• Liebe Taminos,
    hier geht etwas höchstwahrscheinlich furchtbares zu:


    Die britische Pianistin Joyce Hatto, die letztes Jahr im Alter von 77 Jahren starb, hat in den vergangenen Jahren eine sehr große Anzahl von CD's auf den Markt gebracht und galt bald als "die größte Pianistin, die niemand kennt".


    Wie die englische Gramophone nun mit Hilfe des Tonmeisters Andrew Rose herausgefunden hat, scheinen fast alle diese CD's, welche auf dem-ihrem Ehemann gehörenen- Label "Concert Artist" erschienen sind,
    Fälschungen zu sein.
    Bisher wurden Ashkenazy, Bronfman, Simon, Grante u.a. sozusagen zweifelsfrei identifiziert.


    Die Aufnahmen waren alle leicht geändert worden, allerdings konnte Rose diese Änderungen leicht rückgängig machen(digitales Strecken, so daß die Aufnahme leicht länger wird, Klangcharakter verändert, alles nichts wildes im digitalen Zeitalter).


    Auf seiner Webseite Pristine Audio hat Rose die Fälschungen derart entlarvt, daß er auf dem linken Kanal die angebliche Hatto-Aufnahme abspielt und zeitgleich auf dem rechten Kanal das orginale Pendant.
    Und es gibt überhaupt keinen Unterschied.
    Desweiteren hat er die Frequenzkurven und das Audiosignal verglichen und die Ergebnisse ebenfalls auf seiner Seite dargestellt.


    Ich bin darüber sehr bestürzt, denn ich besitze eine ganz hervorragende, seltene und in diesem Falle echte Aufnahme mit Ihr unter Vernon Handley mit den Sinfonischen Variationen von Arnold Bax von 1970.

    Diese Aufnahme ist in jedem Falle nicht gefälscht, ich besitze auch die orginale LP von 1970, für den Liebhaber dieses Werkes ist dies m.e. immer noch die überzeugendste Aufnahme


    Hatto hatte Krebs seit Anfang der 70er Jahre(er brach wohl zum Zeitpunkt der Bax-Aufnahme aus) und zog sich völlig aus dem Musikleben zurück.
    Insofern erschien es als Sensation, als alle diese Aufnahmen(Chopin, Godowsky, Rachmaninoff, Brahms etc.) in den letzten 10 Jahren erschienen, weit über 100 CD's.
    Ausnahmslos alle wurden von der Fachpresse bejubelt, hier schien jemand den heroischen Kampf gegen eine schlimme Erkrankung zu gewinnen.


    Wer sich weitergehend für dieses Thema interessiert, sollte einfach googlen.


    Na ja, ich traue mich mal:


    "http://www.gramophone.co.uk/newsMainTemplate.asp?storyID=2759&newssectionID=1"


    "http://www.pristineclassical.com/HattoHoax.html"


    Wenn sich dieser Skandal absolut bewahrheitet, und daran kann eigentlich wenig Zweifel bestehen, dann muß man sich fragen:
    Warum?
    Joyce Hatto war eine erfolgreiche Pianistin bis sie sich gesundheitsbedingt zurückziehen mußte, also warum so etwas, das den Ruf komplett ruiniert? :(


    LG,
    Michael

  • Ich hatte mich schon gewundert, daß bisher niemand eine Aufnahme von ihr kannte, vor allem bei dem Repertoire, das auf ihrem Privat-Label ( oder besser gesagt, dem Ihres Mannes) verzeichnet ist. Wenn man sich die Bewertungen von David Hurwitz ( oder war es Jed Distler ? ) ansieht, glaubt man wirklich, DIE pianistische Referenz schlechthin bisher verpasst zu haben..

    Musik ist die Sprache der Seele. Und der wird man nie müde.(Hille)

  • Hallo Picus,
    das allerschlimmste ist ja, daß Ihre -in jedem Falle- orginale Einspielung des Bax-Werkes eine Pianistin von außerordentlichem Können zeigt.


    Stutzig gemacht hat mich schon des längeren ein sogenanntes
    " National Philharmonic-Symphony Orchestra" unter René Köhler als Begleiter Ihrer Klavierkonzertaufnahmen.


    Ein "National Philharmonic Orchestra"-ein Elite Telefonorchester- gab es tatsächlich :jubel: unter Charles Gerhardt zum Beispiel-nochmal :jubel:
    Dann gibt es den Dirigenten Siegfried Köhler und den Komponisten und Intendanten René Koering(Montpellier-mir persönlich bekannt.)


    Über einen Dirigenten René Köhler ist mir dagegen nichts bekannt, ich habe auch durch googeln nichts herausfinden können.
    Vor längerer Zeit habe ich schon gedacht, daß bei dem Namen René Köhler bei mir anscheinend eine Wissenslücke der Fall ist.


    Allerdings habe ich immrer ein ungutes Gefühl beim Namen René Köhler gehabt.
    René Köhler soll angeblich vor wenigen Jahren gestorben sein-wie praktisch.
    Jetzt setzt sich für mich das Puzzle irgendwie zusammen.


    Das sind jetzt meine eigenen Schlußfolgerungen.Ob sie stimmen oder nicht?
    Keine Ahnung.....


    LG,
    Michael

  • Die neueste Entwicklung ist, daß immer mehr Übereinstimmungen mit Aufnahmen anderer Pianisten gefunden werden.
    Eine angesehene englische Webseite hat mttlerweile den Vertrieb und die Werbung für diese CD's eingestellt.


    William Barrington-Coupe , der Witwer, Produzent und angeblicher Aufnahmeleiter der Pianistin Joyce Hatto, besteht darauf, daß alle Aufnahmen wirklich von ihr gemacht wurden. ?(


    Das ist eher ein Fall für Scotland Yard, denke ich, da kein Zweifel mehr an dem Betrug bestehen kann.

    Eine andere Sache ist, letztendlich offiziell alle Pianisten, und es sind ziemlich viele, publik zu machen, welche wirklich auf diesen hochgelobten Aufnahmen spielten.


    Es finden sich viele unbekanntere Namen darunter, die durchs Raster gefallen sind oder fallen werden.
    Gruß,
    Michael

  • Naja,
    ich muß leider feststellen, daß mein neuer CD-Player, der Clockwork Sony-XB940 die gesammten CD's von Concert Artist nicht auslesen will.


    Dieser Player nimmt keine gebrannten CD's an-nur gepreßte.


    Ich habe mir dann diese CD's mal genauer angeschaut und es sind tatsächlich-alle drei, welche ich besitze-CD-R's.
    Dies bedeutet, daß diese Joyce Hatto CD's, jedenfalls diese, welche sich in meinem "Besitz" befinden, ordinäre CD-Rohlinge sind, welche optisch auf "echt" gemacht wurden.


    Das ist eigentlich, vor allem, wenn man sich den normalen Preis von etwa 20,- Euro pro CD vor Augen hällt, schon ein echter Betrug-mal ganz davon abgesehen, wer denn da "in echt" spielt.


    Mein Clockwork-Technics liest sie natürlich aus und ich kann sie hören, aber verkauft wurde dieses Lügengespinst als vollwertige CD.
    Pech nur, daß es hochwertige CD-Player gibt, die Rohlinge einfach nicht abspielen-und auch nicht abspielen müssen, für dieses private Vergnügen gibt es keinen Zwang.


    Ein Tropfen mehr, der das Fass zum Überlaufen bringt.


    Dies sind keine professionell hergestellten CD's.
    Haben die Herren Kritiker da eigentlich nur Dampfanlagen herumstehen oder hören sie sich die CD's gleich nur am Computer an?


    Nach meinem CD-Player Wechsel vor einem Monat bin ich auch erst heute auf diesen Fakt gestossen.


    In diesem Sinne,
    Aschermittwochsgrüße von


    Michael

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  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem
    Ich habe mir dann diese CD's mal genauer angeschaut und es sind tatsächlich-alle drei, welche ich besitze-CD-R's.
    Dies bedeutet, daß diese Joyce Hatto CD's, jedenfalls diese, welche sich in meinem "Besitz" befinden, ordinäre CD-Rohlinge sind, welche optisch auf "echt" gemacht wurden.


    Das ist eigentlich, vor allem, wenn man sich den normalen Preis von etwa 20,- Euro pro CD vor Augen hällt, schon ein echter Betrug-mal ganz davon abgesehen, wer denn da "in echt" spielt.


    Dass es sich um gebrannte, nicht gepreßte handelt, scheint den Fans aber schon länger klar gewesen zu sein. Vermutlich hat man das auch dem halbprivaten Charakter der Veröffentlichungen zugeschrieben.
    Es hätte natürlich, wie so vieles ander, Skepsis wecken müssen. Zwar gab es schon früh einige wenige Stimmen, die Betrug vermuteten, aber die Mehrheit der beteiligten Rezensenten hat sich geradezu unglaublich gutgläubig verhalten, so dass jetzt natürlich sogar der Vorwurf im Raum steht, wenigstens einige wären eingeweiht gewesen.
    Richtig peinlich ist jedenfalls, wenn derselbe Kritiker das "Original" deutlich weniger enthusiastisch bewertet hat als die Hatto-Version.



    Ein CD-Spieler, der grundsätzlich keine gebrannten Scheiben abspielt, gehört zum Elektroschrott. Wie kann so etwas sein? Mein 15 Jahre alter Billig-Sony spielt praktisch alles anstandslos ab.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es tut mir leid um alle Geschädigten und Geprellten, ehrlich... aber irgendwie finde ich das dermaßen lustig :stumm:
    Bitte halte uns auf dem Laufenden, Michael :hello:

  • In einem gestern von der Webseite der englischen Klassik-Zeitschrift Gramophone veröffentlichten Brief an Robert von Bahr den Chief Executive von BIS Records, die eine der "geklauten" Aufnahmen veröffentlicht hatten, hat William Barrington-Coupe so eine Art Teilgeständnis abgelegt:


    Ohne Wissen seiner Frau habe er ihre Aufnahmen zunächst angefangen digital zu manipulieren, später dann auch um Versatzstücke von "ähnlich klingenden" Interpreten ergänzt. Alles nur, um ihr die Illusion zu geben, ihre Karriere glanzvoll beendet zu haben.


    Vielleicht war es wirklich so - das wäre dann wohl wirklich tragische Geschichte von Illusion und Selbstillusion.


    Wenn man es glaubt. Immerhin ist es rhetorisch gesehen keine schlechte Verteidigung - zunächst das eigene Handeln herunterspielen (Versatzstücke zum "Ausbessern" benutzt statt ganze Aufnahmen schlicht geklaut) und dann als reine Tat der Liebe zu seiner krebskranken Frau darstellen. Nach dem Motto: meine Motivation war so rein, wer wagt es da noch darauf herumzuhacken, das mein Handeln (Kopieren, Verkaufen) kriminell war?


    Zweifelnd


    katlow

  • Zitat

    Original von Blackadder
    Es tut mir leid um alle Geschädigten und Geprellten, ehrlich... aber irgendwie finde ich das dermaßen lustig :stumm:
    Bitte halte uns auf dem Laufenden, Michael :hello:


    Ich bin genau deiner Meinung und kann den Ärger der meisten nicht so ganz nachvollziehen :D


    :hahahaha:
    Ich habe heute mal ihre Godowsky Etüden mit denen von Carlo Grante bzw. Hamelin verglichen
    Zugegeben, äußerst amüsant! :D


    Ich finde es persönlich nicht so tragisch, nein, im Gegenteil, es ist eine sehr lustige Anekdote aus dem teilweise sehr "ernstem" und ach so "seriösen" Klassikmarkt.
    Viel mehr kann ich mich über Lang Lang, Stadtfeld und andere "seriöse" aber durchaus gewöhnlich-maschinelle Pianisten aufregen, obwohl man natürlich bedenken muss, inwieweit Pianisten wie Hamelin dadurch geschädigt wurden -(Carlo Grante dürfte es egal sein :D ).
    Andererseits tut das vielleicht sogar seiner Bekanntheit gut, denn solch ein "Skandal" (eigentlich ist es viel skandalöser, "Anna Netrebko" als eine "große Sängerin" zu bezeichnen) zieht auch aufmekrsamkeit des "Lang Lang" -Publikums auf sich.


    Viele Grüße

    Das Frühstück ist ihm viel zuviel Zeremonie. Die ganze Lächerlichkeit kommt zum Ausdruck, wenn ich den Löffel in die Hand nehme. Die ganze Sinnlosigkeit. Das Zuckerstück ist ja ein Anschlag gegen mich. Das Brot. Die Milch. Eine Katastrophe. So fängt der Tag mit hinterhältiger Süßigkeit an.

  • Kenn jemand die Aufnahme der Chopin Etudes mit Joyce Hatto? Oder sind diese auch schon als Plagiate anderer Pianisten entlarvt worden? ?(


    Gruß
    Niko

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  • Zitat

    Original von scriabin007
    Kenn jemand die Aufnahme der Chopin Etudes mit Joyce Hatto? Oder sind diese auch schon als Plagiate anderer Pianisten entlarvt worden? ?(


    Es gibt irgendwo Listen mit bereits identifizierten Plagiaten, Such mal per Google, evtl. auch per GoogleGroups in rec.music.classical.recordings. Die Chopin-Etuden konnten meines Wissens als die Aufnahme von Yuki Matsuzawa (Novalis) identifiziert werden.
    Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sind alle der neueren angeblichen Aufnahmen Hattos geklaut. Nur die o.g. Sachen mit britischer Msuik aus den 60ern und 70ern sind authentisch.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Hallo Niko,
    die Chopin-Aufnahmen sind von Eugen Indjic und Yuki Masuzawa.
    Barrington-Coupe hat fast alle Aufnahmen sorgfältig ausgesucht.
    Sehr vieles ist jetzt herausgekommen und auch im Internet in den Newsgroups erschöpfend behandelt worden.


    Für mich steht fest, daß nur ihre Aufnahmen vor 1970 echt sein können, dazu gehören die Bax-Werke, blöderweise ist ihre zweifelsfrei echte Aufnahme der "Symphonic Variations" für Klavier und Orchester von Sir Arnold Bax- übrigens ein sehr lohnendes Werk- auch noch excellent gespielt und meine Lieblingseinspielung dieses Werkes.
    Dirigent war Vernon Handley(wer sonst :D ).
    Joyce Hatto konnte wirklich Klavier spielen, und zwar recht gut(vielleicht sogar ziemlich gut ?(?( ).


    Allerdings ist es nicht nur mein Wunsch, daß es dereinst eine komplette Liste gibt mit den Namen der Pianisten, die für diesen Betrug hergehalten haben.
    Es ist m.e. bezeichnend, daß bis auf wenige Ausnahmen Aufnahmen weniger bekannter Pianisten herangezogen wurden-Pianisten, welche eigentlich von sich aus im Rampenlicht stehen müßten.


    Ausgenommen natürlich die Beispiele, welche nachträglich so in der Geschwindigkeit gesteigert wurden, daß es eigentlich nicht mehr möglich wäre, dies so zu spielen( einige der "Hatto"- Godowsky- Etuden z.B.)
    Auch dies hätte auffallen müssen, by the way( Anglizismus :untertauch: )


    Nachträglich peinlich ist es m.e. vor allem für die Kritiker, die z.B. die Bronfman-Aufnahmen der Rachmanninoff-Konzerte verrissen haben und die gefakte( Anglizismus :kotz: ) Hatto-Aufnahme hochgelobt haben.



    Schade ist, daß im Laufe dieser Story( Anglizismus :O ) auch andere Pianisten, die auf demselben Label ( also von derselben Firma- Anglizismus...) vertrieben wurden, nun stellenweise in Frage gestellt werden.


    Dazu gehört z.B. der geniale Pianist Sergio Fiorentino (1927-1998 ), aber die Sorge um die Echtheit seiner Aufnahmen ist unbegründet, da sein Nachlass von Ernst Lumpe, einem hochangesehenen Klavierspezialisten, Sammler, und persönlichen Freund des Pianisten betreut wurde und wird. :jubel:


    Hoffentlich werden die Fiorentino-Aufnahmen irgendwann auf einem anderen, seriösem, Label vertrieben.
    Er hat es verdient, er war wirklich echt und zu Lebzeiten schon ein Underdog(.....) und ich bin sehr traurig, daß es z.B. nicht die kompletten Rachmaninoff-Konzerte mit ihm gibt.


    Ich habe keine Ahnung, was in Ernst Lumpe nun vorgeht, aber dieses erscheint mir im Falle Lumpes sehr schlimm:
    Nämlich daß ein Lebenswerk, welches u.a. einem wirklich genialen Pianisten wie Fiorentino gewidmet ist, im Zuge der ziemlich sicheren Bankrotterklärung eines( wie man jetzt weiß) dubiosen Labels namens Concert Artist in Gefahr ist.
    Es sollte bitte bei dieser ganzen Geschichte niemals die Integrität und die Ehrlichkeit von Herrn Lumpe und den Fiorentino-Aufnahmen in Zweifel gezogen werden.
    Bei Interesse bei youtube.com Sergio Fiorentino eingeben- ich finde ihn einfach nur genial und bin traurig, daß er gestorben ist, ohne die Gelegenheit gehabt zu haben, der Nachwelt viel, viel mehr hinterlassen zu können. :(


    LG,
    Michael

  • Hallo Michael,


    Danke für Eure Info! Das ist ja jammer schade, ich hatte schon gehofft, dass es eine neue und interessante Interpretin der Chopin Etudes gibt! Doch da habe ich mich wohl zu früh gefreut.


    Allerdings kenne ich die beiden oben angegeben Interpreten "Eugen Indjic und Yuki Masuzawa" auch nicht. Das macht mich neugierig.


    Ich frage mich ob diser ganzen Skandal nicht eine einzige Inszenierung ist! Und das Auffliegen der manipulierten Raubkopien sogar beabischtig gewesen ist.


    Ist von den entsprechenden Künstlern schon Anzeige wegen Verletzung des Künstleruhrheberrechts gegen Concert Artist erhoben worden oder gibt es eine einstweilige Unterlassungsverfügung zur Verbreitung der Kopien. Normalwerweise reagieren die entprechenden Lizeninhaber sofort!?


    Gruß NIko

  • Hallo Niko,

    Zitat

    Ich frage mich ob diser ganzen Skandal nicht eine einzige Inszenierung ist


    Das glaube ich nicht.


    Zitat

    oder gibt es eine einstweilige Unterlassungsverfügung zur


    Meines Wissens ist bislang nichts dergleichen passiert.


    Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von scriabin007
    Danke für Eure Info! Das ist ja jammer schade, ich hatte schon gehofft, dass es eine neue und interessante Interpretin der Chopin Etudes gibt! Doch da habe ich mich wohl zu früh gefreut.


    Allerdings kenne ich die beiden oben angegeben Interpreten "Eugen Indjic und Yuki Masuzawa" auch nicht. Das macht mich neugierig.


    Ich weiß zwar jetzt nicht genau, wei Du den ersten Satz gemeint hast, aber das ist doch das Perverse, was der Hatto-Skandal aufgedeckt hat: Warum freut man sich nicht auf Frau Matsuzawa als neue und interessante Interpretin der Chopin-Etüden???


    Die minimale Wiedergutmachung aller reingefallen Kritiker sollten lautstarke und öffentliche Lobreden auf die Künstler sein, die die gelobten Aufnahmen wirklich gemacht haben!


    Zitat


    Ist von den entsprechenden Künstlern schon Anzeige wegen Verletzung des Künstleruhrheberrechts gegen Concert Artist erhoben worden oder gibt es eine einstweilige Unterlassungsverfügung zur Verbreitung der Kopien. Normalwerweise reagieren die entprechenden Lizeninhaber sofort!?


    Es ist wohl noch offen, ob es ein Verfahren geben wird. Ein Rechtsttreit kann Jahre dauern und mehr kosten als vom Betrüger an Wiedergutmachung realistischerweise zu erwarten ist.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

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  • Zitat

    Die minimale Wiedergutmachung aller reingefallen Kritiker sollten lautstarke und öffentliche Lobreden auf die Künstler sein, die die gelobten Aufnahmen wirklich gemacht haben!


    Das finde ich auch, aber irgendwie scheint das kein Thema zu sein.
    Diese Herrschaften scheinen tatsächlich mehr als nur selbstgefällig zu sein.
    Ich habe den Eindruck, daß alle diese Personen darauf warten, daß die ganze Angelegenheit im Sande verläuft, und danach gibt es dann Business as usual.


    Viele Grüße,
    Michael
    P.S. Johannes hat ja recht und ich habe vergessen, dies zu schreiben:

    Zitat

    dass es eine neue und interessante Interpretin der Chopin Etudes gibt!


    Man könnte sich doch jetzt die Aufnahme von Eugen Indjic kaufen-die sollte toll sein!
    Irgendwie ist das wirklich pervers.

  • Hallo Johannes,


    "Warum freut man sich nicht auf Frau Matsuzawa als neue und interessante Interpretin der Chopin-Etüden???"


    Meine Vormulierung ist etwas ungeschickt gewählt; Ich freue mich darauf Frau Matsuzawa als eine für mich neue Interpretin der Etudes kennen zu lernen!


    Aber das ganzen ist wirklich makaber und pervers: die Verbreitung der "sagenhaften" Hatto als Wunderinterpretin stellt sich als sagenhafte Täuschung da. Tatsächlich existieren aber diese gelobten Aufnahme von unbekannten Interpreten.



    LG,
    Niko

  • In einem Bericht der Welt wurde die Frage aufgeworfen, warum es denn keiner der Fachrezensenten der Klassik bemerkte, das hier einfach nur die Namen der Interpreten ausgetauscht wurden waren? Während es sich in Wahrheit um schon bereits seit Jahren existierende Aufnahmen gehandelt hatte, wie zum Beispiel die Mozartaufnahmen von Frau Haebler, die kurzer Hand unter dem Namen Hutto neu herausgegeben worden waren.
    Überblicken wir hier doch einem ganz kühl und sachlich den Klassikmarkt anhand einiger in Nordeutschland nicht ganz unbekannten Moderatoren im Radio und Autoren einer bekannten Deutschen Fachzeitschrift. Als ersten hätten wir da einen Herrn W. bei der in einer Zeitschrift verkündete das Filmmusik für ihn die neue Klassik sei, moderne Musik würde Sinngemäß sein Herz nicht erwärmen.
    Auf einem anderen Kanal verkündete unlängst eine Frau L. während einer Luciaübertragung sie wüßte jetzt nicht genau ob sich die Buhrufe nachdem senken des Vorhanges auf veraltete oder moderne Hörerfahrungen des Publikums zurückführen ließen. Auf eine Anfrage ob Peters oder Pons veraltet seien und Callas, Sutherland, Sills, Gencer modern wären. Oder ob diese Interpretationen ebenfalls veraltet seien und Gruberova und Devia zu den modern Sängerinnen zu zählen seien oder ob auch diese schon veraltet seien da es ja bereits Sängerinnen wie Guttierez, Dessay und Boesinger gebe? Man hüllte sich in schweigen. Aber es gibt ja auch noch Herr. M. der die Tenorale Gmbh und Co KG kennt, Villazon, Florez, Gheoghiu, Netrebko, Garanca, Lemula und den Chor der Deutschen Oper Berlin.
    Neue Hoffnungen können vielleicht die Herren der schreibenden Zukunft aufkeimen lassen, wie wäre es da mit Herrn P. der kennt laut einer seiner Brucknerbesprechungen immerhin neben der zu besprechenden noch 4 weitere Brucknerdirigenten ( Celibidache, Furtwängler, Knappertsbusch und Klemperer im Brucknerfach aber offensichtlich nicht) Bliebe noch Herr W. der von schätzungsweise 40 Salomeaufnahmen auf CD gerademal 9 zu kennen scheint.
    Und hier noch einmal die zu Beginn aufgeworfene Frage. Wer von den hier erwähnten hätte denn den Etikettenschwindel bemerken sollen?


    Sven Godenrath

  • Ich bin heute wieder über diesen Skandal gestolpert, als ich diese knapp 24-minütige Dokumentation darüber gefunden habe. Sie ist auf Englisch und sehr sehenswert, wie ich finde! (Im engl. Wikipedia ist übrigens eine Liste mit den identifizierten Plagiaten.)


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  • Der New Yorker hat vor einiger Zeit einen ausführlichen Artikel über Joyce Hatto gebracht, der den ganzen Skandal mit Akribie beschrieb.
    Dieser Skandal ist übrigens Wasser auf meine Mühlen: seit Jahren fordere ich von CD-Rezensenten, dass sie CDs gänzlich ohne Beschriftung und booklet rezensieren solten; da würde sich vieles verschieben und manche Größe sich als Luftschloss erweisen.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Warum sollte sich "manche Größe in ein Luftschloss" auflösen? Zum einen haben sowohl die Rezensenten, die drauf reingefallen sind, erkannt, dass es sich um ziemlich gute Interpretationen handelt. :D
    Zum anderen haben beinahe von Beginn an einzelne Kommentatoren darauf hingewiesen, dass die "Hatto"-Aufnahmen nicht so klingen, als stammten sie alle vom selben Pianisten bzw. derselben Pianistin.


    Schließlich sind die allermeisten Pianisten ja ab und zu auch live zu hören und könnten spätestens dann entzaubert werden oder bezaubern... ;)


    Aber es ist natürlich richtig, dass sich eine Reihe angeblicher "Experten" als eher unfähig und leichtgläubig erwiesen haben. Barrington-Coupe war allerdings auch recht raffiniert, indem er manchmal innerhalb einer CD manche Tracks leicht verändert (beschleunigt, verlangsamt, teils auch Hall zugegeben etc.) hat. Wo es eigentlich hätte auffallen müssen (und es war dumm und riskant, diese Stücke überhaupt als "Hatto" auszugeben) ist bei sehr selten eingespielten Supervirtuosenstückchen wie den Godowsky-Chopin-Etüden. Laut Film hat aber Marc André Hamelin seine eigene ("Hatto") Aufnahme nicht erkannt, evtl. weil sie leicht verändert worden war.
    Bei wikipedia sieht man, dass manche "Hatto"-CDs, etwa mit Scarlatti-Sonaten, vier bis sechs Pianisten auf einer CD kombinieren.

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