Literarische Empfehlungen - was lese ich gerade


  • es sollte eher erinnerungen an den wadenmesser wecken.
    es ist sein vorhergehender film :D


    Adalbert Stifter oder diese fürchterliche Wendung der Dinge ; Biographie / Wolfgang Matz. - Ungekürzte Ausg. - München : Deutscher Taschenbuch Verlag, 2005. - 405 S. ; 20 cm - (dtv ; 34220)
    Lizenz
    ISBN 3-423-34220-X


    :hello: aus stifterstadt
    (er wohnte ca. 50m um die ecke von mir)

  • Hallo observator, nun bist Du mir zuvorgekommen ...



    Wolfgang Matz: Adalbert Stifter oder Diese fürchterliche Wendung der Dinge. Biographie. München: Hanser 1995. ISBN 3-446-18317-5 (2005 auch als Taschenbuch bei dtv: ISBN 3-423-34220-X)



    Empfohlen wird auch:


    Peter Becher: Adalbert Stifter. Sehnsucht nach Harmonie. Eine Biografie. Regensburg: Friedrich Pustet, 2005.


    Ich habe es noch nicht gelesen, habe aber eine positive Rezensíon gelesen. Wenn Du das Buch eingoogelst, kannst Du Dir bestimmt ein Bild machen.


    grüße, A.

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Wenn ich nun klein geschrieben antworte, glauben einige ich kann es nicht besser. Ein zuvorkommender und entgegenkommender mensch der auf der falschen autobahnseite fährt und dabei franz werfel's, roman das lied der bernadette liest.
    wer hat dieses buch gelesen?


    Padre :yes: :yes: :yes:

  • padre mio!
    man sieht dir die fleißschnaubende anstrengung direkt an. und: gelungen :jubel:


    lied der b. -ist das nicht ein ziemlicher katholischer schmus?


    :hello:

  • Zitat

    Original von Andrew


    Wolfgang Matz: Adalbert Stifter oder Diese fürchterliche Wendung der Dinge. Biographie. München: Hanser 1995. ISBN 3-446-18317-5 (2005 auch als Taschenbuch bei dtv: ISBN 3-423-34220-X)


    @ Observator: Danke für den Tipp- obwohl das Cover ein wenig blutrünstig ist :D


    @ Andrew: Die Biographie von Matz habe ich gelesen- gut lesbar, und auch ansonsten brauchbar. Freut mich übrigens hier noch einen weiteren Stifter-Freund zu treffen :D


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Padre
    Ein zuvorkommender und entgegenkommender mensch der auf der falschen autobahnseite fährt und dabei franz werfel's, roman das lied der bernadette liest.
    wer hat dieses buch gelesen?


    Ich- aber es ist schon eine Weile lang her, ungefähr solange wie die "Vierzig Tage des Musa Dagh". Letzteres hat bei mir einen stärkeren Eindruck hinterlassen.


    Schmus lieber Observator ist ein wenig stark :D


    Man muss sich eben einmal die biographische Situation des Dichters vor Augen führen: Er hatte ein Gelübde abgelegt, dieses Buch zu schreiben- wenn ihm die Flucht vor den Nazis gelänge. Das erklärt vielleicht diesen schwärmerisch-schlichten Gestus des Buches.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Zitat

    Original von Padre
    Die Ferien in Rheinland- Pfalz begannen am 28.3 und gehen bis 13.4. Bayern steht schlechter da! :hahahaha:
    Padre


    Jetzt hat´s auch der Padre klaviert... :jubel:

    Viva la libertà!

  • Guten Morgen.


    Bei mir frisch auf dem Büchertisch: "Bürgerlichkeit als Lebensform", späte Essays von Joachim Fest.
    Fest erscheint mir eine Art Gegenentwurf zu Grass zu sein, siehe auch seine Biographie "Ich nicht". Ich schätze ihn als Denker und Stilisten jedenfalls sehr. Zumal ich ihn bei einer Lesung und dort als echten Intellektuellen mit Freude an der (kontroversen) Diskussion erleben konnte.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Lieber Observator,
    Christian hat schon darauf hingewiesen, " schmus" ist eine sehr unzutreffende Bezeichnung.Ich bin genau so wenig Literatur-wie Musikkritiker,- um Werfel ausreichend würdigen zu können, aber so eine gewaltige, durchdringende Sprache habe ich bisher selten angetroffen.
    Mich hat das Buch sehr bewegt! :yes:
    Padre

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  • Zitat

    Original von observator
    ach, ihr kennt mich ja schon a wengerl...


    Aber klar doch :D :D :D


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Alma Rose Wien 1906/Auschwitz 1944
    Eine Biographie
    Richard Newman mit Karel Kirtley
    Weidle Verlag

    Der Kanadische Musikkritiker Richard Newman zeichnet ein eindrückliches Bild dieser komplexen Persönlichkeit zwischen Glamour und Tragödie.
    Alma Rose enstammt dem musikalischen Adel des Wiens der Jahrhundertwende. Ihre Eltern waren Arnold Rose, Konzertmeister der Wiener Philharmoniker und Leiter des berühmten Rose-Quaetetts, und Justin Mahler, Schwester Gustav Mahlers; ihre Patentante war Alma Mahler-Werfel.

  • Bin ja selber Hobbyschreiber und habe mir von der Buchmesse ,wo ich eingeladen war, ein paar Bücher mitgebracht. Die werde ich dann noch vorstellen.
    Viele Grüße
    Padre :jubel:

  • Zitat

    Fest erscheint mir eine Art Gegenentwurf zu Grass zu sein, siehe auch seine Biographie "Ich nicht".


    Hallo lohengrins - den Eindruck habe ich auch, wobei ich "gegen" hier als komplementär verstehe. So faszinierend ich bei Grass die mitunter barocke Sprachfülle finde, so ansprechend finde ich hier den eher nüchternen und reflektierten Stil von Fest. Gerade durch die nicht emotional aufgeladene Sprache steckt viel Gefühl in dieser Beschreibung. Das ist wirklich große Kunst.


    Vielleicht magst Du etwas zu Fests Essays schreiben. Würde mich interessieren.


    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo Andrew,


    gern schriebe ich ein wenig zu Fests späten Essays. Allerdings habe ich erst angefangen, das Buch zu lesen, das sich nun auch nicht so wegschmökert, sondern in kleineren Dosen konsumiert werden sollte.
    Aber wenn man schon den ersten Beitrag nimmt (einer Dankrede zum Erhalt des Thomas-Mann-Preises) wird einiges von dem aufgefächert, was Fest ausmacht und beschäftigt hat.
    Beeindruckend eine Kurz-Interpretation verschiedener Personen des Mann-Kosmos ("... Gustav Aschenbach, den erschöpften, ins Glück der Selbstaufgabe desertierenden Leistungsethiker ..."). Dann der eigentliche Gegenstand, die Bürgerlichkeit. Fest befasst sich eingehend damit, was "den Bürger" ausmacht (Leistungsidee, der Wille zum Herausragenden, Sinn für individuellen Rang, Faszination durch das Einzigartige, die ununterdrückbare Neigung zu Kritik und Selbstkritik, Selbsterziehung, usf.). Was vermutlich für nahezu alle Tamino-Mitglieder gelten dürfte, spielt auch eine Rolle, das Bildungsbürgertum; gemeint als "vom elementaren Hunger nach geistigen Erfahrungen lebenslang geprägte Persönlichkeit".
    Er kommt aber auch zu seinem zentralen Thema, zu Hitler. Dem "großen Ruinierer", der es allerdings nicht bewältigt habe, das Bürgertum zu zerstören (auch wenn jenes vor ihm versagte). Und in einigen der folgenden Essays wendet er sich dann diesem "Gossen-Thema", der Nazi-Zeit, zu. Dabei ist für mich der entscheidende Punkt, dass Fest aus seiner Lebensgeschichte (s. "Ich nicht") ein Gegenbild zu dem - nicht zuletzt von Grass beharrlich gepflegten - Bild aufzeigt, demzufolge die Hinwendung zum Nazismus damals unabwendbar gewesen sei. Da ist er übrigens mit einem anderen von mir geschätzten Autor, Sebastian Haffner (vor allem auch in "Geschichte eines Deutschen"), auf einer Linie; es gab auch damals sehr wohl menschliche Werte, nicht zuletzt bürgerliche Werte, die es dem Betreffenden schlicht verwehrten, ein Nazi zu sein. Insofern ist Fest wiklich komplementär zu Grass zu sehen.
    So viel erst mal von mir.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Hallo lohengrins,
    vielen Dank für diese tolle Einführung. :jubel: Ich habe leider nur noch wenige Seiten in Fests "Ich nicht" und muss mir das sorgfältig einteilen. Danach werde ich mir die von Dir empfohlenen Aufsätze vornehmen.


    Zitat

    "Ich werde in rund zehn Minuten da vorn durch das Lagertor gehen. Von da an wird es mein ganzes Glück sein, dass Leute Ihrer Art endlich wieder 'Sie' zu mir sagen müssen!"

    Das war gestern Abend der letzte Satz, den ich gelesen habe. Es beeindruckt mich, wie jemand als Jugendlicher schon so eine charakterstarke und selbstbewusste Persönlichkeit ist und auch in so einem System aufrecht geht.


    Ja, bei Grass läuft die Sache anders, und auch die Perspektive ist eine andere. Vielleicht ist es bezeichnend, dass es in dieser Zeit so gegenläufige Lebensläufe gab. Ich unterstelle beiden, dass sie "ihre" Geschichte subjektiv wahr erzählen. Fest ist in einem anderen Milieu aufgewachsen, das durch enge Verbindung zur Kirche und durch die politische Einstellung des Vaters geprägt war und dadurch schon in Distanz und Ablehnung zu den Nazis stand. Aber Entscheidungen und Lebenswege lassen sich nun einmal nicht nur aus einem Lebenskontext heraus erklären. Da bleibt immer etwas offen.


    Zitat

    Da ist er übrigens mit einem anderen von mir geschätzten Autor, Sebastian Haffner (vor allem auch in "Geschichte eines Deutschen") auf einer Linie


    :yes: Ja. Haffner wäre hier auch ein lohnendes Thema für einen ausführlicheren Austausch. Ich habe fast all seine Bücher gelesen, einiges sogar zweimal. Aber davon ein anderes mal. Erst einmal vielen Dank an Lohengrins für den interessanten Einblick in das Buch!


    Grüße aus Nordwest von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Zitat

    Original von Andrew
    Ja. Haffner wäre hier auch ein lohnendes Thema für einen ausführlicheren Austausch. Ich habe fast all seine Bücher gelesen, einiges sogar zweimal. Aber davon ein anderes mal.


    Haffner schätze ich seit langem. Erstaunlicherweise habe ich "Geschichte eines Deutschen" erst vor wenigen Monaten das erste Mal gelesen. Grandioses Buch. Ausdrücklich lobend hinweisen möchte ich auf "Preußen ohne Legende" - spannend und lehrreich war es für mich, das Buch parallel zu Joachim Fernaus "Sprechen wir über Preußen" zu lesen.


    Derzeit liegen aber völlig andere Bücher auf meiner Schreibtischkante, nämlich die Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett: "Es heißt, die Welt sei flach und werde von vier Elefanten getragen, die auf dem Panzer einer riesigen Schildkröte stehen..."


    Alfons


  • Nagel, Ernest, and James R. Newman: Gödel's Proof.
    Ed. and with a New Foreword by Douglas R. Hofstadter.
    New York: New York University Press (2001).


    Ein netter kleiner Band von Ernest Nagel und James R. Newman in einer Neuausgabe, editiert und mit Vorwort und Anmerkungen von Douglas R. Hofstadter, dessen Gödel, Escher, Bach: An Eternal Golden Braid ich kürzlich nach vielen Jahren endlich wieder gelesen habe. (Diesmal habe ich ein bißchen mehr verstanden als mit 16, hoffe ich!)


    Gödel's Proof, ursprünglich erschienen 1958, hatte Hofstadter im Alter von 14 Jahren gelesen, und es gehörte zu den Quellen, die ihn später zu Gödel, Escher, Bach inspirierten; mit den Nagels war Hofstadters Familie gut befreundet. Umso mehr freute es ihn dann, als die New York University Press ihn fragte, ob er nicht die Neuauflage editieren wolle!


    ^_^J.

  • Dem Lob für Sebastian Haffner kann ich mich nur anschließen - "Von Bismarck zu Hitler", "Historische Variationen" und die "Geschichte eines Deutschen" kenne und schätze ich bisher.


    Ein manchmal provaktiver, sehr fruchtbarer Geist, der zum Nachdenken anregt. Sein Verhältnis mit Joachim Fest scheint allerdings nicht ganz unproblematisch gewesen zu sein.


    Sein Buch über Preußen werde ich lesen, sobald ich mit Edward Saids "Orientalism" und "Culture and Imperialism" fertig bin.


    Die Lektüre von Witiko werde ich dieses Wochenende wohl auch beenden können.


    Als "Fortsetzung" böte sich die vom observator empfohlene DVD an, nur leider weiß ich immer noch nicht, was ich davon zu erwarten hätte - kann sich da jemand erbarmen und mich über den Inhalt dieser DVD aufklären???


    LG,
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

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  • Hallo Flo,


    ich möchte Dir von Haffner unbedingt auch die "Anmerkungen zu Hitler" ans Herz legen. Die sind sehr auf den Punkt. Hier zeigt sich dann auch meines Erachtens recht gut der Unterschied zu Fest. Sein Hitler ist nun wirklich ein opus magnum - und das soll es auch ganz bewusst sein, es ist darauf angelegt. Bei aller Wertschätzung für Fest habe ich mich damit stets ein wenig schwer getan, wenngleich ich die Auseinandersetzugn damit nie bereute. Ganz anders geht Haffner an das Thema ran, nämlich journalistisch knapp, verständlich und zwingend in der Argumentation.
    Beide Werke auf ihre Weise unbedingt lesenswert.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Hallo lohengrins und Barockbassflo,


    ich kenne Sebastian Haffner vor allem als Buchautor. Die meisten Fernsehauftritte bei Werner Höfer oder in seinen eigenen TV-Kolumnen hatte er "vor" meiner Fernsehzeit. Immerhin habe ich ihn zum ersten Mal doch im Fernsehen erlebt. In der Geschichts-Doku "Dokumente Deutschen Daseins" trat er regelmäßig als Gesprächspartner von Hellmut Diwald auf. Er hat mich ungeheuer fasziniert, und so habe ich schon als Schüler einige seiner Bücher gelesen.


    Sein Hitler-Buch halte ich nach wie vor für eine hervorragende, kenntnisreiche und scharfsinnige Analyse. :yes:


    Über jedes seiner Bücher könnte man nun berichten. Was mir besonders gefällt, sind seine "Schneisen". Das sind verblüffende, manchmal zuerst etwas verrückt einseitig und phantasievoll klingende Theorien, die aber eben bei einem Mann wie Haffner mit einem derartig umfassenden und durchdachten Wissen und einer großartigen sprachlichen Begabung sehr tiefe Einblicke in historische Prozesse erlauben. Beispiel: In seinem Buch 'Die sieben Todsünden des Deutschen Reiches im Ersten Weltkrieg' liefert er nicht nur geniale Theorienzum irregeleiteten handeln der deutschen Regierung im Krieg, sondern bewertet auf diesem Hintergrund auch Probleme der deutschen Politik un den fünfziger Jahren.


    Mein Lieblingsbuch? Fast alle. Besonders gern habe ich die Bücher über Churchill und Hitler, über die Novemberrevolution, seine Deutsche Geschichte (Von Bismarck zu Hitler), sein Preußen-Buch und seine Autobiografie gelesen.


    Aber auch die Kurztexte und Rezensionen sind Diamanten! Natürlich sind sie z.T. nach über 30 jahren nicht mehr aktuell, aktuell aber ist seine herangehensweise und seine ungewöhnlichen Perspektiven und Einblicke, die ihm sein besonders Urteilsvermögen ermöglichen.




    In diesem Jahr, am 27. Dezember, ist übrigens sein einhundertster Geburtstag. :jubel:


    Ich habe bei JPC geschaut, als ich das obige Cover verlinkt habe. Da sind doch noch einige Dinge erschienen, die mir nicht so geläufig sind. Wie schön, dass man doch noch etwas vor sich hat!


    Schöne Grüße vom 1. Vorsitzenden des Sebastian-Haffner-Fanclubs/ Region Nordsee, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Lieber l.,


    Fests "Hitler" habe ich zweimal gelesen und mir auch recht schwergetan damit. Der Haffner zum Thema steht schon auf meiner Liste für die Zeit, wenn ich mich wieder mit H. beschäftigen möchte - im Moment eher nicht allerdings, Überdosen dieser Materie sind nicht besonders gut für den allgemeinen Gemütszustand...


    Trotzdem herzlichen Dank für die Empfehlung,
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Barockbassflo
    Sein Buch über Preußen werde ich lesen, sobald ich mit Edward Saids "Orientalism" und "Culture and Imperialism" fertig bin.


    8o


    — hätte nicht gedacht, hier jemanden zu finden, der Said liest: und dann gleich so viel und dazu im Original! Wie bist Du dazu gekommen? In Deiner Selbstbeschreibung im Vorstellungs-Thread finde ich keine Anhaltspunkte ... :)


    :hello:
    ^_^J.

  • Zitat

    Fests "Hitler" habe ich zweimal gelesen


    Bewundernswert, Lieber Barockbassflo! Obwohl ich wirklich ein Büchermonster bin, habe ich das nie geschafft. Keine der großen Hitlerbiografien, obwohl ich sie z.T. sogar habe. Die dicken-Kaiser-Wilhelm-Schwarten von Röhl, oder Boyles Goethe-Schinken - kein Problem! Aber bei AH packe ich das einfach nicht. Da reicht mir fast der Haffner.



    Aus dem Klappentext:


    Monatelang führten die Anmerkungen des kenntnisreichen Außenseiters die Bestsellerlisten an. In sieben eigenständigen Kapiteln mit den Titeln 'Leben', 'Leistungen', 'Erfolge', 'Irrtümer', 'Fehler', 'Verbrechen' und 'Verrat' versucht der Autor, das Phänomen Hitler von verschiedenen Seiten, unter verschiedenen Aspekten und an verschiedenen Schlüsselstellen seiner Lebenskonstellation zu erhellen - einer Lebenskonstellation, die uns mit ihren abrupten Brüchen und Sprüngen und ihren politischen Erlösungs- und Rettungsmythen noch immer Rätsel aufgibt.


    Zitat

    Überdosen dieser Materie sind nicht besonders gut für den allgemeinen Gemütszustand


    Ist wohl natürlich, aber bei Interesse kann ich diese Lektüre wirklich nur sehr empfehlen!


    Schöne Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo,


    Sebastian Haffner (dieses Pseudonym leitet sich aus seinen beiden Lieblingskomponisten Bach und Mozart ab) war in seiner - im positiven Sinne - feuilletonistischen Art, Geschichte zu erzählen ein im deutschen Sprachraum leider viel zu selten vertretener Typus (auch wenn, oder vielleicht gerade weil er von Hause aus kein studierter Historiker war). Auf eine stilistisch sehr klare und leicht verständliche Art vermochte er komplizierte Vorgänge für jedermann begreifbar zu schildern. Seine "Anmerkungen zu Hitler" würde ich, obwohl sie nach fast 30 Jahren sicherlich nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand entsprechen, jedem Jugendlichen empfehlen, der etwas über die Person Hitler erfahren und seine fatale Faszination, die er auf die Deutschen ausübte, verstehen will. Aus der "Geschichte eines Deutschen" kann man lernen, wie eine Gesellschaft allmählich in eine Diktatur umkippt und wie sich dies bis in die persönlichen Beziehungen hinein auswirkt.


    Haffner war ein origineller und auskunftsfreudiger Kopf, der in den 70er und 80er Jahren sehr oft im Fernsehen zu sehen war. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Sendung "Vor 40 Jahren" im 3. Programm des NDR, wo immer komplette Wochenschauen aus verschiedenen Ländern gezeigt wurden und Zeitzeugen oder Historiker diese Wochenschauen kommentierten. Haffner war in der Sendung fast so eine Art Stammgast und seine Analysen insbesondere der NS-Wochenschauen waren immer sehr präzise und erhellend. Auch wenn man nicht immer mit allen seinen Thesen übereinstimmen mag und er sich manchmal auch etwas bei tagespolitischen Dingen verrannte, so fehlt uns doch ein solcher Mann wie Haffner. They don´t make ´em like that anymore...


    Ich selbst lese momentan im englischen Original:



    Von der internationalen und auch deutschen Kritik einhellig als das neue Standardwerk zum Thema Preußen gefeiert, schafft es der englische Historiker Christopher Clark, ein abgewogenes und faires Urteil über diesen gerade in Deutschland einseitig negativ dargestellten Staat zu fällen, das sich Bewunderung nicht versagt, aber auch die Schwächen dieses Staatsgebildes aufzeigt. Vor allen Dingen bereitet er der Legende ein Ende, dass die Nazis Erben und "Vollstrecker" der preußischen Staatsidee gewesen seien. Wie es in einer Rezension des "Guardian" richtig heißt: The Nazis didn't build on this tradition. They fed on it like jackals. Unbedingt empfehlenswert!


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,


    das ist ein interessanter Buchtip. Ich habe schon ein paar Rezensionen über Google gefunden und gelesen.


    Interessant fand ich diese (Kultur Info):


    Zitat

    Der unschätzbare Vorzug von Clarks profunder Analyse ist, daß er den langwierigen und noch immer andauernden Streit um Preußens Vorzüge und Nachteile Deutschland meidet sondern sachlich - spannend, als ein glänzender Erzähler, Ereignisse darstellt - die Stein - Hardenbergschen Reformen ebenso wie die Rolle der Junker östlich der Elbe mit ihrer dominierenden Macht im Zeitalter der europäischen Revolutionen, über Fronarbeit aber auch über freie Pachtbauern, über die Rolle des Pietismus, das Verhältnis von König und Staat unter Friedrich dem Großen, die Förderung von Kultur und Architektur, die Rolle und die Bedeutung der Juden, Armee und Staat, Kriege, Revolution, Demokratisierung und die Rolle Preußens bei der Machtergreifung Hitlers, schließlich bis zur Auflösung erst im Februar 1947. Dabei macht Clark die Entwicklungen an vielen Beispielen deutlich. Wie profund Clark vorgegangen ist zeigen zwei Zahlen : Nur die Auswahl der Bibliografie, auf die sich Clark beruft, umfasst 22 Seiten, die Anmerkungen 80 Seiten. Andreas Kilb in der FAZ meint : Wenn es je einen ausländischen GFeschichtswissenschaftler gab, der den Staat und die Idee Preußens nicht nur mit dem Intellekt sondern auch mit der Seele gesucht hat, es ist Christopher Clark." Der britische Observer kommentiert : Es ist nicht möglich Preußens Triumph und Tragödie besser zu erzählen!" Für uns Deutsche wird mit dieser Lektüre deutlich, welche Bedeutung Preußen bis heute hat, oft kaum erkennbar, in Verhalten, Forderungen von Politikern und Pädagogen ebenso wie in den Beziehungen zwischen deutschen Regionen oder Bundesländern - zwischen Berlin und München, Berlin - Brandenburg zu Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz - es sind die Nachwirkungen im einstigen Zusammenspiel und in den Gegnerschaften eines Europa der Vergangenheit.


    Ach ja, eigentlich müsste ich in den Ruhestand gehen und das Hören von Musik-CDs aufgeben, damit ich mehr Zeit zum Lesen habe. Es gibt so viele Bücher, und der Stapel Zuhause wächst weiter. Aber ich habe den Eindruck, dass es auch anderen so geht. Umgekehrt wäre es ja ein Alptraum, buchlos zu sein ... :faint:


    Ich werde mir das Buch wohl auf Deutsch besorgen. Das Nachschlagen von Vokabeln dauert einfach zu lang...


    Die deutsche Übersetzung ist bei der DVA erschienen:



    Clark, Christopher
    Preußen
    Aufstieg und Niedergang 1600-1947
    Barth, Richard; Juraschitz, Norbert; Pfeiffer, Thomas
    Deutsche Verlags-Anstalt


    Freundliche Grüße, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo GiselherHH, Andrew —


    Zitat

    Original von GiselherHH
    Ich selbst lese momentan im englischen Original:
    [Iron Kingdom by Christopher Clark]
    [...]
    Unbedingt empfehlenswert!


    Hilfe, Luft ... diese beiden Threads „Was hört ihr gerade jetzt“ und „Was lese ich gerade“ haben das Potential, mich bettelarm zu machen ... :(


    Im Ernst: Das hört sich mehr als vielversprechend an. Da meine Familiengeschichte auch ein gutes Stück Preußen enthält, wußte ich schon immer, daß die Preußen nicht die „Hunnen“ waren, aber manchmal (zumindest früher) hatte ich den Eindruck, als wüßte das sonst niemand ... außer vielleicht, wie hieß er noch, grübel ... google ... ach ja Joachim Fernau, den ich zu meiner Gymnasialzeit (mehr zu meinem Amüsement als zur Bildung) gelesen hatte. Dessen Buch über Preußen rückte tatsächlich ein paar Dinge gerade.


    Aber Clarks Iron Kingdom kommt sofort auf meine Waiting-for-the-Paperback-Edition-Liste ...


    Danke für den Tip!
    ^_^J.

  • Hallo.


    Habe mir gerade heute vormittag (entschuldigung, gestern) Clarks "Preußen" geholt. Mein Eindruck nach knapp 100 Seiten: Sehr gut zu lesen, weil klar strukturiert und nicht zu sperrig formuliert (übersetzt). Natürlich sehr sehr viele Informationen, aber doch so aufbereitet und gereiht, dass man sie verarbeiten kann. Ich weiß jetzt nicht recht, ob es den Schoeps gleichsam überflüssig macht, aber eine empfehlenswerte Lektüre ist in jedem Fall.


    Gute Nacht.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Lieber ^_^J.,


    ja, der Post im Vorstellungsthread beleuchtet nur einen kleinen Teil meiner Persönlichkeit - der Eskapismus ist nur innerhalb der Welt der Kunst Programm, außerhalb bemühe ich mich durchaus, mir ein Bild von der Welt zu machen. Und da schien mir Edward Said ein idealer Einstieg um die Bildungslücken in Richtung Osten zu behandeln.


    Noch zu Haffner: die Churchill-Biographie kenne ich natürlich auch, sie hat mich zum Churchill-Verehrer gemacht. Ein geschliffenes Juwel.


    Das Preußen-Buch von Clarke lacht mich auch schon länger an, vielleicht bringe ich es mir aus England mit, mal sehen.


    Vorher würde ich aber auch noch gerne mehr Hannah Arendt lesen - ihr Buch über Totalitarianismus kenne ich bisher nur in Auszügen, finde es aber sehr interessant. Und dann Fritz Sterns Buch über den Kulturpessimismus als eine Wurzel für die Anfälligkeit weiter Teile des Bürgertums für die Ideologie der Nazis - alles Dinge, die mich weit mehr interessieren als die Biographie H.s selbst.


    Und dann wartet noch das Wieland'sche Gesamtwerk auf mich, diese Kette von Perlen wahrhaft human-aufgeklärten Schrifttums, dem seine wohlabgewogene Mittelstellung so verhängnisvoll geworden ist, was die Nachwirkung betrifft. Ich verehre ihn sehr, besonders sein Wille zur Leichtigkeit hat es mir angetan.


    Und dann wartet auch noch Jacques Derrida - Schlafen ist echt ein Atavismus...


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

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