Die schöne Müllerin - Kleiner Bruder der Winterreise?

  • Zitat

    Original von Alviano
    Genau, damit ist auch Pauls Frage beantwortet: die Sony-Aufnahme ist vollständig und wurde 1967 in der Schweiz gemacht, der Tenor war damals knapp unter 50.


    Hallo Alviano,


    Ich will sofort gestehen, daß ein Gedächtnis nicht fehlerfrei ist. Aber in diesem Falle irre ich mich nicht.
    Jene Ausführung von mir der "schöne Müllerin" war eine DGG-LP. Und DGG und Sony läßt sich nicht auf einen Nenner bringen. Damals war das CBS, und stand in keiner Beziehung mit DGG.


    Ich bin mir nicht sicher, aber dachte daß "Der Jäger" das letzte Lied auf meiner LP war. (Eigentlich recht blöd :untertauch: )


    LG, Paul

  • Hallo,


    ich finde auch,daß Haefliger ein großartiger Oratoriensänger


    war.Er war auch in Mahlers "Lied von der Erde"ein idealer


    Interpret als Nachfolger seines Lehrers Julius Patzak.


    Als Liedersänger der Romantik erscheint mir die Stimme


    etwas unerotisch ,keusch zu sein.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • Die Müllerin kann auf keine LP gehen, wenn man nicht stark qualitätsmindernd eng schneiden will. Da dies die DGG kaum machen würde ist es also kein Wunder, dass dein Exemplar nicht vollständig ist. Vielleicht gab es eine zweite LP mit dem Rest und einigen anderen Liedern?


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus,


    HMV brachte Die Müllerin komplett aus mit Dieskau und Moore auf eine LP. Und ohne Qualitätsverlust (soweit ich das beurteilen kann).


    LG, Paul

  • Die letzten Aufnahmen der drei Schubertzyklen mit Haefliger/Dähler


    sind bei dem Label Claves erschienen,und der Sänger war deutlich


    älter als 50 Jahre.


    (Die ältere Aunahme mit E.Werba erschien zuletzt bei Sony.
    Die noch ältere Einspielung mit Jacqueline Bonneau am Klavier
    erschien bei der DG .)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert, Hallo Paul,


    die Sony-Aufnahme Haefliger/Werba ist vollständig - ich habe sie gerade eben etwa zur Hälfte gehört, die beiden anderen kenne ich gar nicht.


    Ich würde Herbert recht geben: es fehlt der Stimme soetwas wie Sinnlichkeit für z. B. die "Müllerin", auch kleine Schwächen sind hörbar, aber: Wortbehandlung, Atmung, Gestaltung, das ist schon vorbildlich.


    Neben dem schon erwähnten "Lied von der Erde" würde ich auch auf den Florestan hinweisen wollen, hätte ich nicht gedacht, wie gut er das singt.


    Zurück zur "Müllerin" - vor welcher Aufnahme würdet ihr denn "warnen"?

  • Hallo Alviano,


    ich glaube,bei Haefliger bewundert man nicht eine strahlend


    schöne Stimme,wie etwa bei Wunderlich,sondern eine außer=


    gewöhnliche Gesangstechnik,eine hervorragende Beherrschung


    der Kopfstimme,und eine ausgeklügelte Dynamik,vom Pianissimo


    bis zum Forte.Darin war er Wunderlich weit überlegen.


    (Ich glaube,dies ist jetzt zu einem "Haefliger-Thread "geworden.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von musicophil
    Hallo Theophilus,


    HMV brachte Die Müllerin komplett aus mit Dieskau und Moore auf eine LP. Und ohne Qualitätsverlust (soweit ich das beurteilen kann).


    LG, Paul


    Über 60 Minuten auf einer LP sind ohne technische Kompromisse unmöglich!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Herbert,


    ... was Ernst Haefliger verdient hätte :)! Die frühen Aufnahmen sind enorm gut. Genau: hier geht es um die "Müllerin", also, Schluss!


    Gruss

  • Darf ich einen neuen Namen in die Runde werfen?
    FRANCISCO ARAIZA! Er hat mich mit seiner Interpretation des Müllersburschen mehr als einmal ins Herz getroffen, sowohl live als auch auf CD. Er betrieb nie "Stimmritzenprotzerei" (O-Ton Leo Slezak, aber ich finde diese Wortschöpfung einfach köstlich und treffend), bei ihm stand immer der Ausdruck an erster Stelle und in Punkto Wortdeutlichkeit kann sich wohl so mancher deutschsprachige Sänger an ihm ein Beispiel nehmen. Allerdings lebt er noch, und das scheint ein Manko zu sein ;) :D
    (Gut, FiDi und Protschka leben auch noch........)
    lg Severina

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  • Hier sind noch einige historische Aufnahmen,die meines Wissens
    noch nicht erwähnt wurden ,die es mal gab,oder noch gibt:


    Gerhard Hüsch /Hanns Udo Müller,


    Rudolf Schock / Gerald Moore,


    Werner Krenn / Rudolf Buchbinder,


    Anton Dermota / Hilde Dermota,


    Walther Ludwig / Michael Raucheisen,


    Petre Munteanu / ?


    Helmut Krebs / ?


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • Ich habe insgesamt 168 verschiedene Aufnahmen aufgelistet, deren Auswertung etwas Zeit erfordert.
    (Quelle: Schubert-Institut UK)

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Der Hinweis auf Araiza ist schon gefallen. Zum Aufnahmezeitpunkt war der Tenor in guter, stimmlicher Verfassung: von der Stimmfarbe her schon etwas dunkler, aber sehr respektabel vom Ausdruck her. Zum Gelingen trägt hier auch der Pianist bei: Irwin Gage - einer der ganz grossen in Sachen Liedbegleitung.


    Bei der kleinen Liste der (doch schon?) historischen Aufnahmen, gibt es eine die mich sehr interessiert, von der ich wusste, das es sie gibt, die ich aber noch nie irgendwo gesehen habe: die mit Rudolf Schock, ein Tenor, der in seinen jüngeren Jahren bemerkenswert war. Kann zu dieser Aufnahme jemand, der sie kennt, mal ein paar Worte sagen?

  • Hallo Alviano,


    Schock bleibt Schock.Er kann hier sein wunderbares Piano


    und Mezzavoce voll einbringen,und Gerald Moore ist ihm


    ein herrlicher Partner.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Daniel,


    Gerald Moore war natürlich 1945 als Brite in Deutschland


    nicht sehr bekannt,aber im restlichen Europa schon.


    Er hat in den 30er Jahren viele große Interpreten


    begleitet.Ich nenne nur die Sänger : F.Schaljapin,A.Kipnis,


    J.MacCormack,E.Schumann ,,E.Gerhardt ,K.Ferrier, oder die

    Instrumentalisten : E.Feuermann,F.Kreisler,Y.Menuhin,


    P.Casals,u.v.a.Ein Höhepunkt seiner Karriere war sicher


    die Zusammenarbeit mit D.Fischer-Dieskau.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Paul,


    die habe ich natürlich nicht vergessen.Ich wollte nur feststellen,


    daß G.Moore schon lange vor dem 2.Weltkrieg bekannt war,und,


    daß die Aufnahme sämtlicher Schubertlieder mit Fi.Di. wahrscheinlich


    der Höhepunkt seiner Karriere war.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Alviano
    Bei der kleinen Liste der (doch schon?) historischen Aufnahmen, gibt es eine die mich sehr interessiert, von der ich wusste, das es sie gibt, die ich aber noch nie irgendwo gesehen habe: die mit Rudolf Schock, ein Tenor, der in seinen jüngeren Jahren bemerkenswert war. Kann zu dieser Aufnahme jemand, der sie kennt, mal ein paar Worte sagen?


    Die Aufnahme mit Rudolf Schock ist von 1958 und Gerald Moore hat ihn am Klavier meisterhaft begleitet.
    Dem Wanderer und Naturfreund Rudolf Schock hat dieser Zyklus ausgesprochen gut gelegen. Bei dieser Aufnahme ist eine Symbiose entstanden, die den Hörer fasziniert und in ihren Bann zieht. Eine gefühlvoller gesungene Aufnahme kenne ich nicht. :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Hallo Paul,


    Gage habe ich auch noch mehrmals live erlebt, was immer wirklich gut war, bei Moore kam es dazu nicht mehr. Aber Erik Werba konnte ich auch noch im Konzert erleben (mit Christa Ludwig und der "Wintereise").


    Von den "jüngeren" fand ich Reimann interessant - der ja auch mit Brigitte Fassbaender u. a. die "Müllerin" aufgenommen hat.


    Schönen Sonntag und Gruss

  • Hallo Siegfried,


    ich gebe gerne zu, dass ich mir Schock als Liedsänger nicht so richtig vorstellen kann (gilt auch für Tauber, aber den kenne ich von den Platten her schon mit Schubert) - und gerade deshalb interessierts mich.


    Danke für die kuzen Infos (Ja, "Müllerin" vielleicht vom Typ her eher als "Winterreise")


    Schönen Sonntag, Gruss

  • Hallo Alfiano,


    Achte mal auf Rudolf Jansen. M.M.n. der beste Begleiter jetzt.


    Ich habs schnell nachgeschaut. Er begleitete u.a. Elly Ameling, Robert Holl, Han de Vries, Peter Schreier, Andreas Schmidt, Olaf Bär, Barbara Bonney, Tom Krause, Hans Peter Blochwitz, Edith Wiens, Birgit Finnilä, Irina Arkhipova, Brigitte Fassbänder und Jean-Pierre Rampal.


    LG, Paul

  • Jens Malte Fischer beschreibt in seinem Buch "Große Stimmen" Julius Patzak m. E. recht treffend: "ein Merkwürdiger, der noch stets zu fesseln versteht."


    Santoliquido hatte prophezeit, ich würde Patzaks Müllerin lieben - also habe ich die Aufnahme mehrmals durchgehört und schwer gelitten - bis ich mir ein bisschen Software besorgt und den Klang zumindest in die Nähe realisitischer Möglichkeiten gebracht hatte. Meine Version (Teil 1 & Teil 2) hat mir dann die Ohren geöffnet für diesen besonderen Sänger.


    Sein Timbre (im Zusammenhang mit einer Aufnahme des Lieds von der Erde von Mahler einmal als "beinern" bezeichnet) zeichnet sich durch eine gewisse helle Sprödigkeit aus, die zur Schärfe neigt - was in der Raucheisen-Editions CD gnadenlos übertrieben wurde, hin ins Grelle.


    Dabei war Julius Patzak ein Sänger, der seine nicht gefällig-glatte, sondern eindringliche Stimme mit großem Mut zum Risiko in den Dienst der Musik stellte. Mehr als einmal gibt es in diesen Liedern Stellen, wo ihm die Legatolinie bricht, weil er die unterste Grenze durchbricht und zu leise singt. Aber da seine Stimme dann ihren Sitz verändert und mehr ins Nasale zieht ergibt sich daraus zwar keine Belcanto-Perfektion, aber höchste Eindringlichkeit.


    Wie auch generell aus dem Umstand, dass es bei ihm generell starke Unterschiede in der Qualität der einzelnen Vokale wie zwischen den Registern gibt. Nicht glatt-perfekt, aber sehr "menschlich" und anrührend.


    Allerdings kann eine solche Sängerpersönlichkeit nur dann zu voller Wirkung gelangen, wenn die Abweichungen vom belcantistischen Goldstandard musikalischen Mehrwert beinhalten - sonst ist man schnell bei "es ist ja nicht einmal technisch einwandfrei".


    Santiloquido hat es vorausgesagt: hier funktioniert es. Patzak gestaltet die Müllerin mit großer Intensität, wobei besonders die stillen Momente durch sein disktinktes Timbre besondere Eindringlichkeit entfalten - "sag Bächlein, liebt sie mich?" ist so ein Moment wo er des Müllers Ängste in den Stimmklang legen kann und deswegen auf unsubtilere Gestaltungsmittel verzichten kann.


    In summa bin ich sehr angetan - obwohl Julius Patzak eigentlich überhaupt nicht in meine sängerischen Vorlieben passt: ich bevorzuge ja weiche, volle, glänzende Stimmen, also im Grunde genau das, was Julius Patzak NICHT war. Umso strahlender siegt hier seine Musikalität über meine Geschmacksgrenzen.


    Michael Raucheisen ist von der Aufnahmetechnik schwer benachteiligt, da war nicht viel zu ändern. Aber was man von ihm hören kann, ist dem Sänger kongenial. Nie starr, aber auch nie willkürlich: perfekt-organischer Einklang im Dienste der Musik, bei dem der Sänger immer getragen wird und Freiraum hat.


    Eine bedeutende Aufnahme, die ich - wenn nicht Santoliquido interveniert hätte - wegen ihrer schlechten Tonqualität beinahe ad acta gelegt hätte.


    Danke, Santoliquido!


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Julius Patzak war sicher kein Sänger, der mit üppigen tenoralen
    Stimmmitteln daherkommt. Patzak war ein itellienter, technisch
    versierter (ohne Gesangsuntericht) Gestalter. In der "Schönen
    Müllerin" geht man mit ihm auf die Wanderschaft. Man erlebt
    Liebe, Eifersucht, Resignation und Suizidgedanken. Es ist eine
    Interpretation, die betroffen macht. Da singt kein
    Tenor, sondern ein unglücklicher Müllerbursche. Patzaks
    Interpretation von 1943 ist auf jeden Fall die Ergreifenste,
    und für mich damit die Bedeutenste.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • So ist es! Ich kann mich nur anschließen und wiederholt diese Aufnahme empfehlen. Patzak singt einen störrischen und aufbegehrenden Wanderer, der sich nicht von vornherein in sein Schicksal ergibt. Eine Aufnahme, die einem durch Mark und Bein gehen kann.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Anfang der 80er hat Peter Schreier die "Müllerin" zwei Mal aufgenommen: einmal mit Hammerklavier (damals noch ein Novum, Steven Zehr war der Begleiter) und dann mit Konrad Ragossnig an der Guitarre.


    Letztere Aufnahme will ich hier empfehlen. Das Klangbild ist ungewohnt, vieles wirkt weicher, mit weniger Nachhall als bei der Begleitung mit einem Tasteninstrument. Das geht oft wunderbar mit den Stimmungen der Lieder zusammen. Einiges wirkt aber auch auf den ersten Eindruck hin flacher, so die Lieder "Eifersucht und Stolz" oder "Die böse Farbe", also da, wo der Flügel dramatischer hämmern kann, als es eine Guitarre vermag. Hat man sich an die veränderte Perspektive gewöhnt, ist der Hörzugewinn allerdings grösser, als das, was man möglicherweise vermisst. Und: Ragossnig ist ein irre guter Interpret!


    Da auch Peter Schreier hier ausgesprochen stark ist - sehr subjektiv, sehr mitfühlend -, gesanglich keine Wünsche offen bleiben (er passt sich dem doch ganz anderen Begleitinstrument perfekt an), bin ich sicher, dass diese Aufnahme auch anderen Freunden des Liedgesangs Freude machen wird.

  • Lieber Observator,
    lieber Theophilus,


    ich muss mich entschuldigen: ich hatte Eure Antworten bisher übersehen.


    Danke für den Hinweis - aber ich glaube nicht, dass ich ihm folgen werde. Mir ist die "Müllerin" und noch mehr die "Winterreise" schon so zu beklemmend um sie häufiger zu hören, ich würde also eine wirklich beklemmende Interpretation nicht zu schätzen wissen.


    Ich höre Musik lieber, um dieses Eichendorff'sche Seelenflug-Gefühl zu haben.


    Ich weiß, geschmäcklerische-dekadenter Eskapismus, aber mei, das Leben ist halt kurz...


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Alviano
    Anfang der 80er hat Peter Schreier die "Müllerin" zwei Mal aufgenommen: einmal mit Hammerklavier (damals noch ein Novum, Steven Zehr war der Begleiter) und dann mit Konrad Ragossnig an der Guitarre.


    Die Aufnahmen mit Sviatoslav Richter (in der Semper-Oper) und mit Andras Schiff (im Wiener Konzerthaus, Mozartsaal), beide auch aus den Achtzigerjahren, finde ich ebenfalls sehr gut.


    Die CD mit der Gitarrenbegleitung ist wirklich speziell, da möchte ich mich Alviano anschließen. Die Atmosphäre ist noch intimer. Ich war fast zu Tränen gerührt.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

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