Manuel de Falla, vom Impressionisten zum Neoklassizisten

  • Kaum ein Komponist wird so sehr aufgrund der falschen Werke geliebt wie der Spanier Manuel de Falla (1876 in Cádiz – 1946 in Alta Gracia, Argentinien). Kompositionen wie „Nächte in spanischen Gärten“, die Suiten aus dem Ballett „Der Dreispitz“ und „El amor brujo“ genießen unverminderte Popularität. Kaum durchsetzen konnten sich hingegen Werke wie die Oper „Meister Pedros Puppenspiel“, das Konzert für Cembalo und fünf Soloinstrumente und die unvollendet hinterlassene Szenische Kantate „Atlántida“.



    De Falla war der Sohn eines Kaufmanns und einer Pianistin, von der er seinen ersten Musikunterricht erhielt. Das kompositorische Frühwerk umfasst 5 Zarzuelas (eine Art spanische Operette). Der Durchbruch kam mit der Oper „La vida breve“ (1905).
    De Falla ging nach Paris, wo er zum Kreis um Claude Debussy gehörte und Einflüsse von Debussy, Ravel und Dukas aufnahm. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs kehrte de Falla nach Spanien zurück. Hier komponierte er die „Gitanería“ (etwa „Zigeunerstück“) „El amor brujo“ (1915; Umarbeitung als Ballett mit Gesang 1921), „Noches en los jardines de Espana“ (konzertante Suite für Klavier und Orchester, 1916), die Pantomime „El corregidor“ (1917, Umarbeitung zum Ballett „El sombrero de tres picos“ 1919; denselben Stoff verarbeitete Hugo Wolf in seiner Oper „Der Corregidor“).
    1923 folgte „El retablo de maese Pedro“, 1926 das Konzert für Cembalo. Danach begann de Falla an „Atlántida“ zu arbeiten.
    1936 emigrierte de Falla als überzeugter Pazifist nach Argentinien, wo er nach langer Krankheit 1946 starb. Sein Leichnam wurde nach Spanien überführt und in der Kathedrale seiner Geburtsstadt beigesetzt.


    De Falla komponierte, auch durch seine Krankheit bedingt, in deren Folge immer wieder Lähmungen auftraten, extrem langsam, aber auch sehr sorgfältig. Er war bestrebt, kein Werk zu wiederholen (auch die beiden Ballette sind Ergebnisse von Umarbeitungen einander formal kaum verwandter Werke).
    Stilistisch war de Falla in seiner ersten Schaffensphase von der Farbenvielfalt Debussys und, stärker noch, Ravels geprägt. Die Volksmusik der Spanischen Zigeuner ist für ihn die zentrale Inspirationsquelle.
    Das ändert sich um 1919 radikal. De Falla wendet sich von der rhapsodischen Ornamentik und dem schwelgerischen Farbenzauber des Orchesters ab und einem herben Neoklassizismus zu, der immer noch auf der Basis folkloristischer Erfindung steht, diese aber stilisiert und mit einem herb-dissonanten polyphonen Satz verbindet.
    „Meister Pedros Puppenspiel“ ist eine erste Kostprobe dieses neuen Stils, das Cembalokonzert und „Psyché“ für Gesang, Flöte, Harfe und Streichtrio setzen den Weg konsequent fort.
    Einen Kulminationspunkt erreicht de Falla dann in „Atlántida“: Abermals ist die Musik herb dissonant, Septimen und Nonen prägen das Klangbild, das außerdem mit Tonsymbolen durchsetzt ist. De Fallas Schüler Ernesto Halffter ergänzte das Werk in mehreren Anläufen.
    Charakteristisch ist, dass das Publikum seine Wertschätzung nur den Werken aus de Fallas erster Schaffensperiode entgegenbringt. Tatsächlich entsprechen sie perfekt den Klischees von „spanischer Musik“ und lassen vom Urlaub träumen. In seiner zweiten Schaffensperiode macht es de Falla dem Zuhörer weniger leicht: Die Musik klingt zwar noch immer „spanisch“, nähert sich aber dem Folklorismus eher eines Bartók. Der üppige Farbauftrag mit den zart dissonierenden Klangreizen ist verschwunden, der Klang ist herb, auf das Wesentliche reduziert. Die Zigeunermusik hat als Inspirationsquelle fast ausgedient, an ihre Stelle tritt die alte spanische Kirchenmusik und die Musik des spanischen Barock, der allerdings weder imitiert noch persifliert wird, sondern als Inspirationsquelle dient.
    Problematisch ist die Einschätzung de Fallas für die Musikgeschichte: Für Spanien ist er von größter Bedeutung (obwohl die unmittelbaren de Falla-Nachfolger auch eher an die erste Schaffensphase anknüpfen; lediglich Halffter besinnt sich eher der zweiten). International sieht es anders aus: Eher Kodaly als Bartók, eher Respighi als Malipiero, eher Delius als Vaughan Williams, zählt wohl auch de Falla zu jenen Komponisten, deren nationale Bedeutung nicht der internationalen entspricht. Sein Frühwerk bleibt den Konzertsälen als „Reißer“ erhalten, sein wesentlich bedeutsameres Spätwerk hingegen wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch weiterhin kaum wahrgenommen werden.


    Mich würde nun interessieren, wie Ihr de Falla einschätzt und welche Werke in Euren Augen ein Muß sind, um den Komponisten kennenzulernen.

    ...

  • Danke Edwin!


    Ich kenne bislang nur den Dreispitz und das Cembalokonzert, mit denen es mir extrem unterschiedlich geht.


    Am Dreispitz habe ich immer wieder schöne Stellen gefunden aber als Ganzes bleibt es mir ziemlich unerträglich. Die Elemente scheinen mir einfach aneinandergehängt, wie es eben die Handlung verlangt, beziehungsweise so weit gedehnt, damit ausreichend dazu getanzt werden kann, dazwischen gibt es musikalischen Leerlauf, als Stück "absoluter Musik" ist das irgendwie unbrauchbar.


    Das Cembalokonzert kann mich durchaus immer mal wieder begeistern, wobei ich mich stets mehr an Strawinsky als an Bartok erinnert gefühlt habe. Das betont Falsche dieser Musik (was mich eben an Strawinsky erinnert), der Folklore-Bezug, die absurde Besetzung und die extreme Dichte mit der die Töne auf einen einprasseln haben schon ihren ganz eigenen Reiz.

  • Hallo Kurzstueckmeister!
    Das Cembalokonzert dürfte auch das einzige Werk de Fallas sein, in dem es etwas wie Ironie gibt: Ein Spiel mit Versatzstücken, und doch wird das auch gebrochen und dadurch sozusagen nocheinmal unter Anführungszeichen gesetzt. Ein glänzendes Werk, bei dem man wirklich große Namen wie Strawinskij anrufen muß, um Parallelen zu finden.


    Mit den folkloristischen Stücken der ersten Phase kannst Du mich, so ganz unter uns gesagt, jagen! Auch die "Nächte" sind für mich unerträglich mit ihrer dauernden ziellosen Ornamentik.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,
    ich muß zugeben,daß mich die"Nächte in spanischen Gärten"
    von jugend an fasziniert haben,vor allem durch die Interpretation
    von C.Haskil mit I.Markevitch.
    Fast ebenso fasziniert mich das Konzert für Cembalo und fünf
    Instrumente.Dann kommt noch "Der Dreispitz"und auch"Der
    Liebeszauber.Dazu kommen die zahlreichen Klavierwerke etc.
    Es wurde Zeit,daß de Falla einen Thread bekommt.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Edwin,


    Du solltest einmal in Erwägung ziehen,daß Musik auch schon mal


    unterhaltenden Charakter haben darf und soll.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert!
    Das mache ich - ob Du's glaubst oder nicht. Meine liebsten Unterhaltungsstücken sind dabei "Le boeuf sur le toit" von Darius Milhaud, dessen "Suite provencale", Poulencs Konzert für 2 Klaviere und Orchester, sein Cembalokonzert, Villa-Lobos' Zweite Bachiana brasileira, dazu kommen noch die beiden Suiten für Jazzorchester (als "Jazz-Suiten" nicht ganz richtig bezeichnet) von Schostakowitsch - und natürlich auch dessen Operette "Moskva, Tscherjomuschki". Und das ist nur die Spitze des Eisbergs meiner zutiefst unseriösen unterhaltungssüchtigen Ader!


    Was ich allerdings von solcher Musik verlange, ist, daß sie mich auch tatsächlich unterhält, also auf amüsante Weise den Geist anregt und einfach Vergnügen macht. Da mich de Fallas "Nächte" und seine beiden Ballettpartituren primär langweilen, gehören sie eher nicht dazu.
    Ein Stück, das ich vom frühen de Falla mag, ist "La vida breve" - das ist mit viel Schwung komponiert und die Arien beweisen die sichere Hand eines großen Könners - zumal die Formen überschaubar sind und de Falla noch nicht in dieses ziellose Ornamentieren verfällt.
    Auch in den Balletten gibt es einzelne Sätze, die ich unter dem Unterhaltungsaspekt mag (der "Feuertanz" etwa). Nur als Ganzes langweilen auch sie mich leider.


    Und genau diesen Eindruck habe ich beim "Meister Pedro" und beim Cembalokonzert nicht ansatzweise. Das ist ja auch keine ernste oder gar tragische Musik, sondern durchaus auch unterhaltsam. Aber beide Werke haben eine Eleganz, eine Noblesse und einen Charme, den ich den früheren Stücken weit überlegen finde. Kurz: Ich unterhalte mich mit ihnen fabelhaft, mit den Balletten und den "Nächten" hingegen aufgrund steigender Langeweile eigentlich gar nicht.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    ich verstehe Dich,aber der Unterhaltungswert ist sehr


    unterschiedlich.Ich zum Beispiel liebe die Straußwalzer


    aus Deiner Heimat,und ich divertiere mich auch sogar


    bei Filmmusik von Ennio Morricone.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,

    Zitat

    bei Filmmusik von Ennio Morricone


    Nicht weitersagen: Bei mir ist es Nino Rota... :D


    Und jetzt wollen wir doch wieder schauen, ob unsere Mit-Taministen noch etwas zu de Falla zu sagen haben... :angel:
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    ich habe den großen Spanier de Falla mit dieser CD mit Begeisterung kennengelernt und diese ist für mich auch die Beste von allen:

    Nächte in spanischen Gärten;
    Der Dreispitz (Ballett);
    La Vida breve (Zwischenspiel& Tanz)

    Alicia de Larrocha, Klavier (Nächte...)
    Berganza, Suisse Romande Orch.,
    Comissiona (Nächte...), Ernst Ansermet (Der Dreispitz)

    Decca Aufnahme 1970/1961 ADD


    Die Ansermet-Aufnahmen haben ein Einfühlungsvermögen für den Komponisten das einmalig ist, gepaart mit Rhythmik und Spielspaß, die ihresgleichen sucht. Auch die Decca-Klangtechnik ist TOP.


    Das KK Nächte in spanischen Gärten und das Ballett Der Dreispitz sind die Werke um de Falla kennenzulernen.
    Nach dieser CD habe ich das vorgenommen, das ich bei für mich neuen Komponisten immer mache - weitere Werke kennenlernen.


    Eine weitere Decca-CD mit dem Ballett Der Liebeszauber (gekoppelt mit Albeniz: Suite Espagnola (instr. de Burgos)) mit New PHO London / Rafeal Frühbeck de Burgos ist ebenfalls eine weitere dicke Empfehlung wert.


    Diese Einzel-CD wurde von einer neuen Decca-Doppel-CD mit den wichtigsten de Falla-Werken abgelöst:

    El Amor Brujo (Der Liebeszauber)
    +Cembalokonzert; Le Tombeau de Debussy;
    Psyche; Nächte in spanischen Gärten; La Vida
    breve (Ausz.); 7 Canciones populares espanolas;
    4 Piezas espanolas; Der Dreispitz (Ausz.)

    Mistral, Smith, Horne, Boky, Constable,
    Larrocha, Katz, New PO, London Sinfonietta,
    London PO, Montreal SO, Frühbeck, Rattle,
    Ansermet, Dutoit


    Leider hat sich die Decca hier für die Dutoit-Aufnahme mit dem Montreal SO von Der Dreispitz und El Amor Brujo entschieden, die ich auch als Einzel-CD besitze. Diese beiden Aufnahmen waren in der Kritik überschwenglich gut besprochen und sind klanglich sehr gut in DDD --- aaaaaaaber diese kommen bei weitem nicht an die Glanzleistungen von Ansermet bei Der Dreispitz und Burgos beim Liebeszauber heran. Selbst die analogen älteren Decca-Aufnahmen sind noch besser als die DDD-Dutoit-Aufnahmen, von der Interpretation ganz zu schweigen.
    Die Doppel-CD bietet einen bunten Coctail aus vier Dirigenten, aber leider nicht in allen Fällen die besten Aufnahmen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Edwin,


    erst einmal vielen Dank für den thread...hast wohl die kleine de Falla - Diskussion andernorts mitbekommen. :D


    Ja, auch ich muß gestehen, nur wenig zu kennen . Den "Dreispitz", den "Liebeszauber" , die "Nächte in spanischen Gärten" und paar Klavierbearbeitungen aus beiden erstgenannten Werken.


    Aber deine nette Einleitung inspiriert, sich mit dem späten de Falla intensiver auseinanderzusetzen...


    LG
    Wulf.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich kenne bewußt auch nur die Noches in einer Aufnahme mit Rubinstein und dem St.Louis SO unter Golschmann. Weckt keine Neugier auf mehr.


    Vielleicht könnte Edwin mal ein paar empfehlenswerte Aufnahmen der von ihm geschätzten Werke nennen, dann hätte man einen Orientierungspunkt. Können ruhig historische sein. Mich interessieren vor allem die Klavierwerke und Kammermusik (welche Überraschung ;) ).

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Ich kenne bewußt auch nur die Noches in einer Aufnahme mit Rubinstein und dem St.Louis SO unter Golschmann. Weckt keine Neugier auf mehr.


    Besitze diese Aufnahme auch - die ist IMO tatsächlich zum Abgewöhnen fad.

  • Dann will ich einmal die Aufnahmen nennen, die ich für unverzichtbar halte, wenn man sich mit de Falla befassen will:





    Für rund 5 Euro bei unserem Penthesilea-Partner bekommt man das Cembalokonzert, "Meister Pedro" und die kleine Solokantate "Psyché". Dutoit dirigiert sauber, sicherlich im Temperament etwas schaumgebremst, aber ich mag es, wenn beim neoklassizistischen de Falla die Balancen stimmen und die Musik eher delikat als robust wiedergegeben wird.





    Wer unseren südamerikanischen Partner-Fluß um 7 Euro bereichern will, bekommt hier 3 CDs mit allen wichtigen Vokal- und Instrumentalwerken de Fallas (außer "Atlántida", aber mit "Vida breve"!). Mata dirigiert ziemlich gut, das Orchester hat einiges drauf, die Solisten sind, wie man so sagt, "rollendeckend", also ohne Spitzenleistung, aber auch ohne Totalausfall. Insgesamt sehr empfehlenswert!





    5 Euro kostet bei dem uns verbündeten weiblichen Kriegervolk die gesamte Klaviermusik de Fallas (der Kerl hat einfach sehr wenig komponiert!), sie wird von Jean-Francois Heisser mit viel Gefühl wiedergegeben. Manches würde man sich temperamentvoller und auch etwas genauer wünschen, aber zumindest ich habe kein sehr großes Bedürfnis nach einer zweiten CD mit de Fallas Klaviermusik...





    Diese interpretatorisch fulminante, technisch aber nicht unbedingt befriedigende Aufnahme ist derzeit die einzige Möglichkeit, an de Fallas grandioses Hauptwerk zu kommen.
    Unbedingt Ausschau halten nach der älteren EMI-Einspielung unter Frühbeck de Burgos, die technisch weit überlegen und musikalisch gleichwertig ist.
    Und Hände weg von der Einspielung mit Simon Estes unter Colomer auf Audivis Valois - Estes ist völlig am Ende und röchelt den Part mehr als daß er ihn singt!

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner

    [...] bekommt hier 3 CDs mit allen wichtigen Vokal- und Instrumentalwerken de Fallas (außer "Atlántida", aber mit "Vida breve"!). Mata dirigiert ziemlich gut, das Orchester hat einiges drauf, die Solisten sind, wie man so sagt, "rollendeckend", also ohne Spitzenleistung, aber auch ohne Totalausfall. Insgesamt sehr empfehlenswert!


    Die wird grade durchgekaut und ich bin sehr zufrieden.
    Insbesondere gefällt mir nun auch eines seiner folkloristischen Stücke ausnehmend gut:
    El Amor Brujo
    Ein wunderbares Stück, sehr sparsam und rauh aber sorgfältig gemacht - also verglichen mir Ravel einfache Elemente, die x-mal wiederholt werden und wohltuend klar abgezirkelt sind, kein Herumgewaber und keine inflationären Schwelgereien, nicht mal melodisch.


    Irgendwie eine Kreuzung aus Strawinskys Sacre und Massenets Orchestersuiten ...
    :untertauch:


    Soweit jedenfalls nach 2x hören, könnte sich durchaus abnutzen bei zu oftmaliger Anwendung ...
    :hello:

  • Meine Lieben,


    Von de Falla ist bei mir bisher nichts dauernd hängengeblieben, wahrscheinlich, weil ich nie so genau hingehört habe. Aber gestern spielte Radio Stephansdom diese Aufnahme:



    Da ich - weil im Auto - den Anfang gerade versäumte, wußte ich nicht, was da gerade erklang und wer der Komponist war, dachte zuerst: ganz nett, dann: das ist schon besonders, muß wohl was Südländisches dabei sein, und schließlich: großartig, muß auf meine Wunschliste. Also hörte ich den Schluß noch friedlich auf einem Parkplatz, erfuhr das Nötige und habe nun eine einschlägige Sorge mehr ;) . Es liegt nicht nur an Chopin, bestimmt! Gibt es davon eigentlich auch andere empfehlenswerte CDs, zu menschlichen Preisen versteht sich?



    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi!


    Wenn meine Vermutung stimmt, dass auf der von dir erwähnten CD "El amor brujo" und die Dreispitz-Suite versammelt sind - bedauerlicherweise kann ich das nicht durch Hörbeispiele verifizieren -, so schlage ich dir folgende, preiswerte Alternativaufnahme vor:



    Zusätzlich befinden sich auf dieser 2-CD-Box auch noch die Siete canciones populares espanolas, das Cembalo-Konzert, die Nächte im spanischen Garten und die absolut geniale Minikantate "Psyché". Die (Mezzo-)Sopransoli in den Ballettmusiken und den Liedern singt Victoria de los Ángeles hinreißendst!


    Als noch idealer empfand ich die Zusammenstellung auf folgender 2-CD-Box, die anscheinend leider nicht mehr erhältlich ist (außer bei Amazon als mp3-Download):



    Der "Dreispitz", "El amor brujo", die "Siete canciones populares espanolas" und "Psyché" sind hier ebenfalls enthalten - und in der selben Einspielung wie oben! -, aber statt mit dem Cembalokonzert und den spanischen Garten-Nächten sind sie hier mit der m. E. Referenzaufnahme von "La vida breve" gekoppelt. Diese Oper würde ich dir nämlich auch sehr ans Herz legen!


    Als Ergänzung hätte ich dann noch die folgende schon von Edwin erwähnte, auch gerade sehr günstige CD vorschlagen können, die das Cembalokonzert und die Kurzoper für Marionettentheater "El retablo de Maese Pedro" mit einer großartigen Ana María Higueras beinhaltet...



    Liebe Grüße,
    Martin
    (de Falla-Fan, und zwar wegen der richtigen Werke! ;) )

  • Ich habe mir vor Jahren alle Orchesterwerke von de Falla mit Josep Pons gekauft (Harmonia Mundi France), aber diese hier ist noch besser, spielerisch und aufnahmetechnisch:



    Heisser ist für meine Begriffe auch der optimale de Falla - Klaviermusik-Interpret:


  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Sein Frühwerk bleibt den Konzertsälen als „Reißer“ erhalten, sein wesentlich bedeutsameres Spätwerk hingegen wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch weiterhin kaum wahrgenommen werden.


    Mich würde nun interessieren, wie Ihr de Falla einschätzt und welche Werke in Euren Augen ein Muß sind, um den Komponisten kennenzulernen.


    Liebe de-Falla-Freunde!


    Damit dieser Thread nicht nur zu einer Ansammlung von Coverbildchen gerät, wiewohl Aufnahmenempfehlungen bei diesem offenbar doch nicht weithin bekannten Komponisten auch sehr notwendig und verdienstvoll sind, und um Edwins ursprüngliche Intentionen (siehe oben) wieder mehr zum Vorschein kommen zu lassen, hier einmal meine persönliche Stellungnahme:


    Ich mag de Falla sehr gerne; er gehört sicherlich, trotz seines schmalen Oeuvres zu den bedeutendsten Komponisten Spaniens und auch zu den interessantesten Komponisten der ersten Hälfte des 20. Jh.s. Seine berühmtesten Werke sind wohl die "Noches en los jardinos de Espana" (Nächte im spanischen Garten, komponiert 1911-15) und das Ballett "El sombrero de tres picos" (Der Dreispitz, 1916-1919) - meiner Meinung nach aber auch seine langweiligsten, da sie sich in romantischer Spanienfolklore erschöpfen. Wahrscheinlich sind sie gerade deshalb so beliebt, und sie sind ja auch recht hübsch, aber ich finde, man hört sich rasch daran ab.


    Worauf gründet sich also meine de-Falla-Liebe? Da wären zuerst seine beiden Opern "La vida breve" (1904-05) und "El retablo de Maese Pedro" (Meister Pedros Puppenspiel, 1919-22), zwei Lieblingsopern von mir. Beide sind sehr kurz und gewissermaßen auf das Wesentliche reduziert. Während erstere - eine Dreiecksgeschichte mit sozialkritischem Hintergrund (Zigeuner vs. Snobs) - aus de Fallas impressionistisch-folkloristischer Phase stammt (wobei: ganz haben die zahlreichen spanischen und katalanischen Komponisten des 20. Jh.s die Folklore, die Volksmusik nie abgelegt; sie bleibt auch in de Fallas späteren Werken präsent, aber auf subtilere Art), diese Elemente aber in den Dienst des dadurch atmosphärisch sehr dichten Dramas stellt, ist die Marionettenoper "El retablo de Maese Pedro" - die eine Szene aus dem "Don Quijote" zur Handlung hat - neobarock im besten Sinne. Beiden Opern gemeinsam ist nicht nur die Kürze, sondern auch der durchorganisierte, kleinteilige formale Aufbau.


    Stilistisch ähnlich wie "El retablo de Maese Pedro" ist das originelle Konzert für Cembalo und fünf Soloinstrumente (1923-26). Ich schätze auch das herbe "El amor brujo" (wieder aus de Fallas erster Phase, 1914-15), wobei ich aber nur die Suite kenne (die "Ballett-Kantate" fiel bei der Uraufführung durch, de Falla arbeitete das Material in eine Suite um, die lange Zeit ausschließlich aufgeführt wurde).


    Wirklich genial, ein kleines Meisterwerk, finde ich aber die kurze Kantate "Psyché" (komponiert 1924) für Sopran, Harfe, Flöte und Streichtrio - eine sehr reizvolle Besetzung und ein Musterbeispiel für einfühlsame und sorgfältige Gedichtvertonung! Man hat den Eindruck, dass keine Note zufällig, zu viel oder zu wenig ist. Dieses Werk allein reichte meiner Meinung nach aus, um de Fallas Bedeutung zu beweisen und ich kann es nur allseits empfehlen!


    "Atlántida" kenne ich leider (noch) nicht - und ich ärgere mich seit geraumer Zeit, dass ich vor vielen Jahren die Frühbeck-Aufnahme nach langem Überlegen doch im Geschäft gelassen habe... :angry:


    Liebe Grüße,
    Martin


  • Lieber Martin,


    Vielen Dank für die Hinweise, die Box mit Victoria de los Angeles klingt wirklich sehr verlockend. Auf der vorgestern von mir "entdeckten" Aufnahme ist nur die "Irrlicht"-Suite (nach Motiven von Chopin ) drauf, aber meine de Falla-Interesse ist sowieso erwacht! Muchas gracias!


    LG


    Waldi

  • Ich habe seit ein paar Tagen aufgrund einer Empfehlung unseres geschätzten Mitgliedes Frank1970 diese 3CD-Box mit Werken von Manuell de Falla, die bereits 01/2008 hiuer angesprochen wurde gekauft.
    ( :faint: Preis mit Versand 1,99EURO bei joker)


    Die Aufnahmen mit dem Simon Bolivar SO of Venezuela unter Eduardo Mata sind klangtechnisch TOP und bieten durchweg hohes Engagemant der mexikanischen Musiker.
    Die Brillant-Box enthällt wie erwartet so manches, was noch in der de Falla-Sammlung fehlte, eine willkommene Bereicherung:
    Homenajes (Fünf kurze Orchesterwerke zum Angedenken von Musikern, die über mehrere Jahre entstanden sind);


    das mir noch unbekannte Cembalokonzert (Länge ca.12 Minuten). Leider machte er sich nicht sein eigenes KK, die Nächte in spanischen Gärten, oder Poulenc´s Cembalokonzert zum Vorbild und fügte dem Konzert eine angemesse Orchesterbegleitung hinzu, sondern beschränkte sich auf ein kleines Kammerensemble, das nur mit fiepsigen Bläsern aufwartet (nervt besonders im 2.Satz bei 2:00).
    Betrachtet man nur das Cembalo, so stellt man fest, das es sich um ein beachtenswertes Stück handelt; eines der modernsten Werke de Fallas.


    dann die komplette Oper La Vida Breve;


    auch komplett das Ballett Der Liebeszauber in guter Interpretation;


    aber das IMO Beste von de Falla Der Dreispitz wird nur als drei Tänze aus dem Ballett geboten;


    weiterhin noch einige Folk Songs (von Berio instrumntiert) und Gesangsstücke wie Master Peters Puppet Show, die mich weniger interessieren.



    Brillant, 1993-94, DDD



    :hello: **** Die Empfehlung hat auch dafür gesorgt, das ich meine herausragenden GA der Ballette Der Dreispitz mit Ansermet (Decca) und mit Frühbeck de Burgos Der Liebeszauber (Decca), sowie Die Nächte in spanischen Gärten mit Alicia de Larrocha/Ansermet (Decca) (in der Brillant - Box nicht enthalten) wiedermal gehört habe.
    Das sind wahre Referenzen der Ballette, die in der Brillant - Box freilich nicht geboten werden....



    *** Klanglich ganz ausgezeichnet, aber nicht ganz so spanisch tempramentvoll wie Ansermet und Burgos ist auch meine GA der beiden Ballette mit Dutoit/Montreal SO (Decca, DDD).
    Leider wird das ganze Programm aud der CD nur in 3 Tracks geboten, sodass man nicht auf einzelöne Tänze direkt zugreifen kann (wie bei Ansermet und Burgos (auch Decca).



    Decca, 1991, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Liebe Taminos,


    ich habe mich bereits andernorts zu de Falla vereinzelt geäußert und bin froh, hiermit nun den "richtigen" Faden gefunden zu haben, um zusammenhängender das Werk de Fallas analysieren zu können.
    Viele interessante Äußerungen sind hier schon getroffen worden, wobei ich hoffe, noch die ein oder andere Lanze gerade für de Fallas Werk brechen zu können. So denke ich beispielsweise, dass de Falla selbst in seinen "spanischsten" Momenten weit über kitschigen Postkarten-Folklorismus hinausgeht. Schließlich hat er all diese Werke geschrieben, als er in Frankreich lebte und arbeitete, und im engen Kontakt mit Debussy, Ravel, Dukas etc. stand.
    Auch aufgrund seiner ernsthaften Persönlichkeit und seinem tiefgehenden, überaus ernsten, teilweise rigiden Selbstverständnis als Musiker und Komponist wäre es ihm ein Graus gewesen, als Komponist gefälliger, folkloristischer Unterhaltungsmusik gesehen zu werden.
    Im Gegenteil, es ging ihm um nichts weniger als die Erneuerung der spanischen Musik auf Basis des Flamenco, der alten Volkslieder, allerdings auch im Zusammenspiel mit den damals modernen musikalischen Mitteln.
    Übrigens hängt es auch sehr von der Aufnahme ab, ob diese frühen Werke zum Kitsch degenerieren oder wirklich sie gespielt werden, wie sie es verdient hätten, also ohne süßlichen, larmoyanten etc. Beiklang, und stellenweise sind die Aufnahmen, die ich für ganz besonders exemplarisch halte, noch nicht genannt worden, wiewohl ich bei anderen der gezeigte Einspielungen durchaus verstehen kann, dass sie negative Reaktionen provozieren.
    Aber zu all diesen Fragestellungen bei Gelegenheit gerne noch mehr.
    Vorab in aller Kürze, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein paar diskographische Ergänzungen:



    Die Sammlung enthält vier CDs und ist leider nur noch gebraucht erhältlich, jedoch unentbehrlich für die Auseinandersetzung mit historischen, authentischen Aufnahmen. Falla begleitet hier z. T. selber am Klavier, es singen und musizieren wichtige Zeitgenossen, Wegbegleiter, Freunde des Komponisten. Die Aufnahmen wurden überwiegend in den 20er und 30er Jahren realisiert, so dass die Klangqualität natürlich entsprechend ist. Jedoch ist die künstlerische Ausbeute gar nicht hoch genug einzuschätzen.


    Klanglich schon vorteilhafter ist diese, leider auch schwer aufzutreibende Sammlung:



    Die Aufnahmen entstammen überwiegend den 50er und 60er Jahren, auch hier sind wieder wichtige Interpreten (Ernesto Halffter und viele andere), die eng mit dem Komponisten zusammenarbeiteten oder befreundet waren und mustergültige Aufnahmen realisierten.



    Weniger kostenintensiv, klanglich sehr gut und künstlerisch wertvoll, und somit gut als Einstieg geeignet, ist diese Box:


    Zitat

    Die Ansermet-Aufnahmen haben ein Einfühlungsvermögen für den Komponisten das einmalig ist, gepaart mit Rhythmik und Spielspaß, die ihresgleichen sucht. Auch die Decca-Klangtechnik ist TOP.


    Auch diese Aussage kann ich nur unterstreichen.
    viele Grüße

  • Liebe Taminos,


    wenn man sich obige Empfehlungen anschaut, könnte man den Eindruck bekommen, alle nennenswerten Referenzen zum Thema Manuel de Falla seien schon vor einem halben Jahrhundert oder länger entstanden, kaum noch erhältlich oder nur in verrauschter Klangqualität zu hören.
    Sollte das etwa bedeuten, dass heutzutage keine bedeutenden Einspielungen mehr von diesem herausragenden Komponisten gemacht werden?
    Glücklicherweise lautet die Antwort nein!
    Eine ganz phantastische Aufnahme, die sowohl im Hinblick auf die Interpretation als auch bezüglich der Ton- und Bildqualität keine Wünsche offen lässt, ist diese DVD bzw. bluray:



    Es werden zwei Unterschiedliche Filmaufnahmen präsentiert, die beide exzellent sind:
    1. Eine Aufnahme der Noches en los jardines de España aus Berlin mit den Philharmonikern unter Simon Rattle, Klavier Joaquín Achúcarro vom 7. September 2010


    2. Ein Live - Mitschnitt aus Madrid, derselbe Pianist spielt Klavierwerke von Falla, Albeniz, Debussy und anderen Zeitgenossen, einen Monat später aufgenommen:


    Konzert aus dem Teatro Real, Madrid, 7. Oktober 2010


    „Falla and Friends“


    Isaac Albeniz: Navarra
    Claude Debussy: La Puerta del Vino, La soirée dans Grenade
    Enrique Granados: Quejas ó La maja y el ruisenor
    Maurice Ravel: Gespard de la nuit, Valses nobles et sentimentales
    Manuel De Falla: Hommage „Pour le tombeau de Claude Debussy“, Fantasia baetica
    Alexander Scriabin: Nocturne



    Die Noches werden mit ungeheurer Finesse und Raffinesse gespielt, die feinsinnigen, sensiblen Nuancen, die elegante Phrasierung, die trotz allen Impressionismus notwendigen, schroffen und wuchtigen Akzente, alles das realisieren der Grandseigneur Joaquín Achúcarro und Simon Rattle mit seinem Klangkörper ganz vorzüglich. Das detailreiche, plastische, superbe Klangbild (ich beschreibe die Bluray) unterstreicht den Hörgenuss.
    Auf derselben Höhe befindet sich das Konzert aus Madrid. Achúcarro spielt mit derselben Souveränität, äußerst feinfühlig, aber auch zupackend, ein wundervoller Abend wird hier in bester Bild- und Tonqualität geboten, ein Glücksfall.


    Diese DVD / BD kann man getrost jedem Freund klassischer Musik ans Herz legen, v.a. auch dann, wenn eine Erstbegegnung mit besagten Werken vorgenommen werden soll: hier hat man die Chance, auf der Höhe der technischen Möglichkeiten erstklassige Interpretationen zu hören und zu sehen.

  • Manuel de Falla - Los amores de la Inés


    Es gibt spektakuläre Neuigkeiten von Manuel de Falla:


    derzeit läuft in Madrid im Teatro de la zarzuela "Los amores de la Inés", die einzige Zarzuela aus der Feder von Don Manuel, die jemals aufgeführt wurde (de Falla hatte ein halbes Dutzend vertont). Das kurze Werk (mit Dialogen etwas mehr als eine Stunde) wird zusammen mit Bretóns 'La Verbena de la Paloma' aufgeführt. Seit 1902 schlummerte diese Partitur de Fallas in den Archiven (wenn man von einer Aufführung einer Theatergruppe aus Albacete 2006 absieht, die das Werk mit Klavierbegleitung zur Aufführung brachte in kleinem Rahmen).
    Immerhin erzielte diese Zarzuela damals einen Achtungserfolg, wurde 20 mal gespielt, allerdings waren die Rahmenbedingungen fürchterlich, das Orchester war mies, den Kontrabassisten musste man regelmäßig in irgendeiner anderen Kneipe suchen, es gab keine Oboe, lediglich eine einzige Bratsche. Somit wollte de Falla später dieses frühe Werk, dessen er sich schämte, ganz aus seiner Biographie streichen - was jedoch nicht heißt, dass sein Werk schlecht wäre - nur war ja de Falla ein notorischer Perfektionist und fanatisch selbstkritisch, und neben seiner persönlichen Weiterentwicklung trug auch die verheerend schlechte Aufführung und Orchesterleistung dazu bei, dass er sich enttäuscht abwandte und das Werk als “absolutamente despreciable”, also als "absolut verabscheuungswürdig" verwarf.
    Es scheint jedoch so, dass de Falla zu einem späteren Zeitpunkt das Werk wieder aufgreifen wollte, sich jedoch ganz und gar in eine dermaßen unterschiedliche Richtung bewegte, dass er sich ganz von der Zarzuela abwandte, um den Aufbruch in Richtung der Moderne zu wagen - die Teile seines grandiosen letzten Werkes Atlántida, die er vollenden konnte, legen ein beredtes Zeugnis davon ab, wie kühn und richtungsweisend seine Musik am Ende war, wie sehr er sich weiterentwickelt hatte, um jedes nationalistische Lokalkolorit, jedes impressionistische Parfüm hinter sich zu lassen.
    Nun ist es also mit dem Archivo Manuel de Falla in Granada gelungen, eine neue Fassung von Fallas frühem Werk "Los Amores de la Inés" zu erstellen. Die Zarzuela ist sehr kurz und enthält neben einem Vorspiel fünf weitere Musiknummern. Man hat dabei den gelungenen Kniff eingesetzt, einige Dialoge des schmalen Werks mit Musik aus de Falla früher Schaffensperiode zu unterlegen, wie z. B. «Cortejo de gnomos», «Mazurca» für Klavier, «Olas gigantes» für Sopran und Klavier, «Nocturno» für die Oboe oder «Melodía» für Violoncello.


    Die mediokre Handlung, die in Madrid spielt, ist schnell erzählt. wie auch bei La Vida breve ist hier Eifersucht ein großes Thema:


    Akt I


    Erstes Bild. In der Schenke von Sr. Lucas trifft Felipa ein, eine temperamentvolle Frau, die ganz außer sich ist, weil sie beim Stierkampf gerade ihren ehemaligen Verehrer, Fatigas, mit Inés gesehen hat. Fatigas ist ständig in Geldnöten, so dass er sich, als er wieder einmal mittellos war, bei Felipa einquartiert hatte; jetzt, da er geerbt hat und zu Wohlstand gekommen ist, möchte er Inés heiraten.
    In der nächsten Szene betreten Araña, Rata Sabia und Pesqui die Schenke, drei Originale aus dem Vorstadtmilieu, die sich in mannigfaltigen Stierkampfmetaphern ausdrücken und für etwas Heiterkeit in diesem Werk sorgen. Danach erscheint Inés und singt, vom Chor begleitet, einige Seguidillas, in denen es ebenfalls - um Stierkampf geht. Sie bezieht sich in einer Erzählung, die teils gesprochen wird, auf die Auseinandersetzung zwischen ihr und Felipa. Moreno betritt die Szene und teilt mit, dass Juan begnadigt worden ist - selbiger hatte sich dereinst für Inés erwärmt und ihr den Hof gemacht, dabei hatte er jemanden getötet, der seine Inés beleidigt hatte - dafür war er angeklagt worden. In der sechsten Szene stellt sich Juan selber vor, in der siebten Szene stimmt er einige carceleras an - Lieder, die seine Gefängniszeit thematisieren. Felipa sorgt dafür, dass Inés erneut in der Schenke auftaucht, wo sie auf Juan tritt, es kommt zu einer Diskussion, beide singen ein Duett. Danach vereinbaren Felipa y Juan, dass sie vorgeben, ein Verhältnis miteinander zu haben, um ihre ehemaligen Liebhaber, für die ihr Herz eigentlich immer noch schlägt, jeweils zurückzugewinnen.


    Zweites Bild. Sr. Lucas hat alle eingeladen anlässlich der Eröffnung seines neuen Restaurants und stimmt eine Copla an. Felipas und Juans Plan geht auf, Felipa und Fatigas sind am Ende wieder zusammen, genau wie Ines und Juan ebenfalls wieder vereint sind.


    Von diesem höchst seltenen Werk gibt es einen Radiomitschnitt des spanischen Rundfunks, über den ich, überglücklich, mittlerweile verfüge. Auch eine Fernsehaufzeichnung wurde gemacht, die ich jedoch leider noch nicht gesehen habe. Es singen:


    Inés - Susana Cordón, Pepa Gracia, Montse Peidro, Enrique Ferrer, Santos Ariño, Juan Carlos Martín, Israel Frías, Xavi Montesinos, Ángel Pardo, Joaquín Mancera y Marcos Marcell.
    José Carlos Plaza führte Regie; es spielen das Orquesta de la Comunidad de Madrid, Coro del Teatro de La Zarzuela, dirigiert von Cristóbal Soler.


    Natürlich darf man hier kein Meisterwerk vom gleichen Kaliber erwarten, wie sie de Falla später abgeliefert hat - hier geht es natürlich um ein Jugendwerk des 25jährigen Komponisten, das sich noch in vielerlei Hinsicht in den überlieferten Konventionen der Zarzuela bewegt - es gibt jedoch immer wieder viele schöne, originelle Momente, in denen durchaus schon etwas von de Fallas künftiger Meisterschaft aufblitzt - mehr als einmal fühlt man sich ein paar Takte lang in die Welt von 'La vida breve' versetzt, erfreut man sich an den wunderschönen melodischen Wendungen, der stellenweise exquisiten Behandlung des Orchesters, an der Atmosphäre. Für jeden Freund von de Fallas Werk, der Interesse für die Entwicklung dieses Komponisten hat, stellt diese Aufnahme eine ganz großartige Trouvaille dar - welch ein Glück, dem eher zahlenmäßig überschaubaren Werk ein weiteres nach über hundert Jahren hinzufügen zu dürfen!

  • Noch ein kurzer Nachtrag sei mir gestattet: das Libretto findet sich hier:


    link


    Ein kurzes Video mit Musikbeispielen und Interviews (alles auf spanisch) ist ebenfalls verfügbar:


    link

  • Der ganze Fernsehmitschnitt von Los amores de la Inés lässt sich komplett online genießen - eine großartige Gelegenheit dieses Frühwerk de Fallas kennenzulernen, in dem bereits vieles von seinem großen Können aufblitzt, sein Temperament, sein Gespür für Melodien und zündende vokale Linien und orchestrale Effekte.


    Das Duett bei etwa 28:40 versetzt einen direkt einen Moment lang in die Welt von La Vida breve...


    Unbedingt ansehen!


    Falla Los amores de la Inés