - Mich hat dieser mehrfache Hinweis schon sehr überrascht. Ich erinnere mich, dass er einmal in Bayreuth, als er dort den Parsifal sang, eingehender darüber sprach, dass er den Tannhäuser aus religiösen (!) Gründen nicht singen würde.


    Und da gerade von Mitschnitten die Rede ist, möchte ich gern noch auf einen Mitschnitt hinweisen, der bisher - wenn ich es nicht überlesen habe - nicht erwähnt wurde, und der wirklich lohnend ist, wenn auch der Klang nicht optimal ist und Wenkoff nicht mehr ganz so mühelos die Partie singt wie noch drei oder vier Jahre vorher:



    Nachdrücklich möchte ich gern allen zustimmen, die kritische Einwände gegen D o m i n g o als Tannhäuser vorgebracht haben. Ihm ist die deutsche Sprache einfach zu fremd und dementsprechend fehlen ihm eine prägnante Diktion und differnzierende Artikulation. Schade, denn manche Phrase klingt bei ihm - im Studio - schon sehr schön!


    Last not least:
    von allen Interpreten, die ich von Aufnahmen und Mitschnitten kenne, steht - KUS hat recht!!! - M e l c h i o r turmhoch über allen Konkurrenten.
    Von Jacques U r l u s gibt es ja leider nur die Hymne aus dem 1. Akt und die Rom-Erzählung - aber ich könnte mir vorstellen, dass er meinem Ideal am nächsten gekommen wäre.


    Erbarm Dich mein!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Einen Namen habe ich in der gesamten bisherigen Diskussion gar nicht gefunden, den ich eigentlich auf eine Stufe mit W e n k o f f stellen würde und das ist Pekka N u o t i o !

    Lieber Caruso41,


    es gab zumindest einen Tannhäuser-Mitschnitt aus der MET mit der u. a. Besetzung. Die CD hat damals VAi in USA veröffentlicht. Nach meinen Recherchen z. Zt. vergriffen. Vielleicht weiß jemand mehr?


    Jon Vickers hat meines Wissens den Tannhäuser nicht gesungen, was auch Fachliteratur belegt (Kesting). Auch hier lasse ich mich gerne verbessern.


    An der Diskussion, wer nun der beste Tannhäuser war oder ist - kann ich mich leider nicht beteiligen, dafür bin ich zu wenig "Wagner". Einzelaufnahmen von Melchior, Urlus & Co. habe ich natürlich auch im Regal, auch Aufnahmen von Sängern der LP-Ära bis in die heutige Zeit. Aber um in die Diskussion eingreifen zu können, müsste ich noch sooooooooviel Tannhäuser hören, dafür fehlt mir aktuell leider die Zeit.


    Übrigens habe ich ein Recital mit Pekka Nuotio - grandioser Sänger!


    LG
    Manfred





    Metropolitan Opera House
    March 23, 1966



    TANNHÄUSER {387}


    Tannhäuser..............Pekka Nuotio
    Elisabeth...............Birgit Nilsson
    Wolfram.................Thomas Stewart
    Venus...................Birgit Nilsson
    Hermann.................John Macurdy
    Walther.................Arturo Sergi
    Heinrich................Paul Franke
    Biterolf................Robert Goodloe
    Reinmar.................Norman Scott
    Shepherd................Mary Ellen Pracht
    Page....................Mary Fercana
    Page....................Ruth Lansché
    Page....................Ella Eure
    Page....................Pamela Munson


    Conductor...............Joseph Rosenstock

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


    "Non datemi consigli che so sbagliare da solo".
    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

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  • Besten Dank, Manfred! Da werde ich mal auf die Suche gehen. Leider habe ich nämlich von Nuotio lediglich drei CDs mit Einzelszenen aus deutschen und italienischen Opern. Ihn in einer Gesamtaufnahme zu haben, wäre wunderbar. Er war ein phantastischer Tenor und ein sehr eindrucksvoller Gestalter!

    ;) - ;) - ;)


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  • Hallo, caruso41!


    Ich achte Deine Fachkenntnis sehr, aber mit Aldenhoff, Beirer und Treptow kann ich als Tannhäuser nicht viel anfangen. Sie waren allesamt Heldentenore, verfügten aber nicht gerade über eine dem Tannhäuser entsprechende schöne Stimme. Da kann ich nur sagen: Hopf und Kozub. Die Gesanmtaufnahme von Hans Hopf habe ich auf Platte und oft gehört. Bis jetzt konnte ich noch keine bessere alternative Aufnahme hören.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hallo, caruso41!


    Ich achte Deine Fachkenntnis sehr, aber mit Aldenhoff, Beirer und Treptow kann ich als Tannhäuser nicht viel anfangen. Sie waren allesamt Heldentenore, verfügten aber nicht gerade über eine dem Tannhäuser entsprechende schöne Stimme. Da kann ich nur sagen: Hopf und Kozub. Die Gesanmtaufnahme von Hans Hopf habe ich auf Platte und oft gehört. Bis jetzt konnte ich noch keine bessere alternative Aufnahme hören.


    Lieber Wolfgang, hab ich wirklich Aldenhoff positiv bewertet? Glaub ich nicht!


    Deinen Vorbehalt gegen B e i r e r verstehe ich voll. Ich habe ihn auf der Bühne immer nicht ganz so schlimm gefunden, wie er auf Aufnahmen klingt. Und manchmal war er schon ganz eindrucksvoll. Trotzdem habe ich ihn nur als akzeptabel eingestuft!


    T r e p t o w allerdings möchte ich doch ein bischen verteidigen. Er war in den frühen 50er Jahren schon ein imponierender Tannhäuser! Seine Stimme war zwar baritonal aber damals gelang es ihm, ohne Bruch in die hohen Lagen zu wechseln und selbst Spitzentöne gut focussiert zu platzieren. Zugegeben: der Höhe fehlte Strahlkraft und Glanz weswegen sie auf den Aufnahmen sonderbarerweise angestrengt klingt - gerade in dem HR-Tannhäuser (In seinem Münchner Tristan-Mitschnitt klingt er deutlich besser!). Wenn man ihm Live begegnete, hatte man nie das Gefühl, dass er forcieren oder stemmen müsse oder die Partie ihn überfordern würde. Vielleicht lag das auch daran, dass er zum einen ein vorzügliches Legato hatte und wirklich belcantesk singen konnte, zum anderen sehr intensiv und ausdrucksstark war. Du wirst gesehen habe, dass ich ihn hinter Wenkoff, Nuotio und Gruber platziert habe, aber eben vor Cassilly, Windgassen und alle die Herren, die sich danach in der Partie geopfert haben.


    H o p f und K o z u b habe ich - wie gesagt - leider in der Partie nicht auf der Bühne erlebt. Ihre Aufnahmen finde ich - wie ausdrücklich betont - lohnend!


    So jetzt gehe ich in mein Musikzimmer und lege mir die Tannhäuser-Szenen mit U r l u s auf!

    ;) - ;) - ;)


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  • So jetzt gehe ich in mein Musikzimmer und lege mir die Tannhäuser-Szenen mit U r l u s auf!


    Tu das, lieber Caruso41, das habe ich gestern übrigens auch so gehalten - eine gute Wahl! Urlus ist ein Wagner-Sänger allererster Güte!



    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


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    Giuseppe di Stefano

  • Lieber Caruso41,


    mit großem Interesse und Gewinn habe ich deinen Beitrag über die verschiedenen Tannhäuser-Interpreten gelesen. Ich kenne bei weitem nicht so viele; inbesondere die "historischen" sind mir größtenteils unbekannt. Danke für die profunden Äußerungen!


    Was mir aber auffiel, ist, daß du den von mir sehr geschätzten Max Lorenz gar nicht erwähnst, weder negativ noch positiv. Ist er deines Erachtens nicht erwähnenswert als Tannhäuser? Wie würdest du ihn beurteilen, etwa im Vergleich zu seinem damaligen Kontrahenten Melchior? Wo sind deine Kritikpunkte bei Lorenz?


    Es würde mich sehr freuen, wenn du als Tannhäuser-Experte evtl. kurz dazu Stellung nehmen könntest.


    Liebe Grüße
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Es ist ja eine Ehre, von seiner Majestät nach der Meinung gefragt zu werden. Also sag ich auch noch was zu Max Lorenz. Dass ich ihn nicht erwähnt hatte, hing einfach damit zusammen, dass ich eigentlich nur über Sänger sprechen und urteilen wollte, die ich live gehört habe. Wenn ich trotzdem Melchior herausgestellt habe, dann nur, weil ich seine Mitschnitte gewissermaßen für die Messlatte halte.


    Von Lorenz kenne ich nur den Mitschnitt unter Arthur Rother mit Reining und Schmidt-Walter von 1943. (Gibt es noch andere?)
    Ich habe da gestern extra noch mal reingehört und muss sagen, dass Lorenz mich da nicht überzeugt. Das beginnt schon damit, dass ich die Stimme selbst lange nicht so eindrucksvoll finde wie manch anderer Opernfreund. Sie klingt ja in der Mittellage eher baritonal und wird oft merkwürdig abgedunkelt. Zur Höhe hin hellt Lorenz den Klang zunehmend auf bis er schließlich eine helle, für mich fast grelle metallische Strahlkraft gewinnt. Ich empfinde diesen metallischen Klang immer als forciert und nichtgerade sehr edel (Meine amerikanischen Freunde würden sagen "tin-tenor"). Beeindruckend ist allerdings die Sicherheit seiner Spitzentöne. Leider aber hat er diese Sicherheit bei der Intonation in der Mittellage überhaupt nicht - zumal wenn er grössere Intervalle zu singen hat. Noch mehr allerdings stört mich, dass die Stimme eigentlich nie wirklich fließt. Meist reiht er die Töne unverbunden aneinander. Seine Stärke ist die energische Artikulation. Da gibt es bei ihm Momente, die unvergleichlich und unvergesslich sind. Etwa die Papstworte in der Rom-Erzählung hauen einen schon um mit ihrer schneidenden, gleichsam gnadenlosen Schärfe. Und auch sonst kann Lorenz mit seinen exaltierten, oft fast neurotisch wirkenden Akzentuierungen durchaus Punkte machen. Aber auf die ganze Partie hin bringt er mir zu viel emphatische Deklamation und zu wenig Kantabilität. Der Tannhäuser ist eine Partie, die für mich davon lebt, dass sie wirklich gesungen wird. Da sind so wundervolle melodische Linien in der Partitur, die Lorenz einfach nicht aufblühen und erhellen mag.
    Ich hatte ja schon auf Jacques U r l u s verwiesen. Wenn Du Dir mal anhörst, wie der beispielsweise die Erregung und Berauschtheit Tannhäusers in "Gepriesen sei der Tag..." Klang werden lässt, dann wirst Du vielleicht eher nachvollziehen können, warum ich Lorenz nicht auf meine Liste der großen Tannhäuser-Interpreten stellen möchte, wenn ich denn meine Liste um Sänger erweitern würde, die ich nicht live erlebt habe sondern nur durch Aufnahmen kenne.


    Ich gestehe aber gerne ein, dass die ja sehr engagierte, erregte und erregende Interpretation durchaus Eindruck machen kann, sie hat einen leidenschaftlichen, heißen Atem und verwöhnt mit viel Strahlkraft in den Spitzentönen. Mir sind aber Interpreten lieber, die mehr singen! Deshalb noch ein Hinweis auf drei Interpreten, von denen es zwar jeweils nur Ausschnitte gibt; aber diese Ausschnitte lassen mich vermuten, dass ich ihre Interpretation der Partie gemocht hätte: Ivan E r s c h o f f , Francesco V i g n a s und Leo S l e z a k. - Man könnte erwarten, nun müsste auch Völker genannt werden, aber - so schön er singt - der scheint zu der Figur nicht wirklich Zugang gefunden zu haben.

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Hallo,


    gibt es diese Aufnahme, oder handelt es sich um einen Fehler des Autors Karsten Steiger ?


    Tannhäuser: Max Lorenz


    Elisabeth: Renata Tebaldi


    Wolfram von Eschenbach: Carlo Tagliabue


    Landgraf Hermann von Thüringen: Boris Chrstoff


    Coro e Orchestra del Teatro dell´Opera di Roma


    Stabführung: Karl Böhm


    In italienischer Sprache ! (1949)


    Company: HRE


    Wer weiß etwas ?


    Gruß,


    Antalwin

  • Hallo Antalwin,


    die Aufnahme scheint es zu geben. Habe auch noch einen Querschnitt der Oper entdeckt, s. u.:



    Wagner: Tannhäuser (excerpts)



    Tebaldi/Lorenz/Voyer/Torres/Rossi-Lemeni/Pery



    Orchestra and Chorus of Teatro San Carlo, Naples



    Karl Böhm



    April, 1948


    Gruß
    Manfred

    "Menschen, die nichts im Leben empfunden haben, können nicht singen."
    Enrico Caruso


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    ("Gebt mir keine Ratschläge, Fehler kann ich auch allein machen".)
    Giuseppe di Stefano

  • Hallo, caruso41!


    Mir fällt gerade auf, daß in der Tannhäuser-Aufnahme der MET von 1966 ein Name auftaucht, den ich von der Frankfurter Oper her kenne. Es ist Arturo Sergi, der hier den Walther singt. Ich habe von ihm eine Aufnahme aus dem POSTILLON VON LONJUMEAU mit "Freunde, vernehmet die Geschichte". Ich bin erstaunt, daß er auch an der MET sang. Weißt Du etwas Näheres?



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Hallo Wolfgang,


    Arturo Sergi war doch Amerikaner (eigenthich Arthur Kagan), geboren 1927 in New York. Seit 1963 sang er an der MET; war schließlich sein "Heimathafen".


    LG


    8)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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