Georg Friedrich Händel - Deutscher oder Engländer ?

  • Kondoliert.


    Natürlich wirst Du immer 'in Deutschland geborener' (und für mich damit auch 'Deutscher') bleiben, auch wenn Du die türkische Staatsbürgerschaft annimmnst und die deutsche ablegst. Das ist eben nur Papier und keine Veränderung der Vergangenheit... :P


    Solltest Du es schaffen, Deine Herkunft zu verändern, dann wäre das KUNST.


    Solange wünsche ich Dir noch viel Spaß hier!


    :D

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Solltest Du es schaffen, Deine Herkunft zu verändern, dann wäre das KUNST.


    oh, hast Du meine Arbeit studiert ?


    Da gibt es längst einen fiktiven Stammbaum - der aber so nah an der realität ist, das ein Außenstehender erstmal verwirrt sein dürfte :D


    jetzt wird's aber O.T.

  • Nur, weil ich knappe 10 Jahre meines Lebens in Frankreich wohnte und dort (vermutlich) meine bisher besten Werke komponierte, bin ich noch lange kein Franzose. Ich werde als im Dreieck zwischen Beethovens Geburts- und Schumanns Sterbehaus geborener stets Bonner, Rheinländer, Deutscher, Kontinentaleuropäer, Weltbürger und Alphaquadrantbewohner schwedisch-polnischer Abstammung bleiben. Ich war, bin und bleibe einfach ICH (individual chaotic human).


    Diese Beanspruchung von Künstlern und anderen großen Persönlichkeiten für irgendwelche Landstriche oder Nationalitäten dient nur einem Ziel: der Aufwertung derselben (was natürlich marketingstrategisch gelingt, ansonsten aber nicht). Salzburger Bürger sind keine besseren Menschen als Wiener, nur weil Mozart in erstgenannter Stadt geboren wurde. Und Wiener sind nicht besser als Salzburger, weil Mozart in Wien den Figaro komponierte.


    Doch zurück zu Händel: Halle befand sich zum Zeitpunkt seiner Geburt sowieso in einem völlig anderen Raum des Universums, als es jetzt gerade liegt, somit ist er nichtmal Hallenser :D


    Halle-lujah!


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Ich sehe das vor allem noch aus einer anderen Problematik.
    z.B. hätte J.M. Kraus herzlich gelacht oder gekotzt wenn er den Begriff "Odenwälder Mozart" gehört hätte


    Ich denke Händel ging es mit Halle nicht anders...

  • Und dem Salzburger Kraus erst... :hahahaha:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

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  • Zitat

    Ich finde es etwas paradox, dass in Beiträgen, die so beflissen auf die deutsche Kleinstaaterei (aufgrund deren der Begriff einer deutschen Nationalität hier vermeintlich keine Anwendung finden darf) hinweisen, ganz unbekümmert von "italienisch" die Rede ist, obwohl es einen italienischen Nationalstaat ebensowenig gab.


    Preussen war damaliger Zeit eine europäische Großmacht, sein Territorium war von der Fläche her durchaus mit der heutigen Bundesrepublik zu vergleichen. In diesem Fall von Kleinstaaterei zu sprechen ist also nicht richtig.


    Richtig dagegen ist der Hinweis, dass es damaliger Zeit auch keinen italienischen Nationalstaat gegeben hat, wobei die Bezeichnung "italienisch" auch sehr oberflächlich ist. Befasst sich mit italienischer Musik aus dieser Zeit etwas näher, dann wird man selbstverständlich gleich eines besseren belehrt.


    Zitat

    Dass es ein "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation" gab, spricht auch nicht unbedingt dafür, dass es die Vorstellung einer deutschen Nationalität nicht gegeben hätte.


    Alleine schon die Bezeichnung "römisches Reich" weißt darauf hin, dass es bei diesem Gebilde nicht um einen Nationalstaat gehandelt hat, sondern um etwas supranationales, genauso, wie diese Bezeichnung zum ganz deutlich zum Ausdruck bringt, dass es eigentlich als Fortsetzung des Imperium Romanum gedacht war.
    Der Begriff "deutsche Nation" ist von dem her also auch nicht nationalstaatlich gemeint, sondern ethnisch, wobei es sich - nebenbei sei´s bemerkt - auch um die ursprüngliche Bedeutung handelt (Diese ursprüngliche Bedeutung existiert übrigens auch heute noch: Siehe dazu z.B. die Nation der Zulu oder die Nation der Siux).


    Die Vorstellung einer deutschen Nationalität im Europa der damaligen Zeit entspricht also in etwa der Vorstellung einer bayerischen oder schwäbischen oder sächsischen Nation innerhalb der BRD, sie ist also rein auf Sprache, Tradition, Sitten, Gebräuch, Abstammung etc. bezogen.


    Ich weiß jetzt nicht, in wie weit Händel in London deutsche Sprache, Tradition, Sitten und Gebräuche abgelegt und stattdessen englische angenommen hat, ich gehe aber davon aus, dass er es gemacht hat, mit der Folge, dass er Engländer geworden ist und somit der Lexikoneintrag "German born English composer" , auf den miguel54 verwies, voll und ganz zutrifft.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Zitat

    Original von John Doe


    Der Begriff "deutsche Nation" ist von dem her also auch nicht nationalstaatlich gemeint, sondern ethnisch


    Das ist schon klar, ich dachte, dass gerade auf Grundlage dieses Begriffes hier diskutiert wird.

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    In einem englischen Lexikon hab ich mal gelesen "German born English composer" ...


    Das bringt es genau auf den Punkt. Händel, der Deutschland sehr früh verlassen hatte, war der deutschen Sprache, die er zwar aus frühkindlicher Prägung heraus bis an sei Lebensende (Jephtha-Particell) immer wieder benutzte, nicht sonderlich mächtig. Woran das im Detail gelegen haben mag, soll hier nicht erörtert werden.


    Gäbe es von Händels Vokalwerken nur die wenigen in deutscher Sprache original komponierten, ("Brockes-Passion") würde er auf der Rangliste bedeutender Barock-Komponisten allenfalls einen gediegenen Mittelplatz einnehmen.


    Selbst seine Korrespondenz mit Freund Telemann wird in achtbarem französisch absolviert. Die wenigen erhaltenen deutschen Briefe (meist an Familienmitglieder) sind voll mit Unbeholfenheiten und zeugen davon, daß Händel die deutsche Sprache wenig geläufig war.


    Ganz anders dagegen, wenn er sich in italienisch oder englisch ausdrücken darfas es verständlich werden lässt, daß ihn sowohl Italiener wie auch Engländer sehr schnell als einen der "ihren" akzeptierten und feierten.


    Seine Beherrschung der englischen Diktion zumindest liesse Niemanden auf die Idee kommen, daß es sich um einen "Nicht-Muttersprachler" handeln könnte. Mit der englischen Aussprache dagegen soll er auf Kriegsfuss gestanden haben, wie mehrere Quellen glaubhaft überliefern.


    Händels Beitrag zur Stärkung des englischen Nationalgefühls wurde ganz folgerichtig damit honoriert, daß ihm die Nation eine Grablege dort gewährte , wo er zusammen mit Newton und Purcell die künstlerisch-geistige Elite des Inselreiches würdig wie kaum ein anderer repräsentiert und dabei spielt es keine Rolle, daß er zufällig in Halle geboren wurde.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Guten Tag


    Zitat

    Original von der Lullist



    Händel und Hasse wurden so genannt.
    ich glaube ich habe mal gelesen, das damals für Italiener alle "Deutschen" Sachsen waren...


    Über Händel gibt es einen auf den 14. Jan. 1707 datierten Tagebucheintrag von Francesco Valesios:


    "E giunto in questa citta un Sasone, eccellente suonatore di cembal e commpostore di musica..."


    (In unserer Stadt ist ein Sachse angekommen, ein ausgezeichneter Cembalospieler und Komponist,...)


    Bei der Aufführunhg seiner Oper Agrippina 1709 in Venedig rief das tobende Publikum:


    "Viva il caro Sassone !!"





    Auf dem Titelblatt zu Johann Adolph Hasses Serenata
    Marc Antonie e Cleopatra ist ebenfalls der Beiname il sassone vermerkt.



    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard