Startenor aus Malta - Joseph Calleja

  • Liebe Elisabeth,


    Zitat

    Original von Elisabeth:


    bei Callejas zweiter CD "golden Voice" fällt mir das auch sehr stark auf.


    M.E liegt das zum einen an seiner Stimmführung, die er gerade in diesen Aufnahmen sehr den Sängern der Schellackzeit annähert (und live klingt er eben ganz anders!), als auch an der technischen Bearbeitung dieser CD. zum technischen Aspekt müssten sich aber die Fachleute hierzuforum äußern.


    diese CD war die erste, aus der ich etwas von Calleja gehört habe, und wenn man sich das Cover im Vergleich zur ersten (die ich mittlerweile auch habe) anschaut, dann scheint er sich darauf auch in Richtung "Golden Age of Belcanto" stilisiert zu haben (obwohl ich das Konzept "Calleja-im-blauen-Anzug-auf-Brokatsessel" optisch nicht wirklich gelungen finde, es passt irgendwie nicht zusammen).


    Was das Technische angeht, bin ich leider nicht versiert, aber im Vergleich zur ersten CD war mir der stärkere Anklang an den "Alten Stil" auch aufgefallen.


    Vom Repertoire her ist er meiner Meinung nach in den Belcanto-Opern am besten aufgehoben. Und ich hoffe wirklich, dass er das bleibt, was er auch meiner Meinung nach ist: Tenore di grazia.
    (Aber es locken ja bei Tenören meist mehr die Partien für schwerere Stimmen in den Opern Verdis oder Puccinis).


    :hello: Petra

  • Zitat

    Original von severina
    Denn wenn alle oder viele einen Sänger toll finden, der mir so gar nicht ins Gehör geht, zweifle ich dann schon ein bisschen an meinem Urteilsvermögen.


    :D:D
    Mich interessiert's überhaupt nicht, was andere Menschen von meinem Urteil finden.
    Mir gefällt eine Stimme oder sie gefällt mir nicht. Ein Zwischenweg gibt's kaum.
    Und wenn andere Menschen anders urteilen, wohlan, dann irren sie sich eben. :baeh01:


    LG, Paul

  • Mon dieu, ich werde immer gespannter auf diesen Tenore famoso maltese, denn von diesem einen Tebaldo kann ich mir natürlich kein fundiertes Urteil bilden.
    Der scheint ja hier wirklich die Fronten zu spalten, was ich für ein serh gutes Zeichen halte, denn Sänger die das tun, haben in jedem Falle etwas Charakteristisches und Besonderes
    Ende des Monats habe ich wenigstens seine Cd und werde dann mal sehr genau auf die Gesangstechnik horchen und wenn's interessiert vieleeciht etwas dazu sagen können.
    Live müsst ihr auf mein Urteil leider noch bis Februar 2009 warten.... :( dann aber in einer Partie, die alle hohen Tenöre auf eine echte Probe stellt!
    Lieber Paul, ich gebe Dir vollkommen Recht, ich finde auch, das Einer, der Sutherland toll findet, sich nur irren kann. :D
    Und einer, der Dessay nciht gut findet, gehört sofort auf die Guillotine oder mindestens in die Salpetrière!


    F.Q.


  • Uff, noch einmal Glück gehabt! :D :D :D :D :D :D :D :D :D
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Mon dieu, ich werde immer gespannter auf diesen Tenore famoso maltese, denn von diesem einen Tebaldo kann ich mir natürlich kein fundiertes Urteil bilden.
    Der scheint ja hier wirklich die Fronten zu spalten, was ich für ein serh gutes Zeichen halte, denn Sänger die das tun, haben in jedem Falle etwas Charakteristisches und Besonderes.


    Tenore famoso maltese? Das ist aber eine tolle Wortkreation, Fairy.
    Du hast recht, die Stimmen die zur meisten Diskussion anregen, sind auch meist besonders eigenwillig und charakteristisch. Ungewöhlich ist seine Stimme auf jeden Fall.


    Zitat

    Original von Fairy Queen
    Was die Bühnenperson Calleja angeht, werde ich wohl doch mal nach Wien kommen müssen.


    Dazu ist zu sagen, daß Calleja als Darsteller sicher noch reifen muß. Es ist wie eine Kritikerin einmal sagte, 'er spielt ordentlich und macht nichts falsch'. Aber er wird auch als Schauspieler sicher noch einiges lernen. Seine positive Ausstrahlung und die Freude die er inzwischen auch zeigen kann haben jedenfalls etwas Gewinnendes an sich.


    Darstellerisch wurde er zuweilen ja auch schon mal von Bühnenpartnern gebremst. Er erzählte einmal von einer La Boheme bei der es seiner Mimi nicht gefiel, daß er sie verliebt umarme, da er ihre Frisur in Unordnung bringe oder zerstöre. Außerdem sagte sie ihm, daß er nicht zu nahe an ihrem Ohr singen soll, das störe sie. :motz: Also Zickenalarm auf der Opernbühne.
    Solche Partner auf der Bühne sind sicherlich nicht sehr hilfreich in der Entwicklung eines jungen Sängers zum mitreißenden Darsteller :rolleyes:
    Bitte jetzt keine Fragen, wer diese Sopranistin war ;)


    Gregor

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  • Zitat

    Original von Gregor
    ...
    Darstellerisch wurde er zuweilen ja auch schon mal von Bühnenpartnern gebremst. Er erzählte einmal von einer La Boheme bei der es seiner Mimi nicht gefiel, daß er sie verliebt umarme, da er ihre Frisur in Unordnung bringe oder zerstöre. Außerdem sagte sie ihm, daß er nicht zu nahe an ihrem Ohr singen soll, das störe sie. :motz: Also Zickenalarm auf der Opernbühne.
    ...


    Wenn ein Tenor aus drei oder vier Meter Entfernung mit voller Kraft direkt in deine Richtung singt, fallen dir fast die Ohren ab, so laut ist das. Wenn er wirklich seiner Partnerin ins Ohr singt, so ist das günstigstenfalls peinlicher Routine-Mangel, weniger günstig Rücksichtslosigkeit oder auch nur reine Bosheit...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Wenn ein Tenor aus drei oder vier Meter Entfernung mit voller Kraft direkt in deine Richtung singt, fallen dir fast die Ohren ab, so laut ist das. Wenn er wirklich seiner Partnerin ins Ohr singt, so ist das günstigstenfalls peinlicher Routine-Mangel, weniger günstig Rücksichtslosigkeit oder auch nur reine Bosheit...


    Es war nicht so, daß er ihr direkt ins Ohr gesungen hat - das wäre ja auch wirklich unangenehm ;) Stell dir vor, Rodolfo und Mimi in inniger Umarmung, Kopf an Kopf, wie man das eben so aus La Boheme kennt, und dann sagt dir die Partnerin, du sollst in die andere Richtung singen. Berühren sollst du sie dann auch noch so wenig wie möglich, da du ja an ihr was in Unordnung bringen könntest. Darstellung und Glaubwürdigkeit bleiben halt dann auf der Strecke und motivieren kann dich so eine Partnerin wohl auch nicht.


    Gregor

  • @F.Q.


    Du kannst auch nach Berlin fahren,
    er singt an der DOB im Januar 09
    in der Lucia mit Frau Mosuc.


    Gruss Rita

  • Liebe Rita, danke für den Tipp, aber das wird leider nciht gehen. Ich singe im Januar zwar nciht mit Frau Mosuc sondern mit Frau Spaeth ;), aber trotzdem so, dass weiteres Reisen unmöglich wird. Und freue mich umso mehr auf die Perlenfischer im Februar! :]
    :hello:

  • Liebe Fairy,


    kann man das Recital der beiden Damen buchen? Wo ist der Austragungsort? Wann beginnt der Vorverkauf?


    Der Vorverkauf für die Perlenfischer am Montag, 23.01.2009, beginnt am 01.11.08. Ich werde Mitte Oktober eine Anfrage im Forum einstellen, um die Zahl der zu bestellenden Karten zu ermitteln.


    LG


    Emotione

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  • Liebe Emotione, da hier total OT, werde ich später in unserem alten Konzertthread darauf antworten.
    Mich kannst du jedenfalls für Calleja fest einplanen, falsl mir nciht vorher der Himmel auf den Kopf fällt! Und grand merci, dass du Dich darum kümmern wirst. :yes: :hello:
    F.Q.

  • Hallo Rita und Fairy,


    eine kleine Korrektur: Calleja wird den Edgardo NICHT im Januar an der DOB singen, sondern erst im März 2009. Vielleicht doch noch eine weitere Möglichkeit für Fairy.


    Gregor

  • Ich habe nun dank eienr lieben Tamina die beiden Calleja-Cds gehört und bin zwar nicht so enthusiastisch hochbegeistert wie bei Florez oder Villazon, aber deutlich begeisterter als bei mancherlei anderen Tenören.


    Das Mitreissende und Emphatische der beiden oben Genannten fehlt dieser Stimme tatsächlich und das bedeutet für mich im grossen romantischen Repertoire einen echten Abstrich.
    Aber er besticht durch andere Qualitäten. Una furtiva lacrima habe ich selten so hinreissend schön gehört-diese Stimme hat ein sanfteres und eleganteres Wesen, das unbedingt das richtige Repertoire braucht, um voll entfaltet zu werden. Ich höre hier aber keinen körperlosen Koloratur-Tenorino, das ist in meinen Ohren schon ein lyrischer-wenn auch leichterer, Tenor. Wenn man sich auf das Charakterisctsiche des Timbres einlassen kann und keine a priori Aversionen dagegen hat,(mich stört hier z.B. kein "Ziegen"Vibrato :no:) bezaubert die Stimme für sich alleine, auch ohne eine Villazonsche Emphase zu haben. Der Wiedererkennungswertist eklatant.
    Am Nadir zeigt sich seine sichere Höhe neben der Geschmeidigkeit-schon das ist für einen Tenor ein Riesenplus und lange nciht selbstverständlich.;
    Technisch scheint er mir etwas sehr im Vordersitz verhaftet, da sollte er mal ein bisschen von Domingo oder auch Pavarotti abhören, aber für sein derzeitiges Repertoire funktioniert das noch.
    Mir gefällt er serh gut mit Donizetti, Bellini und auch im lyrischen französischen Fach. Singt er auf der Bühne auch Mozart?
    Bei Verdi zeigen sich die Grenzen-der Duca und fast schon der Alfredo ist für meine Ohren wirklich grenzwertig und darüber hinaus sollte er wohl besser(noch) ncihts singen. Wobei man auf Arien-Alben immer serh viel mehr machen und riskieren kann als in einer kompletten Rollengestaltung!


    Ich feue mich jedenfalls riesig auf seinen Live-Nadir und finde, dass wir es hier mit einem sehr begabten und interessanten, weil charakteristischen Tenor zu haben.
    Mir gefällt er im Bellini z.B. tausend Mal besser als der näselnd-quäkende José Bros, der hier so oft gelobt wurde.......


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Singt er auf der Bühne auch Mozart?



    Liebe Fairy,


    meines Wissens hat er vor einigen Jahren in Regensburg, wo er als Anfänger engagiert war, den Don Ottavio gesungen.


    Ob er heute noch Mozart auf der Bühne singt, weiß ich nicht - ich hab aber auch keine entsprechende Ankündigung gesehen.



    LG, Elisabeth

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  • Liebe Fairy,


    Zitat

    Original von Fairy Queen:


    Aber er besticht durch andere Qualitäten. Una furtiva lacrima habe ich selten so hinreissend schön gehört-diese Stimme hat ein sanfteres und eleganteres Wesen, das unbedingt das richtige Repertoire braucht, um voll entfaltet zu werden. Ich höre hier aber keinen körperlosen Koloratur-Tenorino, das ist in meinen Ohren schon ein lyrischer-wenn auch leichterer, Tenor. Wenn man sich auf das Charakterisctsiche des Timbres einlassen kann und keine a priori Aversionen dagegen hat,(mich stört hier z.B. kein "Ziegen"Vibrato ) bezaubert die Stimme für sich alleine, auch ohne eine Villazonsche Emphase zu haben. Der Wiedererkennungswertist eklatant.


    eine schönere Zusammenfassung dessen, was auch für mich die Wirkung der Stimme Callejas und seiner Art des Singens ausmacht, habe ich noch nicht gelesen und kann nur analog der TMOO- und Auf-den-Leib-geschrieben-Threads sagen: VERDOPPELT. :jubel::jubel::jubel:


    Ich kann mich allerdings auch nur auf die CDs beziehen, weil ich ihn noch nicht live gehört habe.
    Wie gefallen Dir die Szenen des Edgardo auf der ersten CD? Das ist für mich eine sehr packende Darstellung - und aus der zweiten das "Deserto in terra" aus dem "Don Sebastiano"?


    Zitat

    Das Mitreissende und Emphatische der beiden oben Genannten fehlt dieser Stimme tatsächlich und das bedeutet für mich im grossen romantischen Repertoire einen echten Abstrich.


    Meinst du das auch für das klassische Belcanto-Repertoire? Gerade bei Donizetti und Bellini mag ich seine verhaltenere, elegante Art des Singens, ohne dass er wie ein Tenorino oder Crooner klingt. Bei Verdi kann ich das aber nachvollziehen.


    Liebe Alle,


    hat jemand seinen Edgardo am 26. Juni in Hannover gesehen? Ich hatte eigentlich vorgehabt, hinzufahren, um auch bei seinen Live-Auftritten mal mitreden zu können, aber mir sind gerade in der betreffenden Woche einige wichtige Termine dazwischen gekommen, die ich leider nicht sausen lassen konnte. :faint:


    :hello: Petra

  • Liebe Petra, mit dem grossen romantischen Reprtoire meine ich wirklich nur Verdi. Für das Belcanto Repertoire gilt genau meine obige Charakterisierung-da gefällt er mir ausnehmend gut und ich gehe ganz und gar mit dir konform. Den Edgardo höre ich mir im Einzelnen nochmal an, aber die Donizettis haben mich alle überzeugt. Normalerweise kann aber der, der so wunderbar Bellini singen kann, auch Mozart singen und ich verstehe nciht, warum er das mit diesem Timbre nciht tut. ?(
    Nein, das ist kein Tenorino, er ist irgendwie eine eigene Spezies.
    Mich erinnert er seltsamerwesie an das, was Victoria de los Angeles im Sopranfach ist-ich muss noch ergründen, warum- denn das ist bisher nur ein Gefühl.


    Fairy Queen

  • Zitat

    Original von petra
    Hat jemand seinen Edgardo am 26. Juni in Hannover gesehen? Ich hatte eigentlich vorgehabt, hinzufahren, um auch bei seinen Live-Auftritten mal mitreden zu können, aber mir sind gerade in der betreffenden Woche einige wichtige Termine dazwischen gekommen, die ich leider nicht sausen lassen konnte. :faint:


    Über diese Vorstellung wollte ich eigentlich schon früher etwas schreiben, hatte in der letzten Woche aber nicht viel Zeit. Vorneweg: Calleja hat mir gut gefallen.


    Die Vorstellung vom 26.06.2008 war ein "Festlicher Opernabend". Also eine alte Inszenierung der Lucia di Lammermoor, im Wesentlichen mit dem Ensemble gespielt, nur dass man für die Hauptrollen zwei Stars angeheuert hatte, die sich sonst nicht nach Hannover verirrt hätten: Tatiana Lisnic als Lucia und Joseph Calleja als Edgardo. Trotz der erheblich angehobenen Eintrittspreise und einem parallel verlaufenden EM-Halbfinale war das Haus ausverkauft.


    Die Inszenierung von Chris Alexander aus dem Jahr 2000 ist schnell abgehandelt, viel war davon ohnehin nicht mehr übrig. Die Grundidee ist eigentlich gar nicht schlecht: Lucia ist zwar wahnsinnig geworden, hat aber überlebt. Dass in der Schlussszene dennoch die Totenglocke erklingt und ein (dann wohl konsequenterweise leerer) Sarg über die Bühne geschleppt wird, stellt sich als ein besonders perfider Trick von Enrico und Raimondo dar, die Edgardo so grundlos in den Selbstmord treiben. Inszeniert wird die gesamte Oper als Rückblende: eine Erinnerung der alt gewordenen Lucia. Eine Statistin mit wirrem grauem Haar geistert im Nachthemd über die Bühne. Zwischen den Szenen kommen immer wieder zwei Schwestern und geben ihr etwas Beruhigungstee. Mit dieser Idee wurde aber an diesem Abend kaum gearbeitet. Die alte Lucia wurde die meiste Zeit irgendwo am Rand der Bühne "geparkt" und brachte sich nur durch gelegentliches konvulsisches Zucken in Erinnerung. Ich gehe davon aus, dass ursprünglich die alte Lucia stärker in die Inszenierung eingebunden war, man es den teuer eingekauften Stars aber nicht zumuten wollte, ständig angegrabbelt zu werden. So gab es unaufregendes statisches Theater in historisierenden Kostümen.


    Letztlich waren wohl fast alle Besucher aber hauptächlich wegen der Sänger gekommen, die die Rechtfertigung für die hohen Preise liefern sollten. Für mich war das die erste Live-Begegnung mit Joseph Calleja und diese hat durchaus mein Interesse daran geweckt, bei Gelegenheit weitere Vorstellungen dieses Sängers zu besuchen.


    Callejas Stimme passt gut zur Rolle des Edgardo, wenig metallisch, aber geschmeidig und flexibel mit guter Tragfähigkeit - ein klassischer romantischer Tenor, der das immerhin mittelgroße Haus in Hannover ohne Mühe ausfüllte. Das hier viel diskutierte schnelle Vibrato habe ich im Opernhaus kaum wahrgenommen oder zumindest als nicht störend empfunden. Jedenfalls ist das ein gesundes Vibrato, das nicht ausufert oder zwischen den Registern variiert. Als Edgardo sang Calleja sehr diszipliniert, man könnte auch sagen konzentriert, eine wenig veräußerlichte Vorstellung, aber nicht ohne feine Zwischentöne. Ein Mann für Showveranstaltungen ist er wohl nicht, ihm fehlt das Squillo in der Höhe. Der Reiz dieses Edgardos liegt eher in der Phrasierung als in dramatischer Emphase. Besonders schön die Schlussszene, in der seine schön timbrierte Mittellage gut zur Geltung kam, er Töne an- und abschwellen ließ und sich sensibel auf den Fluss der Musik einstellte. Allein im zweiten Akt wurde bei einigen Tönen eine kleine Anstrengung in der Stimme hörbar, die zeigt, dass Calleja doch ein eher klein dimensioniertes Organ hat. Leider fehlte in der Hannoveraner Inszenierung die Turmszene und damit eine weitere Gelegenheit für den Tenor, sein dramatisches Talent zu beweisen. Ein kritischer Augenblick noch einmal kurz vor Schluss: Vermutlich aufgrund von Unsicherheit über die in Hannover gespielte Fassung verpasste Calleja wenige Augenblicke vor Ende der Oper einen Einsatz - sekundenlange absolute Stille im Opernhaus, bevor es weiterging. Dem Schlussapplaus tat das allerdings keinen Abbruch. Im Ganzen sängerisch von ihm eine wirklich gute Vorstellung. Dass er aber als Bohème-Rodolfo eine weniger gute Figur abgibt, kann ich mir auch vorstellen.


    Bestätigen kann ich allerdings auch diejenigen, die auf Callejas mangelndes schauspielerisches Talent hingewiesen haben. Sicher ist es schwierig, sich als Gast für nur eine Vorstellung in eine unbekannte Inszenierung einzufinden, aber eine dermaßen irritierende Passivität muss auch nicht sein. Schon bei seinem ersten Auftritt ("Lucia, perdona") kam Calleja derart beiläufig auf die Bühne geschlendert, als gehörte er gar nicht hierher und wäre eigentlich nur rein zufällig da. Eine äußerst sparsame Gestik am gesamten Abend tat ihr Übriges, seine Hände hätte er auch in den Hosentaschen verstauen können. Unfreiwillig komisch schließlich seine letzte Aktion in der Schlussszene: Sein Edgardo, zunächst knieend am Sarg, kippte beim Fallen des letzten Vorhangs steif wie eine gefällte Eiche gerade zur Seite weg. Letztlich gehört es wohl zum Konzept eines derartigen Galaabends, dass die Szene gegenüber den Stimmen in den Hintergrund tritt, dennoch wirft Callejas Mangel an Temperament einen kleinen Schatten auf eine insgesamt überzeugende sängerische Leistung. Konzertant – vielleicht doch keine so schlechte Idee.


    Noch kurz zu den übrigen Mitwirkenden: Gut gefallen hat mir auch Callejas Ehefrau Tatiana Lisnic als Lucia. Zunächst war Patrizia Ciofi angekündigt worden, diese wurde dann aber einige Monate vor der Aufführung stillschweigend ersetzt. Lisnic ist jedenfalls auch eine sehr gute Sängerin, die es eigentlich nicht verdient, hier von mir so nebensächlich abgehandelt zu werden. Sie war immerhin der zweite Stargast des Abends und sang auch mit Calleja auf Augenhöhe. Von der Anlage wohl eher ein lyrischer Sopran, gelangen ihr auch die Koloraturen in der Wahnsinnsszene. Auch geizte sie nicht mit den hohen Tönen, die einige andere Sängerinnen meiden. Als Darstellerin auch sie keine Hochbegabte, aber doch deutlich weniger phlegmatisch als ihr Tenorpartner.


    Nikola Mijailovic als Enrico Ashton hatte dagegen keinen guten Tag erwischt. Bei seiner Arie im ersten Bild hatte er erheblich mit der Intonation zu kämpfen. Ein Enrico der raubeinigen Sorte mit einer Stimme, die wohl eher für den Iago geeignet ist als für Donizetti. Unangenehm auch, dass er meinte, sich durch kraftmeierisch gehaltene überlaute Spitzentöne profilieren zu müssen. Tobias Schabel war ein guter sonorer Raimondo - in dieser Inszenierung mal kein gütiger Onkel sondern ein willfähriger Komplize von Enrico. Die Sänger der kleineren Rollen fielen nicht negativ auf. Toshiaki Murakami begleitete die Sänger mit dem Staatsorchester.


    Insgesamt keine perfekte, aber eine wirklich schöne sängerische Leistung von Lisnic und Calleja. Wer im Herbst Gelegenheit hat, die beiden in Frankfurt als Lucia und Edgardo zu erleben, kann sich also freuen.

  • Hallo Zauberton,


    herzlichen Dank für deinen ausführlichen Bericht!
    :jubel::jubel::jubel:


    Die Idee, die Handlung als Erinnerung der Lucia aufzurollen, finde ich gelungen - schade, dass ihre vollständige Umsetzung wohl dem Starensemble geopfert wurde.


    Es war ja schon mein Eindruck auf der CD "The Golden Voice", dass bei Calleja Stimme, Ausdruck und die Rolle des Edgardo gut zusammenpassen, aber von diesen kurzen Szenen konnte ich natürlich nicht auf die Gesamtanlage der Rolle schließen. Wie schön, dass der Höreindruck hier bestätigt wird.


    Schade, dass Calleja nicht nur, was den verhaltenen, verinnerlichten Ausdruck seines Singens angeht (den ich gerade hier im Belcanto-Repertoire wirklich passend finde), sondern wohl auch hinsichtlich des schauspielerischen "Talents" Anklänge an den jungen Jussi Björling vermuten lässt - aber man kann wohl nicht alles haben :faint:.


    Ich höre seine Stimme auch deshalb in diesem Repertoire so gern, weil es nicht die eines "Tenorinos" und auch nicht die eines auf "di grazia" zurechtgestutzten dramatischen Tenors ist, sondern wirklich eine, bei der Stimmklang und Ausdruck im Singen wirklich rollendeckend erscheinen.


    Ich kann nur hofen - ich weiß, ich wiederhole mich mal wieder ;) - dass er im Bereich des Belcanto oder des lyrischen französischen Faches bleibt und sich vielleicht auch die eine oder andere Mozart-Rolle aneignet. Aber wahrscheinlich locken eher die "Zugpferde" Verdis und Pucchinis :faint:


    :hello: Petra

  • Und nächstens lockt auch in Hamburg eines dieser Zugpferde. Calleja singt am 10./11.09.08 den "Rigoletto"-Duca neben Andrzej Dobber in der Titelrolle.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Wann ist denn die Frankfurter Lucia auf dem Spielplan?



    Ich bin gerade dabei die beiden Calleja Cds zum wiederholten Male durchzuhören und muss sagen, dass ich mich zunehmend in die Stimme verliebe.
    In den nicht-komischen Bellinis und Donizettis gefällt er mir meist sogar besser als Florez und da nehme ich nun auch in Kauf, dass Severina mir ein Killerkommando auf die Fersen schickt. Ich bin wirklich Florez-Fan und liebe seine emphatischen hohen Töne(die hat Calleja so natürlich nicht!) aber die Wärme und Innigkeit und das, was Heine über den Belcanto sagt "Ballett auf Zehenspitzen"- bringt Calleja m.E. von Natur aus mit. Ich denke, dass sich eher Florez zum guten Verdi-Tenor entwickeln wird als Calleja- der soll bitte bitte erstmal ganz lange im Belcanto tragischer Prägung und im französischen Fach seinen Wohlklang verströmen!


    Ganz besonders wunderschön finde ich seine Donizettis. Wie er "fuggi, larve d'amor" singt- so schön, habe ich das noch nie gehört. Dahinschmelz! :angel:


    Warum singt der Mann keinen Ferrando oder Don Ottavio oder Tamino????? ?(


    Fairy Queen


  • :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik: :beatnik:



    Keine Sorge, die schießen nicht scharf, sondern werfen nur mit Sachertorten :D :D :D :D :D :D Wenn du allerdings tatsächlich Flórez auf Verdi umpolen willst, müsste ich die Wahl der Munition noch einmal überdenken :boese2: :boese2: Mir bereitet schon sein Duca Herzschmerzen, und ein Tenor, bei dem man in letzter Zeit ständig mitzittern muss, reicht mir eigentlich........ Also schone bitte mein Nervenkostüm und lass den Flórez, wo er ist!!!!!!!
    lg Severina :hello:


    PS: Calleja darf gerne ales singen, aber möglichst nur auf CD oder konzertant :untertauch:

  • Liebe Sevi, ich gehe also nicht in Deckung, denn die Sachertorten futtere ich einfach auf und werde dann nicht mehr mit Anna sondern mit Montserrat verwechselt.... :D


    Nein, ich will um Himmels willen Florez nicht umpolen, aber ich sehe in ihm für eine Zukunft, sagen wir in 20 Jahren,mehr Potential zu einem leidenschaftlichen Verdi-Tenor als in Calleja.
    Dem fehlt da einfach(jedenfalls derzeit) das entscheidene Stimm-Temperament, welches Florez bereits spürbar hat, und seien anderen exorbitanten Qualitäten prädestinieren ihn m.E. zu anderem Repertoire . Ich hoffe, du verstehst, was ich sagen will, das ist ja eher ein Kompliment für den geliebten Juan Diego-gel? :]


    Fairy Queen

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  • Hallo zusammen,



    Schlecht finde ich Calleja nicht, aber vom Stuhl reißt mich sein Timbre nicht gerade.


    Ich kenne diese CDs.





    Ich denke seiner Stimme fehlt das gewisse Etwas. Sicher könnte, wenn er es vermag, dies einzuschätzen vermag ich nicht, mit Ausdrucksstärke und Technik auch sein Ziel erreichen, aber ich denke ein gewisser unverwechselbarer Klang der Stimme gehört bei einem Sänger von Rang auch dazu.



    LG


    Maggie

  • Liebe Maggie,


    da sieht man, wie unterschiedlich Stimmen auf Hörer wirken können:
    Gerade Calleja habe ich, als ich die "neueren" Tenöre der letzten Jahre noch nicht so gut kannte, immer als erstes herausgehört, wenn ich im Rundfunk die Ansage verpasst hatte, da sein Timbre für mich wirklich einen sehr hohen Wiedererkennungswert hat.
    Ob man es mag oder nicht, ist dann wieder eine andere Geschichte ...


    :hello: Petra

  • Also dann auf zur fröhlichen Tortenschlacht, meine Damen! :hahahaha: :hahahaha: (Ich fürchte, Alfred kriegt gleich die Krise :untertauch: )
    Aber im Ernst:
    Liebe Fairy,
    ich sehe Flórez Zukunft eigentlich nicht im Verdifach, auch nicht in 20 Jahren, dazu ist mir seine Stimme einfach nicht voluminös genug. Außerdem gefiele mir sein extrem helles Timbre auch gar nicht in dramatischen Partien, das merke ich deutlich bei seinem Duca.
    Tja, und ich fürchte, dass der moderne Opernbetrieb mit all seinen negativen Begleiterscheinungen schon dafür sorgen wird, dass wir in 20 Jahren weder einen Flórez noch einen Calleja auf der Bühne erleben werden, und wenn, dann mit wenig Genuss ;( ;( ;( ;( ;( ;( Auch Alagna hatte einmal eine wunderschöne Stimme, und was ist davon geblieben?????
    lg Severina :hello:

  • Über Calleja kann man hin und her diskutieren,
    er sollte auf der Bühne gehört werden.
    Über ihn gehen die Meinungen stark auseinander.
    Mich haut er auch nicht vom Stuhl.
    Bei dieser Meinung bleibe ich.


    Rita

  • Zitat

    Original von Fairy Queen


    Aber er besticht durch andere Qualitäten. Una furtiva lacrima habe ich selten so hinreissend schön gehört-diese Stimme hat ein sanfteres und eleganteres Wesen, das unbedingt das richtige Repertoire braucht, um voll entfaltet zu werden. Ich höre hier aber keinen körperlosen Koloratur-Tenorino, das ist in meinen Ohren schon ein lyrischer-wenn auch leichterer, Tenor. Wenn man sich auf das Charakterisctsiche des Timbres einlassen kann und keine a priori Aversionen dagegen hat,(mich stört hier z.B. kein "Ziegen"Vibrato :no:) bezaubert die Stimme für sich alleine, auch ohne eine Villazonsche Emphase zu haben. Der Wiedererkennungswertist eklatant.


    Danke für deine Einschätzung, Fairy. Was das una furtiva lagrima betrifft kann ich dir nur zustimmen. Das mußt du mal live von ihm hören! Ich habe ihn zweimal als Nemorino gesehen und die Rolle ist wie für ihn geschrieben. :jubel:Er singt diese Rolle wirklich traumhaft und im Moment gefällt mir kein Nemorino besser als er. Er hat diese Figur auch reizend dargestellt.


    Du hast recht, er ist sicher kein körperloser Koloratur-Tenorino, wie du das so treffend bezeichnest. Die Virtuosität im Belcanto Fach wie man sie bei Florez erlebt gibt es bei Calleja sicher nicht, dafür ist er im Gegensatz zu Florez eben kein körperloser Tenorino. Da ist einfach mehr Substanz in der Stimme.


    Zitat

    Original von Fairy Queen


    Technisch scheint er mir etwas sehr im Vordersitz verhaftet, da sollte er mal ein bisschen von Domingo oder auch Pavarotti abhören, aber für sein derzeitiges Repertoire funktioniert das noch.


    Was meinst du denn damit, Fairy, kannst du daß mit dem Vordersitz etwas näher erklären?


    Zitat

    Original von Fairy Queen


    Mir gefällt er serh gut mit Donizetti, Bellini und auch im lyrischen französischen Fach. Singt er auf der Bühne auch Mozart?
    Bei Verdi zeigen sich die Grenzen-der Duca und fast schon der Alfredo ist für meine Ohren wirklich grenzwertig und darüber hinaus sollte er wohl besser(noch) ncihts singen. Wobei man auf Arien-Alben immer serh viel mehr machen und riskieren kann als in einer kompletten Rollengestaltung!


    Er singt heute Mozart hauptsächlich in Konzerten. Irgendwo im Netz gibt es eine tolle Bildnis-Arie von ihm und ich frage mich auch warum er nicht öfter Mozart singt.


    Bei den Verdi Aufnahmen solltest du unbedingt bedenken, daß die Einspielungen nicht seine aktuelle stimmliche Verfassung wiedergeben. Er hat sich, wie schon erwähnt, enorm weiterentwickelt. Sein Alfredo und vor allem sein Duca klingen heute nämlich ganz anders als auf der ersten CD.
    Inzwischen ist er schon ein ganzes Stück in das Verdi Fach hineingewachsen. Ich habe seinen Duca vom Dezember 2006 aus der MET und da singt er einen tollen Herzog. Parmi veder le lagrime ist da besonders schön und er krönt es zum Schluß mit einem herrlichen diminuendo. Im berühmten Quartett gelingt es ihm immer gut hörbar zu sein, ohne seine Kollegen zu übertönen und mit ihnen trotzdem eine Einheit zu bilden.
    Ich habe eher das Gefühl, daß er in der Zukunft sich stimmlich vom Belcanto Fach entfernen wird und die Stimme eher zu Verdi tendieren wird. Rollen wie der Herzog, Alfredo und der Macduff sind derzeit ideal für ihn. Mit diesen wächst er, alles weitere wird sich zeigen.


    Gregor

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