Bach, Das Wohltemperierte Klavier Teil 1 und 2


  • Kunst der Fuge hat Gould nicht komplett eingespielt, WTK schon. Und es ist auch die von mir bevorzugte Version.

  • Zitat

    Original von Gerrit_Stolte


    Wehement abraten möchte ich von Rosalyn Tureck, eine völlig überschätzte Künstlerin, deren Bach mich einschlafen lässt.


    Danke für die Warnung, hätte sonst gerade auf ebay eine Version gekauft. So lasse ich es dann man bei Jacotett, Martins und Gould - vorerst

  • Ich habe eine Frage bezüglich des Titels.


    Schweitzer schreibt in seinem Buch


    ""Wohltemperiertes Klavier" überschrieb er das zu Cöthen vollendete Werk zur Verherrlichung einer Errungenschaft, auf welche die damalige musikalische Welt mit leicht begreiflicher Befriedigung hinblickte. Auf den alten Tasteninstrumenten war es unmöglich gewesen, in allen Tonarten zu spielen, weil Quinten und Terzen auf natürliche Art, nach dem durch Abteilung der Saite gegebenen absoluten Intervallen, gestimmt waren. So erhielt man eine Tonart zwar rein; die anderen aber waren mehr oder weniger unrein, weil die als Terzen oder Quinten vorher für diese Tonart festgelegte Saiten nicht richtig hineinpassten. Es musste nun ein Plan gefunden werden, Terzen und Quinten nicht absolut, sondern relativ, "temperiert", zu stimmen und sie in einer gewissen Schwebung zu halten, dass sie in keiner Tonart ganz rein, in allen aber erträglich waren".


    Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich dem als absoluter Laie nicht ganz folgen kann. Könnte mir einer unter Euch das mit anderen Worten näher bringen ?

    29.08.1958 - 25.06.2009
    gone too soon

  • Salut,


    das einstige 'Problem' basierte darauf, dass [stark vereinfacht ausgedrückt] die Abstände der einzelnen Töne nicht ganz genau waren [und auch heute nicht sind]. Würde man Ganz- und Halbtonabstände zum nächsten Ton exakt festlegen, würde man bereits nach kurzer Zeit ganz woanders landen, als man es sich gedacht hat [ein Don Giovanni in reiner Stimmung gespielt, würde in d-moll beginnen und in As-Dur enden - hat mal ein schlauer Kopf ausgerechnet]. Bei Streich- und Balsinstrumenten sind diese z. T. minimalen Differenzen [aber Kleinvieh macht auch Mist] schnell und manuell 'auszugleichen' [das Ohr hört eben mit], bei Tasteninstrumenten hingegen nicht, da die Höhe eines jeden Tones quasi 'für immer' [bis zur nächsten Stimmung :D ] festgelegt waren. Wenn man nun die Tonart wechselt, passt nichts mehr zusammen, es entstehen fürchterliche Disharmonien. Es gab [auch zu Bachs Zeiten bereits] komplizierte Instrumente mit fürchterlich knarrenden Umstimmhebeln, die beim Wechsel der Tonart zu bedienen waren [zusätzlich zum Spiel und störender Weise]. Um dies einigermassen auszugleichen, 'erfand' man die sogenannte 'wohltemperierte' Stimmung, die quasi als Kompromiss gelten kann: Es klingt nicht alles sauber, aber das meiste und man kann einige Hebel weglassen.


    Mit zu der 'Problematik' gehört, dass z.B. ein Fis nicht gleich einem Ges ist, auch wenn es mathematisch korrekt gleich notiert ist. Heute ist ein Fis als Leitton z.B. in G-Dur näher am G angesetzt, als ein Ges [welches zum F führt].


    Vor lauter Freude, dass Bach nun von seinen drei Armen einen frei hatte, hat er sich gleich ans Werk gemacht, und Stücke in quasi allen Tonarten komponiert, die man - ohne entweder das Instrument zu wechseln oder das einzig vorhandene vorher umstimmen zu müssen - hintereinander weg spielen konnte. Entsprechend angeberisch ist der Aufbau beider WTK-Bände in steigenden Halbtonschritten nach oben jeweils ein Stück [Praeludium und Fuge] in Dur, eines in moll und als 'Krönung' sozusagen die enharmonische Verwechslung, die nun ohne Probleme spielbar war: Als Beispiel sei das Praeludium es-moll mit anschliessender Fuge in dis-moll genannt [wobei hier dann auf dem Clavier es = dis !]


    Man korrigiere mich gerne...


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Nach den vielen mehr oder weniger kritischen Kommentaren, die ich bis jetzt zu Barenboims WTK-Aufnahmen gelesen habe, habe ich mir die 5(!) CDs jetzt bestellt. Meinem Geschmack kamen bisher am ehesten die Spielweisen von Gould und Gulda entgegen oder ich hörte das Werk gleich lieber am Cembalo gespielt, und jetzt würde mich auch mal interessieren, wie - um es mit Christians Worten zu sagen - das andere Ende der Gould-Skala klingt. Dann weiß ich auch gleich, was mich im Juni erwartet, wenn Barenboim sich im Konzerthaus mit dem WTK2 die Ehre gibt. Angeblich ein sehr "romantischer" Bach. Naja, und wenn das vielleicht auch schön ist?


    Kann jemand etwas zur Aufnahme von Till Fellner sagen? Bisher ist ja nur das WTK1 erschienen, glaube ich.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo zusammen,


    ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, warum anscheinend viele meinen, das "Wohltemperirte Clavier" oder zumindest jeder seiner beiden Teile sei als ein Werk zu betrachten und daher auch als Ganzes zu hören.
    Ich höre sehr gerne Fugen und nicht zuletzt die aus diesen Zyklen, aber ich glaube, ich habe diese noch nie in einem Rutsch gehört. Das wäre mir ehrlich gesagt too much. Vielleicht lässt sich sogar darüber streiten, ob überhaupt die jeweils einander zugeordneten Präludien und Fugen ein Werk darstellen.


    Sicher ist so eine Fuge mit zugehörigem Präludium eine recht kurze Musik. Aber dafür weist sie eine Dichte auf, mit der in der Regel vergleichbar kurze Klavierstücke aus der klassisch-romantischen Epoche nicht mithalten können. Das ganze WTC oder auch nur einen der beiden Teile komplett hintereinander wegzuhören kommt dem Projekt gleich, Beethovens Symphonien oder (was die Zeitdauer angeht dieselbe Größenordnung) alle Opera Weberns (1 - 31) auf einmal zu hören.


    Viele Grüße, Boris


    :hello:

  • Zitat

    Original von Kontrapunkt
    ehrlich gesagt ist es mir ein Rätsel, warum anscheinend viele meinen, das "Wohltemperirte Clavier" oder zumindest jeder seiner beiden Teile sei als ein Werk zu betrachten und daher auch als Ganzes zu hören.
    Ich höre sehr gerne Fugen und nicht zuletzt die aus diesen Zyklen, aber ich glaube, ich habe diese noch nie in einem Rutsch gehört. Das wäre mir ehrlich gesagt too much. Vielleicht lässt sich sogar darüber streiten, ob überhaupt die jeweils einander zugeordneten Präludien und Fugen ein Werk darstellen.


    Das ist ja auch völlig richtig. Das WTK ist weder für Aufführung in einem Rutsch noch überhaupt für öffentliche Darbietung gedacht. Es ist in aller erster Linie als eine Art "Lehrbuch" für angehende Komponisten und Pianisten gedacht bzw. als Sammlung exemplarischer Klavierstücke/Fugen. Wenn überhaupt kann Bach nur private "Aufführungen" zum eigenen Vergnügen oder im kleinen Kreis, und dann auch immer nur von Auszügen im Blick gehabt haben.
    Ich höre schon mitunter mal einen halben Band (also eine CD) komplett durch. Aber hier sind LPs entspannter: eine LP-Seite sind ca. 4-5 Präludien&Fugen; manchmal reicht das, wenn man Lust hat, hört man halt noch die zweite Seite. ;)


    Zitat


    Sicher ist so eine Fuge mit zugehörigem Präludium eine recht kurze Musik. Aber dafür weist sie eine Dichte auf, mit der in der Regel vergleichbar kurze Klavierstücke aus der klassisch-romantischen Epoche nicht mithalten können.


    Das würde ich so nicht sagen. Ein Präludium ist dafür i.d.R. viel "lockerer" als ein Sonatensatz. Und die Strenge der Fuge ist ja eine Erleichterung für den Hörer, wenn er einmal das Prinzip erkannt hat.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Bei mir mehren sich allmählich auch die Aufnahmen vom WTK, zumindest mit Klavier (obwohl ich ein Verehrer des Cembalo bin). Ich muss aber auch betonen, dass ich weder Musiker noch Bach-Kenner bin, sondern einfach ein leidenschaftlicher Hörer dieser Musik, und mein Geschmack ist vor allem von bisherigen Gewohnheiten beeinflusst - die ich aber stets auch gerne zu ändern bereit bin.


    Barenboims eher romantisierendes Konzept, das stellenweise vom "größeren Klang" her an Busonis Bearbeitungen erinnert - ich habe erst die 3 (!) CDs vom WTK II gehört - finde ich interessant, aber er ist nicht ganz konsequent bei der Durchführung. Mir gefällt die Aufnahme nur bei manchen Stücken. Ich verstehe oft die langsamen Tempi nicht, denn es ist auf einmal der Zusammenhalt nicht mehr da - es ist für mich, als würde das Stück auseinanderfallen oder einschlafen. Was mich besonders stört, ist, dass ich ununterbochen das Pedal höre (jetzt nicht nur in der Musik sondern direkt jeden einzelnen Pedaltritt *pf-pf* *pf-pf*), und dass Barenboim manchmal nicht ganz sauber spielt. Außerdem gefällt mir der Klang des Klaviers nicht besonders gut, und die Aufnahmetechnik scheint auch nicht ganz perfekt gewesen zu sein, was mich wundert, da doch im Studio aufgenommen wurde (Teldex Studio Berlin, 26. bis 29. Dezember 2004). Trotzdem: ich bereue den Kauf nicht und werde nicht zum letztenmal hineingehört haben, auch wenn die Aufnahme nicht zu meinen Favoriten gehört.




    Blöd, dass ich nicht wusste, dass es demnächst beide Teile des WTK in einer Box gibt - das wäre noch billiger gewesen als die beiden Teile jeweils zum Midprice zu kaufen. Die Box mit den 3 CDs WTK II samt Booklet ist sehr schön gestaltet, das möchte ich schon noch erwähnen. Sie ist etwas breiter als ein normales Jewelcase.





    Bei Till Fellner (WTK I) kann ich gar nichts aussetzen. Ich bin ganz entzückt von dieser Schlichtheit und technischen Perfektion. Zum ersten Mal gefällt mir sogar das C-Dur-Präludium.




    Aufgenommen wurde 2002 im Jugendstiltheater in Wien, das auf dem riesigen Areal des psychiatrischen Krankenhauses auf der Baumgartner Höhe auf einem Hügel steht, und in dem oft recht gute junge Opernaufführungen stattfinden. Ich habe dort vor langer Zeit erstmals Médée von Cherubini gehört/gesehen. Der Klang von Fellners WTK-I-Aufnahme ist ausgezeichnet, großes Lob an alle Beteiligten! Jetzt freue ich mich schon auf das WTK II, finde aber keinen Hinweis, wann es das geben wird ...



    Wenn ich nur eine einzige Klavier-Aufnahme vom WTK I und II behalten dürfte, dann würde ich mich derzeit für Ashkenazy entscheiden.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Was für ein mickriger Thread zu diesen wunderbaren Werken! ;(


    Salut,


    soeben habe ich



    mit Luc Beauséjour am Cembalo gehört. Ich muß sagen, ich war überrascht: Zunächst war es für mcih eine Premiére, das WTK auf dem Cembalo zu hören. Beauséjour spielt sehr transparent und durchhörbar, ich bin echt begeistert! Das Instrument ist zwar nicht übel, aber da habe ich schon weit besseres gehört... nun denn. Die Tempi sind auch überaus gut gewählt, besonders hat mir "meine" dis-moll-Fuge gefallen - der Baß klingt bei diesem Instrument beinahe wie ein Cello und ist wunderbar mitsingbar.


    Etwas merkwürdig im Tempo fand ich die h-moll-Fuge, die zwar mit Largo [original?] temporiert ist, aber buchstabieren muß man dieses geniale Stück doch nicht... ?(


    Auf jedenfall war das ein lohnenswerter Kauf... ich freue mich, wenn es einen Teil II auch aus dieser Serie geben wird.


    Das war ein wahrhafter beau séjour. :]


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Guten Tag



    Habe nur diese



    Cembalo-Einspielung des "WTK I" mit Glen Wilson :jubel: :jubel:



    Werde ich mal in Hinterkopf behalten =)


    Den II. Teil kenne ich von dieser



    Aufnahme, interessant hier die wechselhafte Verwendung von zwei Cembali, Clavichord, Orgel und Hammerflügel. Wobei derInterpret oftmals mehr "Hammer" als "Flügel" versteht ;) ;)


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

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  • Danke an alle in diesem tollen thread!
    Habe hier einige neue Aufnahmen "kennengelernt" und möchte nun auch meinen Senf dazugeben:


    An erster Stelle steht bei mir in der Gesamtheit von WTKI+II Glenn Gould. Da ist alles schlüssig (oder scheint so) und der präzise Anschlag ist einfach überwältigend.
    Als nächste Aufnahme möchte ich hier für Fellner eine Lanze brechen: Finde sein WTKI schlicht fantastisch und hoffe, daß er den zweiten Tei in ähnlicher makellosester Klangqualität und "Klavierform" sehr sehr bald einspielt- dann kann ich auch für GG nichts mehr garantieren...
    Über die Qualitäten Schiffs braucht man nicht viel sagen, wobei mich die GBV von ihm dann doch noch etwas mehr beeindrucken.
    Gulda ist ein wenig trocken und scheint mir die Sache ein wenig zu sehr "runterzuklopfen", aber er macht das im neuen Testament mehr als wieder gut.:yes:
    Fischer kenne ich leider noch nicht, soll aber ein Geheimtipp sein....
    Koroliov steht, nach allem was ich hier gelesen habe, nun ganz oben auf meiner Wunschliste (auch KDF, GBV sollen sehr schön von ihm sein)
    Richter wird sicher auch einmal einen Platz im CD Regal finden...
    ABER JETZT:
    BARENBOIM:
    Habe ihn letztes Jahr das WTKI spielen hören- mal so eingeschoben zwischen Schönberg und Brahms Klavierkonzerten und Dirigat- da war dann das WTK ein WITZ! Bin zum ersten mal in meinem Leben in der Pause gegangen und ich war nicht der einzige (ein Freund hat erzählt der große KH Sall war halb leer im zweiten Teil). Herr B. kam mit Noten auf die Bühne (ok, fast einzusehen) und hat gespielt wie ein Klavierschüler, der gerade das Pedal entdeckt hat und ein bißchen Bach klimpert. Er hat's einfach nur runtergespielt! Nein, wenn man sich an diese Werk traut, dann meiner Meinung nach bestens vorbereitet und nicht wie mal wieder ein Mozart KK, das man schon als 9 jähriger gespielt hat. Das war für mich fast ein blasphemischer Akt. :boese2: Ich glaube da könnte man auch an der Hochschule fragen wer mal so zufällig das WTK ansatzweise draufhat und sie/ihn spielen lassen!
    Sonst halte ich sehr viel von Herrn Barenboim (abgesehen von dem Ende mit duPre), und ich hoffe er wird sich steigern....
    Weiß eingentlich irgendwer hier in diesem Forum, ob unser Brendel sich je auch nur ansatzweise an das WTK oder die GBV herangewagt hat?

  • flotan


    Ich glaube, dass dieses Verhalten von Barenboim typisch ist. Trotz aller Besänftigungen
    von wegen "jeder Komponist ist anders und auf seine Art schön", gibt es IMO diese
    Trennung zwischen Barockern und Romantikern . Oder gibt es einen Künstler, der auf
    beiden Gebieten ein Spezialist ist und anerkannt ist?
    Beispiel Klavier: Gould war Bachianer und vielleicht der Anerkannteste auf diesem Gebiet.
    Chopin, Schumann, Schubert hat er gehasst. Sein Mozart ist diskussionswürdig
    (dazu Kommentare wie "er ist kein besonderer Komponist"); den mittleren Beethoven verachtete er ebenfalls.
    Auf der anderen Seite steht dann Horowitz, der mit dem Barock nichts am Hut hatte.


    Und heute? Martin Stadtfeld spielt Bach und Mozart (ok, und etwas Schumann).
    Auf der anderen Seite: Lang Lang, Emil Gilels, Swjatoslaw Richter, Igor Schukow, Radu Lupu, Kissin etc.


    Aber nun zum Thema :stumm: :


    Ich weiß nicht, ob die Seite schon vorgestellt wurde.
    Tim Smith und David Korevaar stellen hier fast sämtliche Fugen des WTK dar.
    Besonders interessant sind die farblich mitlaufenden Stimmen und die Analysen.
    Man beachte zum Beispiel die Fis-moll-Fuge des zweiten Teils, welche "Passionsmusik"
    sein soll. Das erste Thema der h-moll-Fuge aus dem ersten Teil gibt das erste Thema der Fis-moll-Fuge
    und das dritte Thema der Letztgenannten ergibt sich aus dem zweiten Thema der cis-moll-Fuge.
    Diese Wiederverwendung ist schon interessant (da selten bei Bach)
    , aber auch kommt das Symbol der 14 vor, die Krone (in Takt 47), das griechische Zeichen Chi, B-A-C-H usw...
    Zwar ist das keine Wissenschaft, aber trotzdem recht interessant, wie ich finde.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    m-mueller


    Danke, smob, interessanter Link !


    Sogar bei Wikipedia findet man mal was Nützliches! :D
    Hier zur besseren Übersicht noch mal ein Link auf die Ausgangsseite.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Hallo!


    Kennt eigentlich jemand diese Aufnahme des WTC II ?



    Bach, Johann Sebastian (1685-1750)
    Das Wohltemperierte Klavier 2
    Christoph Bossert an der Orgel der Stadtkirche Bad Wimpfen
    3 CDs
    Ars Musici
    DDD


    Eine wirklich sehr ungewöhnliche Aufnahme mit einem überaus interessanten Orgel.


    Gruß
    Karsten

  • ich machs kurz da ich gerade die covers nicht finde,
    die aufnahmen von richter, barenboim und gould,
    welche am beste sind kann ich nicht sagen,
    besser gibt es bei den dreien nicht, eher anderst


    :hello:
    Mozi

    Lob bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen!


    Mozi

  • Dieses "Alte Testament" (Hans von Bülow) der Klavierliteratur bedarf einer Einzelanalyse - nehmen wir es doch einmal Stück für Stück auseinander, nicht in dem Sinne, Noten zu zählen oder Themen und Variationen zu suchen, sondern im besten Sinne der "Dilettanti".


    (Ein Dilettant (ital. dilettare aus lat. delectare "sich ergötzen") im eigentlichen Sinne ist ein Nichtfachmann, Amateur oder Laie. Der Dilettant übt eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus privatem Interesse bzw. zum Vergnügen...) aus wikipedia


    Ich habe hier eine Reihe von Einspielungen, die zum Teil auf dem Klavier, zum Teil auf dem Cembalo erfolgen, mir persönlich ist das Klavier lieber, da es eine größere Klangfülle als das Cembalo besitzt. Und auf dem Klavier scheint mir Glenn Glould die Referenz zu sein.


    Laßt uns also die 48 Stücke nach dem persönlichen Geschmack beurteilen, à la: was empfindet ihr, wenn ihr Gould (oder eine andere Referenz) mit dem jeweiligen Stück hört ?


    Fang ich mal mit C-Dur an...


    Die Toccata ist Legende, Gounod hat sie zum Ave-Maria umgeschrieben. Gould spielt sie provokativ langsam und im Vergleich zu anderen Aufnahmen "falsch" betont. Aber was für eine Musik! Mit einfachsten Mitteln wird hier eine Tonart in den verschiedenen Verästelungen erforscht, alle Töne werden hintereinander, keiner mit einem anderen zusammen gepielt. Simplizität auf höchstem Niveau.

  • Die sich anschließende Fuge ist kurz und prägnant


    Bach gibt hier schon eine erste Vorstellung von Polyphonie und Fugenkust ab, wobei alles doch noch recht harmlos bleibt.

  • Eine sehr schöne Idee!


    Dann mach ich mal weiter:


    Präludium und Fuge in c-Moll.


    Das Präludium gehört zwar nicht zu meinen Lieblingen unter den Präludien, aber es
    birgt ein gehöriges rhythmisches Potential und Spannung. Es muss dafür aber IMO schnell und druckvoll gespielt werden; ist diese Limitation eine Schwäche? Auf dem hohen Niveau des WTK s vielleicht schon.


    An der Fuge hat sich fast jeder wohl schon mal versucht. Mir gefällt sie ausgesprochen gut. Woran liegt das? Am Thema. So sollte ein Thema eben sein: einfach, kurz, prägnant, gute-Laune-machend. Und die Bassläufe machen sehr viel Spaß beim Spielen. Und man kann die Fuge in jedem Tempo spielen; und es klingt immer (vgl. Präludium).


    Fazit: Bach hatte sich in dem Paar in C-Dur warmgemacht und legt los. :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Original von m-mueller
    Fang ich mal mit C-Dur an...


    Die Toccata ist Legende, Gounod hat sie zum Ave-Maria umgeschrieben.


    Salut,


    Zwischen den Begriffen Toccata und Praeludium besteht m. E. nicht immer per se Übereinstimmung. Im WT sind m. W. alle "Vorspiele" als Praeludien bezeichnet, während zumindest Bach den Begriff Toccata überwiegend bei Orgelwerken verwendet [wegen des feierlichen Charakters bzw. der Gottesdiensttauglichkeit?].


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • ja, Präludium, d´accor & merci


    nun das in Cis-Dur


    Gould spielt es rauschend schnell, aber mit unerhört präzisem, staccatoartigem Anschlag, ein Husch, und es ist vorbei, knapp über eine Minute dauert es - hohe Klangdichte, eine hervorragende Aufwärmübung für das, was nun kommt:


    Fuge Cis-Dur: eine dieser wunderschönen Fugen, in die man sich hineinfallen lassen kann - schnell gespielt, das Thema wird kurz vorgestellt (4 sec.), die zweite Stimme kommt hinzu, nach 9 Sekunden erscheint schon die dritte Stimme als Wiederholung der ersten in einer anderen Tonlage, und wieder beginnt eines dieser sich einfach und organisch anhörenden aber im Detail dann doch so komplexen Gebilde - einfach nur wunderbar!

  • in der Bach-Box von Brillant benötigt das Präludium (Cis-Dur) übrigens bald 50% mehr Zeit, und auch die Fuge wird viel langsamer gespielt.


    Die Musik hört sich stärker seziert an, nicht so fließend, nicht so organisch, Berben tut Bach da eher einen Tort an.


    Dafür spielt er die folgenden Stücke - Präludium und Fuge in cis-moll, die Gould recht langsam ausbreitet, etwas schneller und konzentrierter.


    Das cis-moll Paar scheint mir von der Anlage her recht grüblerisch zu sein - nicht so sehr meine Favoriten, auch die dritte Aufnahme, die ich heranziehen kann - Joao Carlos Martins - bringt da keine vom Grundsatz her andere Interpretation. Für das Präludium braucht er übrigens noch länger als Gould, etwas über 3 Minuten, während Berben mit deutlich unter 2 Minuten auskommt.


    Und auch die Fuge ist bei Martins soooo langsam, daß die einzelnen Anschläge fast als unverbundene, singuläre Ereignisse im Raum stehen - die Struktur ist noch erkennabr, aber man muß fast schon selbst die Bögen spannen. Dafür haut eher zum Schluß der Fuge Martins sehr energisch in die Tasten, als wolle er Thema und Variation in die Köpfe der Zuhörer hineinhämmern - insgesamt nicht so mein Geschmack, keiner der drei Interpreten hat imho einen Lorbeerkranz verdient.


    Natürlich drängt sich die Frage auf - kennt ihr "bessere" Interpretationen?

  • Als Beethoven-Fan interessiert mich, was das Kind Ludwig in seiner Ausbildung bei Neefe gelernt hat.
    Neefe war im Dunstkreis von Bach zum Musiker geworden und hat das Wohltemperierte Klavier offenbar für so wichtig gehalten, daß er es seinem Schüler, dessen außerordentliches Talent er erkannte, nicht nur zum Spielen gab, sondern mit Sicherheit auch erklärte.
    Beethoven hat immer Fugen geschrieben, in der "Spätphase" gibt es kaum ein Werk ohne Fuge.


    Ich bin als Leipzigerin mit Bach sozusagen aufgewachsen. Ohne Weihnachtsoratorium kein Weihnachten usw. In der Klavierstunde Bach, franz.Suiten, Inventionen u.a. Für mich so grauslich, daß ich in der Pubertät das Klavierspielen "geschmissen" habe.


    Heute nun - sehr viel älter geworden - habe ich mir das Wohltemperierte Klavier und die Goldbergvariationen gekauft, gespielt von Ralph Kirkpatrick. Leider gähnende Langeweile. :stumm: :hahahaha:
    Irgendwann im letzten Jahr kamen die Goldbergvariationen von Gould ins Haus,
    eine Offenbarung!
    Und siehe da, diese und auch das inzwischen angeschaffte Wohltemperierte Klavier mehrmals gehört - übrigens hintereinanderweg, nun ist mir das Spiel von Kirkpatrick auch nicht mehr so anödend, sondern zwar akademisch, aber anzuhören.


    Und der kleine Ludwig hat - so stelle ich mir das vor - das alte Testament der Klavierkunst sicher ähnlich wie der auch ein bißchen verrückte Gould gespielt.



    Liebe Grüße aus Bonn :hello:

    Was Du nicht willst, das man Dir tu, das füg auch keinem andern zu

  • Zitat

    Das cis-moll Paar scheint mir von der Anlage her recht grüblerisch zu sein - nicht so sehr meine Favoriten, auch die dritte Aufnahme, die ich heranziehen kann - Joao Carlos Martins - bringt da keine vom Grundsatz her andere Interpretation. Für das Präludium braucht er übrigens noch länger als Gould, etwas über 3 Minuten, während Berben mit deutlich unter 2 Minuten auskommt.


    Und auch die Fuge ist bei Martins soooo langsam, daß die einzelnen Anschläge fast als unverbundene, singuläre Ereignisse im Raum stehen - die Struktur ist noch erkennabr, aber man muß fast schon selbst die Bögen spannen. Dafür haut eher zum Schluß der Fuge Martins sehr energisch in die Tasten, als wolle er Thema und Variation in die Köpfe der Zuhörer hineinhämmern - insgesamt nicht so mein Geschmack, keiner der drei Interpreten hat imho einen Lorbeerkranz verdient.


    Natürlich drängt sich die Frage auf - kennt ihr "bessere" Interpretationen?


    Da musst du mal Ulli fragen, ob er dir nicht eine eigene Aufnahme schicken kann. Dem ist das nämlich sein Lieblingspräludium (cis-Moll). ;)

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Original von SMOB
    Da musst du mal Ulli fragen, ob er dir nicht eine eigene Aufnahme schicken kann. Dem ist das nämlich sein Lieblingspräludium (cis-Moll). ;)


    Meine Liebsten sind das Cis-Dur [P&F BWV 848] und das es-moll mit dis-moll-Fuga [BWV 853] sowie P&F fis-moll BWV 883.


    ;)


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von flotan


    BARENBOIM:
    Habe ihn letztes Jahr das WTKI spielen hören- mal so eingeschoben zwischen Schönberg und Brahms Klavierkonzerten und Dirigat- da war dann das WTK ein WITZ! Bin zum ersten mal in meinem Leben in der Pause gegangen und ich war nicht der einzige (ein Freund hat erzählt der große KH Sall war halb leer im zweiten Teil). Herr B. kam mit Noten auf die Bühne (ok, fast einzusehen) und hat gespielt wie ein Klavierschüler, der gerade das Pedal entdeckt hat und ein bißchen Bach klimpert. Er hat's einfach nur runtergespielt! Nein, wenn man sich an diese Werk traut, dann meiner Meinung nach bestens vorbereitet und nicht wie mal wieder ein Mozart KK, das man schon als 9 jähriger gespielt hat. Das war für mich fast ein blasphemischer Akt. :boese2: Ich glaube da könnte man auch an der Hochschule fragen wer mal so zufällig das WTK ansatzweise draufhat und sie/ihn spielen lassen!
    Sonst halte ich sehr viel von Herrn Barenboim (abgesehen von dem Ende mit duPre), und ich hoffe er wird sich steigern....
    Weiß eingentlich irgendwer hier in diesem Forum, ob unser Brendel sich je auch nur ansatzweise an das WTK oder die GBV herangewagt hat?


    Hallo Flotan,


    deine Beschreibung von Barenboims Spiel trifft meiner Meinung nach auf einige Stücke seiner WTK-Aufnahme (WTK II = 3 CDs!) zu, weswegen ich keine hohen Erwartungen hatte, als ich seinen Klavierabend im Juni (Konzerthaus) besuchte, zumal sein auskostendes Bach-Spiel auch überhaupt nicht nach meinem Geschmack ist. Aber ich wollte ja unbedingt das ganze WTK II an einem Abend vorgespielt bekommen, also ging ich hin.


    Es stimmt, er hat sich in jeder Hinsicht Zeit genommen, aber das, was du klavierschülerhaft nennst, war an dem Abend überhaupt nicht. War etwa schon die von dir erhoffte Steigerung eingetreten? Auf jeden Fall war es kein Vergleich mit den CDs - er spielte viel besser und präziser als auf seinen CDs, und ich fand sein WTK II (obwohl gar nicht mein Geschmack, siehe oben) äußerst faszinierend und befriedigend, ja manchmal sogar überwältigend. Was für ein Hochgenuss! Da hatte auch die dicke Fliege, die ein Dutzend Male quer über die Bühne summte, Respekt und hielt etwas Abstand zu Barenboims leicht verschwitztem Kopf. Der Pedalgebrauch war genau richtig dosiert oder störte mich jedenfalls nicht so wie in der Aufnahme.


    Übrigens hatte ich an dem Abend ein Problem: ich war nach einiger Zeit überfordert. Ich konnte nur unter großer Anstrengung meine Aufmerksamkeit aufrecht erhalten - das hätte ich zuvor nicht gedacht. Diese vielen Stücke hintereinander (zu Hause mit Kopfhörer kein Problem) - jetzt mache ich wohl den Eindruck eines Anfängers - haben meine Konzentration auf eine harte Probe gestellt, und es war auch an diesem Abend so wie du beschreibst: nach der Pause war der anfangs randvolle Große Saal ganz und gar nicht mehr voll. Ich bin mir fast hundertprozentig sicher, dass die meisten nicht gegangen sind, weil es ihnen nicht gefallen hätte, sondern weil es ihnen zu viel war. Ich kann's wirklich verstehen. Die verbliebenen Hörer (drei Viertel? zwei Drittel?) waren jedenfalls dankbar und begeistert. Der um 19:30 Uhr begonnene Klavierabend war um 23 Uhr zuende. Vielleicht waren die Karten deshalb so teuer ...
    :D

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Melot1967


    Alfred Brendel hat diese Werke nicht im Konzertsaal gespielt. Hinsichtlich des Wohltemperierten Klaviers sieht er die Aufnahme mit Edwin Fischer als eine der denkbar gelungensten an. Zum Bachspiel von Fischer erklärte er, dass er es für so bedeutend erachte, dass er hier keine damit konkurrierende Deutung erstellen wolle. In den Interviews mit Martin Meyer ("Ausgerechnet ich", Carl Hanser Verlag, 2001, Seite 111) erklärt Brendel auf die Frage nach den Möglichkeiten, Bach auf dem Flügel zu spielen: "Ich kann sagen, warum ich nicht mehr Bach gespielt habe. Ich hatte mit dieser ganzen Flut von Fugen begonnen und hatte schon eine Ahnung vom polyphonen Spiel oder jedenfalls eine Grundlage dafür. Es entwickelte sich dann aber sehr bald jene Ergründung und Erforschung von alten Instrumenten. Ich war in Wien, als der "Concentus Musicus" gegründet wurde, ich kannte Nikolaus Harnoncourt aus Graz, aus unseren frühesten Jahren und habe damals ein wenig Kammermusik mit ihm gespielt. Es kam auch Gustav Leonhardt nach Wien, wo er drei Jahre wirkte. Er spielte uns Bachs "Goldberg-Variationen" vor und die "Kunst der Fuge" mit Hilfe eines zweiten Cembalisten. Das war also der eine Grund: Ich wollte warten und sehen, wie weit es die Barockinstrumente sozusagen bringen. Auf der andern Seite war das Bach-Spiel von Edwin Fischer ein starker Hinderungsgrund; in seinen besten Beispielen überzeugte es mich so sehr, dass ich nicht das Bedürfnis hatte, da hineinzupfuschen."

  • Ich kenne nur diese beachtliche Bach-CD von ihm:


    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • ich hab jetzt meine 3 cds!
    also eigentlich 12.
    gould immer schon, die anderen beiden bisher nur auf cassetten, das bedeutet: fast nie mehr gehört.
    mehr brauch ich nicht! ( eine cembaloeinspielung habe ich auch schon seit 20 jahren, wegen hildebrandt...)


    Anmerkung: Die ursprünglich bei a.... gesetzten Aufnahmen sind durch solche, die beim Werbepartner erhältlich sind ersetzt worden.





    anlass war der kürzliche besuch des lieben sir blech, welcher sich nicht zu adelig war, auf meinem alten klimperkasten (-nicht so schön wie manche wirtsklaviere, aber dafür auch nicht 200 jahre alt ;) ) einige fluchten vorzuspielen. namentlich das es-moll-vorspiel zur dis-moll-fuga bwv853 hatte es mir (uns) angetan. und wie ich das dann mühsamst auf den richter- und guldacassetten gefunden hatte, war mir klar, dass jetzt cds her müssen.
    das unternehmerische glück wollte es, dass ich zuerst den richter bei einer rabattaktion 20% günstiger kaufen konnte, und nun der gulda gerade neu aufgelegt auch um etliche € weniger als bisher als 2 x philips duo zu haben ist.


    ich haben nun natürlich nicht 3 x 4 stunden -womöglich mehrmals- vergleichsgehört, das wtk2 ist mir immer schon "sperriger" vorgekommen und harrt s(m)einer entdeckung.
    trotzdem: ein intensives, wahrlich erfülltes wochenende war's.
    folgen? z.b. ein fugenthema als ohrwurm, das mir stundenlang nicht aus dem kopf will, und ich erfahre dabei ein gefühl von feierlichkeit, aber nicht die äußerliche, glänzende, sondern als ob aus dem ernst des daseins ein heiliger würde...



    für mich ist das taminoforum noch immer eines für liebende laien, auch wenn sich mehr und mehr experten etabliert haben. aber die sind etymologisch betrachtet auch nur erfahrenere wasserkocher.
    ich lasse mich gern von klugen menschen korrigieren, falls ich mich zu amateurhaft ausdrücke.
    bei gould habe ich den eindruck der völligen gleichwertigkeit von stimmen, als ob er nicht zwei unterschiedliche gehirnhälften gehabt hätte sondern 2 gleiche gehirne.


    als klischeebeobachter würde ich zu dem ergebnis kommen:
    gould.....radikal
    gulda.....rational
    richter...romantisch
    wobei ich gulda keineswegs als "in der mitte zwischen 2 extremen" empfinde. eher ist zu dem bilde eines gleichseitigen dreiecks zu greifen, -o.k. vielleicht ein gleichschenkeliges, mit gulda und richter als basisecken.


    richter:
    auf einem bösendorfer 1972-73 in salzburg aufgenommen.
    hallig, schwammig. je lauter ich meine anlage aufdrehe, umso unangenehmer ist der klangeindruck. es gibt auch nebengeräusche, z.b. beim d-moll-präludium bwv851, die ich nicht zuordnen kann. und so was bekommt jedenfalls das gold seal von rca... :rolleyes:


    gulda:
    ebenfalls 1972-73. im mps-studio (was heißt das? das label heißt jetzt auch so.) in villingen.
    ein harter klang, man ist viel näher dran am instrument, vielleicht sogar drin -auch nicht gerade hifi! aber es rauscht nicht (die philips-ausgabe soll haben...).


    gould:
    von 1962 bis 1971 hat er daran herumgebosselt, allerdings nur an 35 tagen, d.h. er ist durchschnittlich alle 13 wochen für 1 tag ins studio. in wirklichkeit gab es jahrelange pausen zwischen den sessions. angaben über das instrument fehlen wie beim gulda. werden wohl steinwege gewesen sein. für mich hat seine aufnahme den passendsten klang und immerhin kann sein hintergrundgebrummel dem verdacht des seelenlosen zusammenbastelns am schneidetisch entgegenarbeiten.


    beiheftmäßig tut sich bei allen 3 nichts bemerkenswertes, außer dass die trackangaben das vergleichshören (unnötig) erschweren: ist beim bgm-sviatoslav präludium und fuge zu einem track zusammengefasst, fehlt beim universal-friedrich die bwv-nummer; einzig der sony-glenn ist tadellos.


    einige ausgewählte beobachtungen:


    bwv847 c-moll-präludium nr.2
    gould wird mit seiner nähmaschine dem charakter am ehesten gerecht, wobei er den presto-adagio-allegroteil agogisch nicht sehr absetzt.
    bei gulda habe ich da einfach den eindruck des leierns.
    richter ist mir zu schnell, beim presto noch zu schneller, adagio und allegro sind schön.


    bwv849 cis-moll-fuge nr.4
    hier gefällt mir richter am besten; mein fokus liegt auf takt 73, wo das thema mit einem ganz tiefen cis einsetzt -wie ein glockenschlag.
    gould prägt hier durch seine flinkheit einen völlig anderen charakter des stückes.


    bwv853 es-moll-präludium nr.8
    da schießt gulda gould das goal, richter ist in der vorrunde ausgeschieden. edler und inniger kann ich mir das nicht vorstellen! bei gould wirkt es wieder ganz anders, fast dramatisch (t21-23).


    bwv855 e-moll-präludium nr.10
    gould ist (wieder) am langsamsten, richter (wieder) am schnellsten.
    was der ukrainer agogisch versucht, schafft der kanadier dynamisch: die spannung ins presto hinüberführen; d.h. richter wird in takt 22 (deutlich) schneller, gould nur (leicht) lauter. er hebt den ostinaten text der linken hand durch sein non-legato quasi in den vordergrund, bei richter ist das eher verwaschen im hintergrund zu hören (und erinnert mich irgendwie an terry rileys persian surgery dervishes)
    beim österreicher singt die rechte hand ein schönes lied, außerdem spielt sie im takt 22 verzierungen.


    bwv869 h-moll-präludium nr.24
    frappierend: gould 6' gulda 16'40'' richter 15'20''
    hier geht von gulda eine suggestivkraft aus, wie bei bester minimal music.
    bei den beiden wiederholungen (die sich gould schenkt) trillert er ordentlich (also sicher kein fall für inspektor khampano).



    nun ja: die 3 einspielungen sind 45 -35 jahre alt. und wenn ich keine neueren will, heißt das wohl, dass ich alt werde, denn dass nichts besseres mehr nachkomme, ist ahnensprech und gerontosermon.


    obwohl: von koroliovs kdf und gbv bin ich so begeistert, dass eventuell....


    :hello:


  • Bei den alten Chorzempa-Aufnahmen wird auch alles mögliche eingesetzt, was Tasten hat und Krach macht.
    Orgel und Hammerflügel halte ich für wenigstens überflüssig. Hausorgeln waren damals nun wirklich nicht sehr verbreitet – Bach hatte auch keine. Eine orgelmäßige Faktur findet sich auch fast nirgends.
    Und die seinerzeitigen Hammerflügel hätte er wohl auch eher als Kaminholz denn als Musikinstrument verwendet. Was sollte der Hammerflügel hier auch nützen?

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