Bach: Die Kunst der Fuge BWV 1080

  • Da die gewünschte Instrumentierung ja unbekannt ist, gibt es auch sehr interessante :wacky: Ansätze:



    :no:

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

  • Hallo Hans Sachs, vielen Dank für den Hinweis auf diese CD. Ich habe vor einigen Wochen ein Konzert erlebt, bei dem die Kunst der Fuge mit einem unbekannteren Saxophon-Quartett aufgeführt wurde.


    Die ersten Takte war es für mich ein wenig gewöhnungsbedürftig, dann hat es uns allen im Publikum sehr gut gefallen. Das spricht nicht nur für die Qualität des Ensembles, sondern vor allem für die Qualität von JSBs Musik.


    Frage: Kennt jemand die Version, die mit der Academy of St. Martin in the Fields unter Marriner eingespielt wurde? ?(


    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • KdF ist schon lupenreiner Kontrapunktik-Hardcore, insofern ist es, glaube ich, für weniger Geübte einfacher, einer Orchester-Fassung (mit Orgel) zu folgen als einer Interpretation auf Orgel oder gar Cembalo. Die einzelnen Verästelungen werden durch unterschiedliche Instrumente klarer zum Ausdruck gebracht.


    Höre gerade eine Aufnahme von 1984, erschienen bei Capcicio, eingespielt von Neues Bachisches Collegium Musicum Leipzig unter der Leitung von Max Pommer. Gute, unprätentiöse Arbeit, und ich fürchte (Vorurteil, habe es noch nicht gehört), aus dem Grunde sollte man wohl besser die Gould´sche Version meiden.

  • Ich fand die Kunst der Fuge immer sehr spröde, streng und mathematisch. Ich konnte sie immer nur mit dem rein analytischen Ohr hören.


    Seit einiger Zeit landet immer nur noch diese grandiose Aufnahme im Player:



    Gerade durch die Streicher ist diese Aufnahme wundervoll farbig und gefühlvoll. Hier kann ich auch mit dem genießenden Ohr zu hören.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • Zitat

    Original von Radagast
    Gerade durch die Streicher ist diese Aufnahme wundervoll farbig und gefühlvoll. Hier kann ich auch mit dem genießenden Ohr zu hören.


    Das ist auch mein Empfinden.


    Obwohl ich bei Bach das Cembalo liebe, hat mir das Werk bisher in einer Aufnahme mit einem Flügel am besten gefallen (Koroliovs technisch vollkommenes und plastisches Spiel und der satte Klavierklang geben mir bei jeder Fuge das berauschende Gefühl, in einen Strudel hineingezogen zu werden) sowie in der oben genannten Aufnahme mit dem Emerson String Quartet. Cembalo-Aufnahmen habe ich auch schon einige gehört, gut gefallen haben mir Kenneth Gilbert oder vor allem Davitt Moroney, aber die Non-plus-ultra-Aufnahme mit Cembalo, die sicher irgendwo liegt (oder bald aufgenommen wird?), habe ich noch nicht gefunden.



    :jubel:


    Ich weiß nicht, warum es verschiedene Ausgaben gibt. Bei der mit dem dunklen Cover steht "UK Import" dabei, ich selber habe die in dem unteren Bild.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo,


    Kaum zu glauben, aber ich habe wirklich eine Aufnahme gefunden, die noch nicht hier besprochen wurde. ;) Und schreibe damit auch endlich seit langem mal wieder einen Beitrag - habe ja die ganze Zeit in meiner Abwesenheit wenigstens noch einigermaßen versucht den Geschehnissen im Forum zu folgen.


    Bisher kannte ich nur eine Klavierfassung der KdF - auch wenn Bach laut einem Beitrag in diesem Thread dieser Art von Tasteninstrumenten damals eher abgeneigt war... ich wage zwar nicht, ihm irgendetwas anhängen zu wollen, aber ich glaube schon, dass es ihm auch auf dem Klavier gefallen hätte ;).


    Aber das Tolle ist wirklich, dass die KdF doch gerade NICHT explizit für ein Instrument geschrieben ist. Als kontrapunktische Studie frage ich mich, inwieweit Bach überhaupt eine bestimmte Instrumentierung gewollt hatte. Ich selbst besitze (soweit ich mich gerade erinnere) zwei Aufnahmen mit Klavier, vielleicht auch noch eine mit Cembalo, aber soweit ich weiß keine mit Streichern - trotzdem bevorzuge ich die KdF eigentlich mit Streichern. Es ist einfach ein großer Unterschied, ob eine Person alleine eine vierstimmige Fuge musiziert oder ob dies vier Personen in einem harmonischen Zusammenspiel machen - beides hat allerdings seinen Reiz.


    Wie auch immer: Letztens stolperte ich über diese Aufnahme:



    Die Kunst der Fuge, arrangiert für 4 Quartette. Leider habe ich die CD-Hülle gerade nicht griffbereit um jetzt detailliert etwas zu sagen, aber es spielen
    - ein Streicherquartett
    - Klavier und Vibraphon (teilweise ternär gespielt)
    - ein Bläserquartett
    - ein Flötenquartett


    Teilweise als einzelne Quartette, teilweise zusammen oder innerhalb einer Fuge abwechselnd um Themen und Motive besser hervorzugeben, etc... Ich finde die Aufnahme jedenfalls einfach interessant und abwechslungsreich! Auch wenn die Betrachtungsweise jetzt vielleicht nicht ganz so streng und akademisch ist - aber man hat einfach das Gefühl, dass die Musiker wirklich mit großen Spaß musizieren und es macht deshalb auch einfach Spaß zuzuhören.


    Es ist wirklich einfach mal etwas anderes und darüber hinaus mit gerade mal 6,99 € ein wirkliches Schnäppchen! :)
    Vielleicht hat bei euch dieser Beitrag ja Lust auf mehr geweckt :).


    Viele Grüße soweit,
    Benjamin


    PS: teilweise wird übrigens auch auf der Orgel musiziert

  • Was ich noch vergessen habe...


    Eine Frage noch an die Musikwissenschaftler oder Kenner dieses Werks (ich bin leider nicht so sehr gut darüber informiert und darüber hinaus reicht mein kontrapunktisches Verständnis leider auch nicht bis zur Quadrupelfuge):


    Wie viele Fugen "fehlen" eigentlich in der Kunst der Fuge noch, bzw. fehlen überhaupt welche oder: Kann man das überhaupt so genau sagen? Es wird wahrscheinlich Vermutungen darüber geben - immerhin ist die KdF ja auch nach einer bestimmten Systematik aufgebaut und nun ist die Frage, ob in dieser Systematik denn noch Lücken bestehen, die vermuten lassen, dass Bach eigentlich auch nach der Quadrupelfuge noch einige andere kontrapunktische Formen gezeigt hätte?. Oder gibt es sonst vielleicht Aussagen darüber?


    Würde mich auf jeden Fall interessieren. ;)


    Viele Grüße,
    Benjamin

  • Auch über die Reihenfolge scheint es keine Einigkeit zu geben. Bei Koroliov endet das Programm mit der unvollendeten Quadrupelfuge, die ja plötzlich abbricht (was bei mir immer ein seltsames Gefühl hinterlässt, so als würde man mich plötzlich verlassen oder als würde ich aus einem schönen Traum aufwachen). Ich finde die Idee genial, dass man nicht ausgeblendet hat, sondern dass man nach Abbruch der Musik die Aufnahme weiterlaufen ließ für mehr als eine halbe Minute. Das gibt so ein tröstliches Gefühl, dass der Pianist nur aufgehört hat zu spielen, aber noch da ist. Dann wird ausgeblendendet, und danach gibt es sozusagen als Zugabe vierhändige Fugen, die (laut Booklet) von Bach als Alternativen zu vorhergehenden Kontrapunkten gedacht waren.


    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ja diese Fugen für 2 Claviere ausder Kunst der Fuge habe ich auch schonmal gespielt. Das ist 'ne ganz schöne Idee, macht Spaß und ist nicht allzu schwer. Mehr kann ich dazu leider im Moment nicht sagen, weil ich die Ausgabe nicht griffbereit habe ;).
    Soweit ich das in Erinnerung habe, ist das der gleiche Notentext...


    Viele Grüße soweit,
    Benni

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  • Zitat

    Original von Melot1967
    Auch über die Reihenfolge scheint es keine Einigkeit zu geben.


    Soweit ich weiß, steht die Reihenfolge der Contrapuncti durchaus fest. Aber es macht einen Unterschied, ob man sich nach der Druckfassung oder nach der früheren autographen Version richtet, welche im Detail auch noch einige Abweichungen aufweist - z. B. endet Contrapunctus 1 dort etwas früher.
    Kenneth Gilbert spielt in seiner Cembalo-Aufnahme für die "Archiv-Produktion" die autographe Fassung.
    Von einem David Lively gibt es eine Solo-Piano-Liveaufnahme, bei der die Contrapuncti in einer individuell gewählten Reihenfolge gespielt werden.

  • Hallo,


    es ist glaube ich richtig, immer zwischen der früheren autographen Fassung der Kunst der Fuge - entstanden 1738-1742 - und der späteren Fassung zu unterscheiden. Bei der autographen Fassung steht aufgrund der erhaltenen Handschrift die Reihenfolge fest. Bach hat dann für die Drucklegung noch weitreichende Änderungen vorgenommen, nicht nur die Koda von Kontrapunktus 1 ergänzt, sondern z.B. auch die ganze Themenexposition von Kontrapunktus 10 (zweite Doppelfuge), Kontrapunktus 4 neu komponiert, den Augmentationskanon neu komponiert und auch die berühmte Schlussfuge, mit der er sich wohl Sommer 1748 - September 1749 herumquälte. Die Drucklegung war dann wohl etwas chaotisch, aber mittlerweile besteht in der Forschung doch recht große Einigkeit darüber, dass die berühmte Schlussfuge den Kontrapunktus 14 bilden sollte (nach den beiden Spiegelfugen), und danach noch die 4 Kanons angehängt werden sollten. Man kann wohl anhand dieser Forschungen auch bestimmen, wieviel Platz der Schlussfuge im Erstdruck ursprünglich eingeräumt wurde, und kommt dann darauf, dass noch maximal 50 Takte der Schlussfuge fehlen, jedenfalls nach dem ursprünglichen Konzept - angesichts von 239 erhaltenen Takten eigentlich nicht so viel (aber eben gerade das Wesentliche).


    Grüße,


    Wolfgang

  • Hallo Glockenton,


    bin endlich dazu gekommen, mir Deine Version der KdF runterzuladen - werde sie gleich noch als CD für´s Auto brennen.


    Erster Eindruck - erstaunlich klar, gut strukturiert, manche Laut-Leise-Verteilungen vielleicht ein bißchen willkürlich (na, muß ja auch was zum meckern geben), aber trotzdem - ich vermute mal, Du hast es mit einem Flügel und einer guten Mikro-, Rekorder-Anlage zu Hause aufgenommen (erzähl doch mal wie, Du es aufgenommen hast) - hört sich jedenfalls alles in allem nicht nach Tonstudio an.


    Dafür ist es aber dennoch sehr präsent und präzise!!


    Chapeau !!!!!

  • Hallo Glockenton,



    "Es ist sehr schwierig, vier nacheinander eingespielte Spuren mit ihren Lautstärkeverhältnissen, agogischen Feinheiten und dem emotionalen Ausdruck so wirken zu lassen, dass das Aufnahmeverfahren möglichst unhörbar wird.
    Zum Schluss sollte es sich ja so homogen und überzeugend anhören, als ob ein lebender Pianist das Werk live am Klavier spielen würde - das wahr jedenfalls mein Ehrgeiz.
    Dazu mussten z.B. für Ritardandi kompliziert aussehende Tempokurven im Sequenzer programmiert werden"


    han isch ahl net so verstur....kannste mal auf Deutsch sagen ??

  • na, bin doch noch nicht ins Bett gekommen, sondern höre mir Deine wirklich spannenden Contrapuncti an.


    1 - 4 sind große Klasse
    5 ist zu schnell, wirkt gehetzt !!
    bei 6 haust Du ab und zu etwas zu heftig in die Tasten (oder in den Sequenzer??)
    bei 7 recht schnell, aber dennoch Struktur gut herausgearbeitet
    8: mhhhhh - Schmelz... großes Piano, professionell gespielt
    9: einige Töne sind zu sehr dahingehaucht im Vergleich zu den zum Teil robust gespielten Haupt-Themen - Struktur aber gut verfolgbar
    10: genau das richtige Tempo, zieeeeemlich perfekt !!
    jetzt aber in die Kiste


    und nochmals vielen Dank !! Es wäre schon Klasse, wenn der ein oder andere hier versammelte Profi ähnlich spendabel wäre !

  • Ich finde diese Analyse von Glenn Gould recht interessant:


    Bach


    Ach ja: @ glockenton, m.müller: Wo kann man sich die Aufnahme der Kunst der Fuge herunterladen?
    Ich habe es nicht finden können.

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Zitat

    Original von Pius
    Meine Placierung dieses threads im Kammermusik-Forum war nicht selbstverständlich, ist doch die von Bach gewollte Instrumentierung unklar.


    Sagen wir mal so: Er hat keine Instrumentierung angegeben - weil sie für ihn völlig klar war.


    Gustav Leonhardt hat bereits in den 50er Jahren in einer musikwissenschaftlichen Arbeit nachgewiesen, dass die Kunst der Fuge für ein Tasteninstrument komponiert ist. Diese Arbeit lag der Schallplattenaufnahme der Kunst der Fuge bei, die er für Harmonia Mundi Deutschland auf dem Cembalo eingespielt hat (und mit der er seine These überzeugend bewiesen hat). Leider besitze ich diese Aufnahme nicht mehr, daher muss ich seine Argumente aus dem Gedächtnis zitieren.


    Erstens: Alle Fugen (ausser den Spiegelfugen) und Kanons sind so geschrieben, dass sie mit zwei Händen auf einem Tasteninstrument gespielt werden können (Pedal ist nicht erforderlich). Bach nimmt sogar gelegentlich Einschränkungen bei der Stimmführung in Kauf, um die Spielbarkeit zu erhalten. Bei den Spiegelfugen tritt ein zweites Instrument gleicher Art hinzu.


    Zweitens: Die Notation in einer Partitur (eine Stimme pro System) spricht nicht gegen eine Ausführung auf einem Tasteninstrument. Bach greift hier auf eine ältere Tradition zurück, denn eine entsprechende Notation bei polyphoner Musik für Tasteninstrumente findet sich beispielsweise auch bei Frescobaldi oder Trabaci.


    Drittens: Keine von Bachs vielfältigen Ensemblebesetzungen passt von den Stimmumfängen her zur Kunst der Fuge.


    Viertens: Fugen für Instrumentalensemble gibt es bei Bach entweder nur innerhalb einer Ouvertüre (z. B. bei den Orchestersuiten) oder mit einem anfangs nichtthematischen Basso continuo (z. B. viertes Brandenburgisches Konzert, dritter Satz).


    Leonhardt hat noch einige weitere Argumente angeführt, aber das erste Argument ist bereits so zwingend, dass der Sachverhalt eindeutig ist. Entsprechend viele Aufnahmen gibt es mittlerweile, wo die Kunst der Fuge mit Cembalo oder Klavier eingespielt wurde. Warum dann aber die vielen Aufnahmen mit Ensemble?


    Dafür gibt es meiner Meinung nach zwei Gründe. Zum einen wurde die Notation in einer Partitur missverstanden, weil die entsprechende Tradition nicht bekannt war. Zum anderen wirken anderthalb Stunden d-moll mit mehr oder weniger gleicher Klangfarbe auf den modernen Hörer wohl etwas monoton. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass eine zyklische Aufführung, wie man sie heute in Konzerten erlebt, von Bach wohl nie beabsichtigt war.


    Viele Grüsse
    Fugato

  • Zitat

    Original von Fugato
    Leonhardt hat noch einige weitere Argumente angeführt, aber das erste Argument ist bereits so zwingend, dass der Sachverhalt eindeutig ist.


    Für mich ist von den angeführten Argument drei das maßgebliche, was aber im Ergebnis ja ewurscht ist. Vor allem meine ich, dass keine der notierten Stimmen einen Zuschnitt auf ein spezielles Instrument [außer dem Cembalo/Orgel] erkennen lässt.


    Zitat

    Dem ist aber entgegenzuhalten, dass eine zyklische Aufführung, wie man sie heute in Konzerten erlebt, von Bach wohl nie beabsichtigt war.


    ...was soviel heißt wie: Bach hat die KdF nur proforma aufgeschrieben, um mit dem Ergebnis angeben zu können. Eine Art Lehrwerk also, wie einiges andere von Bach auch, was man sich heute so einfach mal reinzieht. Man kann die diversen Instrumentationsversuche einfach mal als größtenteils gelungene Bearbeitungen durchgehen lassen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Eine Art Lehrwerk also, wie einiges andere von Bach auch


    Sicher auch ein Lehrwerk - Bach führt vor, was man mit einem Thema fugentechnisch alles machen kann. Aber nicht nur ein theoretisches, sondern auch ein praktisches Lehrwerk, das auf einem Tasteninstrument gespielt werden kann und soll. Bei den dreistimmigen Spiegelfugen gibt es sogar eine "theoretische" Version (mit drei Stimmen) und eine "praktische" Version (mit einer hinzukomponierten, nichtthematischen vierten Stimme, damit der zweite Spieler nicht eine Hand in die Tasche zu stecken braucht).


    Zitat

    was man sich heute so einfach mal reinzieht.


    Wer sich die Kunst der Fuge "einfach mal so reinzieht", hört sie nicht angemessen. Ich möchte behaupten, dass sie - wie auch vieles von Frescobaldi - im Grunde genommen Musik für den Spieler und nicht für den Hörer ist (und schon gar nicht für den flüchtigen Hörer). Als Hörer muss man sich schon viel Zeit nehmen und möglichst die Partitur mitlesen.


    Zitat

    Man kann die diversen Instrumentationsversuche einfach mal als größtenteils gelungene Bearbeitungen durchgehen lassen.


    Genau, es sind Versuche und es sind Bearbeitungen - mehr nicht. Aber die Bearbeitung damit zu rechtfertigen, dass man nicht wisse, für welche Instrumente Bach die Kunst der Fuge geschrieben hat, ist nicht stichhaltig - man weiss es heute sehr wohl und setzt sich mit einer Bearbeitung bewusst darüber hinweg.


    Viele Grüsse von Fugato

  • Salut,


    Zitat

    Original von Fugato
    Sicher auch ein Lehrwerk - Bach führt vor, was man mit einem Thema fugentechnisch alles machen kann. Aber nicht nur ein theoretisches, sondern auch ein praktisches Lehrwerk, das auf einem Tasteninstrument gespielt werden kann und soll.


    davon gehe ich bei Bach immer aus, wenn ich von "Lehrwerk" rede - das ist nicht nur staubiger Notentext, sondern lebendige Musik, bei der man etwas lernen kann, wenn man dies möchte. So auch die zwei- und dreistimmigen Inventionen [Sinfonien] und die beiden Bücher des wohltemperirten Claviers.


    Zitat

    Genau, es sind Versuche und es sind Bearbeitungen - mehr nicht. Aber die Bearbeitung damit zu rechtfertigen, dass man nicht wisse, für welche Instrumente Bach die Kunst der Fuge geschrieben hat, ist nicht stichhaltig - man weiss es heute sehr wohl und setzt sich mit einer Bearbeitung bewusst darüber hinweg.


    Da ist natürlich die KdF wie auch das MO einfach eine sehr große und großzügige Angriffsfläche für lebendiges Experimentieren, das sich bereits durch seine Ergebnisse rechtfertigt.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Da ist natürlich die KdF wie auch das MO einfach eine sehr große und großzügige Angriffsfläche für lebendiges Experimentieren, das sich bereits durch seine Ergebnisse rechtfertigt.


    Das hängt immer von den Ergebnissen ab ;)


    Beim Musikalischen Opfer ist die Angriffsfläche noch erheblich grösser als bei der Kunst der Fuge - abgesehen von den beiden Ricercaren (3- bzw. 6-stimmig, für Cembalo) und der Triosonate (in der hinterhältigen Tonart c-moll, auf der Traversflöte mit Grundtonart D-dur nahezu unspielbar) ist da wenig festgelegt. Ausser bei der Instrumentierung ergeben sich noch viele andere Fragen, aber das wäre dann ein eigener Thread...

  • Meine erste und die mir bisher einzig bekannte Einspielung ist die von Tatjana Nikolajeva aus dem Jahr 1992.



    Da sich mein intellektuelles Verständnis für musikalische Zusammenhänge sehr in Grenzen hält, kann ich der Musik nur insoweit folgen, als sie mich emotionell anspricht. Auf dem Konzertflügel bestünde vielleicht die Gefahr, dass Bach verromantisiert wird, aber es erleichtert den Zugang für den Laien. Ich empfinde dann die Interpretation von Tatjana Nikolajeva als eine Meditation, in der die Musik selbst sprechen darf und sie tut dies auf eine Weise, die in Worten nicht beschrieben werden kann. Es scheint dann überhaupt nicht so wichtig, ob man den einzelnen Stimmen der Fugen folgen kann und ihre Veränderungen richtig analysiert. Nebenbei bemerkt - die Kunst der Fuge gehört für mich zu den Werken, die man nicht oft und nur in bestimmten, ganz besonderen Momenten hören kann. Und es sind sicherlich ganz wenige Werke, die dann eine so starke Wirkung ausüben.

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt.


    Arnold Schönberg

  • Danke für den Hinweis, der thread ist sehr interessant! :hello:

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt.


    Arnold Schönberg

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Der in diesem Zusmmenhang immer wieder zitierte unvollendete B-A-C-H-Kanon Ist kein Bestandteil der „Kunst der Fuge“ !!!


    Wie weit geht denn die Kunst der Fuge?
    :hello:

  • Das, was Fugato oben schon von Leonhardt zitiert, gibt es auch als Buch:


    G. Leonhardt: The Art of Fugue - Bach's last Harpsichord Work. Martinus Nijhof, Den Haag, 1952. 58 Seiten.


    Vielleicht bekommt man es antiquarisch.


    Darin werden die alle schon zitierten Argumente dargelegt. Dazu kommt noch, dass Leonhardt auch anhand der Verzierungen überzeugend darlegt, dass die KdF fürs Cembalo gedacht war.
    Es dürfte schon sehr schwer fallen, nach der Lektüre immer noch zu behaupten, man wisse nicht, für welche Instrumentation Bach komponiert hat.


    Am wahrscheinlichsten ist außerdem, dass die KdF als letzte Jahresgabe an die Miezlersche Sozietät gedacht war, für die er ja vorher schon solche kontrapunktischen Irrwitzigkeiten wie die Veränderungen über "Vom Himmel hoch..." geliefert hatte.
    Danach - also mit 65 oder 66 (das weiß ich nicht mehr genau) - hätte er sich laut Satzung der Gesellschaft zur Ruhe setzen können.


    Zur grundsätzlichen Information immer noch nicht überholt ist
    Walter Kolneder: Die Kunst der Fuge
    Das waren vier TB-Bände - jetzt nicht mehr im Programm, aber noch antiquarisch zu bekommen.


    Viele Grüße
    Hildebrandt

  • Noch ein Buch, das allen Wissbegierigen ans Herz gelegt werden sollte:




    Dirksen geht der Entstehungsgeschichte und den unterschiedlichen Reihenfolgen ohne Spekulationen, aber mit großer Detailkenntnis und überzeugenden Argumenten auf den Grund.
    Endlich auch jemand, der die Canons ausführlich würdigt.
    Sein Fazit zur Instrumentation ist dasselbe wie Leonhardts, um ein paar Zusätze erweitert. So findet er es schon erstaunlich, dass auch informierte Ensembles nicht auf dieses Repertoirestück verzichten möchten, obwohl sie es wahrlich besser wissen müssen.
    Die KdF gehört aufs Cembalo, und wer das nicht mit zween Händen hinbekommt, ist nur zu faul zum Üben. :D

  • Zitat

    Original von Hildebrandt
    Die KdF gehört aufs Cembalo, und wer das nicht mit zween Händen hinbekommt, ist nur zu faul zum Üben. :D


    :D Sehr schön gesagt .... abgesehen davon träumt ein alter Freund von mir, der auch dieser Meinung ist, davon, die Kunst der Fuge einmal mit vier E-Gitarren aufzuführen - da er Probleme hat, entsprechend interessierte Kollegen zu finden, wird er es wohl irgendwann allein im Playback-Verfahren alleine tun.



    Eine Frage zur Aufnahme von Robert Hill bei Hänssler: Welche Fassung spielt er? Ich habe eine ältere CD von ihm bei Music & Arts, auf der er die erste Fassung spielt, mit einer gewissen Italianitá, die die Einförmigkeit einer Tonart vergessen lässt.

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