• Hallo BBB,
    mein Textvorschlag wäre "Lust". Aber tu' Dich beeilen, sonst wirst nimmer fertig. Und einstudieren muß man das auch noch - also, zumindest den Chorpart, meine ich... :D


    Hallo Kurzstueckmeister,
    einerseits zerkugle ich mich über obige Pärt-Darstellung (die im Tonfall weniger nach BBB klingt als nach MGG) - andererseits: Ganz stimmt Deine These von der Zeit ohne Chormusik nicht. Man könnte lediglich sagen, daß die der Neuen Musik nahestehenden Komponisten nicht sonderlich viel Chormusik schreiben.
    In Ländern, die eine starke und vor allem noch immer lebendige Chortradition haben, schreiben Komponisten nach wie vor Chormusik - ich denke an Skandinavien, Großbritannien, Staaten des ehemaligen Ostblocks... Natürlich sind das oft "einfache" Stücke, die nicht für virtuose Spitzenensembles komponiert werden. Aber die Chormusik der Gegenwart und der allerjüngsten Vergangenheit so völlig wegwischen - da wäre ich doch vorsichtig.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    [...] andererseits: Ganz stimmt Deine These von der Zeit ohne Chormusik nicht. Man könnte lediglich sagen, daß die der Neuen Musik nahestehenden Komponisten nicht sonderlich viel Chormusik schreiben. [...]


    Ich wollte gar keine solche These aufstellen, ich habe mich nur gefragt, ob die Chormusik im ausgehenden 20. Jh. einen großen Stellenwert hat. Dein Statement ist natürlich die richtige Antwort darauf, es wurde einfach nicht so viel dafür geschrieben. Man könnte sich noch fragen, ob im letzten Jahrhundertviertel wirklich Hauptwerke innerhalb des Oevres der einzelnen Komponisten für Chor geschrieben sind.
    :hello:

  • Zitat

    Man könnte sich noch fragen, ob im letzten Jahrhundertviertel wirklich Hauptwerke innerhalb des Oevres der einzelnen Komponisten für Chor geschrieben sind.


    ich mein, die gibt es:
    kleine Vorab-Auswahl


    Kodaly: Laudes organi (1966)
    Schnittke: Bußpsalmen und Konzert für Chor
    Gubaidulina: Sonnengesang, Johannes-Passion
    Pärt: Passio, Kanon Pokajanen

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Verzeihung, das letzte Jahrhundertviertel beginnt 1975 ...


    Selbst Ferneyhoughs Missa brevis von 1970 fällt also nicht in diese Zeit. Ich fürchte, das ausgehende 20. Jh. interessiert sich wirklich nicht so besonders für den Chor. Aber da ja jeder von uns komplett anders die verschiedenen Komponisten gewichtet und ich Gubaidulina und Pärt als mäßig bedeutend ansehe, werden wir auch hier natürlich keinen Konsens bekommen.


    Womöglich ist Pärts Missa syllabica wirklich ein Hauptwerk der Chormusik des letzten Viertels des 20. Jh., was deren Bedeutungslosigkeit eher beweisen würde ...
    :D

  • Hallo BBB,
    das bestätigt meine These bezüglich der Regionen. Mir fällt dazu jetzt spontan der Norweger Knut Nystedt ein, dessen Hauptwerke fast ausnahmslos Chormusik sind. Weiters der Schwede Bengt Hambräus, der sich ebenfalls primär mit Chormusik befaßt. Auch der Schwede Ingvar Lidholm hat einiges an Chormusik komponiert, zumindest "Laudi" würde ich als wesentliches Werk innerhalb seines Oeuvres nennen.
    :hello:

    ...

  • Naja, es gibt schon recht viel Chormusik aus dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts. Komponisten wie Pärt, Tavener, Nystedt, Rauavaara, Tormis, Rutter, Miškinis, Whitacre, (_der_ Shooting-Star der Chor-Komponisten in den letzten Jahren) sind sehr bekannt, in Deutschlang hört man auch sehr oft Werke von Hartl, Buchenberg (den mag ich ja sehr..) oder Golle. Auch könnte man noch Kodaly oder Orban oder Busto nennen. Und sicher noch viele viele mehr.. Und ich rede da nur von den bekannten, oft aufgeführten Stücken.
    Einen guten Querschnitt kann man übrigens bei Chorwettbewerben hören, bspw. beim vergangenen "Deutschen Chorwettbewerb" in Kiel im Mai diesen Jahres.



    Grüße, der Thomas.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Hans Sachs,
    Etwas ähnlich ist Tüür, auch Tavener - beide sind aber Pärt weit unterlegen. Lieber bei Pärt weitergraben, als bei schwächeren Komponisten (bzw. Kopisten) auf Entdeckungen hoffen.



    Da geht leider so nicht durch. Mag evtl. so sein, dass Pärt musikgeschichtlich bedeutender ist als Tüür oder Tavener; und bei Tavener schließe ich mich der Meinung an, dass er simpel und oberflächlich komponiert, aber Tüür ist schon eine andere Hausnummer. Ich schätze einige seiner Architectonics, die Violinsonate Conversio und sein Violinkonzert hoch ein. Wohlgemerkt: ICH schätze sie hoch ein, und da gibt es einfach bei Tüür mehr zu holen als bei Pärt. Insofern ist der Rat, sich auf Pärt zu konzentrieren schlichtweg zu simpel.
    Meine persönliche Empfehlung ist ja Rene Eespere oder Peteris Vasks. Die schlagen Pärt um Längen.

  • Zitat

    Original von van Rossum
    Tüür ist schon eine andere Hausnummer. Ich schätze einige seiner Architectonics, die Violinsonate Conversio und sein Violinkonzert hoch ein. Wohlgemerkt: ICH schätze sie hoch ein, und da gibt es einfach bei Tüür mehr zu holen als bei Pärt.
    Meine persönliche Empfehlung ist ja Rene Eespere oder Peteris Vasks. Die schlagen Pärt um Längen.


    Die Bevorzugung von Tüür und Vasks kann auch mit Deinen spezifischen musikalischen Vorlieben (Violinkonzerte 20.Jahrhundert) zu tun haben. Ich denke, Pärt mit Tüür oder Vasks vergleichen heißt Äpfel mit Birnen vergleichen. Wer von den dreien am Ende musikgeschichtlich bedeutender sein wird, können ja spätere Generationen entscheiden.


    Ich halte sie alle drei für bedeutende Komponisten zeitgenössischer Musik, besonders Vasks. Die Streichquartette, seine Symphonie für Streicher "Stimmen", oder auch zB das Cellokonzert sind von mir oft gehörte Werke.

  • Hallo liebe Klassik-Forianer,
    ich melde mich heute erstmals bei Euch zu Wort und freue mich auf viele interessante und bereichernde Diskussionen!


    Dieser Arvo-Pärt-Thread begann für mich über eine lange Strecke hochinteressant (sachliche Diskussion über seine Musik), begann dann zu schlingern (unbegründet geäußerte Zweifel an seiner persönlichen Integrität) und hat nun eine merkwürdige Richtung genommen (Diskussion des musikgeschichtlichen Wertes von Pärt, wobei dieser immer mehr an den Rand gerät).


    Ich finde, der "Wert" eines Komponisten sollte nicht erstrangig im Vergleich mit anderen Vorläufern oder Zeitgenossen ermittelt werden. Solche Vergleiche können aus vielen anderen Gründen sehr interessant und lehrreich sein, aber für mich ist die vordringliche Frage, ob der in Rede stehende Komponist das Musikrepertoire zuerst seiner Zeit und ggf. auch darüber hinaus bereichert. Und das tut Pärt nach meinem Empfinden für unsere Zeit mit Sicherheit.


    Meine erste Berührung mit seiner Musik war das Magnificat, das wir in einem Ensemble von 12 Leuten erarbeiteten und aufführten. Das kleine Stück hat uns Sänger und viele Zuhörer tief berührt. Daraufhin begann ich mich mehr mit Pärts Vokalwerken zu beschäftigen und konnte von Leuten, die mit dem Komponisten selbst zusammengearbeitet haben, einen kleinen Eindruck (aus zweiter Hand) auch von dem Menschen Arvo Pärt gewinnen. Dies ergab für mich das Bild eines integren und glaubwürdigen, darüberhinaus sehr ernsthaften Musikers. Dazu gehört für mich auch die Schilderung, daß ihm der Publikumserfolg sehr lange Zeit fast unheimlich war (und vielleicht ein wenig auch heute noch ist) und er eher erstaunt darüber ist, daß seine innerliche und eher spröde-intellektuelle Musik auf vergleichsweise viel Interesse stößt.


    Mich persönlich würde von Euch Kennern der Materie sehr interessieren, mehr zu bestimmten Kompositionen oder zu Vor- oder Nachteilen bestimmter Pärt-Aufnahmen zu hören, Berichte eigener Aufführungserfahrungen zu lesen oder etwas über neuere Werke und Entwicklungen oder Aktivitäten des Komponisten zu erfahren.


    Herzliche Grüße

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  • Hallo :)


    Zitat

    Original von Reiner_Klang
    Dieser Arvo-Pärt-Thread begann für mich über eine lange Strecke hochinteressant (sachliche Diskussion über seine Musik), begann dann zu schlingern (unbegründet geäußerte Zweifel an seiner persönlichen Integrität) und hat nun eine merkwürdige Richtung genommen (Diskussion des musikgeschichtlichen Wertes von Pärt, wobei dieser immer mehr an den Rand gerät).


    Danke für diese Worte. Mir ging es ehrlich gesagt ähnlich..


    Zitat


    Mich persönlich würde von Euch Kennern der Materie sehr interessieren, mehr zu bestimmten Kompositionen oder zu Vor- oder Nachteilen bestimmter Pärt-Aufnahmen zu hören, Berichte eigener Aufführungserfahrungen zu lesen oder etwas über neuere Werke und Entwicklungen oder Aktivitäten des Komponisten zu erfahren.


    Mir ist aufgefallen, dass die meisten Einspielungen eher von kleinen Ensembles oder Kammerchören 'eingesungen' wurden, die allerdings allesamt als hochqualitativ einzustufen sind. Pärts Stücke eignen sich offensichtlich eher für derlei Besetzungen als für den großen Konzertchor mit 80 gestandenen Sängern. Natürlich liegt dass in der Klangstruktur seiner Werke begründet, die zumindest was das vokale Schaffen angeht recht transparent, manchmal regelrecht spröde sind. Diese Eigenschaft geht mit Sicherheit in großen Ensembles, insbesondere Chören mit vibratostraken Sängern, verloren.


    Übrigens habe ich im Chor auch schon das Magnificat gesungen und war ähnlich beeindruckt. Im Chor gab es anfänglich einigen Widerwillen gegen dieses Stück, zumal es zwar einfach klingt aber doch dem Chor sehr viel abverlang. Wir haben also eine Weile daran proben müssen bis es konzertreif war. Dann aber waren eigentlich alle Choristen sehr begeistert von diesem tollen Stück.



    Grüße, der Thomas.

  • Edwin:


    Zitat

    die im Tonfall weniger nach BBB klingt als nach MGG)


    Hallo Edwin, die Autoren von MGG formulieren nicht so "verschraubt" ! :stumm:


    Im Übrigen bin ich froh, daß Pärts (vor allem kleinere Vokalwerke) einen so regen Zuspruch finden, sind sie doch durchaus anspruchsvoll für die Interpreten; bei entsprechender Probearbeit aber trotzdem auch mit Laien oder Kirchenchören aufführbar.


    Die Behauptung, daß sich Pärt mit seiem "Tintinnabuli" einer gewollt einfachen Tonsprache bediene, weil er zu "anderem" nicht in der Lage sei, ist schon durch einen fllüchtigen Blick auf seine Werke bis ca. 1975 widerlegbar.


    Jeder, der mich kennt, weiss, daß ich gerade auf diesem Feld Experimenten frei und offen gegenüberstehe und wenn es jemand schaffte, Elemente und Versatzstücke wie sie z.b. Schnebel in den "Maulwerken" benutzt, angemessen
    in eine Kirchenmusik einzufügen, wär ich bestimmt der Letzte, der kein interesse dran hätte, dieses auch aufzuführen.


    Kollege KSM macht haargenau das, was er jenen, die z.b. Komponisten wie Wetz, Kaminski, Schoeck als "bessere" Gegenspieler der Meister der "Wiener Schulen" oder der (welch Wort! ) "Darmstädter Aleatorik" darzustellen versuchen mit Recht (div. cpo-booklets) vorwirft, eben nur in umgekehrter Abfolge. Für jemanden wie mich, der von evolutionären Prozessen im Sinne Darwins, die Musik betreffend, NICHT überzeugt ist, ist das genauso falsch.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Für jemanden wie mich, der von evolutionären Prozessen im Sinne Darwins, die Musik betreffend, NICHT überzeugt ist ...


    Ich habe viele Male erlebt, daß die Annahme einer ausschließlich evolutionären musikalischen Entwicklung in Diskussionen, wissenschaftlichen Arbeiten und kompositorischen Konzeptionen in ausweglose Sackgassen führte! :no:


    Für mich ist beispielsweise nicht nur Weiter-Entwicklung wertvoll, sondern auch Breiter-Entwicklung im Sinne des Gewinnes von Vielfalt innerhalb eines bereits definierten Spektrums. :yes:

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Jeder, der mich kennt, weiss, daß ich gerade auf diesem Feld Experimenten frei und offen gegenüberstehe und wenn es jemand schaffte, Elemente und Versatzstücke wie sie z.b. Schnebel in den "Maulwerken" benutzt, angemessen in eine Kirchenmusik einzufügen, wär ich bestimmt der Letzte, der kein interesse dran hätte, dieses auch aufzuführen.


    Jetzt beginne ich zu verstehen, was Du mit den Anforderungen an Chormusik meinst: Die Anforderungen an Kirchenmusik.


    Merkwürdig, dass Du das so einfach gleichsetzt. Oder mißverstehe ich da was?


    Zitat

    Für jemanden wie mich, der von evolutionären Prozessen im Sinne Darwins, die Musik betreffend, NICHT überzeugt ist, ist das genauso falsch.


    Darüber muss ich nachdenken, bevor ich was Verschraubtes dazu zum Besten geben kann ...
    :D
    Wie ist das mit Darwin - der, der besser angepasst ist, überlebt? Dann spricht die Pärt-Hochachtung eher für Darwinismus in der Musikauffassung als meine Vorlieben.
    :hahahaha:
    Oje, BBB mag mich nicht mehr ...
    ;(

  • Moin KSM:


    Zitat

    Merkwürdig, dass Du das so einfach gleichsetzt. Oder mißverstehe ich da was?


    Na is doch naheliegend, daß das, was einer macht bei ihm auch die "1.Geige" spielt, aber ich dachte, du hättest das gewusst...


    Nein, dafür sind mir deine Beiträge schon zu wichtig und auch die Übereinstimmung bei wirklich relevanten Dingen ist ja vorhanden und damit, daß du z.b.
    L. Dallapiccola, der leider keine Kirchenmusik schrieb, sicher mehr schätzt, als z.b. Hugo Distler, der fast ausschliesslich welche machte, komm ich scho kloa ;)


    Du hast dich also gefälligst damit abzufinden, daß ich dich trotzdem mag :P


    Mit dem Darwinismus isses sone Sache: es kommt nur darauf an von welcher
    Seite man sich aufs Pferd schwingt: runterfallen kann man bei BEIDEN Möglichkeiten :yes:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • In der Musik gibt es aber mitunter den "umgekehrten Darwinismus": Nämlich, daß sich die "Umwelt" einem Phänomen anpaßt.
    Pärts Tintinnabuli waren nur eingeweihten bekannt. Die sowjetischen Kulturbehörden schwiegen sie tot, die wenigen weitgehend frei programmierten Feste von Avantgardemusik in der Sowjetunion ignorierten Pärts neuen Stil fast völlig.
    Wären nicht Gidon Kremer und der UE-Direktor Alfred Schlee gewesen, hätte Pärts Musik ihren Siegeszug niemals antreten können - zumindest nicht zu diesem Zeitpunkt.


    Und im Übrigen, werter BBB, Du sagst mir jetzt aber nichts gegen den Distler, sonst gibt's eine Kriegserklärung...!


    :hello:

    ...

  • Edwin:


    Zitat

    Und im Übrigen, werter BBB, Du sagst mir jetzt aber nichts gegen den Distler, sonst gibt's eine Kriegserklärung...!


    Um Himmels Willen Edwin, wie könnte ich. Distler zählt sozusagen zu meinen "Hausgöttern". :jubel: :jubel: :jubel: Mit einem thread über ihn wollte ich allerdings noch ein Weilche wartem weil ich befürchte, daß das wieder so eine Sache wird, die nur dich und mich interessieren, aber ich hab jetzt auch von anderer Seite "grünes Licht" bekommen.


    PS: ich mag Distler UND Dallapiccola !!!!

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von Reiner_Klang


    Ich habe viele Male erlebt, daß die Annahme einer ausschließlich evolutionären musikalischen Entwicklung [...]


    Ich versuche mal Evolutionstheorie auf Musikgeschichte anzuwenden:
    Nur das, was den Umwelteinflüssen gewachsen ist und sich durchsetzt, kann Nachfahren haben, bestimmt den Gen-Pool (oder so).


    Dann wäre der Musikbetrieb das, wo man sich durchsetzen muß, denn wenn man nicht gespielt wird, haben die musikalischen Gene (Stile) keine Chance, neue Kinder zu bekommen.


    (Das war ein völlig sinnloser Beitrag, mit dem Ziel, Arvo Pärt zu pushen.)

  • Hallo KSM,
    "sinnlos" würde ich Deinen Beitrag nicht nennen, aber, gemessen an Deinen sonstigen Inhalten, ein bißchen dünn... ;)


    1. Nebenbemerkung: Das Thema Evolution ist auch in der Biologie noch ein sehr schwieriges, da die wissenschaftlich lückenlose Beweisführung einer Makroevolution (Artgrenzen überschreitend) bis heute noch nicht gelungen ist. Deshalb sprechen auch ihre glühenden Verfechter von der Evolutionstheorie.


    2. Bereits in früheren Zeiten wurden nach langen "Schlummerphasen" des Nicht-Gespielt-Werdens Werke wiederentdeckt. Man denke an Mendelssohns Bach-Aufführungen. In unserer aktuellen Zeit gibt es geradezu eine Flut von "völlig zu Unrecht vergessenen" und "endlich wiederentdeckten" großen und kleinen Meistern aller musikalischen Gattungen. Alles nur Marketing oder doch wertvoll und bereichernd? Hatten diese Werke jetzt, Deinem Ansatz entsprechend, "Kinder" oder nicht?


    3. Ich habe neulich ein Interview mit dem Leiter eines Vokalensembles gelesen, das sich mit etlichen Aufführungen neuer Chormusik (v.a. säkularer) große Verdienste erworben hat. Er sagte zu einigen Kompositionen sinngemäß, daß man um der Förderung neuer Musik willen die Uraufführung durchgeführt habe, aber eine zweite oder weitere Aufführungen nicht vorhabe. Das wären dann Deiner Theorie zur Folge "Totgeburten", oder?


    Grüße :)

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  • Zitat

    Original von Reiner_Klang
    [..]
    Ich habe neulich ein Interview mit dem Leiter eines Vokalensembles gelesen, das sich mit etlichen Aufführungen neuer Chormusik (v.a. säkularer) große Verdienste erworben hat.


    Wenn ich fragen darf: welches Vokalensemble?



    Grüße, der Thomas.

  • Zitat

    Original von Chorknabe
    Wenn ich fragen darf: welches Vokalensemble?


    Hallo Thomas,
    es ist mir zwar peinlich, aber ich weiß es nicht mehr genau. Ich hatte mir auf eine Dienstreise ein ganzes Päckchen ungelesener Musikzeitschriften, Rezensionen, Zeitschriften von Plattenfirmen etc. mitgenommen und durchgeackert. Wenn ich den Text finde, reiche ich die Daten gerne nach.
    Grüße

  • Hallo Reiner Klang,


    Du scheinst nicht verstanden zu haben, dass das mit der Evolution nicht meine Theorie war, sondern Deine und BBBs, denn ihr zwei wart Euch darin einig, dass diese Musik-Evolutions-Theorie falsch sei. Nun habe ich versucht, zu verstehen, was Ihr damit meint.


    Ich halte die von Euch hier eingeführte Evolutionstheorie für Musikgeschichte nämlich in der Fachwelt für Neue Musik für nicht existent und glaube, dass Ihr sie erfunden habt, damit Ihr einfacher der Pärt nicht besonders hochschätzenden Fachwelt für Neue Musik widersprechen könnt, indem Ihr jener einfach eine absurde Theorie unterschiebt.

  • moin KSM:


    Zitat

    Ich halte die von Euch hier eingeführte Evolutionstheorie für Musikgeschichte nämlich in der Fachwelt für Neue Musik nicht existent


    Gehst du mit mir wenigstens insofern daccord, daß das, was "in der Fachwelt für Neue Musik nicht existent ist" demnach weder richtig noch falsch sein kann?


    Um uns thumben Toren ein wenig Hilfestellung zu geben: wer also definiert die ja lt. deinem Statement offensichtlich vorhandenen Theorien, wie sehn dieselben aus und wer sind deren wichtigste Protagonisten ?


    Du weisst ja, für Korrekturen an meinem Weltbild bin ich immer dankbar !


    :hello:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Drücke ich mich so unklar aus?
    Du und Reiner Klang und andere Gegner dieser Theorie habt sie erfunden, um dagegen vorzugehen.
    Denn genau Euch frage ich, was sie nun bedeuten soll.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Du scheinst nicht verstanden zu haben, dass das mit der Evolution nicht meine Theorie war, sondern Deine und BBBs, denn ihr zwei wart Euch darin einig, dass diese Musik-Evolutions-Theorie falsch sei...


    Guten Morgen KSM,
    nun habe ich Deinen oben zitierten Satz mehrfach gelesen, ohne ihn wirklich zu verstehen. Richtig ist, daß ich einen "evolutionstheoretischen" Ansatz in der Musikgeschichte als ausschließlichen Bewertungsansatz für falsch halte. Dazu stehe ich. Du leitest aber den Satz damit ein, daß Du BBB und mir vorhältst, daß "das mit der Evolution" unsere Theorie war ??? Diese Kurve kriege ich nicht. ?(


    Abgesehen von dieser Nebendiskussion möchte ich noch einmal betonen, daß ich die Musik von Pärt auch angesichts aller kritischen Einschränkungen schätze und gerne höre. Das heißt nicht, daß ich ihn für den weltbesten Komponisten des 20. Jahrhunderts o.ä. halte. Natürlich gibt es viel Gleichwertiges und etliches "Höherwertiges", wobei ich die Objektivierbarkeit von dazu nötigen Bewertungskriterien sehr, sehr kritisch sehe. Ich bevorzuge eine subjektive Diskussion, wo jeder seine Meinung und seine Kriterien äußert und begründet, ohne zu behaupten, daß dies DIE feststehenden und einzig gültigen zu sein hätten.


    In dieser Weise diskutiere ich gerne kontrovers und lausche immer interessiert Deinen Ausführungen und denen der Forums-Kollegen.


    Grüße :)

  • Also anders herum.
    Ich habe noch nie etwas von dem Versuch gehört, Evolutionstheorie auf Musikgeschichte anzuwenden.
    Mir kommt die Idee ziemlich verfehlt vor.
    Du und BBB behauptet, irgendjemand - ohne ihn zu nennen - glaube daran, und finde deshalb z.B. Cage, Nono, Boulez, Stockhausen und Lachenmann besser als Pärt. (Wobei ihr auch nicht diese Namen angebt, alles das muss man erraten.)
    Nun ist diese ominöse Theorie eine bequeme Sache. Man kann einfach die Skeptiker Pärts in ein unvorteilhaftes Licht setzen, indem man ihnen so eine doofe Theorie unterschiebt.


    Und genau diese Form der Diskussion, indem man dem Gegner irgendeine Meinung, die er nicht vertritt, unterschiebt, halte ich für bedenklich.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister Nun ist diese ominöse Theorie eine bequeme Sache. Man kann einfach die Skeptiker Pärts in ein unvorteilhaftes Licht setzen, indem man ihnen so eine doofe Theorie unterschiebt.


    Also ganz klar: Ich möchte weder Dir noch anderen etwas unterstellen. Allerdings ging es mir weiter oben offensichtlich so wie BBB, der die vorhergehende Diskussion in diesem Thread so verstanden hat, als würdest in diesem Falle Du einen solchen Ansatz inhaltlich, nicht explizit (das Wort evolutionstheoretisch hat zum ersten Mal BBB hier benutzt) vertreten.


    Wenn das nicht der Fall ist: perfekt, denn dann sind wir uns wenigstens in dieser Detailfrage einig!


    Jetzt würde ich mich allerdings freuen, wenn der Thread wieder zur inhaltichen Diskussion von Pärts Musik zurückkehrt und sich nicht weiter mit einer Keilerei der Diskutanten hinter der Bühne aufhält. ;)

  • Och KSM, ja du drückst dich unklar aus und ich vermute hinter dem ganzen
    eine löbliche Absicht deinerseits, trotz allem...
    Meine "Anti-Evolutions-These" ist zum einen nicht "meine" und schon garnicht hatte ich damit beabsichtigt, damit die "wahre" Neue Musik, wohl unterschieden von sonem "Pseudo-Kram", wie ihn Pärt und andere vertreten, zu diskreditieren und da du ja meinen "Musikgeschmack" kennst, ich erinnere
    hier an deinen thread über "meine liebsten 12tonwerke", wäre Argwohn in dieser Hinicht mir gegenüber wirklich unangebracht.


    Zur freundlichen Erinnerung:


    Zitat

    Kollege KSM macht haargenau das, was er jenen, die z.b. Komponisten wie Wetz, Kaminski, Schoeck als "bessere" Gegenspieler der Meister der "Wiener Schulen" oder der (welch Wort! ) "Darmstädter Aleatorik" darzustellen versuchen mit Recht (div. cpo-booklets) vorwirft, eben nur in umgekehrter Abfolge. Für jemanden wie mich, der von evolutionären Prozessen im Sinne Darwins, die Musik betreffend, NICHT überzeugt ist, ist das genauso falsch.


    Also ich werd doch wohl keine Thesen aufstellen, von denen ich nicht selbst überzeugt bin und die mich in die peinliche Lage versetzen, den Beweis für das Behauptete schuldig zu bleiben.


    Schon Schönberg war davon überzeugt, daß jemand, der HIER UND HEUTE
    komponiert, nicht 1000 Jahre Musikgeschichte so ohne weiteres ignorieren kann, er bedauerte sich ein wenig lamoryant, sich "sozusagen geopfert" zu haben, hätte er doch eigentlich lieber im Stile des späten Brahms weitergeschrieben... Adorno gar verwarf alles, was sich nicht den "neuen Regeln" unterordnete. So hatten z.b. Sibelius und Schostakowitsch schlechte Karten bei ihm und der Einfluss dieses Mannes war so immens, wie ihn sich die "Nachgeborenen" kaum vorzustellen vermögen.


    Noch im Jahr 1980, als Rattle sein Debut bei den Berliner Philharmonikern gab,
    (im 2ten Teil sollte die 5. Sinfonie von Sibelius erklingen) waren die während dieses Konzertes reichlich anwesenden Vertreter der Adornoschen Heilslehren
    der Meinung, NACH der Pause das Konzert verlassen zu müssen.


    Als ich zum Beginn der 80ger Jahre zum ersten Mal eine Pärtsche Vokal-Komposition hörte, war ich schockiert. Ich hörte da so ziemlich genau das, was ich eigentlich selber gerne gemacht hätte, ich mich aber aufgrund meiner Kenntnisse der Musikgeschichte, meiner Liebe zur 2. Wiener Schule und der Überzeugung, gestalterisch NICHT hinter meinen Vorbildern zurückbleiben zu dürfen, nicht zu machen traute.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Schon Schönberg war davon überzeugt, daß jemand, der HIER UND HEUTE
    komponiert, nicht 1000 Jahre Musikgeschichte so ohne weiteres ignorieren kann, [...]


    Als ich zum Beginn der 80ger Jahre zum ersten Mal eine Pärtsche Vokal-Komposition hörte, war ich schockiert. Ich hörte da so ziemlich genau das, was ich eigentlich selber gerne gemacht hätte, ich mich aber aufgrund meiner Kenntnisse der Musikgeschichte, meiner Liebe zur 2. Wiener Schule und der Überzeugung, gestalterisch NICHT hinter meinen Vorbildern zurückbleiben zu dürfen, nicht zu machen traute.


    Danke, jetzt wird mir etwas klarer. Aber das Ganze hat doch nichts mit Darwinismus zu tun! Eventuell hast doch Du - irrtümlich - die Darwinismusthese hier erfunden?


    Schönberg hat natürlich Recht, man kann nicht 1000 Jahre Musikgeschichte ignorieren. Und Pärt ist so ziemlich der Letzte, der 1000 Jahre Musikgeschichte ignoriert. Sein Konzept verrät den seriellen Einfluß, Tintinnabuli ist ein typisches Kind der 60er/70er Jahre. Pärt ist "up to date", ein Vertreter der Neuen Musik. Er bleibt nicht hinter seinen Vorbildern zurück sondern entwirft ein sehr persönliches Konzept (das ist der Pärt-Pluspunkt in meiner Pärtsicht).


    Aber das ist nichts besonderes. Wer in den 60er/70er Jahren keine persönlichen Lösungen "up to date" entwirft, hat einfach keine Chance, ernst genommen zu werden (außer er gehört einer alten Generation an und schreibt seine Spätwerke).

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