Lieber Alfred,
ZitatOriginal von Alfred_Schmidt
Das alles fand einige Jahre vor meiner Geburt statt. Mir dabei eine gwewisse Schadenfreude zu unterstellen, das halte ich für unangebracht.
Das tut auch niemand.
ZitatOriginal von Alfred_Schmidt
Ich behaupte lediglich, daß die Entwicklung der Musik auch OHNE politischen Einfluß ein ähnlicher gewesen wäre wie jene die in der Tat stattgefunden hat.
Und genau dies sehe ich anders. Die aus Deiner Sicht moderne Musik feierte unter Klemperer in der Kroll Oper, Horenstein in Düsseldorf und anderen in den Jahren vor 1933 gute Erfolge. Daß sich hinter der seinerzeitigen militanten Ablehnung unbekannter neuer Musik vorwiegend soziologisch oder psychologische zu ergründende Hintergründe verbergen werden, wird man wohl annehmen dürfen. Insofern ist es tatsächlich unerheblich, ob wir das Jahr 1933 oder das Jahr 2008 betrachten. Billigendes Inkaufnehmen und Wegsehen wird milieuspezifisch auch heute noch geübt.
Der elementare Unterschied ist freilich derjenige, daß im Jahre 2008 der Künstler frei und ungehindert produzieren kann. Und auf die Anerkennung einer bestimmten Schicht auch gar nicht schielen wird.
Und um bei der Ameisenperspektive zu bleiben: selbst zu meiner Schulzeit - und das ist schon ein Weilchen her - hatte ich Mitschüler (wir waren etwa 18 Jahre alt), denen ich mit meinen Beethoven, Bruckner und Ravel zu konservativ war und die Stockhausen und Ligety hörten.
Tatsächlich bin ich immer auf Musikliebhaber gestoßen, die in ihre Liebe zur klassischen Musik die sogen. "Moderne Musik" miteinbezogen haben. Und wie ist es erklärlich, daß ein Festival wie die Musiktriennale Köln abertausende von Besuchern nach Köln lockt und ein Großteil der Veranstaltungen verdammt gut besucht sind? Weil das alles Unfug ist?
Es ist für mich nicht erkennbar, daß die Entwicklung von Musik im Sinkflug begriffen wäre. Daß aber - und dies, um auf den Ausgangspunk zurückzukommen - durch die Machthaber der Jahre 1933-1945 eine blühende Entwicklung in Musik, Film, Theater, Literatur, Rundfunk (ja, auch da) und Wissenschaft abgeschnitten wurde, dürfte wohl unstreitig sein.
Und die miefig/piefigen 1950er Jahre der BRD waren auch nicht unbedingt ein gedeihlicher Humus, um an die geistige Frische der 1920er Jahre anzuknüpfen.
Über die Situation in Österreich kann ich nichts sagen.
Ich bekomme auch überhaupt keine Panik, was unsere Musiklandschaft betrifft. Zumindest in Deutschland sind wir mit der Fülle an öffentlichen Theatern, Konzerthäusern und staatlich bezahlten Orchestern und Ensembles fast schon verwöhnt. Nicht zuletzt auch durch bürgeschaftliches Engagement.
Liebe Grüße vom Thomas