Alfred spielt sie alle an die Wand (?)

  • Zitat

    Original von Richard


    Begründung ? :hello:


    Gefällt mir einfach, vor allem op. 142/3+4 sind sehr leichtgänging und überraschend spontan gespielt. Bei Brendel nicht so häufig zu hören, vor allem da er nicht gerade ein *beidhändiger* Künstler ist. Aber hier stimmt es. Es gibt bessere Aufnahmen einzelner Impromptus, aber die gibt es immer, egal wer den Zyklus vorlegt.

    Gruß,
    Gerrit

  • Hi Gerrit,


    Philips 422340-2


    was wäre deiner Ansicht nach bei diesen Sonaten eine gute Aufnahme?


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Richard schrieb:

    Zitat

    hätte eher zu Schubert's Sonaten Thread gepasst!


    Finde ich nicht unbedingtt, da es sich ja nur um einen einzigen Satz handelt. Es wäre allerdings schön, wenn Gerrit seine Erkenntnise zu einem kurzen (oder aber auch weniger kurzen) Resumé zusammenfassen würde, und dieses im Schubert-Sonaten Thread posten würde. Es könnte aber auch sein, daß wir die Schubert Sonaten, zumindest die wichtigsten einzeln besprechen werden, wenn sich Interessenten finden.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Es könnte aber auch sein, daß wir die Schubert Sonaten, zumindest die wichtigsten einzeln besprechen werden, wenn sich Interessenten finden.


    Denke D958, D959 und D960 könnten in einem Thread besprochen werden.
    Sie werden ja auch bewußt oft gemeinsam eingespielt :yes:

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Hi Gerrit,


    was wäre deiner Ansicht nach bei diesen Sonaten eine gute Aufnahme?


    Ciao


    D 894: Sokolov, Lupu, Richter
    D 840: Richter, Kempff

    Gruß,
    Gerrit

  • Hallo


    Die Überraschung des Tages für mich heute war, daß ich die Klaviersonate Nr.2 (As-Dur) von Carl Maria von Weber kennenlernen durfte.


    Ich war vollkommen platt, wie unglaublich virtuos und schön diese Sonate ist. Der Pianist der Aufnahme, die mir heute vorgespielt wurde, war Alfred Brendel. (wunderbar gespielt). Leider finde ich diese Aufnahme bei den einschlägigen Internetanbietern nicht. Wer kann mir diesbezüglich weiterhelfen?


    Gruß, Markus

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  • hallo,


    als schüler, also vor gut 25 jahren habe ich einige kompositionen mit brendel-aufnahmen kennengelernt: liszt - klavierkonzerte, totentanz, apres une lecture du dante, beethoven - sonaten op. 26, op. 31 1 und 2. ich fand diese interpretationen durchweg gut. dann kam meine horowitz- und pogorelichphase ! irgendwie hatte ich dann kein verlangen mehr, brendel zu hören. erst in den letzten monaten erwarb ich mir einige brendel-cds. ich muss sagen, ich bin begeistert. beethoven (DDD): diabelli-variationen, op. 109-111, op. 13, 14 (beide), 22; schubert (DDD) D.960, wanderer-fantasie; j.s. bach (ADD): chromatische fantasie und fuge, ital. konzert u.a.. all diese aufnahmen gehören IMHO zum besten, was ich hörte. überzeugend die berücksichtigung von form/struktur, klang-balance und anschlagsvarianten. dabei fällt insbesondere bei den genannten beethoven und schubert-werken eine gewisse freude am gelingen bzw. draufgängertum auf. also gar nicht so verinnerlicht und versunken, wie man allgemein sagt. vielleicht ist es so, dass man erst mal horowitz- und konsortenphasen hinter sich legen muss, um auf brendel zu kommen. also selbst einen gewissen reifeprozess durch machen muss. denn eines ist gewiss, wie brendel z.b. mozarts duport-variationen bewältigt, setzt sich deutlich vom mozartspiel selbst des späten horowitz ab. und wenn man neulich einen yundi li mit einer mozartsonate hörte und den ganzen sensationsrummel um diesen chinesen mitbekommt, kann man einen brendel gar nicht hoch genug einschätzen, der ja tatsächlich jahrzehnt für jahrzehnt sich seine fähigkeiten hart erarbeitet hat.


    gruß, siamak

    Siamak

  • AcomA,


    das mag ja alles sein! Aber findest Du es nicht ein wenig "beschränkt" wie er sich "nur" auf Schubert, Schumann, Beethoven und Mozart konzentriert!


    Yundi Li anzuführen (habe ich nur einmal kurz in eine Chopin Aufnahme reingehört) ist nun nicht wirklich ein Benchmark!


    Bin jetzt sicherlich auch nicht der große Horowitz-Liebhaber, aber im Vergleich zu Brendel hat er na nun ein deutlich breiteres Spektrum der Klavierliteratur auf hohem Niveau gespielt!

  • Ich finde es überhaupt nicht "beschränkt", wenn man lediglich das tut, was man kann - hervorragend kann - das sei an dieser Stelle ausdrücklich bemerkt.


    Brendel hat immer hin etliches von Mozart, Beethoven, Schubert und einiges von Haydn eingespielt, dazu kommen Schumann, Liszt und Brahms. Damit deckt er einen weiten Bereich der "Wiener Klassik" iund einen Teil der Romantik ab.


    Scheinbar wollte Brendel vermeiden, als "Universalpianist" abgestempelt zu werden - Der spektakultäre Erfolg gibt ihm recht.


    Er hat sich zu einer Autorität in Sachen dieses speziellen Repertoires einen Namen gemacht, wie einst Wilhelm Kempff und WIlhelm Backhaus


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich finde es überhaupt nicht "beschränkt", wenn man lediglich das tut, was man kann - hervorragend kann - das sei an dieser Stelle ausdrücklich bemerkt.


    Brendel hat immer hin etliches von Mozart, Beethoven, Schubert und einiges von Haydn eingespielt, dazu kommen Schumann, Liszt und Brahms. Damit deckt er einen weiten Bereich der "Wiener Klassik" iund einen Teil der Romantik ab.


    Also, ich finde es in gewisser Art und Weise schon beschränkt wenn man WESENTLICHE Werke der Klavierliteratur gar nicht spielt!
    Aber wie oben geschrieben beschränkt sich Brendel auf das was er kann.
    Wenn der Thread dann lautet:"Alfred spielt sie alle an die Wand(?)" bin ich der Meinung, daß es nun einmal nicht so ist.


    Der Titel passt nicht zu einem der kein / fast kein Rachmaninov, Scriabin, Prokifiev usw. usw. spielt.


    Zitat


    Scheinbar wollte Brendel vermeiden, als "Universalpianist" abgestempelt zu werden - Der spektakultäre Erfolg gibt ihm recht.


    Oder er wollte vermeiden das man feststellt das er "nur" das kann!


    Und in "seinem" Gebiet ist er auch nicht das Mass der Dinge!

  • Zitat

    Original von Richard


    Also, ich finde es in gewisser Art und Weise schon beschränkt wenn man WESENTLICHE Werke der Klavierliteratur gar nicht spielt!
    Aber wie oben geschrieben beschränkt sich Brendel auf das was er kann.


    Man kann sich natürlich trefflich darüber streiten, was "das wesentliche" der Klavierliteratur ist. Schon Schnabel beschränkte sich irgendwann auf das, was ihm am meistem am Herzen lage (und was er vielleicht auch am besten konnte): Mozart, Schubert, Beethoven. Auch andere Pianisten, gerade aus dem deutsch-östereichischen Raum haben sich ähnlich beschränkt.
    Dafür ist Horowitz nun beim besten Willen nicht als Haydn, Mozart, Beethoven- oder Schubert-Experte bekannt, auch wenn er einzelne Werke in Konzert und auch für die Schallplatte gespielt hat. Das "Standardkonzertrepertoire" der romantisch-tradtionellen Schule enthält von Haydn, Mozart und Schubert nur sehr wenig, auch nur eine Handvoll der Beethovensonaten.(Schnabel brachte die Sonaten erst in den Konzertsaal; ich habe Konzertführer aus den 50ern, die vorschlagen, die Schubertsonaten zu kürzen, weil sie sonst für den Konzertsaal unmmöglich seien!)


    Zitat


    Wenn der Thread dann lautet:"Alfred spielt sie alle an die Wand(?)" bin ich der Meinung, daß es nun einmal nicht so ist.


    Ich auch; ich kenne zwar nur Stichproben von Brendel, aber ich halte ihn für geradezu absurd überschätzt. Um als "Überpianist" zu gelten, muß man auch IMO ein breiteres Repertoire abdecken (Bach, Scarlatti, Chopin, Ravel, Debussy, fehlt ja alles weitestgehend bei Brendel, nicht nur die Russen!), es sei denn man heißt Schnabel oder Gould.... :D Einzig bei einigen Stücken von Mozart und Schubert mögen seine Aufnahmen zum Kreis der engeren Empfehlungen gehören (und selbst hier finde ich bemerkenswert, dass ein "Spezialist" für diese Komponisten zwar manches dreinmal, andere Werke dafür gar nicht aufgenommen hat), allerdings ist die Konkurrenz da heute auch größer als vor 30 Jahren.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • hallo,


    ich habe hier doch den eindruck, dass manche empfindlich auf alfred brendel reagieren. es gibt keinen grund dazu ! ich bin nicht der meinung, dass er überschätzt wird. alle wesentliche werke beethovens (sonaten, bagatellen, variationen, konzerte), alle sonaten mozarts, die wesentlichen werke haydns und schuberts, wichtiges von liszt und schumann im ständigen repertoire zu haben, ist immens. alleine schon die gedächtnisleistung. technisch steht er mit seiner kontrolle des anschlages weit über dem durchschnitt !


    ich meine auch nicht, dass er alle an die wand spielt, aber er gehört zu den bedeutendsten pianisten des endenden 20. jahrh.. grundsätzlich finde ich es ehrlich und richtig, das zu spielen, was man gerne spielt und auch sehr gut versteht. grundsätzlich sind die ergebnisse bei einem spezialisierten chirurgen auch etwas besser als bei einem 'alleskönner'.


    überdies ist brendel ein intellektueller und auch musikwissenschaftler, der genau weiß, was er interpretiert (ähnlich wie z.b. paul badura-skoda.


    andererseits gibt es doch auch spezialisten wie z.b. andrei gawrilov, die überwiegend virtuosenliteratur des 20. jahrhunderts (sehr gut) spielen und mögen, aber keinen beethovenzyklus. niemand macht es ihnen zum vorwurf und sie werden auch als große pianisten gefeiert.


    der punkt ist der, mich interessiert es nicht, dass brendel keinen rachmaninov spielt, ich weiß, das er sich über jahrzehnte mit beethoven auseinandergesetzt hat und ich möchte nun diese erfahrung teilen !


    gruß, siamak

    Siamak

  • Zitat

    Original von AcomA
    hallo,
    ich habe hier doch den eindruck, dass manche empfindlich auf alfred brendel reagieren. es gibt keinen grund dazu !


    Für meinen Teil reagiere ich nicht empfindlich wenn es um Brendel geht!


    Zitat


    ich bin nicht der meinung, dass er überschätzt wird. alle wesentliche werke beethovens (sonaten, bagatellen, variationen, konzerte), alle sonaten mozarts, die wesentlichen werke haydns und schuberts, wichtiges von liszt und schumann im ständigen repertoire zu haben, ist immens. alleine schon die gedächtnisleistung. technisch steht er mit seiner kontrolle des anschlages weit über dem durchschnitt !


    Selbst weit über den Durchschnitt ist/wäre nicht "alle an die Wand spielen"!


    Zitat


    der punkt ist der, mich interessiert es nicht, dass brendel keinen rachmaninov spielt, ich weiß, das er sich über jahrzehnte mit beethoven auseinandergesetzt hat und ich möchte nun diese erfahrung teilen !


    Mag sein, aber es gibt viele die sich auch mit anderen Werken beschäftigen als x mal Beethoven Sonaten und Konzerte einzuspielen und die dennoch geniale Aufnahme hervor gebracht haben!


    Wenn er doch so ein "großer" Pianist ist, warum hat er dann nicht die Größe andere Werke zu spielen oder sich damit auseinander zu setzen?

  • Also zunächst mal (da niemand solnst es tut :D ) gratuliere ich mir zu meiner Titelwahl.


    Es ist schon erstaunlich, daß ein Thread, der sich nun nahezu ein Jahr hinzieht plötzlich SOLCHE Emotionen hervorrufen kann.


    Dabei weise ich explizit auf das Fragezeichen ( durch die Klammern erneut in Frage gestellt :P ) hin, das ja den Spielraum erheblich erweitert.


    Ob man Ravel und Rachmaniniv, Skrijabin gepielt haben muß um als großer Pianist zu gelten ? Ich glaub kaum.
    Bei meiner Person steht das Können als Pinaist ja nicht zur Diskussion,
    weil ich nämlich nicht Klavier spielen kann.
    Könnte ich es jedoch - würde ich mich ausschließlich den Werken der Wiener Klassik widmen.


    Zitat

    Und in "seinem" Gebiet ist er auch nicht das Mass der Dinge!


    So wie es hier steht, vermittelt es den Eindruck,Brendel wäre überschätzt - eine Ansicht die ich nicht teile.


    Es sind zwar manche Mozart Interpreten UNTERSCHÄTZT, aber das kann man Brendel schließlich nicht anlasten.


    Brendel ist - nach Meinung vieler Kritiker - einer der bedeutendsten Pianistern in Bezug auf "Wiener Klassik" die das ausgehend 20. Jahrhundert hervorgebracht hat.


    Es ist zu hoffen, daß die kommende Generation uns ähnlich Bedeutendes liefert - und (das ist glaube ich das Hauptproblem) die Plattenfirmen der Künstlern die Möglichkeit einräumen - dieses Bedeutende auf Tonträger festzuhalten.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • hallo Alfred,


    ich sehe brendel auch in einer großen tradition über schnabel, fischer, kempff, und backhaus. und er ist hier sicher mindestens so wichtig wie gulda und barenboim (der frühe und mittlere). wer wird diese tradition fortsetzen ? ich freue mich riesig auf die aktuellen gesamteinspielungen der beethovenschen sonaten durch andras schiff (ECM) und gerhard oppitz (hänssler). gerade oppitz hätte seine mittlerweile auch über dreißig jahre überspannende erfahrung mit diesen werken als zyklus aufgenommen, wenn ihn seine damaligen labels ließen. ich bin der ansicht, dass hier die tradition würdig weitergeleitet wird. allerdings haben wir es hier mit zwei pianisten zu tun, die auch aktuell werke des 20. jahrhunderts im programm haben (bartok, rachmaninov etc.). das würde richard wahrscheinlich eher gefallen :D.


    gruß, siamak

    Siamak

  • Obwohl dieser Thread schon eine Weile ruht, will ich doch gerne ein paar Gedanken über Brendel beisteuern:


    Wie bei Anderen auch, hat Brendel auch bei mir mit seinen Schubert-Interpretationen (die aus den 70er Jahren) einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Seine zweite Einspielung halte ich (auch klangtechnisch!) für nicht so gut. Sie war einfach ein Tribut an die neue Digital-Ära, was ja auch auf den Covern groß vermerkt ist.
    Ich liebe auch seine Mozartkonzerte über alle Maßen.
    Ergreifend finde ich seine Deutung von Liszts Variationen über "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen" und von Mendelssohns "Variations sérieuses".
    Dass ein Pianist sich ansonsten auf ein bestimmtes Repertoire beschränkft, halte ich für völlig legitim.
    Ihn live zu erleben war eine zwiespältige Sache:
    Entweder man sitzt so weit weg, dass man wenig hört und noch weniger sieht. So ist es halt, wenn berühmte Leute in Riesensälen spielen.
    Oder man sitzt nah dran und hat gegen die Ablenkungen zu kämpfen, die von seiner beängstigenden Unterkiefermimik und seinen gepflasterten Fingerspitzen ausgehen.
    Für mich ist er einer der Größten.

    "Muss es sein? - Es muss sein!" Grave man non troppo tratto.

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Ich auch; ich kenne zwar nur Stichproben von Brendel, aber ich halte ihn für geradezu absurd überschätzt. Um als "Überpianist" zu gelten, muß man auch IMO ein breiteres Repertoire abdecken (Bach, Scarlatti, Chopin, Ravel, Debussy, fehlt ja alles weitestgehend bei Brendel



    Eine reflektierte Interpretation Brendels der Hammerklaviersonate ist mir allemal lieber als eine halbherzige Darbietung der Bagatellen Chopins oder der Sonaten Scarlattis. Im Übrigen wird die Geringschätzung, oder freundlich formuliert, die kritische Distanz, einiger Teilnehmer wohl darin begründet sein, daß Brendel gerade das Repertoire nicht spielt, daß sie schätzen. Ich denke schon, daß man sich ein Leben lang mit Beethoven und Schubert auseinandersetzen kann, ohne Gefahr zu laufen, einen Endpunkt zu erreichen. Ich erinnere nur daran, daß Brendel immerhin viermal Beethovens Klavierkonzerte als Gesamteinspielung vorgelegt hat. Da ist also offenkundig eine ganze Menge zu entdecken.


    Im Übrigen lohnt es mE auch sich mit den Schriften Brendels auseinanderzusetzen. Da erfährt man eine ganze Menge darüber, warum bestimmte Kompositionen nicht geschätzt werden, oder warum Domenico Scarlatti nach Brendels Auffassung nicht auf dem Klavier interpretiert werden sollte. Mit anderen Worten: Das auf bestimmte Komponisten fixierte Repertoire hat sogar noch einen theoretischen Unterbau. Auch das unterscheidet Brendel lobenswerterweise von einer Vielzahl von Pianisten.

  • Hallo zusammen!


    Vielleicht bin ich voreingenommen, aber ich halte Brendel für den Schubert- und Mozartinterpreten unserer Tage. Egal, ob im Konzert oder auf CD, ich finde, es gibt für die Klaviermusik dieser beiden Komponisten keinen besseren Interpreten. Darin, dass er sich offensichtlich auf die Komponisten beschränkt, deren Werke ihm etwas zu sagen haben und ihm daher besonders liegen, liegt auch seine Grösse. Außerdem gibt es soviele Klavierwerke, dass ein Pianistenleben ja gar nicht ausreicht, alle zu spielen, bei allen die, für einem selbst, ideale Interpretation zu finden, daher finde ich auch nichts dabei, wenn sich ein Interpret auf die Werke spezialisiert, die ihm am Herzen liegen, und da die ideale Interpretation zu finden versucht.

  • Glückwunsch zum Fünfundsiebzigsten am 5.01.2006!


    Heinz Gelking


    Ich habe ihm hier einen kurzen Blog-Eintrag gewidmet:


    http://www.platte11.de/html/blog.html


    (Alfred (Forenbetreiber, nicht Pianist!), wenn Du dich durch den Link "gespamt" fühlst, lösche ihn einfach ohne Kommentar und Rücksprache)



    Hinweis für Moderatoren
    Link ist genehmigt
    MOD 001-Alfred

  • Hallo!


    Es sind im Forum in letzter Zeit diverse sehr Brendel-kritische Worte gefallen, besonders was seine Beethoven-Interpretationen betrifft.
    Ich persönlich kann das nicht nachvollziehen und bin nach wie vor großer Brendel-Fan. Da mir nunmal die Wiener Klassik am wichtigsten ist, stört mich sein schmales Repertoire überhauptnicht. Besser so, als wenn man alles spielt und nur obenhin...
    Nun speziell zu Brendel und Beethoven:
    Die beiden Klavierwerke, die mir von Beethoven am wichtigsten sind, sind die Sonate B-dur op. 106 und die Diabelli-Variationen. Und von wem stammen die Interpretationen, die für mich derzeit Referenz sind? Alfred Brendel!
    :jubel::jubel:



    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,


    ich habe mir diese CD mal mitgenommen, als sie im Angebot war:



    Klar, diese Interpretation geht sicher mehr in Richtung Romantik als HIP. Auch verstehe ich nichts von Pedalführung, Anschlagstechnik etc., dennoch muß ich sagen, höre ich diese Scheibe ab zu sehr gerne, obwohl ich eigentlich den Klang des Cembalo bevorzuge. Für Brendel sicher das untypischste Repertoire.


    :hello:
    Gentilhombre

    "Das ist zeitgenössische klassische Musik. Dann unterstelle ich, daß da kein intellektueller Zugang..."
    Miroslaw Lem, Tenor

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    Original von Richard
    Mag sein, aber es gibt viele die sich auch mit anderen Werken beschäftigen als x mal Beethoven Sonaten und Konzerte einzuspielen und die dennoch geniale Aufnahme hervor gebracht haben!


    Wenn er doch so ein "großer" Pianist ist, warum hat er dann nicht die Größe andere Werke zu spielen oder sich damit auseinander zu setzen?


    Ich selbst kenne Brendel (leider) bisher "nur" von einem seiner Zyklen der Beethoven-Sonaten auf CD - aber die haben mich wirklich endlos begeistert und mir endlich einen Zugang zu dieser Musik verschafft, die IMO einfach zu dem Anspruchvollsten gehört, was die Klavierliteratur zu bieten hat - selbst so ein hervorragender Pianist, der sich bald ein ganzes Pianistenleben lang mit dieser Musik beschäftigt, scheint einfach immer noch nicht am Ende angelangt zu sein (ich finde das bemerkenswert).


    Brendel hätte sich wahrscheinlich ohne Probleme auch vieler anderer Klaviermusik annehmen können, aber anscheinend wollte er es auch nicht.

  • Hallo,


    die Kombination von gereifter intellektueller Durchdringung und musikantischer Emotionalität macht für mich die Grösse des Meisterpianisten Alfred Brendel aus.
    Zudem sind mir sein starkes Klangfarbenbewusstsein ( "Oboe" spielt er mit gekrümmten Fingern, wie ich las) und seine sehr bewussten und geschmackvollen Pedalisierungen oft aufgefallen.
    Wenn ich Schubertaufnahmen verglich, gefielen mir Brendels Deutungen eigentlich immer am besten.


    Besonders dankbar bin ich ihm auch für seine Liszt-Aufnahmen, mit denen er mich für diese Musik begeistern konnte.
    Erst durch Brendels Musizieren wurden meine Vorurteile eingerissen.
    Mir wurde klar, dass Liszt mehr war, als ein pianistisch genialer Salonlöwe, dass seine Musik kein leeres Blendwerk ist.
    Eine flache, oberflächlich rauschende Spielweise kann dem Hörer diesen falschen Eindruck leicht vermitteln. Bei Brendel jedoch geht mir diese tiefempfundene Musik unter die Haut.
    Wärmstens empfehlen möchte ich daher die Annees de Pelerinage, am besten als DVD:



    Auch hier sehe ich Brendel gerne, weil er gestisch bestimmte Spannungszusammenhänge -ähnlich wie ein Dirigent- dem Zuseher/Zuhörer deutlich macht. Abfällige Bemerkungen über Äusserlichkeiten werde gerade im Falle Alfred Brendels nicht über meine Lippen, bzw. über meine Tastatur kommen.


    Es ist bedauerlich, dass es von Brendel nicht mehr Bacheinspielungen gibt.
    Als jemand, der eigentlich lieber HIP hört, muss ich zugeben, dass die schon von Gentilhombre genannte CD zu meinen liebsten Bachaufnahmen gehört.


    Da geistige Durchdringung bei gleichzeitg hoher Emotionalität auch ein Kennzeichen des Sängers Dietrich Fischer-Dieskau war, empfand ich die Zusammenarbeit Brendels mit Fischer-Dieskau als besonderen Glücksfall, gerade für Schubert.


    Hochachtung vor diesem grossartigen Pianisten!


    LG
    Glockenton


    P.S.: Gerade seine Ablehnung, bestimmte Komponisten spielen zu wollen, ist für mich ein Beweis für die hohe Seriösität seines Musizierens.
    Warum er einen Komponisten spielen sollte, von dessen Musik er nach sicher reiflichem Überlegen nicht überzeugt ist, will sich mir nicht erschliessen.

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Liebe Klavierfreunde,


    am kommenden Dienstag spielt Alfred Brendel im Feierabendhaus der BASF in Ludwigshafen im Rahmen der Reihe "Big Four"- und zwar folgendes Programm:


    Zitat

    Haydn: Klaviersonate c-Moll Hob. XVI Nr. 20
    Beethoven: Klaviersonate As-Dur op.110
    Schubert: Impromptu Nr.1 f-Moll D 935
    Schubert: Impromptu Nr.3 B-Dur D 935
    Mozart: Klaviersonate c-Moll KV 457




    Ich bin schon sehr gespannt, da ich Alfred Brendel selbst noch nie live gehört habe! Ich werde dann über meine Eindrücke berichten.



    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Liebe Taminos,


    wie oben angekündigt, war ich gestern abend in Ludwigshafen um Alfredissimo zu hören- und so möchte ich Euch den angekündigten Bericht nicht vorenthalten. Jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe kommt mir wieder etwas in den Sinn, was mir auch gestern direkt nach dem Konzert durchs Gemüt ging: Wie fasse ich das gerade Gehörte und Erlebte in Worte- Eindrücke aus einer Sprache in die andere übertragen- da geht immer etwas verloren.


    Gespannt war ich sehr, denn im Konzert hatte ich Brendel noch nie hören können, aber seine Beethoven (besonders die späten Sonaten) und Mozarteinspielungen gehören bei mir zum eisernen Bestand, was ja auch immer eine Gefahr ist: Ich gehe mit einer bestimmten Klangvorstellung ins Konzert, also habe ich auch vor dem gestrigen Konzert darauf verzichtet mir die Stücke noch einmal anzuhören, einfach um die Eindrücke unmittelbarer aufnehmen zu können.


    Der große Saal des Feierabendhauses war gerammelt voll- und auch (ein wenig überraschend für mich) relativ viel junges und jugendliches Publikum. Brendel betrat die Bühne mit einigen Minuten Verspätung. Ein wenig schlurfend, fast behäbig. Kurze Verbeugung, dann setzt sich der Maestro an den Flügel und beginnt. Atemlose Stille sollte man meinen- an diesem Abend hätte ich eine ganze Reihe von Hustern und Röchlern am liebsten in den Orkus gewünscht und nicht in den Konzertsaal. Als während des langsamen Satzes der Haydn-Sonate ein vorwitziger Knilch sein Ricola oder was auch immer auswickelte starrte der Meister höchst indigniert den Schuldigen an, aber zurück zu Haydn.


    Bei den ersten einleitenden Akkorden hatte ich das Gefühl, Brendel hätte sich ein wenig vergriffen- aber ganz sicher bin ich mir nicht- und wirklich wesentlich ist das ja auch nicht. Brendel spielte die Sonate im Geiste des Barock, was die Verzierungen und Figurationen angeht. Erster Höhepunkt war der Mittelsatz: Brendel wählte vergleichsweise breite Tempi und kostete jeden Ton bis zu Gänze aus. Sein Klangsinn und seine Fähigkeit für feinste dynamische Abstufungen war unglaublich, eine unglaublche Klangkontrolle. Brendel akzenutierte die rechte Hand immer etwas mehr als die linke, was auch bei den übrigen Stücken des Abends zu beobachten war.


    Dann spielte Brendel Beethoven: Deutlich schroffer und auch düsterer als im letzten Jahr Uchida an gleicher Stelle. Nach der Pause Schubert und Mozart. Und bei Schubert dachte ich mir: Man muss wohl Österreicher sein um Schubert "richtig" spielen zu können. Das ist natürlich nur ein rein subjektives Geschmacksurteil. Was ich damit meine: Brendel schwelgte nicht nur in Schuberts schönen Melodien: Diese Schönheit war immer gebrochen, latent bedroht durch das Geschehen in der Bass-Lage der Klaviatur


    Im einleitenden Allegro molto von Mozart KV 457 griff der Meister definitiv ein oder zweimal daneben, aber auch hier war der Mittelsatz wieder das Ereignis des Abends. Man vergass, dass das Klavier eigentlich ein Schlaginstrument ist, so zart streichelte Brendel die Tasten. Wenn ich mich nicht täusche spielte er auf keinem Steinway, der klingt in Ludwigshafen normalerweise deutlich härter und weniger weich. Möglich, das der Maestro seinen eigenen Flügel mitgebracht hat. Nach dem Adagio setzte Brendel kurz ab, sammelte sich, ehe er die Sonate zu Ende spielte. Das Publikum war völlig aus dem Häuschen.


    Als Zugabe spielte Alfredo il Magnifico das As-Dur-Impromptu aus D 935: ein krönender Schlusspunkt, auch dieses Stück von einer innigen Zartheit voller subtiler Klangabstufungen, der letzte Ton schwebte scheinbar sekundenlang im Raum. Alfred auf der Suche nach dem verlorenen Klang möche man meinen. Mich beschlich das Gefühl Zeuge einer religiösen Handlung zu sein. Irrational? Vielleicht.


    Dann gabe es Standing Ovations. Und das habe ich im Feierabendhaus nur sehr sehr selten erlebt. Mögen manche Brendel sein "begrenztes" Repertoire zum Vorwurf machen, seine Selbstbeschränkung auf die Wiener Klassik auch vorwerfen: Wenn er so spielt soll mir das recht sein. Normalerweise bin ich mit Superlativen eher sparsam: aber der Abend rangiert für mich in der Rubrik: Unvergesslich.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Christian


    Schöner Bericht!


    Zitat

    Original von Caesar73
    ...Und bei Schubert dachte ich mir: Man muss wohl Österreicher sein um Schubert "richtig" spielen zu können. Das ist natürlich nur ein rein subjektives Geschmacksurteil. Was ich damit meine: Brendel schwelgte nicht nur in Schuberts schönen Melodien: Diese Schönheit war immer gebrochen, latent bedroht durch das Geschehen in der Bass-Lage der Klaviatur


    Nun, es hilft auf jeden Fall. ;)
    Was in meiner Erinnerung an Brendel/Schubert noch ganz präsent ist, war die auffallend starke und permanente Arbeit an beiden Pedalen. Ähnliches habe ich eigentlich sonst nie gesehen. Es wird kein Ton produziert, der nicht noch über die Pedale beeinflusst wird, was möglicherweise mit für das schwebende und doppelbödige in Brendels Klang verantwortlich ist.



    Zitat

    Wenn ich mich nicht täusche spielte er auf keinem Steinway, der klingt in Ludwigshafen normalerweise deutlich härter und weniger weich. Möglich, das der Maestro seinen eigenen Flügel mitgebracht hat.


    An sich spielt Brendel ausschließlich Steinway...



    Zitat

    Als Zugabe spielte Alfredo il Magnifico das As-Dur-Impromptu aus D 935: ein krönender Schlusspunkt, auch dieses Stück von einer innigen Zartheit voller subtiler Klangabstufungen, der letzte Ton schwebte scheinbar sekundenlang im Raum. Alfred auf der Suche nach dem verlorenen Klang möchte man meinen. Mich beschlich das Gefühl Zeuge einer religiösen Handlung zu sein. Irrational? Vielleicht.


    Was hast du gedacht? Natürlich war es das. Nur so ist es richtig, ansonsten ist es kein Schubert (oder auf jeden Fall zuwenig davon)!



    Zitat

    Normalerweise bin ich mit Superlativen eher sparsam: aber der Abend rangiert für mich in der Rubrik: Unvergesslich.


    Beneidenswert!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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