Konzertbesuche und Bewertung

  • Hallo Matthias,


    freut mich, dass Du den Abend ebenfalls genießen konntest! Ich denke ja auch, dass Berlin-Besuche nicht zuletzt wegen eines Konzertabends in der Philharmonie lohnen können - und der, den Du mitnehmen konntest, zählte gewiss dazu.


    Ja, das "Lied von der Erde" habe ich gestern erstmals im Konzert gehört. Und leider saß ich wenig optimal; genauer: seitlich vom Orchester, sodass ich die Sänger nicht wirklich problemlos hören konnte (so weit her ist es mit der Akustik in der Berliner Philharmonie dann eben doch nicht - zumindest nicht auf allen Pätzen). Insofern kann ich guten Gewissens nur wenig zu den Sängern sagen. Ben Heppener hatte gewiss den schwierigeren Part, da er sich häufiger der geballten Orchester-Gewalt konfrontiert sah als Thomas Quasthoff (ja, Bariton statt Alt); letzterer (der auf "meiner Seite" saß) schien mit klarem, rundem Ton zu singen.
    Die Philharmoniker machten ihre Sache unter Rattles Dirigat jedenfalls sehr gut. Als Vergleich habe ich zwar nur die Klemperer Aufnahme mit dem Philhamonia Orchestra, aber nehme ich die als Maßstab, schnitten die Berliner für mein Empfinden besser ab. Sehr schön durchhörbar, sehr ausgewogen und dazu mit Albrecht Mayer, Emmanuel Pahud und Konzertmeister Guy Braunstein mit überragenden Solisten bestückt.
    Begonnen hatte der Abend mit Tevót von Thomas Adès. Das Stück war mir zuvor nicht bekannt. Ich möchte es aber gern noch einmal hören. Ein groß besetztes Orchester (neben acht Hörnern und zwei Tuben unter anderem auch Schlagzeug von Büchsen bis Pfannen) startet mit sanften Streichern und Holzbläsern, steigert sich zwischenzeitlich bis zum Ausbruch, bietet dann wirklich an Mahler erinnernden breiten Streichereinsatz, ebbt ab, wird leise mit einem Thema, das von den Holzbläsern initiiert und vom Orchester aufgenommen wird, steigert sich wieder, um dann leise zu verklingen. Anders als beim Lindberg vor einigen Tagen würde mich dieses Stück doch noch einmal interessieren.


    Gruß, Ekkehard.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Normalerweise berichte ich ja nicht von meinen Konzerten und Opernbesuchen. Heute aber möchte ich eine Ausnahme machen:


    Besucht habe ich heute das 3. Philharmonische Konzert in der Hamburger Musikhalle:


    Richard Wagner: Siegfried-Idyll
    Matthias Pintscher: Reflections on Narcissus
    Richard Strauss: Also sprach Zarathustra op. 30


    Dirigent: Pintscher
    Solist: Alban Gerhardt


    Die Stücke von Wagner und Strauss interessieren mich wenig. Das Stück von Pintscher kannte ich nicht - es gibt es auch noch nicht auf CD. Hingegangen bin ich wegen Gerhardt.


    Mein Eindruck von den CDs hat sich bestätigt: ein fabelhafter Cellist (unter Beweis gestellt auch bei der Zugabe: D-Dur-Suite von Bach!)!


    Die Überraschung für mich war aber das Cellokonzert von Pintscher - um ein solches handelt es sich bei den Reflektionen. Sehr farbig, reich instrumentiert - u.a. vier Schlagzeuger -, modern, aber nicht übermodern, den Schönklang nicht scheuend, die vielfältigen Klangmöglichkeiten des Cellos ausnutzend, hat es mich - und den Rest des Publikums - sofort für sich eingenommen. Ein hervorragendes Werk und eine wirkliche Bereicherung für die Celloliteratur. Dauer: ca. 38 min.


    Uraufgeführt wurde es 2006 von Truls Mörk. Zu meiner großen Freude habe ich soeben gelesen, dass es mit ihm in Kürze eine CD geben wird:



    Ich werde sie sicher kaufen und empfehle das Stück hier gern weiter.


    Gruß
    Thomas

  • Am 13. Oktober 2007 um 20:00 Uhr fand in der Frauenkirche ein ganz besonderes Konzert statt. Für dieses Konzert bin ich mehrer hundert Kilometer gefahren, um ein wirklich herausragendes Ensemble erleben zu können:
    den Lettischen Rundfunk-Chor Riga.


    Einige mögen diesen Chor vielleicht kennen, die Mehrheit sicher eher nicht. Ich denke, es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass dieses Ensemble besten Vokalensembles seiner Art in Europa ist. Von verschiedenen CDs kannte ich diesen Chor bereits, entsprechend hoch waren meine Erwartungen.



    Dank studentisch bedingt chronisch eher übersichtlichem Kontonstand reichte es nur für günstige Karten in den "Betstuben". Wo und wie man dort sitzt bzw. hört, konnte ich nicht abschätzen, da ich die Frauenkirche in Dresden zuvor noch nie besucht habe. Und das trotz einer doch irgendwie engen Verbindung: Sie wurde an einem 13. Februar zerstört, ich an einem 13. Februar geboren..


    In der Kirche angekommen war ich zuerst überwältigt von dem wundervoll neu erbauten Innenraum, der ganzen Pracht und Schönheit. Die gesamte Kirche war für einen sakralen Raum sehr hell, leuchtete und strahlte förmlich. Aber unsere Sitzplätze..oje. Die "Betstuben" befinden sich gleich in der ertsen Etage, diese sind quasi abgetrennt vom Kirchenraum durch viele nebeneinander angeordnete Schiebefenster. Zwar waren alle heruntergezogen, dennoch befand man sich in einem dank Gipskartonwänden klanglich eher schuhkartonartigen Raum. Zudem hatten wir Plätze in der 2. Reihe, keine Chance auch nur einen kleinen Blick auf das im Altarraum aufgebauten Chorpodest zu erhaschen. Ein wenig Frustration machte sich breit: so sehr gefreut auf das Konzert, und jetzt so blöde Plätze ?( :angry:


    Glücklicherweise waren die Betstuben-Pltze relativ schlecht verkauft, und so schlüpften wir kurz vor Konzertbeginn in die Mitte an eine eher einsame Stelle und lehnten uns zum Zuhören aus dem Fenster. Beste Sicht auf die "Bühne" :D Übrigens stellte sich später heraus, dass, je weiter man den Kopf aus dem Fenster hielt, sich der Klang immer mehr weitete. Dementsprechend standen wir die gesamten 80 Minuten reichlich vorgebeugt. Mein Rücken nahms mir noch eine halbe Woche lang übel..aber was tut man nicht alles für einen tollen Klang :)


    Als erstes Werk des Abends erklang Immortal Bach von Knut Nystedt. Ein Quartett trat auf die Bühne, der Dirigent folgte im flattertenden Hemd an (er hatte tasächlich kein Jackett, Frack oder vergleichbares an). Das Quartett trug die erste Stophe des Bach'schen Chorals "Komm, süßer Tod" im Original vor. Unglaublich..es klang wie eine CD-Einspielung die ich besaß. Zur 2. Strophe, von Nystedt bearbeitet, setze der gesamte Chor ein. Er stand in der gesamten Kirche verteilt ringsherum am Rand. Wer Nystedts Werk kennt, weiß, welche hohen Anforderungen es an die Intonation und den Zusammenklang des Chores stellt. Und dieser Chor singt das Werk in der denkbar schlechtesten Aufstellung. Und dabei soo gut! Tiefe Bewunderung..ungläubiges Kopfschütteln von meinen Begleitern und mir, allesamt doch recht gestandene und erfahrene Chorsänger.
    Nach Ende des Stücks nahm der gesamte Chor Aufstellung auf dem Chorpodest und sang fortan in wechselnder, aber stets klassischer Aufstellung.


    Als weitere STücke folgenten:


    Gustav Mahler - Ich bin der Welt abhanden gekommen (aus den Rückert-Liedern) in einer Bearbeitung von Clytus Gottwald
    Jack Body - Carol to Saint Stephen


    Ausführlich möchte auf das nachfolgende Stück eingehen:


    Henry Purcell - Hear my Prayer, oh Lord in einer Bearbeitung von Sven-David Sandstroem
    Dieses Werk stellt zuerst, ähnlich wie bei Nystedt, das Original nahezu vollständig vor, um es dann nach und nach zu verfremden. Sehr komplexe und manchmal durchaus atonale Klänge entstehen und besitzen dabei dennoch den Duktus des Originals. Was der Chor hier leisten muss, ist unglaublich, und wohl nur von wirklich guten Ensembles zu musizieren. Der Rundfunkchor blieb jedoch stets souverän, behielt stets seine Intonation und strahlte mit lediglich 25 Sängern einen Klang aus, der mitriss.


    Drauf zu hören:
    Gustav Mahler - Kein Deutscher Himmel in einer Bearbeitung von Gerard Pesson


    Nun war das Stück zu erleben, für welches ich eigentlich wirklich gekommen war. Ein Chorwerk, welches ich erst vor 2 Monaten entdeckte und mich sofort, völlig und unerbittlich begeisterte und faszinierte:
    Eriks Esenvalds - Légende de la femmeemmureé.
    Das Werk wurde erst vor wenigen Jahren komponiert, von einem Komponisten, welcher lediglich 2 Jahre älter ist als ich selbst (und ich bin noch keine 30..). In einen volkstümlichen lettischen Gesang einer Sängergruppe brechen ganz unvermittelt warme, weiche und völlig der Welt enthoben scheindende Klangwolken. Nachdem erneut der lettische Gesang der Vokalgruppe erklang und erneut vom Chor durch eben jenen nicht irdischen "Sound" unterbrochen wurde, steigerte sich die Musik zu einem Höhepunkt. Wärend der Chor wieder in die Klangwolken, die ganz ohne greifbare Strukturen zu bestehen scheinen, erklingt die getragene und traurige Meldoie 2er Solistinnen.
    Ich besitze dieses Werk in der Ersteinspielung, gesungen eben vom lettischen Rundfunk-Chor. Es war mir im Konzert wirklich, als spielte jemand eine CD ab. So perfekt und mitreißend wurde die Musik vorgetragen. Waren die Werke von Nystedt und Sandström noch anspruchsvoll, halte ich dieses Werk für kaum singbar. Harmonisch unglaublich komplex, extrem schwere Anschlusstöne, sehr viele Klangflächen übereinander.
    Wärend der Zeit wärend des Vortrags dieses Werks war ich wirklich wie hypnotisiert. Man ist fasziniert und tief ergriffen von der Musik und schüttelt zugleich permanent ungläubig den Kopf über die Fähigkeiten dieses Chores. Ich habe bereits einige internationale Chorwettbewerbe erlebt und unglaublich gute Chöre erleben dürfen..aber soetwas..das war wirklich die Ohnegleichen-Disziplin.. :jubel:


    Nun folgten noch 3 weitere Stücke:
    Oliver Messiaen - Lounge a l'eternité de Jesus in einer Bearbeitung von Clytus Gottwald


    Arvo Pärt - ...wich was the son of
    Mein erstes Pärt-Werk, welches ich im Konzert erleben durfte, und dabei noch eines, welches mir bereits auf einer CD begnet war und mir sofort sehr gefallen hat.. Was soll ich sagen, es war unglaublich gut vorgetragen..


    Peteris Vasks - Litene
    Hatte ich Werke von Vasks als eher klangstark und harmonisch in Erinnerung war dieses doch ausgesprochen modern, viele Stellen mit Zischlauten, Einrufen und Sprechstellen. Dabei jedoch nicht minder interessant. Aber zugegeben genoss hier eher der Intellekt als das Herz.



    Der Applaus war mehr als freundlich, wenn auch größtenteils eher nicht begeistert. Vermutlich saßen mehrere Reisegruppen im Konzert, welche als Highlight des Dresden-Besuchs noch ein Konzert in der Frauenkirche erleben wollten. Einsolches Publikum kann sicher mit einem solchen speziellen Programm nicht viel anfangen. Das Durchschnittsalter war auch recht hoch, eher ungewöhnlich für Chorkonzerte. Umso mehr klatschte ich mir meine Hände wund. Leider ließ sich der Chor zu keiner Zugabe überreden :(


    Und noch ein Wehrmutstropfen am Ende: leider gab es, wie sonst eher üblich, keine CDs am Ende des Konzerts zu erwerben :motz: Dabei hatte ich mir extra ordentlich Geld für 1..2...5 CDs mitgenommen :motz:


    Fazit:
    Tenöre mit weicher Weite, Bässe bis runter in die Kontra-Oktave, und Frauenstimmen, die zur rechten zeit warme lullige Klänge oder markerschütternd scharfe Töne produzieren konnten..dieser Chor setzt wirklich Maßstäbde. Für mich nicht nur ein Konzert-Highlight, vielmehr eine wirklich Sternstunde voller Genuß, Gänsehaut, Seelenbalsam, Bewunderung und auch Demonstration von Können.
    :jubel: :jubel: :jubel:



    Liebe Grüße, der Thomas. :hello:

  • Vom 15. bis den 20. Oktober war der Dirigent John Nelson für drei Konzerte mit der Tonhalle Orchester in Zürich .


    Das Programm war für mich sehr interessant:


    Tonhalle-Orchester Zürich
    John Nelson, Leitung
    Claudia Barainsky, Sopran
    David Kuebler, Tenor
    (am Freitag wurde er wegen Krankheit ersetzt)
    Rodney Gilfry, Bariton
    Schweizer Kammerchor, Fritz Näf, Einstudierung
    Zürcher Sängerknaben, Alphons von Aarburg, Einstudierung


    Igor Strawinsky: Symphonie de psaumes (Psalmensinfonie)
    Carl Orff: Carmina Burana


    Als Mitglieder des Gönnerverein wurden wir am Dienstag Abend für eine Probe eingeladen. Vorher war einen Rundgang in den Kulissen der Tonhalle vorgesehen aber da wir ungefähr 80 Leuten waren (es gab ein Apero in der Pause), wurde das Programm geändert.
    Für den Carmina Burana von Orff sind um die zwanzig verschiedenen Perkussionen im Einsatz und diese Instrumente wurden uns auf der Bühne (wo der Chor ist) präsentiert. Drei weiteren Perkussionisten aus Deutschland (Saarbrücken und München) wurde aufgeboten, weil die zwei vom Tonhalle Orchester nicht genügten. Die Vorstellung der Instrumenten war sehr interessant und informativ.


    Die Probe am Dienstag Abend und die Hauptprobe am Mittwoch morgen, welche auch für die Mitglieder der Gönnerverein offen war, haben sehr lange gedauert (Total über 8 Stunden) aber waren für mich absolut genial.


    Die grosse Attraktion des Programmes liegte beim Carmina Burana. Hier sind einige Links über diese seltsame Komposition:
    1.
    2.
    http://www.broendby.cidsnet.de/projekte/carminaburana/Carmina%20Burana1.htm
    Texte
    reinhören


    Die fast 200 Musiker des Tonhalle Orchesters waren mit fast 200 Kopfigen Choren. Eigentlich der Chor hätte sollen drei Mal so gross sein im Vergleich zum Orchester. "[COLOR="Blue"]The chorus should have been three times the size. The orchestra was so large and the Chorus so small. It should have been in front of the orchestra.[/COLOR]"
    Es hätte kaum mehr Platz fürs Publikum, wenn das so gewesen wäre. Es wurden schon 5 Reihen Stühle vom Parkett entfernt, um die Bühne zu verlängern, damit alle darauf Platz hätten.


    Der Dirigent hatte in den Proben vor allem mit dem Choren sehr viel gearbeitet.
    "[COLOR="blue"]Der Charakter des Stückes liegt im Text, im Geist und in Carl Orff. Das ist ein Bravourstück, die Musik ist brilliant, geistvoll und es gibt viel Texte in Latein, eine Sprache, die Heute kaum jemand spricht. Es ist sehr wichtig, dass man den Text kennt, versteht und richtig ausspricht. Das Publikum muss das Gefühl haben, das der Chor diese Sachen beehrscht.[/COLOR]"
    Kein wunder, dass während den Proben immer wieder über die Artikulation der Wörter gearbeitet und verfeinert wurde (vor allem bei [COLOR="Magenta"]Fortune plango vulnera[/COLOR], [COLOR="Magenta"]Olim lacus colueram[/COLOR] (Männerchor), [COLOR="Magenta"]In taberna quando sumus[/COLOR], [COLOR="Magenta"]Amor volat undique[/COLOR],...). Die Staccati müssten präziser, gemeinsam, spritziger (fast den Takt antizipieren würde ich behaupten) werden, siehe [COLOR="Magenta"]In taberna quando sumus[/COLOR]. Das Zusammenspiel zwischen den Stimmen musste präziser werden. Siehe [COLOR="Magenta"]Si puer cum puellula[/COLOR] und [COLOR="Magenta"]Veni, veni, venias[/COLOR] (reinhören bitte im Link).
    "[COLOR="blue"]Die Hauptdarsteller in der Carmina ist der Chor(en).
    Die Distanz Chor- Streicher bzw. Klaviere war ein Problem. Zeitverzögerungen mussten kompensiert werden[/COLOR]".
    Auch die Knaben waren nicht geschont und müssten mehr präsenz zeigen. ("aufwachen")
    "[COLOR="blue"]Das ist ein emotionales, leidenschaftliches Stück, kein Platz für Scheu. Tempo aber Charakter! Carmina ist nicht unbedingt Herz. Es ist mehr Fleisch(lust) und tierische Instinkt[/COLOR]".


    Das Orchester wurde in den Proben ein bisschen vernachlässigt. Da hatten die Musiker nicht so Freude, sie waren nicht vom Dirigat begeistert (habe ich so mitbekommen). Sie fanden die Proben schlimm, wenn ich richtig verstanden habe. Eigentlich ich als Hörer in der 17. Reihe (eigentlich 12.) fand das Orchester ziemlich gut. Es war mir nicht von Unstimmigkeiten oder schlechte Zusammenspiele bewusst.
    "[COLOR="blue"]Die Tonhalle hat eine traumhafte Akustik. In den Proben war der Klang aber ziemlich hell und konfus (nicht klar). In gewissen Konzerthallen lassen sie einen grossen Vorhang runter. Mit dem Publikum wird alles so klar![/COLOR]".
    Vielleicht lag in diesen Sätze die Gründe von den Empfindungen der Orchester-Mitglieder (Teil davon).
    "[COLOR="blue"]Das ist kein schwieriges Stück für das Orchester. Die Melodien und Rythmen sind einfach und geradlinig.[/COLOR]"


    Ich war an den Konzerten von Donnerstag und Freitag dabei. Die Interpretation war sehr intensiv, spannend und präsent. Die Tempi waren schnell (gemäss Partitur) aber da man bei den schnelleren Lieder im vorderen Teil des Taktes sang (meine Wahrnehmung), gab das mir einen Eindruck von noch schnelleren Tempi als tatsächlich sie waren. Ich kenne aber einige Interpretationen, wo man langsamer spielt (Ozawa). Der hochgejubelte Jochum-Version zum Beispiel hat ähnliche Tempi, vielleicht leicht langsameren. Der Chor wirkte in der Tonhalle frischer,betonter, dynamischer nicht so "träger", extrem gesagt "schleppend" wie in der Aufnahme mit Jochum.


    Die Solisten haben eine super Leistung gebracht. Sie lebten voll in den entsprechenden Rollen, wie im Theater. Sehr espressivo oder brillant, lustig usw. je nach dem Charakter des Liedes.


    Gilfry hatte am Donnerstag zwei Aussetzer bei den höhen Noten im Dies, nox et omnia. Trotzdem fand ich seine Leistung ganz einfach super. Es war einen Plausch zu hören, wie er und den anderen sang und seine Rolle interpretierte.
    Kuebler war scheinbar erkältet und hat sich für Freitag krank gemeldet.


    Die Leistung der Musiker steigerte sich von Tag nach Tag. "[COLOR="blue"]Sie muss. Das erste Konzert war gut, dann normalerweise geht es leicht zurück den Tag danach. In diesem Fall nicht. In der letzten Nacht waren sie brilliant auch mit dem neuen Tenor. Ich bin stolz auf die Musiker.[/COLOR]" (Der Dirigent meinte vor allem den Chor).
    "[COLOR="blue"]Super Orchester[/COLOR]".


    Das Publikum war total begeistert. Obwohl ich vier Mal in dieser Woche das Stück live gehört habe, gingen meine Emotionen hoch in verschiedenen Stücke. Ein Kolleg von mir, der erst von ein paar Monaten Konzerte besucht und klassische Musik kennenlernt, sagte mir, dass er und seine Frau Gänsehaut bekamen.


    Das war musikalisch eine sehr positive Woche in der, ich deutlich mehr in einer Komposition, die ich nicht besonders schätzte, vertieft habe. Ein Dank geht an Nelson für das fast ein stundiges Gespräch über ihn, die Akustik der Tonhalle, die Carmina und anderes. Seine Antworten wurden von mir in den blauen Texte übersetzt.

  • Hallo titian,

    Zitat

    Die fast 200 Musiker des Tonhalle Orchesters


    dieser Satz macht mich etwas ratlos.
    Wenn das Tonhalle-Orchester in voller Besetzung auf der Bühne sitzt, dann handelt es sich um etwa 120 Musiker.


    Zitat

    "Das ist kein schwieriges Stück für das Orchester. Die Melodien und Rythmen sind einfach und geradlinig."


    Ganz klar, das ist vor allem ein Bravourstück für den Chor.
    Für das Orchester ist das Werk eher einfach und bei stundenlangem Herumproben am Chor langweilt man sich als Orchestermusiker natürlich.

    Zitat

    Der Dirigent hatte in den Proben vor allem mit dem Choren sehr viel gearbeitet.


    Eben......


    Interessant ist das Werk zumindest für die Schlagzeuger und die Pianisten.


    Zitat

    Der hochgejubelte Jochum-Version zum Beispiel hat ähnliche Tempi, vielleicht leicht langsameren


    Dies ist eine der wenigen Aufnahmen, welche sich ziemlich genau an Orffs Tempovorgaben hält.
    Freut mich, daß Dir die Carmina so gefallen-ich liebe dieses Werk, auch wenn es für das Orchester jetzt nicht so spannend ist.


    Die Psalmensinfonie von Strawinsky ist da schon ein ganz anderes Kaliber.
    Schade, daß Du über dieses Werk gar nichts berichtest.


    Besten Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Hallo titian,


    dieser Satz macht mich etwas ratlos.
    Wenn das Tonhalle-Orchester in voller Besetzung auf der Bühne sitzt, dann handelt es sich um etwa 120 Musiker.


    Da hast du recht, danke für die Bemerkung. :)


    Zitat

    Die Psalmensinfonie von Strawinsky ist da schon ein ganz anderes Kaliber.
    Schade, daß Du über dieses Werk gar nichts berichtest.


    Ich kann das immer noch nachholen.

  • Zitat

    ThomasNoderstedt


    "Alban Gerhardt spielt Pintscher"


    Hallo Thomas!
    Gerhardt ist wirklich toll, der muss ein unglaublich intelligenter Cellist sein- uebrigens auch ein ausgezeichneter Pianist (hat einmal Beethovens 3. Klavierkonzert und dann ein Haydn Cellokonzert in einem Konzert aufgefuehrt....). Ausserdem schreibt er ziemlich interessant auf seiner website (ich habe den blog abonniert)- unter anderem auch zu diesem Konzert!
    Danke fuer den Tipp mit der CD- leider ist ama...com noch nicht soweit.
    Hast Du einen Vergleich wie Pintschers Musik klingt? Ich kenne noch garnichts von ihm.
    Danke
    :hello:

  • Hallo Flotan,


    Reflections on Narcissus ist das einzige Werk Pintschers, das ich bisher gehört habe, und das nur einmal im Konzert. Zu sagen, wie seine Musik klingt, vermag ich daher nicht.


    Selbst beim Beschreiben des Narcissus tue ich mich schwer. Vielleicht könnte man das Stück als eine Art Turangalila-Sinfonie geschrieben mit dem Wissen um Ligetis Cellokonzert beschreiben. Jedenfalls ist es weniger ein Cello-Konzert als ein Orchesterwerk mit einem Solisten. Das Orchester ist stark besetzt. Allein vier Schlagzeuger werden benötigt. Einer von ihnen prägt mit wiederholten Schlägen auf den Tempelblock (=corean blocks) den ersten Höreindruck. Der Solist schweigt zunächst, er setzt erst später ein, dann jedoch deutlich abgesetzt von den Orchesterstreichen, die eher klangflächig wirken. Das Solocello spielt keineswegs nur schön. Oft spielt es - spielen auch die Orchesterstreicher - nah am Steg oder auch am Griffbrett. Der von mir jetzt vielleicht hervorgerufene Eindruck einer Klangfarbenkomposition wäre jedoch ganz falsch. Dieses Element ist in dem Stück enthalten, jedoch nicht nur. Es finden sich auch einige durchaus dramatische Abschnitte. Soli hat der Solist übrigens vergleichsweise wenig. Seine Rolle als Solist bleibt dennoch unumstritten. Besonders deutlich wird das am sehr eindrucksvollen Ende des Stückes: Das Orchester wird immer mehr zurückgenommen, bis schließlich fast nur noch der Solist zu hören ist - ein einsamer Narziss (auch wenn es sich jetzt so liest, wirkt dieses Ende kein bisschen abgehaydnt). "Am Schluss steht ein auskomponiertes Versinken in die Lautlosigkeit", heißt es im Programmheft. "Bis zum Ende der Stille sollen die wenigen noch beteiligten Musiker ihre Instrumente nicht ablegen - und der einsetzende Applaus bestimmt dann, wann dieses Ende der Stille erreicht ist."


    Tja, schlauer bist du jetzt bestimmt auch nicht. Kauf einfach beizeiten die CD. Du wirst nicht enttäuchst sein.


    Danke für deinen Hinweis zu Alban Gerhardts Blog. In den habe ich gleich reingeschnuppert. Ich fand es sehr interessant, wie Gerhardt das Stück wahrgenommen hat. Er scheint vom Erfolg der Aufführungen wirklich überrascht worden zu sein.


    Nebenbei bemerkt: Der nächste Cellist, den ich mir anhöre, ist Lipkind. Er ist hier in Hamburg am 8. Dezember mit einem Sonaten-Programm (Beethoven, Schubert, Brahms, Debussy) zu hören. Bin schon gespannt.


    Viele Grüße
    Thomas

  • Zitat

    ThomasNorderstedt
    Nebenbei bemerkt: Der nächste Cellist, den ich mir anhöre, ist Lipkind. Er ist hier in Hamburg am 8. Dezember mit einem Sonaten-Programm (Beethoven, Schubert, Brahms, Debussy) zu hören. Bin schon gespannt.


    Oh mein Gott, wie ich Dich beneide!
    Habe Lipking noch nie live gehoert, aber wenn ich mir die Arpeggione oder die Debussy Sonate von ihm vorstelle, laeuft mir das Wasser im Munde zusammen...
    Der ist unglaublich gut (auf CD zumindest...).
    Bitte unbedingt berichten!
    Flotan

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo,


    gestern abend bei Beissel's Klassischer Philharmonie Bonn eine bemerkenswerte "Tastenlöwin", die ich noch nie gehört habe:


    Irene Russo mit dem Klavierkonzert Nr. 2 von Brahms.


    Die Dame - wer kann etwas über sie sagen - spielte wie ein Mann. Mein Platz erlaubte, ihre Hände beim Greifen der Akkorde zu sehen, bemerkenswerte Pranken. Den 3. Satz hat sie himmlisch gespielt.


    Lieben Gruß aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Das Ensemble Interculturel spielte unter der Leitung von Folko Jungnitsch Bruch und Mahler, Herkulessaal der Münchner Residenz, 19.11.2007


    Das Ensemble Interculturel ist eines jener Jugendorchester (diesfalls aus München), die unter Anleitung namhafter Orchestermusiker einige Übungs- und Aufführungsphasen pro Jahr durchlaufen.


    Das Konzert beginnt mit Max Bruchs Violinkonzert g-Moll op. 26. Jozsef Lendvay erinnert vom Typ her (Gesicht, Haare, aber wirklich nicht die Figur) an Meat Loaf oder Hermes Phettberg. Er pflegt einen schönen, anmutigen Violinton. Das kommt poetisch im Adagio genauso zur Geltung, wie es beherzt im Allegro energico ausgespielt wird. Das Orchester überrascht mit einem kompakten, in sich geschlossenen, gut aufeinander abgestimmten, präzise einstudierten Orchesterklang.


    Lendvays erste Zugabe ist irrwitzig virtuos. Dann wird die Bühne vorne in Sekundenschnelle zu einem „ungarischen Kaffeehauseck“, Violine, Mandoline, Hackbrett und Kontrabass musizieren frisch drauflos. Mit zwei Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms sind wir plötzlich mitten in Budapest.


    Selbstbewusstsein ist erforderlich, will man alle Klippen von Gustav Mahlers kompositorisch so dichter und diffiziler Symphonie Nr. 5 cis-Moll bewältigen. Dieses notwendige Selbstbewusstsein ist vorhanden, das spürt man sofort mit Beginn des Trauermarsches. Hier geht es nicht darum, Mahler aus der Partitur heraus zu entdecken, hier lebt er, aus der Musik heraus, sehr bewusst, sehr nuanciert. Man hört die Symphonie bis in kleinste Verästelungen ausgekostet. Nur in den ganz komplexen, dichten Passagen merkt man, dass dies ein nicht jahrelang zusammengeschweißter Klangkörper ist. Man spürt, wie genau alles einstudiert wurde, gleichzeitig die Hingabe aller Mitwirkenden – so erklingt diese vielschichtige Musik herrlich aufgefächert. Technische Unsauberkeiten? Die geben sich ganz sicher mit der Routine. Routine – das ist es allenfalls, was fehlt, aber daraus ergeben sich auch spannende Blickwinkel auf Details dieses Werks. Nach dem zweiten und nach dem dritten Satz wird neu gestimmt. Das Adagietto kommt wunderbar empfunden. Man kann die Sichtweise dieser Mahler-Aufführung natürlich – alles in allem – auch überkritisch umdrehen: Diese "Mahler Fünfte" wirkt etwas ausführlich buchstabiert. Das „rächt“ sich im Finalsatz, der immer langatmiger zu werden droht. Damit wird man aber dem Gesamteindruck nicht gerecht. Gerecht wird ihm der Jubel des Publikums, das auf Aufforderung des Dirigenten mehrmals heftig die einzelnen Orchestersolisten und –gruppen mit Applaus bedankt.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Rafal Blechacz stellte am 23.11.2007 nicht nur als Synergieeffekt eine Chopin-CD im Herkulessaal der Münchner Residenz in Form eines Konzerts vor. Er bewies gleichzeitig, dass er eine außergewöhnliche Begabung aufweist und von ihm noch viel zu erwarten ist.


    Live ist ja dann doch vieles anders. Hat man die 24 Préludes op. 28 von Frédéric Chopin von CD gehört und erlebt man dann den jungen Pianisten, der vor zwei Jahren den Warschauer Klavierwettbewerb so souverän gewonnen hat, dass kein zweiter Preis vergeben wurde, im Konzertsaal, staunt man zwar hier wie dort über den großartig gespannten großen Bogen und das klassisch-empfindsame, souveräne Klavierspiel, über die Selbstverständlichkeit, die nicht höchste erreichbare pianistische Stufe sein kann, sondern allenfalls einer von vielen Aspekten großer Meisterschaft, hat man nun aber auch einen echten Konzertpianisten vor sich, der die Musik aus dem Steinway-Flügel wie aus dem Augenblick heraus, einfach durch die Kraft der pianistischen Persönlichkeit, entfaltet. Was von CD disziplinierter wirkt, kommt im Saal herrlich konzertant zur Geltung.


    Die beiden Nocturnes op. 62 – auch der zweite Teil gehört Chopin – bestätigen diesen Eindruck, sie erstehen wie große, wunderbar beseelte Improvisationen. Und Chopins Klaviersonate Nr. 3 h-Moll op. 58 wiederum erinnert bei Blechacz erneut an den Grundansatz der CD-Vorlage mit den Préludes: klassisch-empfindsam, näher einer großen, harmonisierenden Liebe als den Dämonen der Welt, wieder die großen Bögen spannend, den Ausgleich der Elemente suchend, bei selbstverständlich höchster pianistischer Meisterschaft. Das Largo etwa hat wunderbare, erhabene Größe. (Bei Ivo Pogorelich verlor es sich, die Erinnerung meldet sich und verklärt die angespannte Stille im Saal damals, am 8.4.2005 in der Philharmonie im Gasteig, unsterblich in die nicht mehr fassbare Ewigkeit des Zerfalls einer nie enden wollenden Meditation.) Blechacz bleibt vornehm, er schafft den Spagat zwischen pianistischer Leistungsschau und „nicht notwendiger Exzentrik“ souverän. Diese Sonate wird er vielleicht in einigen Jahren „eigenwilliger“ spielen (wollen).


    Die Grenzen sind immerhin geöffnet, eine vielversprechende Pianistenkarriere (hoffentlich jenseits von jeglichem Lang Lang Klamauk) nimmt ihren Lauf. Im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses hat Blechacz am 18.11. die Préludes und die Sonate, statt op. 62 aber die drei Mazurken op. 50 gespielt, und (so erzählt es die Konzerthaus-Homepage) auch eine Zugabe mehr, trotz der immerhin zögerlichen Standing Ovation im Herkulessaal nach der Sonate. München hörte zuerst den Walzer cis-Moll op. 64/2 von Chopin, und als zweite Zugabe gab es ein Schmankerl, das auch Vladimir Horowitz gerne spielte: Etincelles B-Dur op. 36/6 von Moritz Moszkowski.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Neubrandenburger Konzertnacht


    Einen langen hochinteressanten Konzertabend durfte ich am Sonnabend erleben.


    Zunächst einmal das Programm:


    Die Neubrandenburger Philharmonie & Ten of the Best


    Allen Vizzutti - Aventura Espanola - Solist: Allen Vizzutti
    Juraj Filas - Konzert für Piccolo-Trompete und Orchester - Solist: Otto Sauter
    Leos Janácek - Sinfonietta für großes Orchester



    Ten of the Best


    Arrangements: Allen Vizzutti
    J.S. Bach - Bach Rock Fantasy
    J.S. Bach - Trumpet Toccata
    Joaquin Rodrigo - Adadio aus dem Concierto Aranjuez
    John Lennon/Paul Mc Cartney - Beatles Medley



    Neubrandenburger Philharmonie & Ten of the Best


    Arrangements: Allen Vizzutti


    Aaron Copland - Fanfare for the Common Man
    Sergej Rachmaninow/Eric Carmen - My by Myself
    Chuck Mangione - Children of Sanchez
    Astor Piazzolla - Oblivion
    Bryan Adams/Michael Kamen/Robert John Lange - Have You Ever Really Loved a Women
    Joe Zawinul - Birdland
    Bob Thiele/George David Weiss - What a Wonderful World
    D.Maddux/M.Mc Call/M.Munga/M.Mulon-Goy/A.yuno Mukalay - O Sifuni Mungu



    Dirigent: Stefan Malzew


    Im ersten Teil des Konzertes erklang die Sinfonietta von Janásek.


    Die Orchesterverstärkung waren die „Ten of the Best“ Trompeter. Auf diesen Teil des Konzertes hatte ich mich besonders gefreut und ich wurde auch nicht enttäuscht. Der zweite und dritte Satz war meiner Meinung nach etwas langsam und mit zu wenig Schwung, aber es kann sein das dies nur mein Empfinden war. Interessant wurde es im fünften Satz. Natürlich habe ich genau auf den Beckenschlag vor dem Einsatz der Trompeten geachtet.


    Zitat

    original Edwin Baumgartner


    Übrigens gibt es im fünften Satz der Sinfonietta eine Stelle, die von den meisten Dirigenten falsch gespielt wird: Der Beckenschlag. Nahezu alle Dirigenten lassen ihn auf 1 in dem Takt spielen, in dem die in diesem Satz bis dahin ausgesparten Trompeten ihr Terzthema es-ges-es beginnen. Auch in der gedruckten Partitur steht es so. Janáceks handschrift notiert den Beckenschlag aber einen Takt früher, also erst Beckenschlag, dann Trompeten - was einen grandiosen Effekt macht, weil es eine Aufeinanderfolge von Überraschungen ist statt zwei Überraschungen gleichzeitig zu bieten.


    Der Dirigent ließ es genau so spielen wie Edwin und auch Khampan es erklärt hatten. Ihr habt vollkommen Recht, die Wirkung ist verblüffend anders als auf meiner CD Einspielung. Da man bei dieser Sinfonie nur darauf wartet, das die Trompeten wieder ertönen, ist es wie ein Signal für den Einsatz der Trompeten.


    Das Konzert war geprägt durch die Ten of the Best.
    Die Arrangements von Allen Vizzutti. waren mitreißenden und für ein gemischt interessiertes Publikum zusammengestellt. Hochinteressant natürlich Otto Sauter mit seiner Piccolotrompete. Ich gebe zu, dass diese Töne hervorbrachte, die sicher nicht Jedermanns Sache sind.


    Durch das Programm führte der Dirigent Stefan Malzew mit humorvoll lockerer Moderation. Es waren sehr kurzweilige fast vier Stunden in der ausverkauften Konzertkirche.


    Besonders die Ten of the Best wurden frenetisch gefeiert mit stehenden Ovationen. Nach dem Konzert gingen der Dirigent und zwei der Trompeter ein Stück gemeinsam mit den Konzertbesuchern heimwärts. Der Weg führte durch die Straßen von Neubrandenburg bis zu einem Stadttor der vier Tore Stadt. Dort spielten die Trompeter ein Schlaflied. Das ist sicher ein nicht alltäglicher Konzertabschluss.


    Begeisterte Grüße


    Maggie

  • Hallo Ihr lieben Taminas und Taminos,


    Marc-André Hamelin inspiriert mich (von Alfred Schmidt telefonisch freundlich begrüsst und legitimiert) zu meinem allerersten Beitrag in diesem wunderbaren Forum:


    Ich war gestern Zeuge einer Sternstunde mit diesem äusserst bescheidenen Ausnahmepianisten: Er spielte in Schwarzenburg, einem 6000-Seelen-Dorf im bernischen Voralpenland Rachmaninows drittes Klavierkonzert, begleitet durch das Berner Sinfonieorchester unter Andrey Boreyko.


    Das BSO absolviert alljährlich ein unentgeltliches Engagement in der weiteren Umgebung der Bundesstadt, quasi als Dank für die Subventionen, welche die Agglomerationsgemeinden an die Kulturinstitute der Haupststadt leisten. So kam es, dass in der lokalen Mehrzweckhalle des Dorfes für einmal nicht der Jodlerchor oder der lokale Musikverein aufspielte (nichts gegen diese Art Musik!), sondern der Weltklassepianist Hamelin.


    Ich bin sicher, dass „Rach 3“ in diesem Dorf eine Erstaufführung war (und wahrscheinlich auch die Letztaufführung!) Das ist schon sehr berührend.


    Hamelin gestaltete sehr transparent und klar, und erstaunlicherweise eher introvertiert und mit zurückgehaltener Pranke. Die trockene Akustik erlaubte eine ungeahnte (und schonungslose) Durchhörbarkeit der komplexen Strukturen.


    Subtil auch die Begleitung das Berner Sinfoniorchester, welche durch den neuen Chef Andrey Boreyko (Nachfolger von Dmitrij Kitajenko) noch an Souplesse und Flexibilität gewonnen hat und die europäische Konkurrenz nicht zu fürchten braucht. (Etwas Lokalpatriotismus sei mir erlaubt...).


    Boreyko agiert sehr publikumswirksam mit eleganter Geste. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich die MusikerInnen bisweilen eine noch etwas präzisere Zeichengebung wünschen würden. Vor der Pause erklang Brahms`3. Sinfonie, herb und entschlackt, aber zum Glück nicht zu schnell, wie es in letzter Zeit Mode ist.


    Hamelins Auftreten war auch neben der Bühne äussert bescheiden und sympathisch: kein eitler Tastenlöwe, wie ich aufgrund des eingespielten Repertoires befürchtet habe.


    Das berührte ländliche Publikum dankte mit standing ovations, die ihn zu zwei Zugaben verführten: Ein Chopin/Liszt Stück und das wahnwitzige Toccata-Finale aus Alexis Weissenbergs Jazz-Sonata (vor dessen In-Angriffnahme er sich scheu bekreuzigte...). Ein Ereignis!


    Wer zwei Tage im spätherbstlichen Tessin verbringen kann: Er spielt Rachmaninow Drittes noch am 29.11. in Lugano. Empfehlenswert.




    Mit leben Grüssen aus Bern,
    Walter

  • Das Hagen Quartett und Jörg Widmann im Herkulessaal der Residenz (München), 29.11.2007


    Das Faszinierende am Hagen Quartett ist die kalkulierte Distanz bei gleichzeitig irisierend intensiv gestalteter Musik. Nichts ist spontan, alles bewusst und gewollt, technisch perfekt, bis in winzigste Nuancen einstudiert. Gar nichts wird dem Zufall überlassen. Ernst und unbarmherzig wird musiziert. Geschlossen innig bleibt das Lento assai e cantante tranquillo, der dritte Satz des ersten Werkes, Ludwig van Beethovens Streichquartett Nr. 16 F-Dur op. 135, gleichwohl. Das macht die Kraft der Musik und das erlesene Niveau der Mitwirkenden. Glasklar differenziert heben sich die vier Streicherstimmen gerne voneinander ab, finden sie sich am heftigsten, ja brutalsten, in der Ostinato-Passage des zweiten, des Vivace-Satzes zusammen. Beethovens letztes Streichquartett, sonst vielfach versöhnlicher Abschluss, markiert in diesem Konzert den sehr ernst genommen werden wollenden Auftakt zu einem außergewöhnlichen Konzertprogramm.


    Der 1973 geborene Münchner Jörg Widmann kommt vor der Pause als Komponist, danach als Klarinettist auf die Bühne. Sein 3. Streichquartett aus dem Jahr 2003 nennt sich „Jagdquartett“. Es beginnt mit einem allgemeinen Jagdruf der vier Mitwirkenden und besticht durch die grandios ausgespielte Zwischenwelt zwischen Jägern und Gejagten. Die Musik macht es möglich – das fulminant aufspielende Hagen Quartett gibt gleichzeitig Verfolger und Verfolgte. Eine extrem spannende Steigerung mittendrin mündet in einem Aufschrei. Beängstigend perfekt stürzen sich die vier in dieses unbarmherzige Geschehen. Hören wir gehetzte Verfolgte oder die Anfeuerung der Jäger? Der Cellist Clemens Hagen schafft es nicht mehr. Er sinkt zum bitteren Ende erlegt in seinen Stuhl. Dieses Stück ist ein „Hit“, auch der Komponist wird heftig in den herzlichen bis begeisterten Applaus einbezogen.


    Nach der Pause ist er als Klarinettist dabei. Es gibt das Quintett für Klarinette und Streichquartett A-Dur KV 581, das „Stadlerquintett“ von Wolfgang Amadeus Mozart aus dem Jahr 1789. Vom ersten bis zum letzten Ton tut sich da Musik wie direkt vom Himmel auf. Das ist Trost und Friede, innige Harmonie voller Weisheit und Güte, überirdische musikalische Liebe, in die wunderbarsten Töne gefasst. Der Musikant Widmann sitzt inmitten des mit großartiger Geschlossenheit mitziehenden Hagen Quartetts, und es zählt nichts anderes als die unsterbliche Musik Mozarts. Diese Musik sucht keinen heftigen Applaus, trotz des heiter-freundlichen Ausklangs im herrlichen Variationssatz des Finales. Sie erwirkt mehr nach innen gekehrte Dankbarkeit, die sicher jede/r aus dem Herkulessaal nach Hause mitnimmt. Schon gar nicht schielt sie nach Zugaben. Das Konzert begann um 20 Uhr, um 22 Uhr ist es zu Ende. Genau so wie es sein soll. Irgendwie wie im Himmel.


    Herzlicher Gruß
    Alexander

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Hallo zusammen,


    ich hatte am Montag das Glück an einem wunderschönen Konzert im Prinzregententheater in München teilnehmen zu können:


    Jordi Savall, Andrew Lawrence-King, Xavier Diaz-Latorre und Pedro Estevan spielten Follie und Instrumentalvariationen von Ortiz, Mudarra, Hume, Arrauxo, Valente, Sanz, de Murcia und (für mich der Höhepunkt) die Couplets des Folies d'Espagne von Marin Marais.


    Merkwürdigerweise war als Schlagzeuger David Mayoral angekündigt, aber Savall's "Standard-Schlagzeiger" Pedro Estevan hat gespielt, ohne das es irgendwo einen Hinweis gegeben hätte. Aber da war ich natürlich überhaupt nicht böse (wobei ich Herrn Mayoral nicht kenne).


    Musikalisch war das Konzert große Klasse. Savall spielte teilweise auf einer wunderschön klingenden Bassgambe, teilweise auf einer Sopran-Gambe. Höhepunkte für mich waren die 3 Stücke aus den Musicall Humors von Tobias Hume, von Savall alleine gespielt. Das Prinzregententheater ist eigentlich ein sehr lauter Konzert-Saal bei dem auch vorsichtiges Rutschen auf dem Sitz schon lautes Knarren auslöst, bei diesen stücken war es aber absolut still.


    Der zweite Höhepunkt für mich waren die Folies d'Espagne von Marais.


    Natürlich waren auch Lawrence-King (mit einem Fandango-Solo von de Murcia) und Diaz-Latorre (Mit einem Solo von Sanz) sehr hörenswert. Und immer wieder beeindruckend finde ich, was Pedro Estevan so alles aus einer Trommel herauslocken kann...


    Mir fällt es jetzt schwer eine differenzierte Kritik zu Spielverhalten und Interpretation abzugeben, aber ich war von dem Abend restlos begeistert und muss an dieser Stelle einfach meiner Begeisterung Luft schaffen.


    :jubel::jubel: :jubel::jubel:


    Viele Grüße,


    Melanie

  • Sagitt meint:


    Einen Preis bekamen sie auch noch. Eine der zehn besten Aufnahme, ihre der dritten und achten Sinfonie, überreicht von Dr. Martin Elste,Diskologe- so was gibts.


    Das Ereignis aber war die Pastorale.Brahms und Sibelius zuvor auf dem hohen Niveau der Kammerphilharmonie.


    Aber die Pastorale eine Sensation.


    jeder Satz so individuell geformt. Ländliche Lieblichkeit, Spielerei zwischen Oboe und Flote,zwischen Klarinette und Horn- dann ein Gewitter, das sich gewachsen hatte, abschliessende Heiterkeit.


    So perfekt durchgearbeitet. Ein Naturschauspiel aus einem Guss.


    Hoffentlich kommt bald die CD !

  • Moin,


    ein bunter Bachabend mit dem Zürcher Kammerorchester im Frauenmünster, das ist die Kirche mit den Chagall-Fenstern.


    Orchestersuite No.1 incl Dirigent Muhai Tang
    Brandenburgisches Konzert No.3 ohne Dirigent => sehr gut
    div. Arien und Duette für Sopran (Lisa Larsson) und Bass (Detlev Roth) mit Oboe (fantastisch Kurt Meier) bzw. obligater Violine


    Eins der schönsten Weihnachtskonzerte, die ich erlebt habe. Ich kenne das Zürcher Kammerorchester nur besser auf den hochgelobten Ries-Sinfonien.


    An sich war das ein ganz hervorragender Abend, wenn da nicht diese obligate Solo-Violine als Nebendarstellerin gewesen wäre. Mit ihrem glasklaren Ton und ihrer wieder einmal stupenden Technik war sie trotz der Funktion als Nebenpartner mit ihrer wunderbaren Begleitung das absolute Highlight:



    So war es ein aussergewöhnlicher Abend. :jubel: :jubel: :jubel:

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • Hallo, Radagast!


    Ein kleines Ratespiel, oder? Gehe ich recht mit Janine Jansen? :]


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Mein Konzertabschluss in diesem Jahr war sehr außergewöhnlich - was die Besetzung der Instrumente angeht.
    Die Bühne des Großen Saals im Berliner Konzerthaus war ziemlich leer.
    Es standen nur auf der linken Seite ein Bösendorfer-Flügel und rechts daneben der Spieltisch der großen Jehmlichorgel.


    Das Programm war überschrieben mit "Orgel trifft Klavier - Moments musicaux".
    Ich war also erstmal etwas skeptisch, wie sich denn diese beiden Instrumente so vertragen.


    Den Anfang machten einige charakteristische Stücke für Orgel und Klavier von Widor. Für den Organisten Tobias Berndt, wie es schien, nur eine Einspielübung (?), war es für den jungen Mann am Klavier, Hendrik Heilmann, schon etwas mehr Arbeit.
    Die Balance hat hier meiner Meinung nach noch nicht so ganz gestimmt, das Klavier war doch merklich im Vordergrund.


    Es folgten 3 Moments musicaux von Schubert. Natürlich vom Klavier allein. Hervorragend gespielt, vor allem der Klang des Flügels passte gut zu den Stücken.
    Danach dann eine Duett-Suite des 1950 geborenen Komponisten Denis Bédard. Ein sehr gefälliges Werk, angelehnt an klassische Formen (das Menuett kam mir sehr bekannt vor...), aber auch ab und zu nahe an der Kitschgrenze. Auf jeden Fall harmonierten hier die beiden Instrumente ganz hervorragend.


    Nach der Pause dann der Soloauftritt von Tobias Berndt mit dem Allegro aus der 6. Orgelsinfonie von Widor. Gewaltig! :jubel:
    Für mich der Höhepunkt des Abends. (Durch den Platz in der Loge konnte ich ihm auch genau auf die Finger schauen.)


    Zum Schluss gab es dann noch ein Frühwerk für Orgel und Klavier von Saint-Saens, in dem aber sein Stil schon recht klar zu erkennen ist.
    Hier ist mir vor allem die kompositorische Gegenüberstellung von Orgel und Klavier sehr positiv aufgefallen.


    Für die beiden hervorragenden Solisten gab es gebührenden Applaus. Sie dankten es dann dem Publikum mit drei Zugaben, eine davon am Klavier vierhändig. Das Schlussstück war dann der "Abendsegen" von Humperdinck. :angel:


    Es war auf jeden Fall eine lohnende Erfahrung und es hat sehr viel Spaß beim Zuhören gemacht.



    Gruß, Peter.

  • Seit 20 Jahren beginnt das Neue Jahr in Heidelberg mit einer Klavierwoche, deren Organisation sich die Jahrhundertwende-Gesellschaft und das Deutsch-Amerikanische Institut teilen. Dieses Jahr wurden vom DAI Meisterschüler von Oxana Yablonskaya eingeladen, die in New York an der Hartford Universität und der Juillard School unterrichtet. Wie Anastasia Seifetdinova gespielt hat, das könnte bereits das „Konzert des Jahres“ für mich gewesen sein.


    Sie wurde 1980 in der Ukraine geboren. Weitere Informationen sind auf ihrer Internet-Seite zu finden. Dort gibt es auch einige Musikbeispiele, die natürlich bei weitem nicht das treffen, was im Konzert zu hören ist.



    Auf dem Programm standen:
    Franz Schubert: Sonate A-Dur, op.120, D.664
    Robert Schumann: Faschingsschwank aus Wien, op.26
    Frédéric Chopin: Scherzo Nr.1 h-Moll, op.20
    Ludwig van Beethoven: “Die Wut über den verlorenen Groschen”, op.129
    Ludwig van Beethoven: Sonate Nr.32 c-Moll, op.111


    Zum ersten Mal war ihr ausgesprochen sensibler Anschlag im langsamen Satz der Schubert-Sonate zu hören. Der Faschingsschwank klang nicht unbedingt wienerisch, aber sehr schön waren die teils vertrackten rhythmischen Feinheiten herausgearbeitet. Und da zeigte sich, was überhaupt die Stärke des Konzertes werden sollte: Jeder einzelne Takt war bis in die letzten Töne durchdacht und gestaltet. Gerade auch Stücke aus dem Standardrepertoire klangen wie neu. In keinem Moment war voraussehbar, wie sie weiter spielen würde, und es gab eine Überraschung nach der anderen.


    Im Scherzo von Chopin ging sie bis an die Grenze, was an Geschwindigkeit möglich ist, und ist dabei doch nie in Raserei verfallen, sondern alles blieb wunderbar ausbalanciert, jeder einzelne Ton mit eigener Betonung. Die „Wut über den verlorenen Groschen“ wurde ein Wechselbad zwischen Wutausbrüchen, resigniertem Zurücksinken, fast depressiven Momenten und dann wieder verzweifeltem Los-Poltern. Genau so wird der späte Beethoven gelebt haben.


    Höhepunkt war zweifellos der langsame Satz aus dem op. 111. Auch hier wurde kein einheitliches Tempo gespielt. Anfangs wirkte es recht vorsichtig. Dann brach wie ein Kälteschauer das heftige Spiel hinein. Bei jedem Triller wurde eine Note herausgestellt, um die der Klang aufgebaut ist. Wie hat Beethoven das komponieren können, als er schon voll ertaubt war!


    Zwei wunderschöne Zugaben von Chopin rundeten den Abend ab. Strahlend verabschiedete sie sich. Sei ihr viel Erfolg bei den nächsten Schritten ihrer Karriere gewünscht.


    Viele Grüße,
    Walter

  • Hallo,


    Komme soeben aus dem (nun doch schon heute; einen Tag früher als geplant) folgenden Konzert im Konzerthaus:


    Bloch: Schelomo
    Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 11


    Interpreten:
    Jing Zhao, Cello
    Konzerthausorchester Berlin
    Leitung: Eliahu Inbal


    Ein wie ich finde zweigeteilter Abend!
    Die erste Hälfte mit Blochs "Hebräischer Rhapsodie" gefiel mir nicht so sonderlich: Zhaos lärmender Bogenwechsel und ihr eloquentes nach Luft saugen stören ihr ansonsten durchaus passendes, gut phrasiertes Spiel.


    Absolut großartig gelungen war dann im 2.Teil Schostakowitschs 11.Symphonie! Inbal versteht es vortrefflich dynamische Kontraste und differenzierte Tempi herauszuarbeiten und die Symphonie welche (obwohl sie mir durchaus gefallen hat) mich auf CD nicht umgeworfen hat, jagte mir eine Gänsehaut nach der nächsten über den Rücken - Neben einer im allgemeinen sehr beachtlichen Orchesterleistung ist vor allem das Englischhorn-Solo des letzten Satzes hervorzuheben, welches wirklich großartig gespielt wurde!


    Inbals etwas merkwürdiges Dirigat machte mir anfänglich einige Probleme aber im Laufe des Abends gefiel er mir immer besser - am Ende zählt doch nur das Ergebnis und dies war wirklich erlebenswert!


    Zu guter letzt sei noch das wirklich sympathische Publikum erwähnt - trotz eines durchaus fordernden Abends wird frenetisch applaudiert und "Bravo" gerufen.
    Wer noch in den Genuß dieses schönen Programms kommen möchte, hat hierzu noch am 11. und 12. Januar 2008 Gelegenheit!


    LG
    Raphael

  • Vor ca. einer Stunde endete dieses Konzert, über das ich kurz berichten möchte:


    Begonnen wurde mit Giacinto Scelsis (1905-1988 ) "Quattro pezzi su una nota sola per orchestra (1959)": 4 Studien über jeweils einen Ton (in der Reihenfolge f-h-as-a). Die eher akkustisch als musikalisch interessanten Stücke arbeiten mit der Obertonreihe, Mikrotonalität und dem totalen Auskosten des Tones an sich. Hörenswert, aber nicht welt- oder herzbewegend.


    Darauf folgte des "Konzertstück für vier Hörner und großes Orchester in F-Dur, op. 86 (1849)" von Robert Schumann, das ebenfalls ziemlich eindruckslos an mir vorüber ging und dem es außer einigen brillianten Stellen der Solohörner für meinen Geschmack zu sehr an musikalischer Substanz fehlt. Wenig Tiefgang und Prägnanz - eines der wenigen Stücke Schumanns, welches mir überhaupt nicht zusagt.


    Aber dann, nach der Pause: Die 7. Symphonie von Beethoven (A-Dur, op. 92): was für eine Wucht! Umwerfend und überwältigend! Das Werk wurde so mächtig gespielt, wie es geschrieben ist, beim 2. Satz liefen mir Schauer über den Rücken. Strahlende Bläsersolisten gaben der Wiedergabe den angemessenen Glanz. Nach stürmischen Applaus spielten Luisi und sein Orchester das reizende "Allegretto scherzando" aus Beethovens 8. Symphonie als Zugabe.


    Auch das war ein sehr zweigeteilter Abend mit der 7. Symphonie als herausragendem Höhepunkt. Die Chance, dieses Konzert noch zu erleben ist morgen, 19.45 im Grazer Stephaniensaal (ich werde womöglich nochmal hingehen). An die "Kleine Zeitung" schrieb ich übrigens vorhin einen kurzen Leserbrief:


    "Gerade aus dem fantastischen Konzert des steirischen Musikvereins mit Fabio Luisi und den Wiener Symphonikern kommend, muss ich die die immer mehr fehlende Disziplin des Grazer Publikums kritisieren. Nicht nur, dass pausenlos gehustet und geraschelt wird, nein, einige Personen verlassen oder betreten während des Programmes den Saal und mitten in den heiligen Klängen einer Beethoven-Sinfonie ertönt ein penetrant unangenehmer Klingelton. Auch das laute Gemurmel, welches während sanfter piano-Stellen aus dem unten liegenden Kasino in den Stephaniensaal dringt, stört. Ich möchte hier sowohl das Publikum als auch das Personal des Grazer Kongresses zu mehr Selbstbeherrschung und Aufmerksamkeit auffordern, die an der hohen Kunst eigentlich Desinteressierten aber bitten, künftig dem Konzertsaal fernzubleiben. Ihren Mitmenschen zuliebe."


    Gerald Krammer


    Etwas sehr geschwollen ausgedrückt, aber den Kern der Sache treffend.


    Gute Nacht und liebe Grüße,
    Gerald

    "Das Höchste in der Kunst - vor Gott besagt's nicht viel.
    Hat doch die Welt zuletzt nur ein moralisch Ziel."
    (Hans Pfitzner)

  • [quote]Original von sagitt
    Sagitt meinte:


    9. September 2007 | 20:00 Uhr
    Mahler Chamber Orchestra
    L.v. Beethoven: Violinkonzert D-Dur op. 61
    Künstler: Mahler Chamber Orchestra, Patricia Kopatchinskaja, Philippe Herreweghe


    ....Die Dame spielt keine Stradivari und ich hörte keinen intensiven Violinton.
    _______________________________


    Ich habe Kopatchinskaja mit Herreweghe am 15.7.2006 beim Festival von Saintes (F) ebenfalls mit Beethoven gehört, und sie spielte tatsächlich oft sehr leise, was ich und offenbar auch das Publikum durchaus anrührend fand. Ich habe mich dann auf ihrer Website http://www.patkop.ch etwas umgesehen.


    Die Dame spielt offenbar tatsächlich keine Stradivari, sondern eine Pressenda, von der die Zeitschrift STRAD in einer New Yorker Konzertkritik schreibt: "A very colourful sounding Pressenda-violin, whose viola-like quality lent her playing exceptional tonal interest".


    Auf ihrer Website http://www.patkop.ch->Texts->Beethoven erklärt sie den Grund für ihr piano-Spiel im Beethovenkonzert (Zitat): "Bezüglich Dynamik wird aus vielen Interpretationen und Aufnahmen nicht klar, wie oft die Violine in diesem Konzert leise und sehr leise zu spielen hat. Man weiss, dass der Geiger Clement, für den dieses Konzert geschrieben ist, nicht laut spielte, aber mit Eleganz und Delikatesse und mit einem von den Zeitgenossen vielgepriesenen anrührenden Ton von "unbeschreiblicher Zärtlichkeit" oder "äusserst lieblicher Zartheit". Entpsrechend beginnt das Solo im ersten Satz piano und wird nach nur vier Takten wieder piano. Nicht das auftrumpfende "Hier komme ich" das man so oft hört. Piano sind auch die Takte 288-297 und wieder 330-3. Die Takte 523 -30 vor Schluss sind sogar Pianissimo. Wo nicht piano steht ist oft dolce vorgeschreiben, was auch nicht laut sein darf, weil daraus immer wieder crescendi ins forte kommen. Im Larghetto sind die beiden ergreifendsten Stellen einerseits die Takte 45-53 in pp und danach sempre perdendosi, andererseits die Takte 71-88 wiederum pp und dann diminuendo is ppp. Sie werden damit zu einer ganz verinnerlichten und heiligen Meditation. Aber die Hörgewohnheit erwartet dort oft einen fett-"schönen" Ton und ein aufgegeiltes Vibrato. Mein Essener Kritiker schrieb zum Beethovenkonzert "Eine melodische Offenbarung von leuchtend körperhaftem Ton war ihre verträumte pianissimo-Kantabilität über weite Strecken nicht". Nur, die Spielweise von Clement und der Notentext verbieten den "leuchtend körperhaften Ton" über weite Strecken." (Ende Zitat)


    Nach dieser Lesart wäre der vielerorts im Beethovenkonzert gepflegte und geforderte dicke Makkaroni-Ton (wir wollen keine Namen nennen) überhaupt ganz falsch. So verschieden sind die Geschmäcker.


    Laurent

    7 Mal editiert, zuletzt von Laurent ()

  • Hallo,


    Hier wie versprochen die Bewertung meines letzten Konzerts.


    Mo., 04.02.08 - Philharmonie Berlin - 20.00


    L.Janacek: Ouvertüre zu "Aus einem Totenhaus"
    K.Szymanowski: Symphonie Nr.4 "Sinfonia Concertante"
    J.Suk: Symphonie Nr.2 in c-moll "Asrael"


    Interpreten:
    Deutsches Symphonie Orchester Berlin
    Leitung: Jirí Belohlávek
    Klavier: Piotr Anderszewski


    --------------------------------------------------------------------------------


    Leider war die Philharmonie nur zu ca. 2/3 besetzt - kein Wunder bei diesem exotischen Programm (und das auch noch am Fasching - obwohl diesem in Berlin eine weniger große Rolle beigemessen wird). Das Publikum war schwer in Ordnung: Nur sehr wenige "Mir gefällts absolut nicht-Huster" und im allgemeinen große Geduld mit einem langen, schwierigen Progamm.
    Später an der Bushaltestelle vernahm ich, dass viele dennoch recht überfordert waren - generell aber eine durchaus positive Gesamthaltung.
    Übrigens überraschend viele Bravos am Ende von Szymanowski und Suk!


    Gleich vorweg: Die spieltechnischen Leistungen verbesserten sich im Laufe des Abends zunehmend!


    Die Janacek-Ouvertüre war das einzige Stück welches ich noch nicht kannte - lediglich die stark reduzierte Version aus der Totenhaus-Suite war mir geläufig. Das Orchester musste sich offenbar erst noch warmspielen: Es fehlte an Homogenität und Balance.


    Ganz anders schon bei Szymanowski - ausgefeilte dynamische Entwicklung, angemessene Tempo-Wahlen und akzentuiertes Spiel seiten des Orchesters. Das Highlight: Piotr Anderszewski am Klavier!
    Sensationelle Technik, ein wahnsinns Gespür für Effekte und Klangfarbe -
    Er holt alles aus der Partitur! Als Zugabe gabs Bach (ich vermute aus den Partiten).


    Als orchestraler Glanzpunkt stellt sich die Suk-Symphonie heraus:
    Orchester und Dirigent sind nun in Höchstform. Jirí Belohlávek kennt die Partitur offenbar sehr gut - sein Dirgat ist mit dem der vorigen Stücke kaum zu vergleichen. Sehr präsize, deutliche Schlagtechnik und der verzicht auf allürenbehaftetes "großes Getue" machen ihn mir sehr sympatisch!
    Das Orchester gibt alles - hervorzuheben wieder die ausgesprochen gut herausgearbeitete Dynamik und Agogik.


    Alles in alle ein sehr befreidigender abend, wenn ich auch selbst im Vornherein recht müde und erschöpft war. Ein etwas besser besuchter Saal hätte die Sache noch etwas runder für mich gemacht aber man kann ja nicht alles haben!


    LG
    Raphael

  • Gestern habe ich das Vokalensemble Chanticleer bei einem Konzert im Wiener Singverein erlebt! Es handelt sich um 12 Männer (SSSAAATTTBarBB), und sie haben den Goldenen Saal gestern zum Beben gebracht!


    Für alle, die sie nicht kennen:


    Zitat

    Chanticleer, von dem amerikanischen Wochenmagazin New Yorker als „weltweit bedeutendstes Männerensemble" bezeichnet, feiert in der kommenden Konzertsaison 2007-2008 sein 30-jähriges Bestehen. Der Gewinner mehrerer GRAMMY® Awards wird in über 100 Konzerten in 22 US-Bundesstaaten und auserlesenen europäischen Städten zu hören sein.
    [...]
    Chanticleer [...] has been named the 2008 “Ensemble of the Year” by the editors of the Musical America International Directory of the Performing Arts. The award is especially notable this year because it is the first time a vocal ensemble has been so recognized. Awards in this category have usually been given to instrumental ensembles, including such recent recipients as the Philharmonia Baroque Orchestra, Ensemble InterContemporain, Bang on a Can All-Stars and the Kalichstein-Laredo-Robinson Trio.


    (Quelle: *ttp://www.chanticleer.org/)


    Gesungen wurden Stücke von William Byrd, Giovanni Pierluigi da Palestrina, Josquin Desprez, Andrea Gabrieli, Steven Stucky, Samuel Barber, Gustav Mahler, Steven Sametz, Francis Poulenc und György Ligeti. Am Ende wurde es wieder etwas lockerer, mit Volksliedern aus England und Irland und einigen Gospels.
    Es war einfach zum Dahinschmelzen! Man konnte richtig im Wohlklang baden - vielleicht ausgenommen von ein paar Stellen in einen wenigen Stücken, wo die grellen und lauten Dissonanzen von Ligeti jedoch beabsichtigt waren - immerhin handelt der Text des Stückes "Pápainé / Witwe Pápai" von Tötungsabsichten :D


    Pluspunkte: Sauberste Intonation (bis auf sehr wenige winzigste Ausnahmen, die sowieso nur jeder 10. hört und die live kaum zu vermeiden sind), sehr guter Chorklang und Balance, auch solistisch ausnahmslos tolle Leistungen (und weit gestreut... vom Kontra-H bis zum c3 war da alles dabei ;) Per Stimmgabel überprüft! :D ), Stilsicherheit - ich war nicht die einzige, die nach all der "ernsten" Musik überrascht von den mitreißenden, fetzigen Gospels war, die einen fast umgeblasen haben ;) Es gibt eben doch relativ viele Ensembles, die nur entweder das eine oder das andere gut können.
    Mein persönliches Highlight: Gustav Mahler, Ich bin der Welt abhanden gekommen (Rückert-Lieder, Arr. Clytus Gottwald) *schmelz* Einen Mitschnitt davon gibt es auf *ttp://chanticleer.org gleich auf der Startseite. Wobei sowas natürlich nie mit dem Live-Erlebnis vergleichbar ist.


    Minuspunkte: Einer der Sopranisten hatte stellenweise ein ziemlich starkes Vibrato, was mich an sich nicht stören würde (für sich allein), doch die Stimme wollte manchmal nicht so recht zum Klang der anderen passen, sondern fiel etwas aus dem Rahmen. Da das aber nicht annähernd die ganze Zeit über zu bemerken war, kann ich großzügig darüber hinwegsehen ;)
    Was mich aber extrem gestört hat, waren die Zuhörer, die zum Teil einfach nicht stillsitzen können - wie kleine Kinder! Konzert-Zerhuster sind ja leider sowieso überall an der Tagesordnung, aber hinzu kamen noch genügend Leute, die zu spät kamen und umständlich und ohne jede Hast ihre Plätze aufsuchten, während das Ensemble bereits mit dem ersten Stück begann. Und meine Lieblinge: Leute, die vorzugsweise an den atemberaubendsten Gänsehaut-Pianostellen vernehmlich im Programm blättern, so laut wie möglich raschelnd Bonbons auswickeln (auch wenn sie davor kein einziges Mal husten mussten), gefühlte zehn Minuten lang in ihrer Tasche nach der Brille suchen, schwere Gegenstände fallen lassen (ich frage mich immer noch, was da um Himmels Willen mehrmals so laut poltern konnte!), sich unterhalten oder das nicht ausgeschaltete Handy läuten lassen :no: Ich habe mich zum Teil wirklich extrem geärgert, wie man nur so gleichgültig der dargebotenen Musik, den anderen Zuhörern gegenüber und v.a. respektlos gegenüber den Künstlern sein kann!!! :motz: Glücklicherweise besserte sich das im zweiten Teil nach der Pause, oder ich habe mich nur daran gewöhnt, wer weiß. Fairerweise muss man sagen, dass es sich bei diesen "Lärmern" natürlich nur um eine kleine Minderheit im Publikum handelt - aber nervtötend ist es so oder so. Der Großteil der Zuhörerschaft schien sehr begeistert, was sich natürlich v.a. am Ende des Konzerts bemerkbar machte: Nicht enden wollender Applaus, Bravorufe, Gejohle (abgesehen von ein paar Leuten, die schon eine Sekunde nach Ausklingen des Schlussakkords des letzten Liedes aufsprangen und hektisch den Saal verließen - aber solche gibt es wohl immer)... die zwölf Herren gingen geschätzte hundert Mal von der Bühne ab und kamen wieder, und beschenkten uns mit 3 Zugaben :yes:


    Fazit: Grandioses Ensemble, grauenvolles Publikum :untertauch:


    Hier nochmal das Programm (ohne Zugaben, von denen weiß ich leider weder Titel noch Komponisten):


    Chanticleer
    My Spirit Sang All Day

    William Byrd: Sing joyfully
    William Byrd: Ave verum corpus
    Giovanni Pierluigi da Palestrina: Ave regina coelorum
    Josquin Desprez: El grillo è buon cantore
    Josquin Desprez: Je ne me puis tenir
    Andrea Gabrieli: Tirsi morir volea (dialogo)
    Andrea Gabrieli: Sento, sent’un rumor – Alla battaglia
    Steven Stucky: Cradle Songs
    Samuel Barber: A Nun Takes the Veil / Heaven-Haven op. 13/1
    Gustav Mahler: Ich bin der Welt abhanden gekommen (Rückert-Lieder)
    (Arr. Clytus Gottwald)
    *** ***
    Steven Sametz: I have had singing
    Francis Poulenc: Quatre petites prières de Saint François d'Assise S 142
    György Ligeti: Pápainé / Witwe Pápai
    György Ligeti: Idegen földön / In der Fremde
    György Ligeti: Magány / Einsamkeit
    Anonymus: Sometimes I feel like a motherless child / Spiritual
    Anonymus: Poor Pilgrim Of Sorrow / Spiritual



    War vielleicht noch jemand dort? :)

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