Papst Kesting

  • Lieber KUS,


    Willkommen und Grüße aus wohnortmäßig gar nicht allzuweiter Ferne!!!


    Ist es denn überhaupt noch möglich bei den traurigerweise immer kürzer währenden Karrieren - Halbwertzeiten eine wirkliche Aktualisierung durchzuführen? Ansonsten stehe ich für die neuausgabe in den Startlöchern :D


    LG
    Ulrica


    P.S. Einen Wagnerthread ohne Kampffurchen kann ich mir absolut nicht vorstellen! :D

  • Damit keine Missverständnisse aufkommen:
    Ich habe diesmal - bis jetzt jedenfalls - gar keine wie immer geartete Mitwirkungs-Funktion bei diesem Projekt, außer der Bereitstellung einiger Raritäten und Hinweise, evtl. noch Fotos. ansonsten war ein bedeutenderer Kooperant gefragt. Bin also genauso gespannt auf das, was kommt. Und aus langfristiger Hintergrundkenntnis jedenfalls nicht überrascht darüber, dass es sehr teuer werden wird - mithin eine Paperback-Version noch lange auf sich warten lassen dürfte. Vermutlich wird aber dazu hier eine breit angelegte Debatte ausbrechen. In Vorfreude: KUS

    Gilt es des Lebens höchsten Preis um Sang mir einzutauschen ...

  • Hallo KUS,


    danke für die Infos und viel Spaß beim Einleben.




    Zitat

    Original von GiselherHH


    P.S.: Die Kesting-Neuausgabe, so dringend erwünscht sie auch ist, bewegt sich preislich aber ziemlich im oberen Rahmen. Das dreibändige Original von 1986 kostete etwa 360,-- DM, wenn ich mich recht erinnere.


    Na, dann wird es doch jetzt sogar noch etwas billiger! An den 1:1 Umrechnungskurs haben wir uns doch schon gewöhnt. :D


    :hello:
    Sascha


  • Wir könnten doch beantragen, daß Taminos Expertenrabatt bekommen :angel:

  • Bei amazon kostet die Ausgabe als Vorbestellung momentan 268,-- Euro. Zwar billiger als jpc, aber auch nicht gerade geschenkt... :(

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Zitat

    Original von operus


    Ich bin mir nicht ganz im Klaren darüber, ob Kesting Moll als Osmin gegenüber Frick favorisiert. In seiner dreibändigen Ausgabe "Die großen Sänger" steht wörtlich:" Eine der größten Leistungen Fricks auf Platten ist sein Osmin in der Aufnahme der "Entführung" unter Sir Thomas Beecham , Zwar singt er die Musik des Haremswächters nicht so geschmeidig und elegant wie Kurt Moll, aber sein Porträt hat insgesamt mehr Gewicht, mehr Verve, mehr zappelnd-aufgeregte Boshaftigkeit". Vor nicht allzu langer Zeit bezeichnete Kesting den jungen Frick in der Zeitschrift "Opernwelt" als den besten Interpreten dieser Partie.
    Wobei ich Kestings Einschätzung der beiden überragenden deutschen Bassisten durchaus etwas abgewinnen kann. Moll sang zweifellos beweglicher und geschmeidiger, komischerweise machmal mit Höhenproblemen,z. B. bei König Heinrich,und Pogner. Frick ist in den meisten seiner Rollenproträts, vor allem auch durch seine Orgeltöne in den tiefen Lagen, ein Elementatereignis. In den zur Zeit unter TQOO im Forum laufenden Bewertungen, wird treffend herausgearbeitet, dass z. B. die meisten Wagner-Partien Fricks Domäne waren, genauso z. B. Rocco. Kurt Moll sang dagegen die diffizilen Charaktere in den Bühnenwerken von Richard Strauß vollendend, von denen Frick in kluger Selbstbeschränkung die Finger ließ.


    Hallo Operus,


    vermutlich hast Du mit Deiner Einschätzung Recht . Ich war da interpretierend aufgrund der herausragenden Würdigung Molls bezüglich der Osmin-Partie und habe auch noch allgemeine Vorlieben von Kesting für balsamisches Singen (Beispielsweise den durchaus diskutablen Hagen von Karl Ridderbusch) eingerechnet, aber seine Aussagen bezüglich Frick sind ja eindeutig.


    Hinsichtlich der Wagnerpartien im Vergleich zwischen Frick und Moll ist es so eine Sache. Moll hat generell Limitationen bezüglich seiner sängerischen Signatur. Hagen und Hunding liegen dieser nicht, auch wenn er zumindest als Hunding gewichtige Fürsprecher hat. Dann tue ich mich immer schwer, von wirklichen Höhenproblemen zu sprechen. Er war halt ein Profondo mit durchaus guter Höhe, aber nicht mit einer solch sicheren Höhenexpansion, wie sie Frick vorweisen konnte. Das beeinträchtigt Molls Darbietungen des König Heinrich, macht andererseits Frick zum idealen Interpreten der Partie. Deine Begeisterung bezüglich des Gurnemanz von Frick kann ich allerdings nicht ganz teilen. Sicher eine mehr als respektable Leistung, aber da ziehe ich Moll (vor allem unter Kubelik) bei weitem vor, weil das Portrait sängerisch souveräner und vor allem farbiger und nuancierter daherkommt. Für mich auch in Verbindung mit der Stimmfärbung der ideale Gurnemanz. (Und es ist mir recht unbegreiflich, wie ein stimmschöner, stimmgewaltiger, aber ungleich langweiligerer Sänger wie Hans Sotin diese Rolle in Bayreuth dominieren konnte.).
    Auch als Sarastro ziehe ich sein balsamisches Legatosingen vor, wobei ich da Fricks Leistung nicht an seiner Klempereraufnahme messe (die widerum nicht so katastrophal ist, wie sie gemacht wird.).


    Wie auch immer, da spielen auch persönliche Präferenzen eine Rolle. Frick ist für mich der vielseitigere Sänger, der die eindringlicheren Portraits zeichnen konnte. Moll hingegen, so abgedroschen das klingt, eine belcanteske Offenbarung, der durch Timbre und Temperament Repertoiregrenzen hatte, aber auch im Liedgesang und vor allem im Oratorienbereich würdige Leistungen hinterlassen hat.


    Letztlich habe ich aber immer auch das Gefühl, dass Frick hinsichtlich der Diskographie glücklicheren Umständen unterliegt. Seine Leistungen sind fast durchweg innerhalb von Referenzaufnahmen entstanden, während es bei Moll nur wenige Aufnahmen gibt, wo nicht nur er der Grund ist, die Platte zu kaufen - schade.


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von Ulrica
    Lieber KUS,
    Willkommen und Grüße aus wohnortmäßig gar nicht allzuweiter Ferne!!!
    LG Ulrica
    P.S. Einen Wagnerthread ohne Kampffurchen kann ich mir absolut nicht vorstellen! :D


    Lieber KUS,


    auch ich heiße dich herzlich im Taminoforum willkommen! Ich bin über deinen Gottlob-Frick-Beitrag auf dich aufmerksam geworden und freue mich auch auf deine Sichtweise zu künftigen gemeinsam interessierenden Themen.
    :hello:


    Liebe Ulrica: Deinem PS kann ich nur beipflichten! :yes:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Sascha,


    auf dieser Linie können wir uns einigen. Das müssen wir aber gar nicht, denn unsere Aussagen haben große Übereinstimmungen.
    Ich möchte auf einen anderen, vielleicht auch interessanten Aspekt hinweisen. Mit den beiden großen Bassisten bin ich seit Jahren sehr gut bekannt. Für mich ist es immer wieder frappierend,wie viel Ähnlichkeit sie in ihren Persönlichkeiten aufweisen. Beide sind leidenschaftliche Jäger, menschlich, bescheiden, gütig und mit einer großen Portion philosophischer Weisheit gesegnet. Meine Frau und ich blicken uns immer erstaunt an, wenn wir im Kontakt mit Kurt Moll wieder etwas feststellen, wo wir danach sagen:"Genau wie damals beim "Lobl". Insgesamt zwei fabelhafte, liebenswerte Menschen, mit denen jede Kommunikation bereichernd war Frick, ist bei Moll. Ich meine, diese humanen Werte drücken sich auch in ihren künstlerischen Leistungen aus.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zu Weihnachten wünschte ich mir die Neuerscheinung von Jürgen Kestings Werk "Die großen Sänger". Es wurde bereits jetzt geliefert. Als "Opernnarr" und "Stimmen-Fetischist" war ich so neugierig, dass ich nicht bis zum Fest warten konnte. Ich musste anfangen, in den prächtig aufgemachten Büchern selektiv zu lesen. Nachdem ich die Vorgängerbücher ebenfalls besitze, bin ich von der Neuerscheinung sehr angetan. Kesting ist nicht den bequemen Weg gegangen und hat einfach überarbeitet, er hat neu recherchiert, auch bei älteren Sängern weitere Aufnahmen und Tondokumente zur Urteilsfindung herangezogen. Besonders wichtig ist, dass jetzt viele aktuelle Sängerinnen und Sänger in die Bücher aufgenommen wurden. Das Prädikat NEU ist also zutreffend. Geblieben ist das präzise, kritisch-kompetente Urteil des Autors. Auch wenn man bei bestimmten Sängergrößen eine andere Meinung vertritt, regt die Lektüre zum Nachdenken an.Selbst wenn ene Gegenposition zu Kesting eingenommen wird, kann man ihn meiner Meinung nach nicht "als arroganten Besserwisser" abtun, dazu ist sein Wissen zu umfassend, sein Bemühen das Phänomen "Große Sänger" zu charakterisieren zu ernsthaft, seine Argumentation zu stringent. Der Autor geht vor allem mit der Sprache virtuos um. Trotz fachlich durchgehend hohem Niveau sind die Aussagen gut verständlich. Bei mir wurden teilweise sogar "Aha-Erlebnisse" ausgelöst. Ich konnte zum Beispiel die "verschiedenen Stimmen" von Elisabeth Schwarzkopf nie richtig einordnen. Nachdem Kesting schildert, wie der damals mächtige EMI-Boss, Walter Legge, sein "Kunstprodukt" Schwarzkopf nach seinen Vorstellungen formte und prägte, höre ich diese Sängerin mirt einem anderen Wissenshintergrund. Obwohl klare Standpunkte und mutig-kritisches Urteil auch über sakrosankte Sängergrößen nach wie vor die Rezensionen Kestings auszeichnen, hat er die Basis seiner Urteilsfindung erweitert. Im Gegensatz zu der Erstausgabe werden in der Neuerscheinung neben der Beurteilung von Tonträgern auch die Bühnenwirkung und die Lebensleistung von Sängern mit einbezogen. Damit werden sogenannte "Bühnentiere" wie z. B. Theo Adam, Kurt Böhme oder Josef Greindl aufgewertet. Sicherlich hat auch die Mitarbeit von Thomas Voigt als Co-Autor zur "Humanisierung" vieler Beurteilungen geführt.Vielleicht war der 1940 geborene Kesting bei Erscheinen der dreibändigen Erstausgabe im Jahr 1986 noch ein "provokanter Wilder" und ist jetzt als 68-jähriger zum "weisen Guru" gereift.
    Insgesamt ist das leserfreundlich gegliederte Nachschlagewerk die imponierende Lebensleistung eines eminenten Kenners und Könners. Die vier Bände "Die großen Sänger" sind also für alle , die Gesangsgrößen besser kennenlernen, verstehen und beurteilen wollen eine hervorragende Fundgrube und Basis. Durch die Fülle der Informationen ist der stolze Subskriptionspreis von € 240 zu akzeptieren. Wenn Sängerlegenden unvergessen bleiben und unvergänglich werden, leistet Kestings Werk und Wirken dazu einen bedeutenden Beitrag.
    Herzlichst
    Operus

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  • Gerne beantworte ich die mir gestellte Frage öffentlich im Forum:Jurgen Kesting wurde bereits vor Jahren für seine Verdienste um die Gesangskunst, den Erhalt des Andenkens an Sängerlegenden, die Geschichte der Oper und sein enormes publizistisches Werk mit der Gottlob-Frick-Medaille in Gold ausgezeichnet. Insofern erübrigt sich der Vorschlag, ihm diese zu verleihen. Die Liste aller Medaillenträger kann unter http://www.Gottlob-Frick-Gesellschaft.de neben anderen Informationen eingesehen werden.
    Herzlichst
    Operus

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  • Lieber Operus,


    vielen Dank für Deinen umfassenden Bericht zum vierbändigen Weihnachtsgeschenk. Er ist umso gewichtiger, als dass naturgemäß (auch international) bedeutsame Werk in der "Mainstream"-Presse kaum Niederschlag gefunden hat. Die Gründe dürften nicht zuletzt an diversen Verflechtungen der infragekommenden Autoren liegen. Die FAZ selbst will sich verständlicherweise nicht dem Verdacht aussetzen, den eigenen Experten zu hypen. Weiterhin wäre ja Kesting sozusagen erste Wahl, sich selbst zu rezensieren, andere (stimm-)fachliche Kaliber sind in den frankfurter Redaktionsräumen leider selten geworden.
    Und Fischer von der "Süddeutschen" würde sich, ebenso wie Brug aus der Comedy-Truppe von Springer, wohl dem Verdacht der Rivalität ausgesetzt sehen. Bliebe wohl noch Axel Brüggemann, der aber vermutlich wieder einen Skandal prophezeihen würde, wo keiner ist - und den deshalb hoffentlich auch niemand lesen möchte. :D


    Nebenbei, gerade online gefunden, hat die "Berliner Zeitung" eine sehr ausführliche Rezension geschrieben:


    http://www.berlinonline.de/ber…euilleton/0004/index.html


    lg
    Sascha

  • Hallo zusammen,


    der Rezension von operus stimme ich weitestgehend zu - tatsächlich ist die Neuausgabe der "Großen Sänger" von Jürgen Kesting weitaus mehr als eine Überarbeitung. Und operus schreibt richtig, dass Kestings Urteil in dieser Neuausgabe "weiter greift" als in der früheren, und dass er deswegen manchmal "milder" erscheint, wobei er aber m.E. nach wie vor erste Priorität auf "gutes Singen" setzt. Im weitesten Sinne ist damit gemeint, dass in der Gesangskunst technisch richtiges Singen nicht durch schauspielerische Qualitäten ersetzt werden kann. Immerhin ist er heute eher bereit zuzugestehen, dass auf der Bühne Schauspielkunst pure Stimmschönheit ersetzen kann, und insofern kann Kesting heute auch z.B. einer Sängerin wie Nathalie Dessay gerecht werden, die in der Ausgabe aus den achziger Jahren mit ziemlicher Sicherheit einen Verriss bekommen hätte.
    Darüber hinaus ist die rein sprachliche Formulierung in der neuen Ausgabe viel reifer als früher - den manchmal "leicht besserwisserischen" Unterton der alten Ausgabe (zum Beispiel im Abschnitt über Dietrich Fischer-Diekau) empfinde ich nicht mehr.


    Einziger Nachteil der großartig ausgestatten vier Bände: ein Index findet sich nur im letzten Band. Das ist zwar insofern verständlich, als allein das Sängerverzeichnis einen Umfang von 43 Seiten hat - allerdings kann man auf diese Art nicht einen einzelnen Band z.B. mit in den Urlaub nehmen (wann aber sonst soll ein normaler berufstätiger Mensch sich mit solch einem Werk beschäftigen?) - für ein vernünftiges Lesen muss Band 4 immer dabei sein. Aber diese Kritik ist angesichts der imponierenden Gesamtqualität schon reichlich beckmesserisch...


    Gruß
    Pylades

  • Zitat

    Original von Pylades
    ...
    Aber diese Kritik ist angesichts der imponierenden Gesamtqualität schon reichlich beckmesserisch...


    Finde ich nicht! Das ist ein gravierender Mangel!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Dann macht man halt mal zwei Wochen Urlaub auf Balkonien, wenn man nicht gerade dienstbeflissenes Personal (oder entsprechende Angehörige) zum Tragen an der Hand hat. :D Außerdem will man seine neu gewonnenen Einsichten doch sowieso parallel zum Lesen anhand der heimischen CD-Sammlung überprüfen, da bewegt man sich doch ohnehin nicht aus den heimischen vier Wänden heraus. Einzige Lösung für Fernwehgeplagte mit Sängermacke: Alle relevanten Aufnahmen auf den Ei-Pott überspielen und hoffen, dass es den "Kesting" irgendwann mal als eBook geben wird...


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Gerüchteweise hat sich auch ein Major-Label, wie seinerzeit EMI bei dem Callas-Buch, erbarmt noch nachträglich eine begleitende CD-Box herauszubringen. Bei jpc erhielt ich jedoch die Auskunft, dass derzeit Lieferverzögerungen auftreten, weil für jede Bestellung eigens ein Schwertransport auf die Reise geschickt werden müsse...vor allem angesichts der aktuellen Witterung natürlich problematisch. :pfeif:


    :hello:
    Sascha

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  • Danke, lieber Antracis, für Hinweis und Einstellung des Berliner Artikels über Kesting.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Original von Antracis
    Gerüchteweise hat sich auch ein Major-Label, wie seinerzeit EMI bei dem Callas-Buch, erbarmt noch nachträglich eine begleitende CD-Box herauszubringen. Bei jpc erhielt ich jedoch die Auskunft, dass derzeit Lieferverzögerungen auftreten, weil für jede Bestellung eigens ein Schwertransport auf die Reise geschickt werden müsse...vor allem angesichts der aktuellen Witterung natürlich problematisch. :pfeif:


    :hello:
    Sascha


    Oder einfach mal beim Autor persönlich vorbeischauen:


    "www.miz.org/details_8634_31.html".


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von Antracis
    Weiterhin wäre ja Kesting sozusagen erste Wahl, sich selbst zu rezensieren, andere (stimm-)fachliche Kaliber sind in den frankfurter Redaktionsräumen leider selten geworden.


    Das ist tasächlich so, dass auch in der F.A.Z Texte von der Qualität eines Jürgen Kesting selten geworden sind, manches, was man dort lesen kann, ist ziemlich flach.


    Mir haben seine Beiträge in den Hamburger Programmheften auch immer gut gefallen, dort hat er zu den aufgeführten Werken kleine Empfehlungen für passende CDs veröffentlicht, die sehr informativ waren.


    Ich hatte jetzt mit dem Gedanken gespielt, mir die alte Ausgabe der "grossen Sänger" antiquarisch zu kaufen, aber nach den Berichten hier scheint doch die Neuaflage die bessere Wahl zu sein.

  • Lieber Alviano,


    ich habe beide Auflagen. Ich würde unbedingt die vierbändige Neuauflage empfehlen. Sie ist besonders um aktuelle Künstler erweitert. Kesting ist vielleicht durch die Mitarbeit von Thomas Voigt im Urteil ausgewogener geworden, ohne dadurch in der Präzision der Aussage nachzulassen.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Alviano,


    ich kenne die alte, dreibändige Ausgabe sehr gut. Auffällig ist dort immer wieder, dass Kesting, ungeachtet seiner schon damals riesigen Sammlung, darauf verweist, wie viele wichtige Aufnahmen er nicht hören konnte. 99% dieser Aufnahmen sind heute aber, der CD und dem Copyrightende sei Dank, für unter 10 Euro innerhalb von 2 Tagen lieferbar. Insofern ist klar, dass auch die Urteile gegenüber älteren Sänger nun eine ganz andere - und für Dich ja relevante, weil Du die Aufnahmen leicht beschaffen kannst bzw. ggf. schon besitzt - Grundlage haben.


    Nur mal ein drastisches Beispiel:
    Die großartige Meistersingeraufnahme unter Kubelik mit Thomas Stewart als Sachs. Kesting erwähnt sie nicht mal. Und selbst Jens M. Fischer, sein Buch ja immerhin Anfang der Neunziger publiziert, schreibt: "Den Sachs...hat Stewart leider nur in einer Münchener Rundfunkproduktion gesungen, die es nicht zu Plattenehren brachte."
    Nun gehört aber diese Produktion mittlerweile nicht nur in jede Sammlung eines Meistersinger-Freundes, sondern Kesting hat sie in seinem Nachruf auf den Sänger in der FAZ als zentrales Dokument seines Könnens gewürdigt.


    Auch weißt er explizit auf den Faust von Ivan Kozlovsky hin, bezieht sich aber auf eine anderen Rezensionsquelle (Opera on Record, siehe unten), weil er die Aufnahme nicht bekommen konnte. Sprich, Du würdest Dich nur ärgern mit der älteren Ausgabe - und von den jüngeren Sängern, die gar nicht erst berücksichtigt werden konnten, ganz zu schweigen.



    Antiquarisch würde ich dagegen unbedingt empfehlen:


    Steane, John: "The Grand Tradition: Seventy Years of Singing on Record, London 1974."


    Evidenter, da schon aus dem Titel ersichtlicher Nachteil ist, dass diese brilliante, über 600seitige Studie, bereits in den Siebzigern endet. Vorteil ist, dass er nicht allzu teuer und relativ leicht antiquarisch zu beziehen ist. Und Steane bläst, obwohl er ähnliche Vorstellungen vom Singen hat wie Kesting, bei weitem nicht immer ins gleiche Horn - also auch dahingehend sehr erhellend.


    Viel schwerer und/oder kostspieliger ist das dreibändige Opera on Record (1979-84), von Alan Blyth herausgegeben, wo entsprechend berufene Ohren die Gesamtaufnahmen von über 100 Opern besprechen. Das hab ich allerdings selbst nicht (die Staatsbilbliothek hats zum Glück), ist schwer zu bekommen und wenn für Phantasiepreise, leider.


    Aber da Kesting oft auf diese Bücher verweist, machts doppelt Spaß, sie zu besitzen.


    Lg
    Sascha

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  • Hallo,


    Antracis hat am 08.02.2008 eine hervorragende Buchbeschreibung geliefert, der ich mich überwiegend anschließen kann.


    Da die 1. Auflage in 3 Bänden gegebenenfalls schwer zu beschaffen ist und wegen der Einbeziehung von Sängern und Sängerinnen jüngeren Alters ist die 4-bändige Auflage zu empfehlen. Wem die Kosten zu hoch sind, sollte das sehr gute einbändige Werk vorziehen.


    Einen intensiven Vergleich der Einzelbeschreibungen – 3-bändige Ausgabe vs. 4-bändige Ausgabe - konnte ich jedoch noch nicht vornehmen, da ich die 4-bändige Ausgabe erst seit einer Woche besitze. Es scheint jedoch so, dass Kesting milder im Urteil geworden ist.


    Kesting vermittelt sehr eindeutig sein Gesangsideal bzw. Stimmideal – nämlich seine Definiton vom Belcanto und misst alles überwiegend nachvollziehbar an seinen Benchmarks. Er trauert ein wenig den Sängern nach, die selbst von Platte oder Tonband nicht mehr gehört werden können. Hauptsächlich bezieht er sich auf die Tonkonserven, was dem Leser den eigenen Vergleich (!) ermöglicht. Sänger und Sängerinnen, die jedoch überwiegend durch ihre Bühnenpräsenz und ihre schauspielerische Expression auffallen oder aufgefallen sind, haben es in seinem Urteil schwerer, werden aber nicht ignoriert, siehe Mödl oder Varnay. Vielleicht würden diese Sängerinnen und Sänger im „DVD-Zeitalter“ bessere Chancen haben? Sänger, welche seinem Gesangsideal nicht entsprechen, als Beispiele seien hier del Monaco, Corelli, Fischer-Diskau (!) oder Lorenz genannt, werden meiner Meinung nach zwar sehr kritisch gesehen, ihre Faszination, welche diese auf ihre Zuhörer ausüb(t)en wird aber nicht unterschlagen. Er beschreibt sehr präzise ihre Stimmen und Gesangsleistungen und darauf kommt es in erster Linie an. Die schlimmste Kritik ist seiner Meinung nach wohl die Nichtbeachtung…durch ihn selbst.


    Da ich bereits vor Lektüre seiner Werke Caruso, Björling, Tucker und Callas als die „besten“ Sänger bzw. Sängerin einordnete, gab mir Kesting keinen Anlass mich ‚aufzuregen’, da alle bei ihm sehr gut wegkommen. Ein wenig frustriert hat mich z. B. seine Einschätzung von Lorenz und Windgassen. Nicht das Windgassen schlecht wegkommt, aber für mich ist dieser der Wagner-Tenor schlechthin, während ich den Eindruck habe, Kesting ist vom Stimmmaterial Windgassens nicht so überzeugt. Die totale stimmliche Expression eines Lorenz', welche ich so schätze (Beispiel: Max Lorenz: R. Wagner, Tristan und Isolde, Das Schiff…,1942), findet in Kestings Ohren kein Gefallen. Verehrer der Gesangskunst Fischer-Diskaus sollten sich vor Lektüre einen Beruhigungstee genehmigen. Kesting beschreibt jedoch auch hier sehr genau die Stimme, den Gesang und die Rollenauswahl, allerdings mit seinem Urteil. Eventuell musste ein „Totalverriss“ eines „Denkmals“ sein?!


    Für mich ist Kesting der „Kritiker-Papst“ unserer Zeit, was den Operngesang betrifft. Die Beschreibungen der Gesangsleistungen und der Stimmen sind in der Regel immer untermauert; selten fehlen Begründungen. Das Fachwissen ist immens. „Die großen Sänger“ ist das Standardwerk. Um insbesondere Operngesang in Verbindung mit dem Sänger/der Sängerin besser einschätzen zu können, ist dieses Werk ein „MUSS“. "Kesting lesen heißt Hören lernen." Sollte man sich mit der Gesangskunst im Allgemeinen auseinandersetzen wollen, empfehle ich das Buch von Ernst Haefliger („Die Kunst des Gesangs, Geschichte – Technik – Repertoire“)!


    Bis dann.

  • Wer von Euch kennt die Sängerin Roberta Alexander? Ich meine nicht wie Oper337, der sie offenbar alle duzt, sondern hat je einer von ihr gehört?


    Eine Amerikanische Negerin mit einer prächtigen Sopranstimme.
    Sie hat mehrere Aufnahmen auf CD gemacht. U.a. mit Harnoncourt.
    Von ihr habe ich Theodora und Samson von Händel, sowie Mozarts Don Giovanni.
    Ich möchte eine Biographie über sie schreiben. Und hab ihr darum via ihre Webseite eine Mail geschickt.


    Der Papst hat ihr kein Wort gewidmet. Elisabeth hat es für mich in seinem neuesten Buch nachgeschaut.
    Gilt hier vielleicht "Was der Bauer nicht kennt...". Denn berühmten ausländischen Sänger werden viel weniger genannt als Deutschsprachigen.


    LG, Paul

  • Die


    Zitat

    Original von Paul
    Amerikanische Negerin


    (ÄCHEM! ÄCHEM!)


    singt zwar zeitweise doch etwas übertrieben, aber im Großen und Ganzen doch sehr gut. Wenn man bedenkt, was für Schattengewächse bei Kesting sonst so stehen müssen (ich weiß nicht genau, welche Sänger er nun vorstellt), ist das Weglassen dieser Frau, die auch eine ordentliche Darstellerin ist, fast sträflich :boese2:.

    2 Mal editiert, zuletzt von Basti ()

  • Lieber Paul,


    ich bin zwar nicht oper337, aber ich kenne sie trotzdem.
    Will sagen, ich habe etliche Aufnahmen von ihr.
    Das war meine erste CD mit ihr:



    Wenn Du möchtest, können wir ihr gerne einen eigenen Thread in "Berühmte Stimmen" geben!


    Viele Grüße


    Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Wenn Du möchtest, können wir ihr gerne einen eigenen Thread in "Berühmte Stimmen" geben!


    Lieber Harald,


    Ich plane das ja schon. Darum hab ich ihr eine Mail geschickt.
    Weil ich sie oft im Fernsehen sah, weiß ich, das sie auch ein unglaubliches Humorgefühl hat. Und sehr schöne Anekdoten erzählen konnte.
    Schon das muß das Lesen wert sein. :D


    LG, Paul

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  • Aus dem Gedächtnis, daher sind meine zeitlichen Angaben etwas ungenau:


    Ich habe sie in einer Fernsehübertragung von "Giulio Caesar" aus der Wiener Volksoper (oder war es doch aus der Staatsoper?) erlebt, die Mitte der 1980er-Jahre im ORF gesendet wurde. Dort sang Roberta Alexander die Cleopatra, sie war für Lucia Popp überraschend eingesprungen. Die Titelrolle sang der Bariton(!) Benjamin Luxon, ich glaube, Ann Murray war damals der Sesto. (


    Anfang der 1990er-Jahre im Mozartjahr sang sie in der Wiener Staatsoper bei der Premiere von "La clemenza di Tito" die Vitellia, ihre Partner/innen als Titus und Sesto waren damals Denes Gulyas und Ann Murray.


    Der "Titus" war sicher eine Premiere, der "Caesar" glaube ich auch. Wenn es dir gelingen sollte, die genauen Permierendaten zu eruieren, ist es vielleicht möglich, die damaligen Zeitungskritiken zu beschaffen, siehe dazu Österreichische Nationalbibliothek). Außerdem wurde sicher auch in der "Opernwelt" darüber berichtet. (Die Zeitschriftenreihe kann in der Universitätsbibliothek in Wien entlehnt werden.)

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • In einem anderen Thread gefunden:

    Zitat

    Hallo Antalwin,
    wer bei dem sogenannten "Stimmenpapst" auftaucht oder nicht auftaucht, das ist für mich mittlerweile gleichbedeutend mit dem berühmten Sack Reis, der in China umfällt und sich im Fallen über große Stimmen äußert.

    Nun kann man zu Kestings Urteilen im Einzelfall sicher so oder so stehen - kaum widerlegbar ist, dass er sich mit Achtung über die von ihm beschriebenen Sänger äußert und dass sein Urteil sich stets als gereiftes zu erkennen gibt.


    Pubertäre Lust am schieren Bashing habe ich bei ihm noch nie gefunden.


    Das gefällt mir eigentlich ganz gut!

  • Pubertäre Lust am schieren Bashing habe ich bei ihm noch nie gefunden.

    Finde ich auch. Lieblinge hat jeder. Auch der italienische Kesting, Rodolfo Celletti (mitlerweile verstorben), hat seine "Achillesfersen" und seine Lieblinge. Das, was sie kritisieren ist aber so gut wie immer argumentativ untermauert - daß sie nicht anders können als mit ihren Lieblingen in der Relation ein klein wenig sanfter umgehen verzeihe ich ihnen gerne. John Steane (mittlerweile leider auch verstorben) finde ich insgesamt am Objektivsten - und am Unterhaltsamsten!

  • Nun kann man zu Kestings Urteilen im Einzelfall sicher so oder so stehen - kaum widerlegbar ist, dass er sich mit Achtung über die von ihm beschriebenen Sänger äußert und dass sein Urteil sich stets als gereiftes zu erkennen gibt.


    Ja, da kann ich nur zustimmen.
    Für Kesting ist Gesangskunst mehr ist als Ausstellung von Stimmmaterial.
    Wie nur wenige andere Kritiker analysiert und wertet er die Leistungen sehr präzise: er benennt seine Kriterien und stellt klar, an welchen Maßstäben er misst.
    Man kann ihm folgen oder nicht, aber wenn man andere Einschätzungen und Urteile hat, sollte man sich wenigstens die Mühe machen, auf seinem Niveau zu argumentieren!


    Wenn ich in einem anderen Thread die Klage lese, dass Hopf und Kozub bei ihm keine Erwähnung finden, dann wäre ich neugierig, auch zu erfahren, was sie denn als Gesangskünstler bieten. Bisher habe ich den Eindruck, dass diese Tenöre schlicht geliebt und geschätzt werden, weil ihnen der liebe Herrgott so imponierende Stimmen geschenkt hat.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Natürlich darf hier der nette Satz nicht fehlen, daß Kritiker wie Eunuchen sind: sie wissen, wie es geht, können es aber nicht selber :pfeif:

    Richtig. Aber heutzutage ist schon viel zu viel verlangt, dass sie es besser machen können - man darf schon froh sein, wenn sie halbwegs kritisch sind und das auch sachlich begründen können.


    Aber umgekehrt sind auch die besten Sänger zum Beispiel oft keine guten Lehrer oder ein ausgezeichneter Fußball-Trainer muss nicht unbedingt ein guter Spieler gewesen sein... Und: man muss nicht fliegen können, um... usw siehe unten... ;-)

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