Dies Bildnis ist bezaubernd schön - Eine Arie und ihre Interpreten

  • Liebe Forianer,


    Angeregt durch die Diskussion in einem anderen Thread, wo die Qualitäten von Fritz Wunderlich jenen von Richard Tauber gegenübergestellt wurden habe ich dieses Thema eröffnet.


    Diese Arie, die dem Thread den Title verleiht ist ja mehr als nur eine Arie aus einer der berühmtesten Opern Mozarts, nein sie ist gewissermaßen ein Prüfsstein für Sänger dieses Fachs - eine Messlatte ein Indikator wo die Interpretation dieses Sängers angesiedelt ist.


    Anders als in Thread "Mein liebster Tamino" geht es hier nicht um "mein liebster" sondern um die Frage: "Wie rollendeckend ist die Interpretation ?" wobei wir uns auf Tonträger beschränken wollen und uns vor allem mit der Frage befassen wollen welche "Werksauffassung" dieser Arie "richtig" sein könnte.


    Mir sind viele Interpretationsansätze bekannt, das kann männlich strahlend, dunkler heller, leichter oder schwerer dargeboten werden - auf Arienplatten(einst sehr beliebt) eigentlich völlig losgelöst vom Gesamtwerk.


    Wie sollte diese Arie Eurer Meinung nach gesungen werden, leicht und jugendlich, heroisch männlich, überirdisch verklärt und somit zurückgenommen, mit Schmelz, laut und extrovertiert, verhalten ?


    Sänger können als Beispiel - positives UND (im Gegensatz zum "Parallelthread) negatives - herangezogen werden.


    Eine angeregte Diskussion


    wünscht Alfred


    (der seine Gedanken dazu etwas später äussern wird)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,
    Zu Beginn möchte ich einige Sänger anführen,die für mich
    in Sachen "Bildnisarie" die Spitzengruppe darstellen.
    P.Anders (G.), J.Björling, A.Dermota (G.), W.Ludwig (G.),
    K.von Pataky, J.Patzak,R.Schock (G.), L.Simoneau (G.),
    R.Tauber,F.Wunderlich(G.). G.= Gesmtaufnahme.


    Gruß von Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Meine Lieblings-Taminos sind Anton Dermota und Nicolai Gedda. (Fritz Wunderlich steht auf der Himmelsleiter ganz oben.)


    Aktuell Herbert Lippert und Michael Schade, den ich 1997 in Salzburg in einer Inszenierung der Zauberflöte von Achim Freyer gesehen habe.


    Tamino interessiert mich als "Mann" überhaupt nicht. So ein feiger Prinz - der gleich auf die Bühne stürzt und 'Zu Hilfe' ruft - in weiterer Folge nie einen geraden Weg geht - ein richtiger Wendehals. Wie groß ist denn seine Liebe, wenn er sich von Männern, die ihm keine Gründe nennen, das Reden mit seiner Geliebten verbieten lässt?
    Er verkörpert für mich einen 'Beamten' der damaligen Zeit, der obrigkeitshörig und buckelnd seinen Dienst versieht.

    'Tamino: Dem Sprecher ist Schweigen auferlegt worden.
    Sarastro: Aber d e n k e n darf er doch, was er will?'


    Und wo Papageno sich natürlich triebhaft verhält, bewahrt er (leider) immer die Contenance.

    WHEN MUSIC FAILS TO AGREE TO THE EAR;
    TO SOOTHE THE EAR AND THE HEART AND SENSES;
    THEN IT HAS MISSED ITS POINT
    (Maria Callas)

  • Salut,


    seit wann muß ein Prinz mutig sein? Tamino wird als tugendhaft, verschwiegen, wohltätig und als 'reiner' Mensch bezeichnet. Für einen 20jährigen ist das schon jede Menge, oder? Tamino mit Bogen aber ohne Pfeil wird von einer so listigen Schlange verfolgt, die ausschliesslich durch Zauberkraft zernichtet werden kann - da hätte er so stark sein können, dass Du Dich in ihn verliebst, es hätte ihm nichts gebracht.


    Es geht in der 'Zauberflöte' nicht um das Beweisen von körperlichen Kräften - sie sind unwichtig, es geht um Mut, Tapferkeit, Treue, Vertrauen, Weisheit, Brüderlichkeit, Liebe und Menschlichkeit - alles andere ist Mist! Im Prinzip entspricht Tamino dem Asterix, ein intelligentes, mutiges, aufrichtiges Kerlchen, ohne Zaubertrank aber nichts wert... Der Unterschied ist eben nur, dass die Asterixgeschichten auf dem Zaubertrank aufbauen [die Kraft also].


    Die 'Zauberflöte' bringt Tamino ja nicht wirklich etwas - dürfte ich zwischen 'Zauberflöte' und 'Silberglöckchen' wählen, würde ich mich für letztere entscheiden...


    Zitat

    Wie groß ist denn seine Liebe, wenn er sich von Männern, die ihm keine Gründe nennen, das Reden mit seiner Geliebten verbieten lässt?


    Seine Liebe ist so groß wie sein Vertrauen in diese Weisen. Viel schlimmer finde ich, dass er sich von einer verlassenen Königin hinters Licht führen - gar missbrauchen! - lässt. Seinen von ihr versprochenen 'Lohn' hätte er niemals erhalten. Das aber sind Dummheiten eines 20jährigen, die man verzeihen kann.


    :D


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Sagitt meint:


    Tamino mit Idefix, das wäre was. Ich finde, er ist ein Edel-Mann. Auf dem Wege zu tieferer Einsicht, geht brav den vorgezeichneten Weg ( wie das beim weiblichen Geschlecht ankommt, kann man ja nachlesen). Deswegen sagen mir die geschmetterten Taminos nicht zu. Ihn als Vorläufer Verdi´scher Helden zu sehen, halte ich für ungemessen. Ein Jüngling, kein Held, immerhin einer, der sich den Prüfungen stellt. Wenn man der Rollen-Entwicklung Rechnung tragen wollte,könnte er im Laufe der Oper stimmlich " wachsen", aber Mozart gibt ihm keine Gelegenheit dazu. Deswegen legen die meisten schon in die erste Arie ordentlich Power. Meine Präferenz ist klar: Blochwitz mit Christie.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo Sagitt,
    meiner Meinung nach ist diese Arie ein introvertierter Monolog.
    Der Interpret sollte kein Machogebaren vorführen(H.Roswaenge),
    sondern seine gesangliche Visitenkarte sollte lyrisch passiv klingen.
    Ich denke dabei an Julius Patzak,aber es gibt wohl noch einige
    andere Sänger,die diesem Anspruch gerecht werden.


    Gruß Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert,


    als Ergänzung zu deinen positiv genannten Interpreten,die eine gute Auswahl darstellen,möchte ich noch Ernst Haefliger nennen.Er war Anfang der 50er Jahre mein erster bewußt wahrgenommener Tamino in der Fricsay-Aufnahme (DG).


    Ansonsten stellt Fritz Wunderlich für mich das Non-plus-Ultra dar.Von seiner Bildnisarie habe ich so ca.10 Aufnahmen,die seinen Werdegang trefflich dokumentieren. :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo zusammen,


    selbst Opernmuffel wie ich haben eine Lieblingsarie. Und ibei mir trifft dies für das Bildnis zu. Ich kenne nicht besonders viele Interpreten aber mir ist klar, wie die Arie (für mich) zu klingen hat.


    Tamino verliebt sich spontan in ein Bildnis! Liebe auf den ersten Blick! Pamina muss von bezaubernder Schönheit gewesen sein. Zumindest in den Augen des Verehrers. Und diesen Umständen muss der Vortrag des Singeden gerecht werden damit ich ihm die Arie abkaufe. Ich möchte Sehnsucht, Hingabe, Ergebenheit und Anbeetung hören - und eine zarte Entschlossenheit.


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo Mozartfreunde,


    nach einigem Kramen und Umsortieren meiner Schätze, ich brauchte einen neuen CD- Schrank, sind mir noch einige würdige Interpreten der Bildnisarie eingefallen:
    Peter Seiffert
    Markus Schäfer
    Jonas Kaufmann
    Rudolf Schock
    Josef Traxel
    Peter Schreier
    Hans Peter Blochwitz (sagitt wirds freuen :hello:)
    Francisco Araiza
    Gösta Winbergh
    Einige Aufnahmen hab ich leider nur als Rundfunk-Mitschnitte auf Kassette, trotzdem taugen sie zum Interpretationsvergleich und schützen vor zu einseitiger Sichtweise.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Beim Konzert für Europa im Juni 2006 sang Juan Diego Florez die Bildnisarie, und zwar für meine Begriffe zum Niederknien schön, dabei hatte ich zuvor bei der Durchsicht des Programms noch gemeint "Ist der wahnsinnig?" 8o Bis dahin hatte ich nämlich seine Ankündigung (Interview), er sähe seine Zukunft als Mozartsänger, mehr als skeptisch beurteilt, jetzt aber kann ich seinen ersten Tamino kaum mehr erwarten. Siegfried, ein Kritiker bescheinigte ihm übrigens, seit Fritz Wunderlich hätte diese Arie niemand mehr so stilsicher und herrlich phrasiert gesungen wie Florez. Um das zu beurteilen fehlt mir die nötige Kompetenz, aber mein Gefühl sagte mir: "Traumhaft!"
    lg Severina :hello:

  • Hallo Herbert,


    Zitat

    Original von Herbert Henn: Zu Beginn möchte ich einige Sänger anführen,die für mich in Sachen "Bildnisarie" die Spitzengruppe darstellen. P.Anders (G.), J.Björling, A.Dermota (G.), W.Ludwig (G.),
    K.von Pataky, J.Patzak,R.Schock (G.), L.Simoneau (G.),
    R.Tauber,F.Wunderlich(G.). G.= Gesmtaufnahme.


    die "Bildnisarie" mit Jussi Björling würde mich sehr interessieren! Gibt es die im Handel auf CD? Ich kenne leider von Björlings Mozart-Aufnahmen nur ein "Il mio tesoro" aus späteren Zeiten, dabei ist er ja eigentlich eher als Mozart-Tenor gestartet.


    :hello: Petra


    (bei den mir bekannten Bildnisarien sind meine Favoriten v. Pataky, Patzak und Wunderlich).

  • Mir als Wiener geht eigentlich noch


    Waldemar Kmentt aber auch Rudolf Christ ab,


    die ja Jahrelang mit Anton Dermota, die Haus - Taminos in Wien waren, ob an der Volksoper, Staatsoper oder Theater a.d.Wien.


    Liebe Grüße Peter aus Wien.

  • Für mich war in der Balance aus Einfalt, Lyrismus und strahlender Schönheit Fritz Wunderlich die Idealverkörperung des Tamino. Eine derartige Verschmelzung eines Interpreten mit seiner Rolle kann ich mir musikalisch nicht kompletter vorstellen. Die Mühelosigkeit der Tonproduktion, die gekonnte Phrasierung, das ist sensationell und zählt zu den Sternstunden des aufgezeichneten Gesangs.


    Interessanter singt für mich Richard Tauber die Arie, da er sich noch sehrender in die Aufschwünge "hineinlegt" und gewissermaßen mit subtiler Wonne und einem Gran erotischer Konnotation singt, während Wunderlich bei aller perfekten Schönheit etwas Statuarisches an sich hat (das aber bei Tamino überhaupt nicht stört).


    Ich erinnere mich noch dunkel an Stuart Burrows, der auch überzeugen konnte. Simoneau ist mir ein wenig zu asthenisch (als Belmonte dafür meine erste Wahl der Gesamtaufnahmen), Rosvaenge zu triumphal, Araiza ok.


    LG,


    Christian

  • Ich habe mir, machdem ich heute hier die diversen Namen gelesen habe, mal ein bisschen gestöbert und mir ein paar Sänger angehört, die bisher noch nicht genannt wurden, und ich bin fündig geworden: Taminos gibt es noch einige mehr, die sich hören lassen können und die man eigentlich nicht vergessen sollte, als da wären:


    Werner Hollweg (unser Düsseldorfer Tamino)
    Ernst Kozub (1955 Frankfurt)
    Libero de Luca
    Richard Tucker (an der MET)
    John van Kesteren
    Rudolf Schock (in jungen Jahren)
    Eric Tappy (Salzburg/Levine)
    Peter Hofmann (Strassburg)
    Jerry Hadley
    Hans Peter Blochwitz


    um nur ein paar zu nennen, sicher liesse sich diese Liste noch beliebig verlängern!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Wer sucht, der findet:


    Als älterer Tamino-Vertreter fällt mir noch Horst Wilhelm ein, einst lyrischer Tenor an der Hamburgischen Staatsoper.


    Der aktuellen Tamino-Sängergarde ist noch unbedingt Matthias Klink hinzuzufügen, der mit dieser Rolle auch schon auf verschiedenen Festspielbühnen glänzte.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried