Freude schöner Götterfunken - Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr 9 in d-moll op 125

  • Allerdings ist die Deutung Furtwänglers vom März 1942 eine in extremis. Selbst nach den Maßstäben Furtwänglers. Die Interpretation ist stark von den Zeitläuften geprägt, wenig "klassisch". Man spürt Angst, Zorn, Furcht, Gewalt und die Sehnsucht nach Erlösung. "Ahnest du den Schöpfer, Welt? Such' ihn überm Sternenzelt! Über Sternen muss er wohnen!" Das klingt hier wie eine flehentliche Beschwörung im Herzen der Finsternis. Und der Schluss ist nicht freudig, sondern ein hysterisch aufgepeitschter Taumel, bei dem Chor und Orchester kaum noch mitkommen. Als Zeitdokument unbedingt hörenswert, aber sicher nicht als Einstieg zum Kennenlernen.

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo, Giselher!


    Zitat von GiselherHH

    Allerdings ist die Deutung Furtwänglers vom März 1942 eine in extremis. Selbst nach den Maßstäben Furtwänglers. Die Interpretation ist stark von den Zeitläuften geprägt, wenig "klassisch". Man spürt Angst, Zorn, Furcht, Gewalt und die Sehnsucht nach Erlösung. "Ahnest du den Schöpfer, Welt?
    Such' ihn überm Sternenzelt! Über Sternen muss er wohnen!" Das klingt hier wie eine flehentliche Beschwörung im Herzen der Finsternis. Und der Schluss ist nicht freudig, sondern ein hysterisch aufgepeitschter Taumel, bei dem Chor und Orchester kaum noch mitkommen. Als Zeitdokument unbedingt hörenswert, aber sicher nicht als Einstieg zum Kennenlernen.


    Ich bin ganz Deiner Meinung (das widerspricht ja auch nicht dem von mir oben geschriebenen). Es kommt vor, daß extreme Deutungen neue Begeisterung für altbekannte Werke bei mir entfachen können (der sogenannte Schoonderwoerd-Effekt :D ).
    Klassik-Neulingen würde ich diese Aufnahme der Neunten auch eher nicht empfehlen, aber allen anderen schon...


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Pius
    Es kommt vor, daß extreme Deutungen neue Begeisterung für altbekannte Werke bei mir entfachen können (der sogenannte Schoonderwoerd-Effekt :D ).


    Der war gut, dieser Spruch sollte hier irgendwo weithin sichtbar aufgehängt werden :jubel:


    Khampan

  • Ich habe mir sie gekauft, aufgrund einer euphorischen Stellungname hier im Forum:

    nachdem ich so entsetzt war über die Aufnahme vom 19.4.1942.
    Also:


    Der bombastische Klangapparat die Art und Weise sind mir aus Konwitschny's Zeite vertraut. Die Klangsprache war nicht so weit verschieden, aber dennoch, es gibt gravierende Unterschiede.
    Beiseite lassen will ich, daß die Aufnahmetechnik, besonders die Aufstellung der Mikrophone nicht auf dem heutigen Stand war.


    1.Satz ein grauslisches Schlachtengemälde, mir viel zu heroisch. Wenn Beethoven die ruhigen Themen nicht hineingezaubert hätte, man könnte bei dieser Darstellung schon ins Grübeln kommen. Aber ich denke Beethoven hatte keine Schlacht im Sinn, eher die Kämpfe seines Gemütes und seines Lebens dargestellt.


    2.Satz eher, wie man ihn vor der Wiederentdeckung der alten Aufführungspraxie nie anders zu hören bekam, eher unauffällig.


    3. Satz schade, schade, ein Schwelgen im Streichersound im Zeitlupentempo, die anderen Stimmen, das wunderbare Geflecht Beethovenscher Instrumentierung ging (vielleicht aufgund der mangelhaften Aufnahmetechnik) verloren . Die epische Breite verhinderte das Erkennen, daß es ein Variationensatz ist, bei mir machte sich die Langeweile breit, die ich aus den Gewandhaus-Neujahreskonzerten der 50iger Jahre kannte, wo dieser herrliche, von mir heute so geliebte Satz ewig nicht zuende ging.


    4.Satz eine Katastrophe für mich
    Sehr schnelles Tempo, am Anfang war alles wie oben beschrieben, dann nahm das Verhängnis in meiner Vorstellung seinen Lauf.
    Schon bei der bombastischen (wie viele Bässe waren da aufgestellt?) Vorstellung des Freudenthemas war in meinen Ohren der Klang von Marschstiefeln
    Dann der markige Einsatz des Bariton und anschließend die Vorstellung des Freudenthemas durch das Solistenquartett in schönem zügigen Marschrhythmus eins, zwei, drei, vier....
    w i d e r l i c h :boese2:
    und so ging es weiter mit dem Einsetzen des Chores bis einschließlich der für mich sowieso irritierenden Tenorpassage. Stiefel mit Metallhacken - meine Vorstellung.
    Und das Ganze nach der Stalingradkatastrophe, wo der nie gekannte Vater sein Leben gelassen hat.. für mich eine Perversion der Musik. Beethoven muß sich im Grabe herumgedreht haben!
    Danach der sakrale Teil mit den umschlungenen Millionen und dem lieben Vater im Himmel im Schneckentempo, klanglich betörend wie Sirenengesang.
    Was dann anschloß, war die Fortsetzung der Version vom Beginn des Chorfinales.


    Ich bin entsetzt, Wie kann man, wie ich in einer Veröffentlichung gelesen habe, Furtwängler für einen Anti-Nazi halten und gegen den bestimmt auch belasteten Karajan ausspielen.
    An ihren Taten soll man sie erkennen.


    Beide CD's werde ich aussortieren.


    Lieben, verstörten Gruß aus Bonn :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no: :no:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Danke Stabia,


    volle Zustimmung meinerseits, und ich bewundere deinen Mut, deine nicht dem Mainstream folgenden Empfindungen so deutlich auszusprechen.
    Man kann Furtwänglers peitschenschwingende (zähneknirschende?) "Interpretation" freilich aufregend finden, mit Beethoven hat das aber m.E. nur noch wenig zu tun.


    Eine der schlimmsten Stellen hast du noch nicht erwähnt: Am Schluß ist die Temporelation zwischen dem eingeschobenen Maestoso und dem Schluß-Prestissimo noch viel schlimmer als sonst üblich ins Extrem pervertiert. Der Chor singt in diesem Maestoso "Freude schöner Götterfunken, Götterfunken", das letzte "-funken" steht bereits im Prestissimo, ist aber in so großen Notenwerten notiert, daß der Tempounterschied im Chor gar nicht stattfinden soll. Die HIP-Ensembles machen es wunderbar vor (mein Favorit: Gardiner).
    Nicht nur bei Furtwängler ist das Maestoso arg verlangsamt, und der Chor ist gezwungen, den letzten (Gööööötteeeer)funken regelrecht hinzuschmeißen. Furtwängler spielt darüberhinaus das Prestissimo auch noch viel zu schnell, als wollte er die Sache nur schnell hinter sich bringen (daß man in dem Tempo das Freudenmotiv in den Violinen nicht mehr hören kann, ist da schon fast nebensächlich).


    Widerlich war auch das Attribut, was mir bei dieser Interpretation einfiel.
    Gruß,
    Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan
    volle Zustimmung meinerseits, und ich bewundere deinen Mut, deine nicht dem Mainstream folgenden Empfindungen so deutlich auszusprechen.


    Hoppla, da scheinen aber bei jemandem die Maßstäbe verrutscht zu sein. Mut hat jemand, der sich in Teheran vor eine Pasdaran-Kaserne stellt und ruft: "Nieder mit der Mullah-Herrschaft! Freier Sex für alle!"


    Im Forum eine abweichende Meinung zu äußern, erfordert nicht den geringsten Mut.



    Mit Verlaub, ich sehe bei Stabias Kritik eher ein Problem des Kritikers als eines des Dirigats.


    Folgt man Ardoins "The Furtwängler Record", wird im allgemeinen die Neunte von 1942 nach der Bayreuther Neunten vom Juli 1951 als die beste Interpretation überhaupt angesehen. Neben seiner 3. vom Dezember 1944 und der 5. aus 1943 die beste Aufnahme aus dem Kriege. Die Intensität der Aufnahme, die Güte des Bruno-Kittel-Chors sowie (mit Ausnahme der blassen Tilla Briem) die Klasse der Sänger ist allgemein unbestritten.


    Wenn die Aufnahme trotzdem nur auf Platz 2 landet, dann deshalb, weil ihr - so Ardoin - die idealen Proportionen zwischen dem Musikalischen, dem Menschlichen und dem Geistigen fehlen, die die Bayreuther Aufnahme so hervorragend auszeichnen. Sie ist in ihrer Wildheit und ungezügelten Stärke eine Aufnahme der Extreme.


    Man kann Furtwänglers Stil lieben oder hassen (darüber wurde im Forum auch schon eingehend diskutiert), aber seine Aufnahme mit dem Tritt von Marschstiefeln, Schlachtengemälden und Stiefeln mit Metallhacken zu assoziieren, ist schlicht albern. Nicht einmal diejenigen, die Furtwängler nicht mögen, haben so einen Unsinn behauptet.


    Vollends absurd wird die Kritik, wenn Stabia dann offenbar glaubt, Furtwängler an seinen Taten - also der 1942er Neunten - erkennen zu können glaubt (wohl als Nazi). Nur weil ihr die Interpretation subjektiv nicht gefällt, wird aus Furtwängler ein verkappter Nazi, aus der Interpretation der Neunten eine Art Wochenschaufanfare für das Bildungsbürgertum.


    Widerlich wäre das Attribut, was mir zu dieser Kritik einfiele, wenn ich auf dem Niveau argumentieren würde.



    Furtwängler mit Gardiner zu vergleichen heißt Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Es sind nicht nur fundamental unterschiedliche Interpretationsansätze, die man fairerweise auch nebeneinander stehen lassen sollte, sondern sie stehen auch jeweils in einem völlig anderen Kontext.


    Die "Peanuts", die Du gegen Furtwängler aufzählst, halte ich für restlos irrelevant. Das ist etwa so als wenn im Museum jemand vor Picassos "Guernica" steht, und dann, statt das Werk auf sich wirken zu lassen, den Pinselstrich hier und da für etwas ungleichmäßig hält, oder die Dicke der Linien bzw. Ausdehnung einzelner Farbflächen kritisiert.


    Anmaßend Dein Hinweis, mit Beethoven habe das wenig zu tun. Da niemand weiß, was genau Beethoven sich bei einer Interpretation seiner Neunten gedacht hat, wie er sie selbst dirigiert hat, kann auch heute schwerlich jemand sagen, wie "richtiger" Beethoven gespielt werden muß.


    Ich persönlich meine, daß Gardiner bei der Neunten (und auch zB. bei der 3. und 5.) Furtwängler nicht entfernt das Wasser reichen kann, vielmehr an der Oberfläche der Musik bleibt, glänzend poliert zwar, aber eben an der Oberfläche. Bei der 1. und 2. hingegen gebe ich im direkten Vergleich Gardinger den Vorzug.


    Zum Abschluß nur dies: Wenn ich an den ungeheuren Jubel denke, den die Uraufführung der Neunten ausgelöst hat, fällt mir dabei nie Gardiner als möglicher Verursacher ein, immer nur Furtwängler.

  • Zitat von Robert Stuhr

    Ich persönlich meine, daß Gardiner bei der Neunten (und auch zB. bei der 3. und 5.) Furtwängler nicht entfernt das Wasser reichen kann, vielmehr an der Oberfläche der Musik bleibt, glänzend poliert zwar, aber eben an der Oberfläche.

    Würde ich auch meinen. :hello:



    Zitat von Robert Stuhr

    Zum Abschluß nur dies: Wenn ich an den ungeheuren Jubel denke, den die Uraufführung der Neunten ausgelöst hat, fällt mir dabei nie Gardiner als möglicher Verursacher ein, immer nur Furtwängler.

    Geht mir ähnlich. Vielleicht denke ich nicht unbedingt an Furtwängler, aber bestimmt nicht an Gardiner und seine m.E. spannungsarme Aufnahme der Neunten - übrigens auch die am wenigsten gelungene seiner Beethoven-Sinfonien, wenn ihr mich fragt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo!


    Ich kann jeden verstehen, dem diese 1942er-Furtwängler-Aufnahme nicht gefällt.
    Es ist, wie schon erwähnt, ein Beethoven der Extreme. Daß Beethoven deshalb im Grab rotiert, glaube ich nicht. Bei James-Last-Summchor-Bearbeitungen der Mondscheinsonate oder Goulds Anti-Appassionata hätte er weitaus mehr Grund dazu.


    Zitat

    Man kann Furtwänglers Stil lieben oder hassen (darüber wurde im Forum auch schon eingehend diskutiert), aber seine Aufnahme mit dem Tritt von Marschstiefeln, Schlachtengemälden und Stiefeln mit Metallhacken zu assoziieren, ist schlicht albern.

    Nun ja, Assoziationen sind frei, und jeder möge seine eigenen haben, solange man sie nicht als Faktum darstellen will.
    Ich höre in dieser Aufnahme gewaltiges Pathos, die Umsetzung einer gigantischen symphonischen Vision, die das Sagbare überschreitet und als Mischung grenzwertiger Intensität und Emotion hörbar gemacht wird.
    Auch das kann man für Quatsch halten, damit habe ich kein Problem.
    Ich halte diese Aufnahme der Neunten nach wie vor für die beste, die ich je gehört habe!


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Die Furtwängler-Diskussion will ich nicht aufwärmen, da bin ich einfach auf dem Gebiet zu unduldsam.


    Aber die Diskussion über eine gute Interpretation möchte ich doch wieder in Gang setzen. In der letzten Zeit lernte ich über das Forum allerhand neue Dirigenten kenn, zuletzt Dausgaard.


    Und ich weiß wohl, daß z.B. Järvi seinen Zyklus noch nicht beendet hat, aber dennoch, es sollte doch einen oder eine geben, zwischen Gardinier und den alten uns vertrauten, der oder die sich getraut, dieses Monumentalwerk, dieses Glaubensbekenntnis an eine bessere Welt adäquat zu deuten, es muß ja nicht so brachial wie bei Zinman sein,


    Alle Zyklen der großen Dirigenten der 2. Hälfte des 20. Jhd. habe ich durchgehört, aber am Unbefriedigsten war ich immer bei der 9. nicht nur, was die Intention betrifft, auch oft irritiert durch die Stimmen der Solisten die mir zu artifiziell, zu bemüht daherkamen im Gegensatz zu den Chören, deren Leistungen ich nicht hoch genug würdigen kann.


    Der Knackpunkt, auch bei der Rezeption nach Beethovens Tod, war wohl immer der 4. Satz, aber auch die wunderbaren 3 Instrumentalsätze geraten sehr unterschiedlich, mal der 1. gut, dann der 2. ohne Struktur und eher langweilig dahinlaufend.Den göttlichen 3. Satz habe ich schon als Schlafmittel erlebt.


    Ich wünsche mir für die Musik, die seit Kindestagen für mich eine hohe symbolische Bedeutung hat, das beste vom Besten, das es vielleicht schon gibt, aber hoffentlich kommt.


    Wir sollten die 9. im Auge behalten


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu


  • Die Aufnahme wurde weiter vorne im Thread zwar schon erwähnt, doch greife ich sie noch einmal auf.
    Eine klangvollere Solisten-Besetzung gibt es bei der 9. Sinfonie wohl gar nicht: Norman, Fassbaender, Domingo, Berry. Dazu spielen und singen auch noch die Wiener Philharmoniker bzw. der Staatsopernchor.
    Zu guter letzt ist das Ganze auch noch digital aufgenommen, eine der ersten DDD-Aufnahmen überhaupt.

    Ich werde sie mir zulegen. :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Felipe II.
    eine der ersten DDD-Aufnahmen überhaupt.


    dieses Gerücht zumindest bedarf einer Korrektur: die erste (kommerzielle) DDD Aufnahme fand 1972 statt (damals natürlich als DDA veröffentlicht).


    Khampan

  • Zitat

    Original von Khampan


    dieses Gerücht zumindest bedarf einer Korrektur: die erste (kommerzielle) DDD Aufnahme fand 1972 statt (damals natürlich als DDA veröffentlicht).


    Khampan


    Interessant, das wußte ich nicht. Ich dachte immer, Karajans Parsifal (Anfang 1980) wäre eine der allerersten gewesen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bei der 9. (wie bei allen Beethoven-Symphonien) komme ich nicht von Karajan ab (hauptsächlich die digitalen Aufnahmen der 80er. Auch die Aufnahmen aus 1962-1963 natürlich. Jene aus 1977 gefällt mir weniger.


    Allerdings ein kleiner Hinweis auf die Stokowski-Aufnahme aus 1975 mit dem New Philharmonia Orchestra und Helen Watts, Heather Harper, Alexander Young und Donald McIntyre.

    Die Aufnahme klingt zwar mehr nach Stokowski als nach Beethoven, allerdings ist sie empfehlenswert, allein nur wegen der allerletzten 10 Takte. So klar, brillant und durchsichtig habe ich den chromatischen Holzbläser-Aufgang zu den Schlußakkorden bei keinem einzigen Dirigenten gehört!

  • "Eine der ersten" mag angehen.
    Die erste Digitaleinspielung der DGG war das Violinkonzert von Taschaikowsky mit Maazel/Kremer (01.-03. Dezember 1979).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von axel2107
    Bei der 9. (wie bei allen Beethoven-Symphonien) komme ich nicht von Karajan ab (hauptsächlich die digitalen Aufnahmen der 80er. Auch die Aufnahmen aus 1962-1963 natürlich. Jene aus 1977 gefällt mir weniger.


    Allerdings ein kleiner Hinweis auf die Stokowski-Aufnahme aus 1975 mit dem New Philharmonia Orchestra und Helen Watts, Heather Harper, Alexander Young und Donald McIntyre.

    Die Aufnahme klingt zwar mehr nach Stokowski als nach Beethoven, allerdings ist sie empfehlenswert, allein nur wegen der allerletzten 10 Takte. So klar, brillant und durchsichtig habe ich den chromatischen Holzbläser-Aufgang zu den Schlußakkorden bei keinem einzigen Dirigenten gehört!


    Hallo Axel,


    interessant, daß jemand mal die 70er-Aufnahme auf Rang 3 verweist.
    Ich kenne wiederum nur die 60er- und 80er-Aufnahme. Finde beide mittlerweile sehr gut (war nicht immer so) - halt sehr konventionell, andere würden es wohl "langweilig" nennen.


    Schön, daß Du Stokowski erwähnst!
    Die Aufnahme werde ich mir mal merken. :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Auf der Suche nach der idealen Aufnahme, die nicht extrem, nicht im alten Stil (pathetisch), nicht fixiert auf zu schnelles Tempo ist und im Schlußsatz dem Chor und nicht den Solisten (ich höre ausgebildete Stimmen ausgesprochen ungern, sie verursachen bei mir immer den Eindruck von Gockeln und Hennen) den bedeutendsten Part gibt, kam ich auf die Idee, daß Guilini, dessen Missa Solemnis für mich die beste ist, das vielleicht zuwege gebracht hat.


    Endlich ist die Platte da, zusammen mit 6. und 8. Sinfonie.


    Ich höre die Aufnahme jetzt zum 2. mal.
    Was ich gesucht habe, habe ich offenbar gefunden.


    Der erste Satz ernst, aber nicht zu pathetisch, Tempo für mein Gefühl so, daß alles hörbar ist. Tempo nicht zu schnell, aber auch nicht in Langsamkeit erstarrend.


    2. Satz schnell. nicht überakzentuiert


    3. Satz nicht vor Andacht zerfließend, man kann den unterschiedlchen Charakter der vor allem durch die Instrumentierung verschiedenen Variationen unterscheiden. Die Instrumente sind deutlich hörbar, das ganze ist auch nicht zu leise, eher im mittleren Segment, Langeweile kann gar nicht aufkommen.

    Der Schlußsatz gefällt mir sehr gut. Die Vorstellung des Themas durch die Bässe einfach wunderbar. Die Solisten Gott sei Dank eher unauffällig, der Chor phantastisch.
    So musiziert kommt die Botschaft an.


    Guilini hatte offenbar das richtige Feeling für diese Musik. Sie erschlägt nicht, sie wird nicht stilisiert, überhöht, sie kann das ausdrücken, was Beethoven gemeint hat.


    Vorher hatte ich die hochgelobte Bayreuther Aufnahme von Furtwängler bekommen, als mein letzter Versuch, mit diesem Dirigenten ins Reine zu kommen. Die 3 Cd's ( 2x 1942 und die von 1951), werde ich irgendwie loswerden.Es ist nicht meine Auffassung von dieser Musik. Der 3. wunderbare Adagio-Satz zerfließt bei dem angeschlagenen Tempo zu Brei (1951) nur als Beispiel.


    Insgesamt habe ich 16 Aufnahmen unterschiedlicher Art. Meine Suche ist jetzt zu Ende.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Wer an Beethovens 9. den Schlußsatz besonders schätzt, der findet mit Rafael Kubelik eine hörenswerte Alternative



    Mit Helen Donath, Teresa Berganza, Wieslaw Ochman und Thomas Stewart stand Kubelik ein Solistenquartett zur Verfügung, dem es nicht um Selbst-Profilierung, sondern ums Singen ging. Besonders beeindruckte mich Helen Donath, die mit einer ungeheuren Leichtigkeit und Textverständlichkeit die Schwierigkeiten ihres Gesangsteils meistert.


    Man höre sich einmal die letzten Takte des Sopranteils "wo Dein sanfter Flügel weilt" an. Beim "Flügel" kommen entweder Höhenschwierigkeiten zum Tragen oder es heißt "Flühel" oder beides.
    Neben Julia Varady (Giulini) und Gundula Janowitz (Karajan) ist Helen Donath so ziemlich die einzige Solistin, die beide Schwierigkeiten meistert.


    Sprachpuristen werden Thomas Stewarts' Einleitung "O Freundä, nicht diese Tonä" bemängeln, aber das sind für mich die einzigen kleinen Abstriche, die in seinem Vortrag zu machen sind.


    Auch der Chor des Bayerischen Rundfunks weiß zu gefallen. Er tritt nicht zu massiv-voluminös auf, sondern ist fein abgestuft und präsentiert sich klangschön und höhensicher.


    Die ersten drei Sätze bieten eine klangschöne, "sangliche" Interpretationen. Kubelik bietet ein gutes interpretatorisches Niveau, das man in etwa von Günter Wand oder Karl Böhm gewohnt ist. Die Tempi sind eher langsam, aber niemals verschleppt. Sie wirken natürlich und organisch (16'37'', 12'25'', 16'29'' und 24'25'').


    Als "Zugabe" gibt es eine etwas "anämische", eine ein wenig gebremste und temperamentslose 7. mit den Wiener Philharmonikern und eine frische, inspirierte 8. mit dem Cleveland Orchestra in deutscher Orchesteraufstellung.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Meine Lieben,


    Vorigen Freitag fielen mir in Ungarn um einen lächerlichen Preis zwei Centurion Classics-CDs aus einer Beethoven-Reihe in die Hände, wie bei diesem Label üblich nicht einmal in Miniaausstattung. Als lapidare Angabe zur 9.Symphonie: Wilhelm Furtwängler, Berliner Philharmoniker. Nun - Beethoven und Furtwängler ist für mich eine unwiderstehliche Kombination. Also dachte ich nicht an Platzprobleme, sondern schlug zu. Beim Hören am Wochenende dachte ich nur an Michelangelo - das ist der einzige Qualitätsvergleich, der mir dazu einfällt. Einfach atemberaubend, diese Interpretation. Heute abend habe ich ein bißchen recherchiert. Nach der Tonqualität war es klar, daß die Aufnahme vor 1945 erfolgt sein muß. Ich bin ziemlich sicher, daß es die eine von 1942 mit Helge Rosvaenge ist.
    Sicher ist dieser Beethoven nicht jedermanns Sache, das kann ich durchaus begreifen. Aber mit Politik vermag ich da nichts zu assoziieren, das ist einfach ein historischer Stil, der in seiner Art bis jetzt unübertroffen bleibt. Auch wenn ich Fricsay u.a. sehr gern höre, der elementare Gefühlssturm Furtwänglers beinhaltet eine Intensität, die einzigartig ist.
    Jetzt bin ich gespannt auf die andere CD: 1. und 5.Symphonie von Toscanini...


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Norbert
    Wer an Beethovens 9. den Schlußsatz besonders schätzt, der findet mit Rafael Kubelik eine hörenswerte Alternative


    Hm, Kubelik und Beethoven - diese Kombination habe ich bisher noch gar nicht. Sieht recht reizvoll aus, dieses Dreier-Paket. Wie ist denn die Klangqualität, etwa im Vergleich zu Fricsay o. ä.?

  • Hallo honigschlecker,


    zwischen Fricsay (Aufnahme 12/57 und 01 und 04/58 ) und Kubelik (01/75) liegen fast zwei Jahrzehnte. Es wäre traurig, wenn man keinen Unterschied in der Klangqualität hörte.


    Fricsays Aufnahme klingt sehr gut in Bezug auf frühe Stereotage und das gleiche gilt für Kubelik in Bezug auf späte Analogzeiten.


    Es stimmt, wenn man an Kubelik denkt, dann assoziiert man nicht sofort Beethoven, aber als hervorragender Kapellmeister (im positiven Sinne) beherrschte er natürlich auch "seinen Beethoven". Wie schon erwähnt, wegen der 7. muß man die CDs nicht zwingend kaufen, aber mit der 8. und 9. findet man eine individuelle Lesart, die fernab vom "08/15-Repertoire" gestaltet wurde.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Ab dem 16. Mai ist obige CD erhältlich. Sie beinhaltet die Rekonstruktion des Konzertes vom 7. Mai 1824, währed dessen Beethovens 9te uraufgeführt wurde. Mit dabei also "Die Weihe des Hauses" op. 124 und 3 Hymnen aus op. 123 [Missa solemnis].


    Es konzertieren:


    Claudia Barainsky, Gerhild Romberger,
    Peter Lika, Daniel Borowski


    Chorus Musicus Köln
    Das Neue Orchester
    Christoph Spering


    Leider kann man bei jpc und amazon noch nicht reinhören - das ist nicht gut für den Vorverkauf. :no:


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Hallo!


    Meine liebste Aufnahme ist noch immer Harnoncourt mit dem Chamber Orchestra of Europe:



    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)


  • Habe ich inzwischen bekommen.
    Spering ist mir von den Brühler Schloßkonzerten und von seinem Dirigat in der Reihe "Klassik um 11" des Beethoven-Orchesters bekannt.


    Heute begann ich mit dem Anhören.


    Die Geschichte dieses Konzertes ist an sich schon so etwas wie ein kleiner Krimi, man erfährt viel über die Bedingungen der Metternichzeit.
    Daß es überhaupt zu einem solchen Mamutkonzert kam - ähnlich dem vom 22.12.1808 mit der Uraufführung u.a. der 5. und 6. Sinfonie - sagt uns heute einiges über die Möglichkeiten, die Werke zu präsentieren, hier besonders Beethovens Möglichkeiten.
    Durch die Tonträger und die vielen Konzertaufführungen die Werke gut kennend, überfordert es auch uns heute, das Programm von 1824 hintereinander zu hören.
    Ich habe nach den "Hymnen" erst mal Pause machen wollen, die Neugier aber war größer, sodaß 1. und 2. Satz der Neunten dazu kamen.


    Die Ouvertüre Op.124 habe ich nur von Zinman, diese klingt ganz anders, kammermusikalischer, die Zinman'sche Fugeneinspielung ist dramatischer, sie läuft nicht einfach dahin.
    Diese Fuge liebe ich besonders und würde gerne eine weitere Einspielung des Werkes haben, denn offenbar sind da sehr verschiedene Auffassungen möglich.


    Beethoven mußte ja auswählen, was er von der Missa nehmen sollte. Die Auswahl Kyrie, Credo und Agnus dei kann ich gut nachvollziehen.
    Das Kyrie ist der gut verständliche, langssame "Adagio"einstieg in das Werk, das Credo in seiner Monumentalität der Höhepunkt.
    Agnus dei mit dem Dona nobis pacem war sicher Beethovens Wunsch, dem vorhergehenden, letzten öffentlichen "Großereignis" zum Wiener Kongress einen Nachklang folgen zu lassen nach dem Motto: wir haben gefeiert, daß die Gewalt der Kriege beendet ist, aber wir haben einen trügerischen Frieden erhalten und wir müssen aufpassen, daß das nicht wieder passiert.
    Noch habe ich den Eindruck Guilinis Missa zu sehr in mir, als das mich Sperings Version packen könnte.


    Das Kyrie mit sehr schönen Solistenstimmen (wenn ich das sage, dann haben sie mich überhaupt nicht gestört, im Gegenteil, sie haben sich in den Klang von Chor und Orchester wunderbar eingefügt) ist außerordentlich ruhig, aber als Bitte in keiner Weise suggestiv. Wer hört auf so vorgetragene Bitten? Spering setzt auf kammermusikalischen Klang im Orchester und auch im Chor. Man kann viele Details gut hören.


    Das setzt sich im Credo fort.
    Beethoven hat mit dem mehrmaligen Credo-Ruf sicher eine besondere Wirkung beabsichtigt, die hier sehr zurückgenommen ankommt.
    Besonders die riesige Doppelfuge am Schluß ist hier zugunsten der Möglichkeit, die einzelnen Stimmlinien höen zu können, regelrecht seziert.
    Vielleicht ist das auch so gewollt von Spering, keine Manifestation der Glaubensaussage, sondern eben eine Hymne darüber, was alles an Glaubensfakten angeboten wird. Ich bin Agnostiker, aber dennoch sollte man die Überlegung des Komponisten bedenken.
    Über diese Teile der Aufführung sind mir keine zeitgenösischen Urteile bekannt, man hat sich mehr über den letzten Satz der 9. Sinfonie gestritten.


    Das Agnus dei mit seinem - oft diskutierten "Einbruch" der Welt in die heiligen Hallen der Kirchenmusik - hat mir hier gut gefallen, er wird eindringlich interpetiert.
    Allerdings bleibt - im Ohr so viele andere Deutungen habend - insgesamt ein eher unauffälliger Eindruck zurück.


    Der schnelle Übergang zur 9. Sinfonie ist befremdlich. Die Pausen vorher waren mit leisen menschlichen Körperäußerungen (kein Husten - Sänger und Instrumentalisten können sich da zusammennehmen) gefüllt.
    Aber zwischen Missa und Neunter vermißte ich so etwas wie ein wenig Beifall oder, ich weiß nicht was. Jedenfalls , es ging direkt weiter, sodaß der von anderen Dirigenten zelebrierte "Zustand" aus der Urmaterie so ziemlich unterging - auch wegen des ungewohnt schnellen Tempos. Zumindestens war das Tempo des 1. Satzes zumindest "gefühlt" sehr schnell. Ich habe die Zeitangeaben mit anderen Aufführungen nicht verglichen.
    Im Gegensatz zur Missa allerdings wurden hier dramatische Akzente gesetzt, die Durchführung klang auch gar nicht mehr wie Kammermusik, das hat mir gefallen.
    Und richtig toll war der 2. Satz, witzig, man konnte sich vorstellen, wie das Publikum begeistert war und viel geklatscht hat.. Eine solche Darbietung, wenn sie so wie auf dieser CD war, ist sicher als ein Aufatmen gefühlt worden.


    Adagio und Chorssatz werde ich später hören.


    Insgesamt bin ich froh, daß es diese Aufnahme gibt.Allein einmal zu hören, was sich damals abgespielt haben mag, hier im Zusammenhang, ist etwas besonderes.
    Vielleicht macht es Schule. Ich kann mir vorstellen, daß es bei einem Beethovenfest zu einem ähnlichen Abend kommen kann. Hoffentlich bin ich dann noch physisch so intakt, dabeisein zu können.


    Nun erst mal einen lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Original von Stabia
    Spering ist mir von den Brühler Schloßkonzerten und von seinem Dirigat in der Reihe "Klassik um 11" des Beethoven-Orchesters bekannt.


    Liebe Stabia,


    ganz herzlichen Dank für diese schöne, detaillierte Schilderung Deiner Eindrücke von dieser CD. Du vermittelst ein farbiges Bild von den Vorgängen auf dieser Einspielung und gibst damit eine sehr gute Hilfe zur Entscheidung über die Anschaffung dieser CD - oder deren Unterlassung.


    Nur der Spering ist der falsche :D . Beziehungsweise: Es ist natürlich schon der richtige Spering, nur vermutest Du den falschen Spering als den richtigen :no: ... Also was ich meine, ist: Von den Brühler Schlosskonzerten und von Klassik um 11 kennst Du Andreas Spering, schaust Du bitte hier oder auch unter wewewe.harmoniamundi.com/deutschland/artistes_fiche.php?artist_id=1850 bzw. wewewe.beethoven-orchester.de -> Konzertübersicht -> Sinfonik Saiosn 2007-2008 -> Klassik um 11.


    Christoph Spering, der ältere Bruder von Andreas gleichen Nachnamens, ist der Dirigent der von Dir vorgestellten Aufnahme und der Gründer von Chorus Musicus Köln und Das Neue Orchester. Deinem Genuss, den Du an dieser CD findest, wird das indes bestimmt keinen Abbruch tun.


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Du liebe Güte, in dem Konzert war ich doch auch.


    Da kann man wieder mal sehen, daß man genau hinschauen muß.
    Danke für die Aufklärung.


    Inzwischen habe ich die letzten Sätze von Op. 125 2x gehört. Meine Überschrift dazu: Meeresstille und glückliche Fahrt.


    Das himmlische Adagio in den Variationen 1-5 plätscher-plätscher, nur beim genauen Hinhören merkte man, wenn durch Verändern der Tonart die neue Variation kam. Alles etwa in der gleichen piano-Lautstärke und sehr zügig. Var. 5 dann der Höhepunkt, ohne Steigerung vorher.
    Das war mir ehrlich gesagt zu wenig Arbeit am Stück. Beim 2. Hören dann wurde der Eindruck - weil ja schon vorgewarnt - besser.


    Um so mehr dann der 4. Satz! Schnell und wesentlich lauter, sodaß die ersten Baßunisoni eher verschluckt wurden. Die Beruhigung trat erst beim Einsetzen der Freudenmelodie in den Bässen ein.
    Sehr schön das Baß-Rezitativ, dann wurde die Fahrt wieder aufgenommen und es ging zügig von Programmpunkt zum nächsten.
    Die heikle Stelle mit dem Tenorsolo und der Janitscharenmusik gefiel mir hier sehr gut, vielleicht, weil der Tenor ein eher lyrischer war, der nichts presste.
    Die Chorleistung war erstaunlich gut, besonders in der Doppelfuge - im Gegensatz zur Fuge im Credo.
    Im Schlußteil dann das Quartett der Solisten, die Sopranistin hatte - endlich - Gelegenheit, richtig zu schmettern.Naja, das konnte aber den guten Eindruck nicht eintrüben, obwohl ich da Empfindlichkeiten habe.


    Insgesamt sicher nicht die schlechteste Einspielung. Um eine Vorstellung über ein solches Konzert zu bekommen, war das sehr lehrreich.


    Ich kann die Doppel-CD unter diesem Gesichtspunkt empfehlen, aber nicht als einzige Neunte im Regal


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:.

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo in die Runde,


    wer kann über Immerseels 9. etwas sagen? Besonders, was unterscheidet sie von anderen Aufnahmen.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Hallo Stabia,


    von Immerseel gibt es zwei verschiedene Aufnahmen, beide mit Anima Eterna aber unterschiedlichen Gesangssolisten:


    einmal bei SONY


    und einmal bei ZigZag



    Nur im Besitz der ersteren (Sony), und noch nicht ahnend daß es sich um unterschiedliche Aufnahmen handelt, schrieb ich vor einiger Zeit in einem anderen Thread:


    Zitat

    Original von Khampan
    eigentlich schätze ich meinen Einfluß nicht so hoch ein, aber...
    es könnte ja sein daß jemand wegen meiner desillusionierenden Untersuchung zu den kopierten Wiederholungen bei Immerseels Schubert-Aufnahmen Hemmungen haben könnte, sich den Beethoven zuzulegen. Daher folgende Entwarnung:


    Nach meinem bisherigen Erkenntnisstand (besitze nur die 9.) wurde bei Beethoven sehr sauber gearbeitet. Ich finde die 9. ausgesprochen gut, wenn ich auch insgesamt Gardiners (etwas schnellere) Tempi vorziehe, speziell im 1. und 4. Satz. Aber das ist Geschmackssache, abgesehen davon sind sich beide relativ ähnlich.
    Kopien bei den Wiederholungen des 2. Satzes bleiben im üblichen Rahmen, es sind sogar dramaturgisch sinnvolle Unterschiede festzustellen (2. mal fast unmeßbar aber spürbar schneller etc.). Das läßt für die restlichen Sinfonien gutes erhoffen, da durch Kopieren statt Spielen gerade in diesem kräfteraubenden Satz eine ziemliche Arbeitserleichterung möglich gewesen wäre.


    Des weiteren muß noch positiv die antiphonische Violinenaufstellung erwähnt werden.


    Diese Anmerkungen gelten also nicht für die Box, insbesondere muß ich die angesprochene Entwarnung bis auf weiteres zurücknehmen. (Mehr zum Thema kopierte Wiederholungen)


    Zusammenfassend würde ich die Sony-Einzelaufnahme der 9. allen empfehlen, denen Gardiner zu schnell oder zu geradeaus ist. Die wenigen Stellen, in denen Immerseel anscheinend noch neuere Erkenntnisse bezüglich des Notentextes berücksichtigt als Gardiner, fallen nicht besonders ins Gewicht (auffallend ist die Pauke im 2. Satz, wo eine Echostelle zu einem durchgehenden forte geändert ist).



    Nochmal hinweisen möchte ich auf den Schluß, der meiner Meinung nach nur in HIP- oder Post-HIP-Einspielungen richtig zur Geltung kommt, und bei Immerseel grandios gelungen ist:


    Das Maestoso kurz vor Schluß
    "Gö-ö-öt-ter-fu-un-ke-en, Gö-ö-öt-ter-..."
    ist in herkömmlichen Aufnahmen immer zu langsam (typischerweise halbes Tempo) und das darauffolgende Prestissimo üblicherweise zu schnell, so daß der letzte "-funken", mit dem das Prestissimo beginnt, regelrecht hingeschmissen bzw. verschluckt wird. Die beiden eigentlich identisch zu singenden Wörter werden auf diese Weise verpfuscht zu:
    "Gö-ö-ö-ö-ö-öt-te-er-fu-u-u-un-ke-e-e-en, Gö-ö-ö-ö-ö-öt-te-er-funken"


    Erst die HIP-Praxis hat die Temporelationen richtiggestellt, so daß das letzte "Götterfunken" überhaupt ganz und überwältigend hörbar wird.
    (sorry, aber bei Furtwängler könnte es auch "Götter-fucken" lauten, oder versteht jemand was die da singen?)


    Gruß,
    Khampan

  • Superantwort :jubel:


    Ich dachte an die Einzelaufnahme, weil ich die anderen Sinfonien mir besorgt hatte, ehe ich die Kassette gesehen habe.


    Die Geschichte mit dem Schluß und dem verschwundenen "- funken" war mir auch schon aufgefallen, ich dachte mir immer, die sind froh, daß sie es hinter sich haben.
    Nun werde ich es mir bei Immerseel genau anhören.


    Deine Untersuchungen, das Kopieren betreffend, habe ich immer mit viel Interesse gelesen. Zunächst war ich ja im Traum nicht auf die Idee gekommen, daß so etwas möglich ist. Du hast es aber völlig glaubhaft gemacht.


    Warum dieser - eigentlich doch Betrug - gemacht wird, ist mir psychologisch zwar nachvollziehbar, aber dennoch unverständlich.
    Wenn man ein Werk spielt, dann ist es doch sehr reizvoll, die gleichen Noten anders zu spielen, es gibt ja immer Variationsmöglichkeiten und letztendlich entschließt man sich für eine und hat bei der Wiederholung die Chance, auch die Alternative zu bringen.


    Wenn es bei der Aufnahme mißlungen ist, z.B. bei einem Orchesterwerk, ok.wenn man keine Wiederholungsmöglichkeit hat.
    Ein Glück, daß beim Konzert das nicht möglich ist. Da glaube ich, daß ich ehrliche Leistung bekomme - oder da auch nicht mehr? - man kann nicht wissen...


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Ich habe da eine älter LP Aufnahme


    unter dem jüngeren Herbert von Karajan, 1962,


    Elisabeth Grümmer, Sopran,
    Marga Höffgen, Alt,
    Ernst Haefinger, Tenor,
    Gottlob Frick, Bass.


    Die Berliner Philharmoniker, der Chor der St. Hedwigs Kathedrale.


    Eine großartige Aufnahme, da ist mir saogar Elisabeth Grümmer lieber als Hilde Güden, aber wo habe ichdenn diese Aufnahme? Verborgt?


    Liebe Grüße Peter, aus dem sehr warmen Wien.

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