Hoffmanns Erzählungen - Ein Unglücksstück?

  • Die DVD mit dem Dirigenten Nagano habe ich mir vor längerer Zeit mal gekauft, weil sie im Zeitschriftenladen billig angeboten wurde. Nach einmaligem reinhören, habe ich sie jemandem geschenkt, den ich nicht leiden kann. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Die DVD mit dem Dirigenten Nagano habe ich mir vor längerer Zeit mal gekauft, weil sie im Zeitschriftenladen billig angeboten wurde. Nach einmaligem reinhören, habe ich sie jemandem geschenkt, den ich nicht leiden kann. :D


    Du machst mich ja neugierig auf die Einspielung. Ich kenne sie leider nicht. Aber ich kenne auch niemanden, dem ich etwas schenken würde, obwohl ich ihn nicht leiden kann.


    LG Peter

  • @ Peter


    Das ist die ominöse DVD:



    ... nach Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach



    Zitat

    Während der Dichter E. T. A. Hoffmann von den drei Frauen erzählt, die er geliebt hat, wird das Publikum Zeuge der tragischen Ereignisse, die mit diesen Liebesgeschichten verbunden sind. Erleben Sie eine radikale Neudeutung der fantastischen Handlung in einer Aufführung des Opernhauses Lyon, in Szene gesetzt mit großartigen Sängern wie Barbara Hendricks, Natalie Dessay und José Van Dam.


    Dirigent: Kent Nagano
    Opernhaus: Oper Lyon
    Orchester: Chor und Orchester der Oper Lyon


    Solisten: Natalie Dessay, Barbara Hendricks, Daniel Galvez-Vallejo, José Van Dam, Gabriel Bacquier, Jacques Verzier, Isabelle Vernet, Brigitte Balleys, Hélène Jossoud, Lisette Malidor


    Spieldauer: 120 Minuten,
    Tonformat: PCM Stereo,
    Bildformat 4:3, Ländercode: 2,
    Untertitel Sprachen: deutsch,
    Menüsprachen: deutsch, FSK: O.A.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Lieber Harald,


    vielen Dank für den Hinweis. Die gehört gerade zu den DVDs, die ich mir aus mehr oder weniger guten Gründen aus der Opern-Sammlung nicht gekauft habe. Nun war einer der Gründe, dass ich mir vor allem die Einspielungen gekauft habe von Opern, die ich noch nicht auf der Bühne erlebt habe - und so hat mir die fantastische (vor allem wegen Janet Baker!) Einspielung des Giulio Cesare Auge und Ohr für Händel geöffnet. Inzwischen bin ich bei den Einspielungen von Jacobs und Minkowski gelandet, aber für die Initialzündung bin ich sehr dankbar.


    Les Contes d'Hoffmann habe ich mehrfach auf der Bühne erlebt u.a. in Covent Garden unter Tate, für diese Oper brauche ich mich nicht mehr zu gewinnen. Ihre Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte hat das Werk ja zu einem Spielball der verschiedenen Bearbeitungen gemacht. Da macht mich der Hinweis auf die Realisation nach dem letzten Stand der Partitur natürlich alleine schon neugierig (und dafür nehme ich alle Regieexperimente in Kauf!) Wenn das Ganze ordentlich bis gut gesungen ist, so ist es schon für mich des Anschauens wert. Aufregen kann ich mich später noch immer - aber wie sind die offenen Fragen der Partitur gelöst? Wo ist man weiter, wo hakt es noch?


    Eine Regiearbeit ist immer Geschmackssache. Aber einem Konzept einmal eine Chance zu geben, halte ich nur für fair. Wer da nicht so neugierig ist, der kann es ja vermeiden.


    Eine letzte Bemerkung: Recht machen kann man es ja keinem, das stelle ich auch immer wieder fest. Da steht nun die - mE überflüssige - Bemerkung dabei: nach Hoffmanns Erzählungen - statt einfach der Titel der Oper mit dem Namen des Regisseurs darunter. Schon ist das wieder nicht richtig?


    Eigentlich ist jede Aufführung "nach" - denn die ursprüngliche Aufführung ist ohnedies nicht zu rekonstruieren ... meiner Meinung nach. Aber wenn es Leute hindert, die Aufnahme zu kaufen, die sonst damit unzufrieden wären, habe ich auch nichts dagegen, wenn da steht ... nach Hoffmanns Erzählungen.


    Ich fürchte nur, dass ich die Inszenierung auch nicht verstehen werde - wenn Fairy Queen, die da Erfahrung und Herz hat, da schon mit der weißen Fahne winkt, wie soll es da mir ergehen?


    Liebe Grüße Peter

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  • @Peter


    Das hat man aus dem französischen Titel übernommen.


    Heißt die Oper doch richtig:


    "Les Contes d'Hoffmann"


    hat man in Lyon (nach der Kaye Fassung) den Titel geändert in:


    "Des Contes d'Hoffmann"



    LG


    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)



  • Lieber Harald,


    ich will da nicht kleinlich sein, aber dann kann man kein Französisch - "Des" ist einfach der unbestimmte Artikel im Plural, also Deutsch: "Hoffmanns Erzählungen" - "nach" wäre après ...


    LG Peter

  • Ihr Lieben , ich hätte gar nciht gedacht, dass meine schüchterne Frage gestern abend eine Diskussion ins Rollen bringt, umso besser!
    Von Herbert Henn wüsste ich gerne, was am reinen Reinhören so abschreckend war.
    Rein akustisch gab es sogar, bis auf den Tenor, wirklich Highlights! Van Dam und Dessay fand ich herausragend, Bacquier und die Muse sehr gut, Hendricks und die Giulietta waren einfach nicht mein Geschmack, aber haben gut gesungen und am Dirigat habe ich auch ncihts auszusetzen. Also HÖREN kann man das Ganze zumindest mit Genuss, vor allem, weil die Muse mit allen Arien vertreten ist, was ich so noch nie gehört habe und gerade diese erweiterte Rolle sehr genossen habe.
    Beim Sehen bin ich ja nco hin den ersten Eindrücken und schliesse aber auch gar nciht aus, dass das eine mir nciht genehme Inszenierung ist, die ich im Konzept daneben finde.
    Mit dem Gedanken einer geschlossenen Anstalt, in der die Paranoia des Bösen ihr Unwesen treiben und die Liebe ncihts als eine Illusion eines "armen Irren" ist, kann man sich angescihts der Paranoia der Schauerromantik dann aber wenigstens mal ein bisschen geistig auseinandersetzen, ehe man gleich das Verdikt drüber spricht. Ich werde die Sache in jedem Fall unter diesem Aspekt nochmal ansehen. Das hat Emotione ja tröstlicherweise auch getan.
    Und lieber Peter, Dir leihe ich dieses DVD natürlich umgehend nach meiner zweiten Sichtung, denn Dein Urteil würde mich schon serh interessieren. :yes:
    Wenn ICH das nciht gleich verstehe, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Du durchblickst mal mindestens so gross wie der Unterschied in unserem Verständnis der Beethoven-Symphonien.... :D


    F.Q.

  • Hier nochmal die Arthaus-Edition dieser Produktion:




    Ich kenne die DVD nicht. Über die Regie kann ich somit nichts sagen. Louis Erlo, der hier inszeniert hat, gehört m.W. aber nicht zu den ganz bösen Bilderstürmern des Regietheaters. :D



    Nach allem, was ich weiß, sollte man aber ein paar Dinge bezüglich der verwendeten Fassung auseinanderhalten:


    Zwar wird hier im Prinzip die quellenkritische Kaye-Fassung gespielt, die aber merkwürdigerweise ganz erheblich gekürzt ist (auf zwei Stunden). Insofern bin ich bei dieser DVD außerordentlich skeptisch (was nicht mit der Inszenierung zusammenhängt).


    Allerdings gibt es mit Nagano auf CD auch die Einspielung der vollständigen, von Michael Kaye erarbeiteten Fassung: diese dauert nahezu drei Stunden. Mit Ausnahme einer noch später entdeckten Quelle (und einiger Kleinigkeiten) wird hier Offenbachs Oper in der Gestalt dargeboten, die den Intentionen des Komponisten am nächsten kommt:





    Hoffmann: Roberto Alagna
    Muse/Nicklausse: Cathérine Dubosc
    Stella: Juanita Lascarro
    Olympia: Natalie Dessay
    Antonia: Leontina Vaduva
    Giulietta: Sumi Jo
    Bösewichte: José van Dam
    Diener: Gilles Ragon


    Orchestre de l'Opéra National de Lyon
    Dirigent: Kent Nagano


    Das ist die Kaye-Fassung mit Rezitativen (gewissermaßen die Grand-Opéra-Version).



    Die alternative Kaye-Fassung mit Dialogen (die Opéra-Comique-Version) ist 1989 von Jeffrey Tate eingespielt worden. Ebenfalls eine vorzügliche Aufnahme:




    Hoffmann: Francisco Araiza
    Muse/Nicklausse: Anne Sofie von Otter
    Olympia: Eva Lind
    Antonia: Jessye Norman
    Giulietta: Cheryl Studer
    Bösewichte: Samuel Ramey
    Diener: Georges Gautier


    Staatskapelle Dresden
    Dirigent: Jeffrey Tate




    Die verdienstvolle Oeser-Edition, die der schönen Cambreling-Aufnahme zugrundeliegt, ist als überholt zu betrachten. Die ganz neue Fassung von Jean-Christophe Keck deckt sich weitgehend mit der von Kaye, hat aber vor allem den neu entdeckten ursprünglichen Schluss, der erstmals 1999 in Hamburg gespielt wurde. Auf CD oder DVD existiert sie m.W. noch nicht.


    Völlig überholt und eine Verfälschung der Intentionen Offenbachs - das kann man nicht oft genug betonen - ist allerdings die Choudens-Fassung von 1907, die den meisten älteren (vor der Mitte der 80er Jahre entstandenen) und auch einigen neueren Aufnahmen zugrundeliegt. Die Umstellung der mittleren Akte, die verstümmelten Außenakte, die Kürzungen, die ach so beliebten, aber definitiv nicht von Offenbach stammenden Stücke wie Septett und Spiegelarie: hier haben wir es wirklich mit einer Fassung nach Offenbachs Oper und nicht mit dieser selbst zu tun. Das ist natürlich schade, weil zahlreiche hervorragenden Sängerleistungen, die ihren Wert behalten, nur in dieser Version existieren.


    Wenn man Offenbachs Oper in einer Version kennenlernen will, die der vom Komponisten intendierten Fassung nahekommt, sollte man zu Nagano (CD, nicht DVD) oder Tate greifen.


    Ansonsten haben alle möglichen Fassungen - sei es der gute alte Choudens oder andere gekürzte Versionen wie auf der DVD aus Lyon - natürlich auch je nach persönlichem Gusto ihre Berechtigung. Man sollte sich aber nicht vormachen, dass eine der "klassischen" Aufnahmen (Cluytens etc.) mehr mit Offenbach zu tun haben als die Nagano-DVD. Es gibt noch einige andere neuere DVDs (López-Cobos, Chaslin, Guingal), die aber m.W. alle merkwürdige Mischfassungen bieten.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von pbrixius
    ...
    Lieber Harald,


    ich will da nicht kleinlich sein, aber dann kann man kein Französisch - "Des" ist einfach der unbestimmte Artikel im Plural, also Deutsch: "Hoffmanns Erzählungen" - "nach" wäre après ...


    LG Peter


    Das ist im Prinzip richtig. Aber diese kleine und doch auffallende Änderung des Originaltitels weist völlig richtig sowie ganz und gar nicht überflüssigerweise auf die Tatsache hin, dass die Inszenierung eine völlig neue Geschichte erzählt, die nur entfernt an den Inhalt der eigentlich allgemein bekannten Oper erinnert.


    Ähnliches sollte in solchen Fällen immer geschehen, damit man schon im Vorhinein weiß, dass man eine Mogelpackung untergejubelt bekommt. Es ist eine Sache, ob man in einer Vorstellung sitzt und verzweifelt nach Korrelationen zwischen Erinnerungen an den Inhalt und aktuell gesehenem sucht oder von Vornherein darüber informiert wird, dass der Regisseur das inszeniert hat, was er sich zu dem Thema des Werks ausgedacht hat.

    :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Liebe Fairy Queen,
    wenn in "Les Contes de Hoffmann" der Hoffmann schlecht ist, dann ist die ganze Aufführung verdorben. Besonders wenn es eine DVD ist, weil man die ja öfter hören möchte und immer wieder entsetzt ist, wenn man sie sich anhört und ansieht. Deswegen, nicht mehr ansehen und nicht mehr anhören, weg damit und vergessen.

    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Das ist im Prinzip richtig. Aber diese kleine und doch auffallende Änderung des Originaltitels weist völlig richtig sowie ganz und gar nicht überflüssigerweise auf die Tatsache hin, dass die Inszenierung eine völlig neue Geschichte erzählt, die nur entfernt an den Inhalt der eigentlich allgemein bekannten Oper erinnert.


    Steht dabei, warum man den Titel änderte - oder hieß der im Original vielleicht nach letzten Erkenntnissen so? Der deutsche Titel ist dann auch falsch, denn hier läuft es an den Opernhäusern unter "Hoffmanns Erzählungen" nicht unter "Die Erzählungen Hoffmans". Verstehe ich Dich recht, dass man damit die ganzen Fälschungen (denke nur mal an die "Spiegel-Arie", die eine Melodie aus der Ouvertüre von "Le voyage de la lune" verwendet, bei der Arie weiß man noch nicht einmal, wer die Komposition verfasste - jeder aufrechte Opernfreund wird einen solchen Regieeinfall mit dem Kotzmännchen begleiten) kennzeichnet, die in den von Zwielicht benannten von tausend Änderungen verseuchten Aufführungen vor Oeser kennzeichneten. Achtet man da nun den Willen des Komponisten, auf den man so fleißig bei notengetreuen, aber mit fremden Handlungszutaten versetzten Aufführungen beschwört? Man hat sich auf jeden Fall Offenbachs Oper schon im 19. Jahrhundert so zurechtgemogelt, wie man sie haben wollte, nicht aber der Komponist.


    Zitat

    Ähnliches sollte in solchen Fällen immer geschehen, damit man schon im Vorhinein weiß, dass man eine Mogelpackung untergejubelt bekommt.


    Ganz meine Meinung - so eine Mogelpackung wie Einspielung unter Cluytens muss gebrandmarkt werden!


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Steht dabei, warum man den Titel änderte - oder hieß der im Original vielleicht nach letzten Erkenntnissen so?



    Lieber Peter,


    der Originaltitel ist auf jeden Fall "Les contes d'Hoffmann". Anscheinend hat man mit dem gewählten, leicht veränderten Titel tatsächlich darauf hinweisen wollen, dass hier nicht der Original-Hoffmann geboten wird. Die Namensänderung dürfte allerdings nicht (oder nur in zweiter Linie) auf die Inszenierung zurückzuführen sein, sondern auf die gewählte Fassung - bei der gegenüber der vollständigen Kaye-Version fast eine Stunde Musik weggekürzt wird. Außerdem scheint es auch beim Rest zu einigen erheblichen musikalischen Eingriffen gekommen zu sein. Ein paar Informationen zur DVD aus Lyon findet man auf der Website "http://www.jacques-offenbach.de/" (man muss sich dann weiter durchklicken).


    In Einzelfällen halte ich Bearbeitungen und Kürzungen für durchaus legitim, wenn es um die Einrichtung von Opern für Aufführungen geht. In diesem Fall scheinen sich die Macher aber selbst ein Bein gestellt zu haben, wenn sie sich einerseits darauf berufen, die Kaye-Fassung darzubieten, andererseits diese aber grob entstellen. Bei einer Oper, die lange genug in entstellten Versionen aufgeführt wurde, hätte man da eventuell sensibler sein müssen. Nicht umsonst gibt es ja die etwas spätere, über jeden Zweifel erhabene CD-Einspielung mit Nagano aus Lyon mit der ungekürzten Kaye-Fassung.


    Alle meine Aussagen stehen natürlich unter dem Vorbehalt, dass ich die DVD nicht kenne. Vielleicht ist die Produktion ja so überzeugend, dass man die massiven philologischen Bedenken in den Wind schlagen kann. Allerdings habe ich da so meine Zweifel... :wacky:



    Zitat

    Ganz meine Meinung - so eine Mogelpackung wie Einspielung unter Cluytens muss gebrandmarkt werden!


    Liebe Grüße Peter


    In der Tat - das wäre nur ausgleichende Gerechtigkeit...



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    In Einzelfällen halte ich Bearbeitungen und Kürzungen für durchaus legitim, wenn es um die Einrichtung von Opern für Aufführungen geht.


    Lieber Bernd,


    das sehe ich auch so (auch wenn es mir in Sachen Gluck bei der einzigen Einspielung von "Echo et Narcisse" wehtut - aber es ist ein Mitschnitt der Schwetzinger Festspiele). Aufführungen sind eben keine philologische Veranstaltung. Das sehe ich aber bei Studio-Einspielungen anders.


    Bei den Contes werde ich mich nach Deinen Hinweisen doch einmal um die CDs bemühen, denn da klafft in meiner Diskographie noch eine Lücke.


    Liebe Grüße Peter

  • Lieber Peter,
    ich dachte immer, ich sei ein aufrechter Opernfreund. Nun erfahre ich, daß ich ich es garnicht bin, weil ich die Arie"Scintille, diamant", die für jeden berühmten Bariton, oder Bassbariton eine Herausforderung war und ist, auch sehr gerne höre. Mir ist auch egal, wer sie in diese Oper eingebracht hat. Es war auf jeden Fall ein gute Idee. Das gilt auch für die Barkarole. Dies ist aber nur die Meinung eines Opernfreundes, für den der Gesang, das wichtigste in einer Oper ist.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    ich dachte immer, ich sei ein aufrechter Opernfreund. Nun erfahre ich, daß ich ich es garnicht bin, weil ich die Arie"Scintille diamant", die für jeden berühmten Bariton, oder Bassbariton eine Herausforderung war und ist, auch sehr gerne höre. Mir ist auch egal, wer sie in diese Oper eingebracht hat. Es war auf jeden Fall ein gute Idee. Das gilt auch, für die Barkarole.


    Lieber Herbert,


    zumindest bist Du nicht konsequent - und ich werde Dir nicht mehr glauben, wenn Du mir den Willen eines Komponisten an anderem Ort als Argument vorhältst. Nichts gegen die Arie "Scintille diamant", wer immer sie auch von Offenbach inspiriert verfasst hat. Ich höre sie auch gerne und lasse sie mir als Zugabe auch auf einer CD spendieren. Aber wenn alle guten Ideen, die da irgendein Regisseur hatte (denke mal an die Einfügung der Leonorenouvertüre in den Fidelio) und die das tatsächliche Werk überwuchern (und die Arbeit von Oeser zählt Myriaden von Eingriffen in die Partitur auf), nun als "authentisch" gelten, da geht es dann doch nur darum, die Schlampereien von gestern zu hegen und zu pflegen - aber nicht etwa um den Willen des Compositeurs ...


    Nun ja, mit Offenbach darf man wohl machen, was man will. Ich will auf jeden Fall einmal kennen lernen, was Offenbach wirklich wollte - ich bin eben nur ein Musikfreund, der die Musik liebt, die Offenbach geschrieben hat - so wie er sie geschrieben hat, bei allen Interpretationen in der Ausführung ...


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    ich dachte immer, ich sei ein aufrechter Opernfreund. Nun erfahre ich, daß ich ich es garnicht bin, weil ich die Arie"Scintille, diamant", die für jeden berühmten Bariton, oder Bassbariton eine Herausforderung war und ist, auch sehr gerne höre. Mir ist auch egal, wer sie in diese Oper eingebracht hat. Es war auf jeden Fall ein gute Idee.



    Lieber Herbert,


    es ist doch jedem unbenommen, die Arie Scintille, diamant für ein schönes Stück zu halten. Auch Giselher, der sich auf der ersten Seite dieses Threads deutlich für die Kaye-Fassung ausgesprochen hat, ist offenbar der Meinung, dass Scintille, diamant besser ist als das von Offenbach stammende Stück Tourne, tourne, miroir. (Ich finde allerdings Tourne, tourne musikalisch mindestens ebenso interessant, wenn auch sängerisch weniger dankbar als Scintille).


    Es ist klar, dass man sich nur schwer - wenn überhaupt - von einer Fassung trennen möchte, in der man eine Oper jahrzehntelang kennen- und lieben gelernt hat. Trotzdem muss Dir doch der Wunsch verständlich sein, das Werk in einer Version zu hören, die der Absicht Offenbachs näherkommt. Oeser und Kaye sind (waren) ja nicht irgendwelche Spaßverderber, die dem Opernfreund alles vermiesen wollen. Im Gegenteil - sie haben jahrelange detektivische Arbeit und viel Herzblut investiert, um eine von ihnen geliebte Oper von Verfälschungen zu befreien und verschollenes, von Offenbach selbst komponiertes Material zu entdecken.



    Zitat

    Das gilt auch für die Barkarole. Dies ist aber nur die Meinung eines Opernfreundes, für den der Gesang, das wichtigste in einer Oper ist.


    Hier schießt Du aber über's Ziel hinaus ;) - die Barcarole wurde selbstverständlich von Offenbach für diese Oper komponiert. Das hat nie jemand bezweifelt. Und in jeder mir bekannten Fassung wird sie auch gespielt.


    Meines Wissens findet sich auf den heutigen Opernbühnen übrigens ein buntes Durcheinander von Fassungen: Kaye kommt vor, aber auch Oeser erfreut sich in Deutschland immer noch großer Beliebtheit. Am häufigsten dürften aber Mischfassungen sein - auf Scintille, diamant z.B. muss man auch heute eher selten verzichten.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Lieber Bernd,
    die sogenannte Barkarole ist ein Ballett aus der Operette "Die Rheinnixen" und ist mit Text versehen auch in "Hoffmanns Erzählungen" eingefügt worden, was mich, wie gesagt, nicht stört. Bei der Uraufführung, die Offenbach garnicht mehr erlebt hat, wurde der ganze Giulietta-Akt gestrichen und der Antonia-Akt nach Venedig verlegt und von der Barkarole eingeleitet.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Lieber Bernd,
    die sogenannte Barkarole ist ein Ballett aus der Operette "Die Rheinnixen" und ist mit Text versehen auch in "Hoffmanns Erzählungen" eingefügt worden, was mich, wie gesagt, nicht stört.


    :hello:Herbert.



    Lieber Herbert,


    Du hast natürlich Recht. Die Einfügung der textierten Barcarole in "Hoffmanns Erzählungen" war aber Offenbachs eigene Tat und keine Idee späterer Bearbeiter.


    (Deshalb ist Oeser ja auch auf die Idee gekommen, von Offenbach nicht mehr komponierte Teile des Librettos im Giulietta-Akt mit weiteren Stücken aus den "Rheinnixen" in Musik zu setzen.)



    Viele Grüße


    Bernd

  • Lieber Bernd, ohne dass ich mich in den verschiedenen Fassungen auskenne nur die Mitteilung, dass auf der Nagano-DVD auch gesprochene Dialoge vorkommen. Der Schluss ist eine abgebrochene angesungene Version des Klein-Zack, won Hoffmann am Ende in seinem ganzen Wahn mit Stella im Schoss liegend und irrem Blick alleine im Dunkel auf der Bühne bleibt.
    so ein bisschen Goya-artig: das Leben ist ein Traum und in diesem Traum wird man von furchtbaren Gespenstern heimgesucht.
    Dieses Ende fand ich gar nicht übel, zumindest konsequent gemacht und wie soll eine solche Geschichte schon ausgehen?
    Da ich bisher nur die verstümmelten Fassungen mit eingefügten falschen Swarowski-Diamanten kannte, Alles in Allem sehr überraschend. Mir hat übrigens keine Spiegelarie gefehlt.
    Ich werde dann wohl mit Peter mal DVD gegen CD tauschen, um den ECHTEN Offenbach Hoffmann zu erleben. Wobei ich nocheinmal sagen muss, dass die erweiterte Rolle der Muse mir auch alle Spiegelarien etc bestens wettmacht!!!! Man findet ohnehin viel mehr gute Mezzi, die die Rolle ordentlich singen als wirklich gute Hoffmänner.


    F.Q.

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  • Was nützt ein guter Mezzo ?


    Der Hoffmann ist die zentrale, die wichtigste und die gestalterisch


    schwierigste Rolle in dieser Oper.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Lieber Bernd, ohne dass ich mich in den verschiedenen Fassungen auskenne nur die Mitteilung, dass auf der Nagano-DVD auch gesprochene Dialoge vorkommen.



    Liebe Fairy,


    es handelt sich offenbar um die (gekürzte) Kaye-Fassung mit Dialogen, die auch Jeffrey Tate in der oben von mir genannten Dresdener Aufnahme eingespielt hat. (Kaye bietet alternativ eine Fassung mit Dialogen und eine mit Rezitativen an.)



    Zitat

    Wobei ich nocheinmal sagen muss, dass die erweiterte Rolle der Muse mir auch alle Spiegelarien etc bestens wettmacht!!!!


    Ja, genau: besonders die Romanze mit Solobratsche im Antonia-Akt ist wirklich grandios!



    Viele Grüße


    Bernd

  • Das ist sie! :jubel: :jubel: :jubel: Und ich fand sie auch gut rübergebracht, da Sologeiger und Muse durch sehr enge räumlcihe Nähe hier quasi in eins verschmolzen sind und die Muse in Männerkleidung auftrat.


    Lieber Herbert und wenn sich in der Orignialversion nun andere Figuren als genauso zentral erweisen?????
    Ich empfinde sch on jetzt den Bösewicht in seinen verschiedenen Ausprägungen und die vier Damen (vor allem wenn sie von einer einzigen Sängerin verkörpert werden) als ebenso zentral.
    Die Muse ist für mich das Alter ego oder Über-Ego des Hoffamnn und könnte daher SEHR zentral werden.
    Ausser dem Lied vom Klein-Zack habe ich auf der DVD keine wirklich zentrale Solo-Arie des Hoffmann gehört,(viele Ensembles und Duette natürlch) sehr wohl aber ein Menge zentraler Arien anderer Gestalten.
    Mangels genügend guter Hoffmänner kann das den Aufführungen wie gesagt nur gut tun. :D


    F.Q.


  • Hallo Fairy,
    diese akustische Qual wäre dir in jedem Fall erspart geblieben, da die Spiegelarie dem Dapertutto "gehört" ;)
    Ich liebe übrigens auch die Nagano-Aufnahme mit der Dialogfassung. (warum wohl ;) ) Zu einer Hoffmann-DVD konnte ich mich noch nie durchringen, weil mich auf jeder etwas stört. Früher liebte ich die Aufzeichnung aus Covent Garden mit Domingo, aber die ist mir inzwischen zu betulich, bei der Pariser Aufnahme stört mich Shicoff (der stört mich eigentlich überall :untertauch: ) - mit einem Wort: ich warte immer noch auf die ultimative DVD!
    lg Severina :hello:

  • Liebe Severina, ich habe diese Freudsche Fehlleistung schon verbessert, nachdem mich netterweise Herbert und Elisabeth per Pn aufmerksam machten. :hello:
    Mein Tenortrauma scheint pathologische Formen anzunehmen.. :untertauch:


    Da ich die Arie schon selbst in Konzerten, natürlich von Bassbaritonen erlebt habe, kann es wieder mal nur die Verbindung Tenor und Katastrophe sein..... :D.
    F.Q.

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  • Zitat

    Original von severina
    Ich liebe übrigens auch die Nagano-Aufnahme mit der Dialogfassung. (warum wohl ;) )



    Hallo Severina,


    Du meinst wahrscheinlich die Tate-Aufnahme, oder? Jedenfalls singt Araiza da den Hoffmann... ;)



    Zitat

    Zu einer Hoffmann-DVD konnte ich mich noch nie durchringen, weil mich auf jeder etwas stört.


    Eine gute DVD kenne ich auch nicht - erinnere mich aber gerne an die wunderbare Inszenierung von Herbert Wernicke in Frankfurt (aus den 80ern, wurde aber in den 90ern noch gespielt - deutschsprachige Oeser-Fassung). Mit der Muse als Schlüsselfigur und einem Einheitsbühnenbild, das von Akt zu Akt allerdings immer größer und bedrohlicher wurde... William Cochran bot einen wie immer darstellerisch brillanten, leider auch wie immer sängerisch grenzwertigen Hoffmann... :wacky:



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Liebe Severina, ich habe diese Freudsche Fehlleistung schon verbessert, nachdem mich netterweise Herbert und Elisabeth per Pn aufmerksam machten. :hello:
    Mein Tenortrauma scheint pathologische Formen anzunehmen.. :untertauch:


    Da ich die Arie schon selbst in Konzerten, natürlich von Bassbaritonen erlebt habe, kann es wieder mal nur die Verbindung Tenor und Katastrophe sein..... :D.
    F.Q.


    Tja, Fairy, die Rache für meine Schulmeisterei hat mich schon ereilt! :D Kaum habe dich eines Fehlers überführt ;), schieß ich selber einen Bock, denn natürlich hat Bernd Recht, dass in der von mir favorisierten Einspielung Jeffrey Tate das Staberl geschwungen hat :O
    lg Severina :hello:


    PS: Deinem Tenortrauma punkto Hoffmann wäre vor drei Jahren in Wien abgeholfen worden, da sang nämlich Rolando Villazón den unglücklichen Poeten, und zwar zum :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

  • Nun komme ich doch noch einmal auf die von Fairy Queen genannte DVD der im 1. und 5. Akt stark gekürzten Kaye-Fassung zurück, die ich mir heute noch einmal angesehen habe. Ich denke, dass man sich hierbei von all dem, was man bisher an Inszenierungen sah, lösen und sich auf die Regie einlassen sollte. Für mich wird hier in modernem Ambiente die dunkle Seite der Romantik gezeigt. Ich glaube, dass sie den unheimlichen Fantasien E.T.A. Hoffmanns gerechter wird als die oft allzu romantisierenden Inszenierungen von früher.


    Der Regisseur nennt die Inszenierung auch bewusst "des Contes d'Hoffmann" und im Englischen "Some Tales of Hoffmann", womit der Hinweis erbracht ist, dass er die Geschichte nach eigener Intention erzählt.


    Sängerisch und darstellerisch (mit Einschränkungen beim Sänger des Hoffmann) hat sie mich jedenfalls sehr beeindruckt, besonders auch das Dirigat Naganos.


    Die Spiegelarie vermisse ich auch nicht, was mir jedoch fehlt, ist das Septett im Giulietta-Akt. Ich glaube, wenn Offenbach dies gehört hätte, er hätte es verwendet, auch wenn nicht von ihm komponiert. Nach allem, was ich über ihn gelesen habe, hätte er sich einen solchen Leckerbissen keinesfalls entgehen lassen. Er wusste genau, was das Publikum hören wollte.


    @ Liebe Fairy,
    das mit der Doppelbesetzung war ein Irrtum von mir, ich hatte da eine andere Inszenierung im Gedächtnis, bitte entschuldige.


    @ Liebe Severina,
    Villazon sah ich im vergangenen Jahr als Hoffmann zusammen mit Petibon, Dasch und Gubanova in einer Carsen-Inszenierung. Leider sang er an diesem Abend auch schon grenzwertig, was er aber wieder einmal durch seine unglaubliche Rollengestaltung ausglich.


    :hello:


    Emotione

  • Zitat

    Original von pbrixius
    ...
    Nun ja, mit Offenbach darf man wohl machen, was man will. Ich will auf jeden Fall einmal kennen lernen, was Offenbach wirklich wollte - ich bin eben nur ein Musikfreund, der die Musik liebt, die Offenbach geschrieben hat - so wie er sie geschrieben hat, bei allen Interpretationen in der Ausführung ...
    ...


    Guter Witz! Der "Wille des Komponisten" ist hier vollkommen unmöglich zu realisieren, es sei denn, du stehst auf nicht instrumentierte Torsi mit mehreren Auswahlmöglichkeiten zwischendurch.


    Die Oper war bei Offenbachs Tod weit von einer Fertigstellung entfernt. Es gibt kaum eine Instrumentierung, einige Teile in zweifacher Ausführung, kein Schluss, keine endgültige Form! Viele Originalmanuskriptseiten wurden in alle Winde zerstreut und werden immer noch zusammengetragen (die Kaye-Fassung ist auch nicht mehr aktuell!). Man kann nur versuchen, den letzten Kompositionsstand so gut wie möglich zu rekonstruieren. Damit hat man aber noch lange keine aufführbare Oper und muss sich um eine produzierbare Fassung kümmern. Hierbei hat man mehr Spielraum als bei jeder anderen Repertoire-Oper, in gewisser Weise kann man in diesem Fall mit Offenbach wirklich tun, was man will.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Liebe Emotione, die dunkle Seite der Schauerromantik in den Vordergrund zu stellen, ist auch m.E. ein sehr legitimer Regie -Gedanke. Eine romantisierte Romantik ist nämlich keine echte Romantik mehr. Hier werdn serh oft volkstümliche Auffassungen mit Epochenbezeichnungen zusammengeworfen. Wir hatten das Thema ja schon ausgiebig beim romantischen Lied und ich erinnere mich insbesondere an Zwielichtige Erläuterungen in Schumanns opus 39. :yes: ;)


    Was ich in dieser Hinsciht wirklch gut gelungen fand war die manipulative Darstellung der Person des vierfachen Bôsewichts van Dam. Als diese "Gummizellenwände" plötzlich unter seiner "Zauberkraft" Auswüchse von Gestallten bekamen,war das für mich z.B. eine serh gute Adaption der Auswüchse einer paranoiden Phantasie.
    Trotzdem finde ich die Inszeneirung als Ganzes zu kompliziert und verwinkelt und nicht klar genug , um "normalen" Zuschauern
    beim Ansehen der Oper(mehr haben sie ja nciht) stringent einzuleuchten.
    Ich habe z.B. noch immer nciht die verbindende Idee hinter den vier Frauen verstanden. Was sollte z.B. diese seltsame Stella-Gestalt, die etwas von einem Transsexuellen an sich hatte? Und warum war Giulietta erst eine Art Wärterin der geschlossenen Anstalt im strengen Kostüm, bis sie dann ihre sehr voluminösen Kurven entblättern durfte, um nur durch einen halben Striptease zur Kurtisane zu werden?
    Und was ist eigentlich dieser Franz als Satans willfähriger Maso-Knecht bei alledem?


    Dass hier ein "armer Irrer"(Hoffmann) sich Illusionen und Phantasmen von Liebe und von Frauen macht, die nur in seiner Imagination existieren, wurde ja mehr als deutlich , aber das gesamte Drumherum erschliesst sich mir auch bei Nachdenken noch nciht.
    Die Muse steht ja irgendwie über alledem und ich hatte eigentlich logisch erwartet, dass sie am Ende die einzig wahre und "reale" Geliebte bleibt, aber dann war es doch wieder diese kahlköpfige Stella im Golgewande, die in seinem Schoss lag.
    Fragen über Fragen........ ?(
    Ob das nun an mir oder an der Inszenierung liegt, weiss ich nicht zu sagen.


    F.Q.

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