Strawinsky - Le sacre du printemps

  • hallo,


    nach langem und mehrmaligem Probehören kam ich zu folgendem Ergebnis:
    Chailly ist insgesamt tatsächlich erste Wahl. Die Summe aus Orchesterqualität, Dynamik, Lyrik, Spielfreude und Klangqualität war hier am größten. Gerade als ich mich entschieden hatte, soviel Geld (20.-) für die Doppel-CD auszugeben, war sie plötzlich nirgends mehr verfügbar. Da ich nicht bestellen und noch länger warten wollte, habe ich mich letztlich für Boulez' 1993er Aufnahme entschieden, die mir auch sehr gut gefallen hatte. Sie hatte wegen der interessanteren Werkkopplung (Feuervogel) knapp die Nase vor der Rattle-Einspielung aus Birmingham. Wer einen dramatischen, fast schon exessiven Sacre sucht, könnte mit Ozawa (CSO, 1969) gut bedient sein. Die ältere Boulez-Aufnahme ist ebenfalls sehr schön, klanglich aber schlechter (rauscht).
    Nicht umgehauen haben mich Solti und Barenboim (CSO)

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Hallo,


    seit ein paar Tagen besitze ich wieder die ansonsten längst gestrichene Aufnahme, durch die ich den "Sacre" kennengelernt habe (dem "Supermoderator" Uwe sei Dank! :jubel: ). Mitte der 80er gab es eine Schallplattenserie unter dem Titel "Große Komponisten", die man im Abonnement beziehen konnte. Die Qualität der Aufnahmen war größtenteils gut, manchmal sogar hervorragend. So auch bei diesem "Sacre", aufgenommen Anfang der 70er in Boston unter Michael Tilson Thomas (und das ist, wie sich beim Wiederhören bestätigt hat, nicht bloße Prägungs-Nostalgie).


    Bei vielen Aufnahmen mag die Deutsche Grammophon tontechnisch nicht erste Wahl sein, hier ist sie es auf jeden Fall. Wie alle Bostoner Aufnahmen der DG aus dieser Zeit (z.B. Berlioz "Damnation" und ein Ravel-Recital unter Ozawa) zeichnet sich auch dieser "Sacre" durch große räumliche Tiefenstaffelung aus, die Instrumente haben genügend "Luft", wirken realistisch und farbenreich in der akustischen Abbildung. Interpretatorisch ist diese Aufnahme wirklich etwas besonderes. Sie ist nicht ganz so hart und statuarisch wie die alte Boulez-Aufnahme aus Chicago, auch nicht so perkussiv ausgelegt wie etwa die "Mercury"-Aufnahme von Dorati und nicht von so schneidender Intensität wie die in dieser Hinsicht beispielhafte Einspielung von Ancerl. Dafür ist sie so tänzerisch und balletthaft wie keine andere, die ich kenne. Sie "groovt" und "swingt", man ertappt sich unweigerlich beim Mitwippen und Kopfnicken. Der Rhythmus geht einfach ins Blut. Der Zuhörer befindet sich eigentlich nicht mehr in den braun-grauen Steppen des heidnischen Rußland, sondern vielmehr in einem tropischen Regenwald. Die Natur glänzt in allen Farben des Regenbogens, exotische Vögel kreischen, in Eingeborenenstamm vollführt sein geheimnisvolles Ritual...


    Wie in keiner anderen Aufnahme werden hier die Orchesterfarben aufpoliert, sie leuchten gleichsam in Technicolor. Zarteste Holzbläser, wunderbar saftige Hörner, eine Pauke mit viel "Schmackes" usw. Dazu noch ein sehr "gestisches" Dirigat. Man kann sich die Bewegungen der Tänzer und Tänzerinnen förmlich ausmalen. Einfach wunderbar.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • zur vorbereitung auf "rhythm is it" hörte ich vergleichend hintereinander drei sacre-aufnahmen: karajan, rattle, und maazel glaub ich. über karajan braucht man der höflichkeit halber nicht zu reden, aber rattle -nicht mit den berlinern- war die stärkste von allen aufnehmen, was mich gefreut hat beim sehen des filmes.
    zu berlin: ich glaube, dass gerade durch das gefilmt-werden im orchester eine besondere athmosphäre entstand, die diese an transparenz und persönlichkeit im ausdruck der Musiker nicht zu überbietende aufnahme entstanden ließ!
    die schlusswertung heißt also eindeutig: rattle alt und rattle neu!

  • Hallo,
    meine Meinung zu den 3 Aufnahmen, die ich habe:
    Rhythm is it von Sir Simon Rattle: hatte ich mir aufgrund der Empfehlungen der Beiträge hier gekauft und finde ich auch sehr gelungen.
    Vorher hatte ich nur die Bernstein-Aufnahme mit dem Israel Phl. Orch. und die, die Igor Stravinsky selbst dirigiert mit dem Columbia Orch. Jede hat so ihren Reiz, die von Bernstein finde ich besser als die Stravinsky, aber vermutlich nur, weil ich sie öfters gehört habe und damit irgendwie als korrekter empfinde.
    Die von I. Stravinsky selbst dirigierte Aufnahme müßte ja eigentlich die korrekteste sein, aber man weiß ja nicht, wie er mit dem Orchester harmoniert hat, ich kann mir nicht vorstellen, daß ein jeder Dirigent mit jedem Orchster 100 %ig zufrieden sein kann.
    Ich habe ja nun viel weniger Aufnahmen als ihr, und werde mir wahrscheinlich noch die von Chailly besorgen, weil die hier so hochgelobt wird, und dann mal alle vergleichen. Die Rhythm-is-it läuft wegen 5.1 allerdings etwas außer Konkurrenz, wenn es auch nur "Hall" auf den hinteren LS ist, so wirkt sie trotzdem viel größer als die andern.

    mit vielen Grüßen
    J.

  • Zitat

    Die von I. Stravinsky selbst dirigierte Aufnahme müßte ja eigentlich die korrekteste sein,


    Mitnichten!
    Strawinskij war ein miserabler Dirigent. In der Regel wurden die Aufnahmen von Robert Craft vorbereitet. Ob Strawinskij dann wirklich selbst dirigiert hat, ist das Geheimnis der CBS.


    Meine "Sacre"-Epfehlungen:
    1)Swetlanow - weil rasend wild, ein einzigartiges Furioso, das heidnische Russland als eine zugleich faszinierende und erschreckende Vision.
    2) Boulez in der CBS/Sony-Aufnahme: Analytisch, aber durchgepeitschter Rhythmus, das Orchester wie ein Resonanzkörper für das Schlagzeug. Das Ergebnis ist faszinierend!

    ...

  • Hallo,


    ist zwar unpopulär,aber ich schließe mich an,
    Swetlanow!
    Ich kann verstehen,wenn es dem einen oder dem anderen beim Anhören die Fußnägel herauszieht,aber das sollte es doch auch-oder?



    Beste Grüße




    Michael

  • Hallo,


    kurz vorweg: Die Vermittlung von Le Sacre war für mich in der Jugend ein Musterbeispiel für miserablen Musikunterricht in der Schule und ich hätte nie gedacht, dass gerade dieses Stück einmal für mich so bedeutend für mich sein würde und dass es mich tief im innersten berühren würde, auch beim hundersten Hören noch.


    Wie bei kaum einem zweiten suche ich hier nach der ultimativen Aufnahme. Mit Monteux dachte ich, ich sei auf der sicheren Seite. Doch weit gefehlt: Zwar hat hat er die UA geleitet, doch danach auch gesagt, er möchte jetzt bitteschön wieder richtige Musik dirigieren. Seine Aufnahme mit dem Boston SO von 1959 (RCA) finde ich extrem holprig. Der Karajan-Einspielung (DGG) von 1977 fehlt es an Wucht und Gespür für die Wechsel zwischen den lyrischen und kraftstrotzenden Passagen. Solti, den ich fast immer schätze, macht mir den Garaus beim Tanz der Erde, wo er überhaupt nicht aus den Strümpfen kommt und wo es mich eigentlich aus dem Sessel reißen sollte. Dorati und Janssons fand ich okay, bis ich die Barenboim-Einspielung mit dem Chicago SO vor Ohren bekam - und da hatte ich sie. Die mir am nahe gehendste Interpretation. Da bleibt eigentlich kein Wunsch unerfüllt.


    Wer die Specials zu Rhythm Is It gesehn hat, mag sich wundern über die Assoziationen, die Simon Rattle zu dem Stück hat (Dinosaurier, Dschungel usw.), doch das Egebnis kann sich auch hören lassen. Egal, mit welchen Bildern er die Wirkung erzielt, diese Aufnahme ist meine zweite Referenz. Allerdings immer in dem Wissen, Chailly noch nicht zu kennen und gespannt darauf zu warten, ob er einlöst, was viele hier versprechen....



    Gruß
    B.

  • Hallo Barbirolli,


    Du hast dich mit mehreren Aufnahmen des Sacre auseinandergesetzt und nun mit Barenboim einen neuen Favoriten gefunden - schön.


    Bei mir war es auch so, meine erste Aufnahme war auf LP die immer noch ungebrochen hervorragende Swetlanow-Aufnahme auf Eurodisc.


    Später folgten andere Aufnahmen mit Karajan, Maazel, Dorati, die aber Swetlanow´s unerbittlichkeit nie erreichten.
    Ein neuer Durchbruck kam dann bei mir mit Solti/CSO auf Decca. Warscheinlich wirkt der Tanz der Erde bei Dir nicht so, weil Solti das Geschehen unter einer gewissen Dauerspannung hält und sich der Tanz der Erde dann beim Hören nicht in dem Maße abhebt. Deine Bemerkung "kommt nicht aus den Strümpfen" trifft aber nicht zu. Solti trifft den Kern schon sehr genau.


    :] Durch diesen Thread kam ich auf die fantastischste und wuchtigste Aufnahme des Sacre mit Bernstein /NewYorker PH auf SONY (1958..), die ich mir besorgte und im Februar 2005 hier voirstellte.
    Diese gehört für mich zu den wenigen unverzichtbaren Aufnahmen (siehe Thread) überhaupt.
    Wie ich aus deinem Beitrag entnehme kennst Du diesen Wahnsinn noch nicht - das könnte Dein neuer Favorit werden. Nicht verwechseln mit Bernsteins späteren Aufnahmen mit dem LSO 70erJahre und die DG-Aufnahme aus den 80er Jahren, denn die kommen an diese überwältigende CBS-Aufnahme von 1958 nicht heran.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    danke für den Tipp mit Bernstein. In der Tat ist mir diese alte Aufnahme noch nicht untergekommen. Als Lenny-Verehrer muss ich mich da wirklich mal drum kümmern. Auch wenn ihm (siehe Bartok - Konzert für Orchester) manchmal etwas die Gäule durchgehen.


    Bin gespannt und melde Vollzug wenn's soweit ist!


    Gruß
    B.

  • Hallo,


    ich bin mir gar nicht sicher, ob meine Frage überhaupt in diesen Thread passt, aber zumindest zu dem Stück gehört sie: Hat jemand schon mal eine Ballett-Fassung live gesehen und kann von der Umsetzung berichten?


    Da dem Sacre ja (meiner Meinung nach zurecht) nachgesagt wird, dass er die Schrecken des 20. Jahrhunderts unwissentlich vorweggenommen hat, befassen sich viele Choreografien ja auch mit Themen, die dem Sacre so erstmal nicht immanent waren und deutlich von dem "Menschenopfer im heidnischen Russland" abweichen.



    Ich war unlängst Ohren- und Augenzeuge einer Doppelvorführung, bei der zunächst die Fassung für zwei Klaviere und im zweiten Teil die Orchesterfassung erklang. (Angeblich zum ersten Mal in der Geschichte des Werkes). Die tänzerische Umsetzung bestand zum einen in der Körpersprache von Tätern im allgemeinen Sinne, nach der Pause in der der Opfer. Am Ende schritten die TänzerInnen nackt in gleißendes Licht, was deutliche Assoziationen mit dem Gang in die Gaskammern von Auschwitz wecken sollte. Für mich ein etwas greller und zu dick aufgetragener Schluss-Schock, der die Wirkung des vorher Gezeigten etwas in Frage stellte. Trotzdem alles in allem eine interessante Lesart des Sujets.


    Ich wäre sehr interessiert an weiteren Erfahrungen, da auf DVD soviel ja noch nicht zu begutachten ist. Übrigens: Den Sacre von einem eher mittelrangigen Staatsorchester in einem Theater mit muffiger Akustik zu hören, ist hart an der Schmerzgrenze, wo man schon so "versaut" ist duch die wirklich amtlichen Aufnahmen. Allerdings war es nicht ganz so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Dadurch, dass man ja auch was zum Schauen hatte, ging es eigentlich ganz gut...


    Gruß
    B.

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  • Zitat

    Original von Barbirolli
    Da dem Sacre ja (meiner Meinung nach zurecht) nachgesagt wird, dass er die Schrecken des 20. Jahrhunderts unwissentlich vorweggenommen hat, befassen sich viele Choreografien ja auch mit Themen, die dem Sacre so erstmal nicht immanent waren und deutlich von dem "Menschenopfer im heidnischen Russland" abweichen.


    Dei Idee höre ich zum ersten Mal (was nichts heißen will); aber ich halte sie für einigermaßen abwegig. Ich finde das Sacre auch gar nicht "schrecklich", wie man vielleicht Mahlers 6. oder Schönbergs Erwartung schrecklich finden könnte, sondern sehe es eher als einen Versuch die urwüchsige Kraft der Natur (in Gestalt der heidnischen Riten) zu feiern. (Das mag für einen Überempfindlichen wie Adorno was faschistoides haben, aber nur auf einer sehr allgemeinen Ebene)


    Zitat


    Die tänzerische Umsetzung bestand zum einen in der Körpersprache von Tätern im allgemeinen Sinne, nach der Pause in der der Opfer. Am Ende schritten die TänzerInnen nackt in gleißendes Licht, was deutliche Assoziationen mit dem Gang in die Gaskammern von Auschwitz wecken sollte. Für mich ein etwas greller und zu dick aufgetragener Schluss-Schock, der die Wirkung des vorher Gezeigten etwas in Frage stellte. Trotzdem alles in allem eine interessante Lesart des Sujets.


    Finde ich, wie gesagt, ziemlich absurd. Das "Opfer" (die Auserwählte!) wird ja gar nicht getötet, sondern tanzt sich selbst zu Tode , was wohl tatsächlich eher in Märchen und Mythen vorkommt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Dei Idee höre ich zum ersten Mal (was nichts heißen will); aber ich halte sie für einigermaßen abwegig.


    JR


    Lieber JR


    Die Idee stammt nicht von mir, habe sie in jedem zweiten Konzertführer so gelesen und finde den Gedanken zumindest interessant und nachvollziehbar. Das ist ja das Schöne an der Musik, dass sie vielleicht objektiv etwas sagt, sich aber im Kopf eines jeden Hörers zu etwas anderem entwickelt. Da wird es doch auch spannend im Austausch. Um dir noch eines obendrauf zu setzen:


    Zitat Konrad Beikircher: Strawinskys Sacre und Picassos Guernica - Das ist das Gesicht des 20.Jahrhunderts! :hello:


    Wenn du erstmal wüsstest, was die Sibelius-Sinfonien für Assoziationen in mir wecken..... ;)


    Liebe Grüße
    B.

  • Egal, von wem die Parallele zwischen "Sacre" und den Gaskammern stammt: Sie ist absurd und geschmacklos. Ekstatischer Tanz im KZ - was haben diese Choreographen nur für Gedanken?


    Die Parallele zu Picassos "Guernica" kenne ich, allerdings ist auch sie falsch. Picasso malte das Bild aus dem Wissen um das Geschehen in Guernica, Strawinskij komponierte ohne die geringste Kenntnis irgend eines weltumspannenden Schreckens.
    Strawinskij hat nicht Kriegsgreuel komponiert, sondern die zunehmende Ekstase eines Menschenopfer-Rituals im Zusammenhang mit einer heidnischen Kulthandlung. Als ob das nicht grauenerregend genug wäre...

    ...

  • die argumentation, dass das mit den gaskammern schwachsinn ist, hat mir schon edwin baumgartner abgenommen.


    nun zur nächsten hochgradig geistreichen eingebung:

    Zitat

    Zitat Konrad Beikircher: Strawinskys Sacre und Picassos Guernica - Das ist das Gesicht des 20.Jahrhunderts!


    na, von mir aus. dann sind boschs höllen das gesicht des 16. jhs, höllenbrueghels höllen das gesicht des 17. jhs, goya übernimmt das 18. und 19. jh. man vergesse nicht die netten folterdarstellungen von heiligen aus dem barock und die appetittlichen mythologischen zu-tode-schändungen und abschlachtungen, die allenthalben in den museen die liebhaber der schönen alten kunst erfreuen, die vor scheußlichkeiten von wolf vostell die nase rümpfen, da sie das scheußliche nur von 19:30 bis 19:45, dann aber mit dem thrill der angeblichen authentizität, in show-mäßiger aufmachung im TV sehen wollen (während sie sich über amerikanisierung unserer schönen europäischen kultur empören).
    :kotz:

  • Was ist eigentlich davon zu halten:


    Los Angeles Philharmonic
    Esa-Pekka Salonen
    DG


    die Rezension ist ja überschwänglich!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo,


    die Aufnahme ist typisch Amerikan. Viel Lärm und nichts dahinter. Ich habe sie mir leider gekauft!
    Hätte ich mir die Hörbsp. bei Amazon oder jpc genau angehört wäre mir dies nicht passiert.
    Als wirklichen Tipp: Chailly!


    Grüße TW

  • Hallo zusammen, hallo a.b. und hallo Tobey Wilson,


    Ich habe mich in diesem Forum bereits kurz zu Salonens Neuaufnahme des Sacre geäussert, und zwar an dieser Stelle. Ich bleibe bei meiner damals geäusserten Meinung und denke, die Wahrheit liegt irgendwo zwischen den Extremen von Alexander Gurdon (klassik.com) und Tobey Wilsons Meinung, jedenfalls aus meiner Sicht. Die Neuaufnahme Salonens ist sicher nicht nur Lärm an der Oberfläche (und der Finne Salonens ist intelligent genug, den Sacre nicht zur oberflächlichen Filmpartitur verkommen zu lassen), sondern bietet - namentlich im zweiten Teil - einige interessante und bemerkenswerte Momente. Dennoch ist sie nicht so ganz der große Wurf, als den sie Gurdon, zweifellos vom Live-Erlebnis noch beeindruckt und beeinflusst, hinstellen will. Dafür fehlt ihr das Feuer und die unbändige Energie manch anderer Aufnahme.


    In Ermangelung der Chailly-Version, die hier so oft genannt wurde, seien daher einerseits Ferenc Fricsays atemberaubend intensive Mono-Version und Paavo Järvis brodelnde Interpretation mit dem Cincinnati Symphony Orchestra als Tipps benannt. Salonen als Alternative, jedenfalls in dieser Aufnahme. Wer freilich Mussorgskys "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" in der spektakulären Originalfassung hören will, der greife auch bei Salonen zu ;)




    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo,


    Das Sacre gehört zu meinen Lieblingswerken überhaupt und wie so oft, aber hier in besonderem maße hat eine Aufnahme einer live-Aufführung nichts entgegenzusetzen! Ich hatte einmal das vergnügen Christoph Eschenbach mit dem Orchestre de Paris beim musizieren zuszusehen - grandios! Die Energie des Stücks ist auch im Orchester ersichtich, und mehrt diese um ein vielfaches.
    Ich hätte es nach der Vorführung am liebsten noch 10x nacheinander gesehen/gehört... :D .


    Ich persönlich habe zwei Aufnahmen, wobei ich die Aufnhame mit Muti und dem Philadelphia Orchestra absolut zufiedenstellend finde..obschon sich Muti bei den langsamen Stellen etwas mehr zeit hätte nehmen können um die Kontraste zu verschärfen.


    Viele Grüße,


    Raphael

  • Wann veröffentlicht denn SONY endlich mal wieder Bernsteins New Yorker Aufnahme...!!! :boese2:


    Will die haben, die soll ja wesentlich besser als seine Londoner Aufmnahme sein...

  • Also Markus, wenn das tatsächlich wahr sein sollte, dann will ich die auch haben!
    Mich haut schon immer wieder die Aufnahme mit dem LSO vom Hocker...was erwartet einen denn erst mit den New Yorkern ?(

    Wie ein Rubin auf einem Goldring leuchtet, so ziert die Musik das Festmahl.


    Sirach 32, 7

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  • Hallo maik,


    Die Bernstein-Aufnahme mit den NewYorker PH (1958.) ist mein absoluter Favorit.


    Lese dazu bitte auch meinen Beitrag vom 14.02.2005 in diesem Thread.
    Mit den Jahren können sich die Meinungen über eine Aufnahme ändern. Dies geschieht aber nur dann, wenn etwas wirklich besseres "vorgesetzt" wird.
    Ich selbst habe nach Swetlanow auf LP auch jahrelang die Solti-Aufnahme (Decca) auf CD favorisiert (sie ist ja auch der Hammer) - bis ich dann Bernstein hörte. :jubel:


    In der RONDO-Kritik hatte ich gelesen, das Bernstein in New York bei seiner ersten (von Drei) Einspielung auf CBS eine hörschockartige Interpretation abgeliefert hat:
    Mehr als allen anderen Dirigenten gelingt es Bernstein, den Schock begreiflich zu machen, den das Werk bei seiner Uraufführung auslöste. In ihrer Wildheit und Brutalität kommt diese Aufnahme einem orchestralen Exorzismus gleich. Das Orchester ist bis an die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit gefordert – und darüber hinaus: Gelegentlich sind durchaus Erschöpfungserscheinungen spürbar.


    Diese Worte machten mich neugierig und ich kaufte die SONY-CD bei EBAY. Es wurde eine meiner besten und wichtigsten EBAY-Käufe.
    Bei amazon ist die SONY-CD nicht mehr zu haben: "Führen wir nicht oder nicht mehr - jetzt gebraucht vorbestellen."
    Die CD steht bei mir auch bei den "unverzichtbaren Klassikaufnahmen".


    Strawinsky: Le Sacre; Petruschka
    New Yorker PH / Leonard Bernstein
    SONY, Aufnahme CBS 1958, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von raphaell
    Ich persönlich habe zwei Aufnahmen, wobei ich die Aufnhame mit Muti und dem Philadelphia Orchestra absolut zufiedenstellend finde..obschon sich Muti bei den langsamen Stellen etwas mehr zeit hätte nehmen können um die Kontraste zu verschärfen.


    zufriedenstellend... hmm
    Ich habe die Aufnahme auch, wegen Mutis sehr gutem Petruschka gekauft. Für das Sacre reicht allerdings Mutis noblesse oblige Haltung nicht aus. Bestenfalls bekommt man eine blasse Ahnung davon, was in dem Stück stecken könnte.


    Gruß, Khampan

  • Hallo Khampan,


    Habe kürzlich zwei andere Aufnahmen des Sacre gehört. Eine mit Järvi und die schon genannte Bernstein-Aufnahme mit den New York PH's.
    In der Tat ein gewaltiger Unterschied!!! Werde wohl nochmal nachkaufen müssen...! :D


    Viele Grüße,
    Raphael

  • Dieser Therad existiert seit Januar 2005.
    Seit dieser Zeit habe ich auch mehrere gute Aufnahmen kennengelernt und es haben sich auch neben Swetlanow (Eurodisc-LP)und Fedossejev (JVC-CD) sowie nach Solti (Decca) mit Bernstein (SONY,CBS1958) mit der zeit ganz neue Favoriten für mich entwickelt.


    In der RONDO - Kritik werden von Thomas Schulz 12 Aufnahmen des Sacre gegeneinandergestellt.
    Als Beste bezeichnet er die Chailly-Aufnahme:

    Zitat

    Die beste Aufnahme ist gestrichen
    12. Gibt es ihn überhaupt, den perfekten "Sacre"? So wie die Dinge liegen, können wir momentan wählen zwischen Rattles Wärme, Markewitschs Aggressivität, Strawinskys Sachlichkeit und Boulez’ transparenter Gelassenheit. Doch halt, eine Aufnahme existiert, die all diese Elemente in sich vereint, und dies bei einem an Durchhörbarkeit und Dynamik alles andere übertreffenden Klangbild: die mit Riccardo Chailly und dem Cleveland-Orchester. Aber die ist gestrichen.


    Gestrichen mag sie sein, aber nicht unerreichbar.
    Ich hatte sie mir vor ein paar Monaten bei einem amazon-Anbieter gekauft.

    Die Decca-Klangqualität ist eine der besten in diesem Thread bisher angesprochenen Aufnahmen. Die Natürlichkeit der Wiedergabe und der Frequanzumfang ist gigantisch - vergleichbar mit besten SACD-Aufnahmen - ;) hier auf CD !!!
    Was T.S. schreibt von der Vereinigung der positiven Elemente verschiedener Aufnahmen schreibt kann man gut nachvollziehen.
    :yes: Sie gehört mit Sicherheit zu den Besten.


    8) Dennoch vermag sie meine absoluten Favoriten Bernstein und Swetlanow nicht zu verdrängen, die in meinen Ohren einfach noch unmittelbarer, spannender und hingebungsvoller klingen.


    Interessant sind auch die anderen Strawinsky-Ballette mit Chailly auf der Doppel-CD (leider nur die Feuervogel-Suite); Petruschka in der Fassung von 1945 ganz fantastisch (habe aber noch keinen Unterschied zur Fasssung 1919 feststellen können) :

    Decca, 1985, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • so ist der Link anklickbar (deutsche ASIN zwischen (am)...(/am) mit eckigen Klammern setzen. Alfred wird sonst böse)



    wäre in der Tat was für mich, nachdem mich das entsprechende Set von Philips mit Haitink etwas enttäuscht hat.


    Gruß, Khampan

  • Hallo teleton,


    ich habe die Rondo Kritik auch gelesen und zusammen mit den Informationen aus diesem Thread wurde mir bald klar, dass man an dieser Chailly-Aufnahme wohl nicht mehr vorbeikommt. Deswegen habe ich gestern (für weniger Geld) bei JPC bestellt. Ich kann Euch gar nicht sage, wie gespannt ich bin.



    Da gibt es ja die, die sagen, den Sacre müsse man live hören (sollte man sicher auch).
    Dann wird hier ja auch von Solti Einspielung abgeraten.


    Was soll ich sagen. Ich habe bis jetzt nur Solti (und das auch noch von Konserve) gehört und bin total begeistert. Wenn die Aufnahmen mit Chailly, Boulez oder Bernstein nur halb so interessant sind, wie sie hier dargesellt werden, dann könnte der Fall "Gallo und der Sacre" ein Fall für diesen Thread hier werden:


    Welches Werk besitzt ihr am häufigsten?


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Hallo Gallo Nero,


    Zitat


    Eindrücke von Gallo Nero:
    Dann wird hier ja auch von Solti Einspielung abgeraten.


    Was soll ich sagen. Ich habe bis jetzt nur Solti (und das auch noch von Konserve) gehört und bin total begeistert.


    :yes: Das ist bei mit bei der Solti-Aufnahme auch so gewesen.


    Von Solti wird ja auch nicht direkt abgeraten, sondern nur eingeschränkt:
    Solti interpretiert mit Hochdruck, das gefällt mir gut und Alfred (der quasi von Solti abrät und mir seinerzeit eine für mich typische Beurteilung andichtet) aus mir inzwischen nachvollziehbaren Gründen eben weniger.
    Aber auch Chailly wird dich überzeugen, schon wegen der umwerfenden Decca-Tontechnik und vielleicht weil er auch die ruhigeren Passagen im Sacre noch angemessener, intimer mit mehr Luft interpretiert, als Solti. Dadurch bekommen die brutaleren Teile einen größeren Kontrast und wirken noch mehr (das hatte Alfred im Beitrag von 01/2005 richtig erkannt).


    Bei Solti ist die Decca-Klangtechnik (hier analog) auch fast so gut wie bei Chailly. Daher wird Dich in dieser Hinsicht keine so große Verbesserung mehr überraschen können.


    :hello: Auf Deine Beurteilung bin ich gespannt, wenn Du die Chailly-CD´s hast !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo celloflo,


    hast Du gelesen, welche Eindrücke Khampan 03/2007 zur Muti-Aufnahme (EMI) des Sacre geschrieben hat, die jetzt in der BRILLANT-Box enthalten ist ?


    Hier Khampan´s Zitat:

    Zitat

    Ich habe die Aufnahme auch, wegen Mutis sehr gutem Petruschka gekauft. Für das Sacre reicht allerdings Mutis noblesse oblige Haltung nicht aus. Bestenfalls bekommt man eine blasse Ahnung davon, was in dem Stück stecken könnte.


    Die Marriner-Aufnahme der Pulcinella-Suite habe ich auf der Original-CD und dem Label Decca auch. Diese halte ich allerdings neben Bernstein/NY PH für eine der besten Aufnahmen von Pulcinella.
    Ich nehme an, das es die Aufnahme ist, die jetzt in der Brillant-Box wiederveröffentlicht wurde.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Original von teleton
    :hello: Auf Deine Beurteilung bin ich gespannt, wenn Du die Chailly-CD´s hast !


    Ich auch :yes:
    Und die Wartezeit, bis die Bestellung eintrifft, würde ich mir gerne mit folgendem Thema versüßen.


    Ich habe mal einen Dirigenten sinngemäß sagen hören, Strawinsky sei mit dem Feuervogel ein absoluter Geniestreich gelungen, und er häbe leider nie wieder etwas vergleichbares kompoiert. Es kam so rüber, Strawinksy's Feuervogel sei perfekt, den Rest seines Werkes kannst Du eigentlich vergessen (ich überspitze bewußt). Ob er es so meinte oder ob ich es nur so auffasste sei dahingestellt.


    Dann stieß ich hier im Forum auf den Sacre. Hier wird offensichtlich dieser über alles andere gestellt (und ich bin versucht mich dieser Einschätzung anzuschließen). Als ich mehr über Le sacre du printemps erfahren wollte, stellte ich fest, dass die Informationen hierrüber eher dünn geseht sind. Auch im Reclam Führer wird das Werk recht schnell abgehandelt. Nun quälen mich Fragen.


    Wird Le sacre du printemps hier im Forum überschätzt, oder da drausen unterschätzt? Oder habe ich nur die falschen Quellen angezapt?


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

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